Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Anlagen zur Stromerzeugung aus Biomasse im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d des Baugesetzbuches (BauGB) müssen künftig im Außenbereich den vorgegebenen Grenzwert für die Feuerungswärmeleistung von höchstens 2,0 MW einhalten. Dieses Kriterium gilt gleichermaßen für Biogasanlagen, für Anlagen zur Verbrennung oder thermochemischen Vergasung von fester Biomasse (z. B. Holzhackschnitzel) und für Anlagen zur Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse (z. B. Pflanzenöl).

Mit der Umstellung des Grenzwertes von 0,5 MW installierter elektrischer Leistung auf 2,0 MW Feuerungswärmeleistung hat der Bundesgesetzgeber die Einheit der zu beachtenden Bezugsgröße im BauGB der in der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) verwendeten Einheit angepasst.

Zugleich darf die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas nicht mehr als 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr betragen. Auf diese Weise wird indirekt eine Begrenzung der Kubatur (Volumen eines Bauwerks) der Anlage sichergestellt.

Für Biogasanlagen ist kumulativ zu dem Grenzwert für die Feuerungswärmeleistung auch der zweite neue Grenzwert nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d BauGB zur Kapazität der Biogaserzeugungsanlage von höchstens 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr einzuhalten. Eine Biogasanlage mit einem Blockheizkraftwerk, dessen Feuerungswärmeleistung unterhalb von 2,0 MW bleibt, wäre daher dennoch unzulässig, wenn die Kapazität der Biogaserzeugungsanlage im Fermentationsprozess 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogaserzeugung pro Jahr überschreitet.

Durch die veränderten Bezugsgrößen können zudem technische Verbesserungen und Erhöhungen des Wirkungsgrades von Blockheizkraftwerken sachgerechter abgebildet werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung begrüßt die gesetzliche Neuregelung, da sie teilweise in der Praxis bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt. Die Auswirkungen der Neuregelung auf bereits vorhandene Biomasseanlagen sind noch nicht absehbar.

Zu 2: Bei Neuanlagen werden die Privilegierungsparameter im Rahmen des bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens kontrolliert.

Bestehende Anlagen, die immissionsschutzrechtlich genehmigt worden sind, werden aus gegebenem Anlass (Nachbarschaftsbeschwerden, ge- meldete Störfälle o. Ä.) überwacht. Ist die genehmigende und überwachende Behörde ein Staatliches Gewerbeaufsichtsamt, unterliegen die Anlagen außerdem der anlassunabhängigen periodischen Überwachung entsprechend der Dienstanweisung für die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter in Niedersachsen. Bei den nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Anlagen handelt es sich - wenn sie nicht nach Baurecht zu genehmigen waren - um Anlagen, die immissionsschutzrechtlich im vereinfachten Verfahren zu genehmigen sind, sodass der anlassunabhängige Überwachungsturnus bei vier Jahren liegt. Sofern einem Landkreis, einer kreisfreien Stadt, einer großen

selbstständigen Stadt und der Region Hannover die Zuständigkeit zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von Biogasanlagen gemäß Nr. 8.1 Buchst. a der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Zuständigkeitsverordnung-Umwelt-Arbeitsschutz übertragen worden ist, sollen diese die Überwachung analog handhaben.

Will ein Betreiber einer bestehenden immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage den neuen baurechtlichen Rechtsrahmen zur Privilegierung von Anlagen im Außenbereich nutzen, muss er prüfen, ob die bestehende Genehmigung zur Ausschöpfung der nunmehr gegebenen kapazitären Möglichkeiten ausreicht. Ist das nicht der Fall, muss er die beabsichtigte Änderung der zuständigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1 BImSchG anzeigen. Diese prüft innerhalb eines Monats, ob eine Anzeige ausreicht oder eine Änderung der Genehmigung zu beantragen ist (§ 15 Abs. 2 BImSchG).

Sofern die beabsichtigte Änderung einer Anlage nicht der Genehmigungspflicht nach dem Anhang zur 4. BImSchV unterliegt, ist erforderlichenfalls eine Baugenehmigung zu beantragen.

Zu 3: Seitens der Landesregierung sind derzeit keine weiteren Regelungen im Hinblick auf die Privilegierung von Biogasanlagen geplant.

Anlage 44

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 45 der Abg. Sigrid Rakow (SPD)

Nie mehr Maismonokulturen?

Die Zeitschrift Forum Nachhaltig Wirtschaften berichtet in ihrer Ausgabe 03/11 von einem Versuch der Bayrischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), der sich mit der Gewinnung von Energie aus Wildpflanzen befasst. Dieser Versuch wird dem Bericht zufolge auch in Niedersachsen auf leichten Sandböden durchgeführt. Ziel ist, Biomasse durch artenreiche, blühende Wildpflanzen zu produzieren, um damit den Maisanbau auf verträgliche Mengen zurückzudrängen, Artenvielfalt herzustellen und touristisch attraktive Regionen zu schaffen.

Laut Zeitschriftenartikel sind die Ergebnisse in vielerlei Hinsicht als sehr positiv zu beurteilen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Ergebnisse zeigen die Versuche in Niedersachsen im Einzelnen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse des Projekts in wirtschaftlicher Hinsicht, wie auch als Möglichkeit, Alternativen zum Maisanbau zu haben?

3. Beteiligt sich die Landesregierung an weiteren Projekten mit entsprechender Zielrichtung, und wie kommuniziert sie die bisherigen positiven Ergebnisse der LWG?

Niedersachsen hat bei der Bioenergie einen klaren Schwerpunkt beim Ausbau der dezentralen Biogaswirtschaft gesetzt. Mit über 1 000 laufenden Biogasanlagen und einer installierten elektrischen Leistung von etwa 650 MW werden in Niedersachsen fast 10 % des Strombedarfes gedeckt. Aus klimapolitischer Sicht leisten die Biogasanlagen, basierend auf der Biogasinventur für 2011, nach Abschätzungen durch das Kompetenzzentrum 3N und der Fakultät Ressourcenmanagement der HAWK Hildesheim, Holzminden, Göttingen mit einer Treibhausgasminderung von fast 3 Millionen t CO2 unter Berücksichtigung der Vorketten (nach GEMIS, Globales Emissions- Modell Integrierter Systeme) einen hohen Beitrag zur Umsetzung unserer Klimaschutzziele. Der große Erfolg des Biogasausbaus ist inzwischen zum Stein des Anstoßes geworden. Es ist vor allem der Energiemaisanbau, der von vielen Bürgern kritisch gesehen wird. Bei Nichteinhaltung der guten fachlichen Praxis kann Mais eine Reihe von Problemen verursachen; genannt seien hier die Erosion, die Überdüngung oder die Einschränkung der Artenvielfalt. Diese Probleme sind allerdings nicht biogastypisch, sondern sind im Maisanbau für Silage als Rinderfutter oder für Körnermais ebenso präsent.

Sicher ist aber auch, dass der Mais eine vorzügliche Futterpflanze und für Biogas die derzeit effizienteste Energiepflanze darstellt. Trotz aller Bemühungen um Alternativen zum Mais wird diese Kulturpflanze auch künftig eine außerordentlich wichtige Rolle als Futter- und Energiepflanze in Niedersachsen besitzen. Aber jenseits dessen halten wir Maismonokulturen und langjährigen Maisanbau ohne Einbindung in die Fruchtfolge nicht für eine gute landwirtschaftliche Praxis. Alternativen zum Mais sind deshalb schon heute gängige Praxis im Energiepflanzenanbau für Biogasanlagen. So hat sich herausgestellt, dass auch der ertragsstabile Winterroggen, der als Ganzpflanzensilage geerntet wird, nicht nur für die schwächeren Standorte Niedersachsens eine gut geeignete Energiepflanze darstellt. Auch Zuckerrüben, Sonnenblumen, Getreide oder Gräser werden als Energiepflanzen eingesetzt. In jüngster

Zeit können Maisfelder mit Blühstreifen in ganz Niedersachsen beobachtet werden. Erleichtert wurde die Umsetzung für die Landwirte auf Initiative Niedersachsens dadurch, dass Blühstreifen bei der Flächencodierung nicht als eigenständige Fläche, sondern gemeinsam mit der Hauptkultur erfasst werden können. Von der mittlerweile 617 000 ha großen Gesamtmaisfläche in Niedersachsen werden in diesem Jahr etwa 205 000 ha für Biogas benötigt. Der Anteil der Energiemaisfläche an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ist in den Regionen sehr unterschiedlich.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In den Jahren 2009 und 2010 sind Kleinparzellenversuche der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) u. a. auch an zwei Standorten in Niedersachsen (Oldenburg und im Saterland, Landkreis Cloppenburg) durchgeführt worden, wovon lediglich die Ergebnisse des Standortes bei Oldenburg veröffentlicht wurden, da auf dem Standort Saterland aufgrund starken Unkrautdruckes keine Ertragsbestimmung durchgeführt werden konnte.

Die übrigen in den Veröffentlichungen dargestellten Versuche liegen in Unterfranken in der Nähe von Würzburg bzw. Miltenberg.

Im ersten Versuchsjahr 2009 wurden in Niedersachsen 7,5 t TM/ha für die Mischungen mit erweitertem Herkunftsspektrum erzielt. Im zweiten Versuchsjahr 2010 wurden mit ca. 5 t TM/ha nur sehr niedrige Erträge erzielt. In diesem Jahr konnten sich die einjährigen Arten aufgrund der sehr früh einsetzenden Trockenheit nur bedingt etablieren.

Bei den heimischen Stauden lagen die Erträge bei 6,5 t TM/ha bzw. 9,0 t TM/ha in den Jahren 2009 bzw. 2010.

Silomaissortenversuche der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die in ca. 7 km Entfernung am Standort Wehnen auf einem ebenfalls leicht humosen Sandboden mit weniger als 30 Bodenpunkten durchgeführt wurden, erreichten TMErträge von durchschnittlich 19,5 t/ha in 2009 und 18,0 t/ha in 2010.

Auf den bayerischen Standorten lagen die Erträge der Wildartenmischungen gegenüber den Ergebnissen des niedersächsischen Standortes wesentlich höher, wobei hier möglicherweise die Bodengüte eine wichtige Rolle gespielt hat.

Hinsichtlich der Silierbarkeit liegen derzeit noch keine entsprechenden Versuche vor. In den bisherigen Prüfjahren wurden die Projektflächen bei den Landwirten (siehe unten) beerntet und mit in das Maissilo eingebracht. Die Rückmeldungen der Landwirte in Hinblick auf die Silierfähigkeit waren positiv, wobei die Erntemengen nur einen sehr geringen Anteil an dem gesamten Maissilo ausmachten. Ab 2011 sind gezielte Silierversuche geplant.

Die Ergebnisse zur Methanausbeute zeigen eine starke Differenzierung der Ergebnisse der Einzelarten. Es ist erkennbar, dass verschiedene Einzelarten durchaus die Methanausbeute von Silomais erreichen können. Hieraus direkte Rückschlüsse auf die Methanausbeute der geprüften Mischungen abzuleiten, ist allerdings schwierig.

Zu 2: Die Versuchsergebnisse aus Niedersachsen - speziell die am Standort Oldenburg - zeigen, dass weiterer Forschungsbedarf vorhanden ist. Es müssen für die jeweilige Region angepasste Mischungen gefunden werden, die sich sicher etablieren können und ertraglich deutliche Verbesserungen bringen. Mit den bisherigen Mischungen werden in Niedersachsen keine wirtschaftlichen Leistungen erzielt, und daher stellt der Anbau von Wildpflanzen in unserem Land gegenwärtig auch keine Alternative zum Maisanbau dar. Die Landesregierung nimmt zur Kenntnis, dass auf den süddeutschen Standorten deutlich höhere Erträge erzielt werden als in Nordwestdeutschland, und verfolgt die weitere Entwicklung dieses Projektes.

Als Alternative zum Maisanbau zeichnet sich die Nutzung von Getreideganzpflanzensilage (GPS), Grassilage und zunehmend auch Zuckerrüben (Energierüben) ab. Sorghum-Arten und auch Sonnenblumen dagegen sind nach den bisherigen Ergebnissen im Hauptfruchtanbau noch keine Alternative zu Mais, aber für den Zweitfruchtanbau eine Alternative.

Zu 3: Die bisher in Niedersachsen erzielten Ergebnisse lassen sich noch nicht als positive Ergebnisse darstellen. Vielmehr sind die Ergebnisse so zu interpretieren, dass weiterer Forschungsbedarf erforderlich ist. Auch an dem Folgeprojekt der Bayrischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) ist die LWK Niedersachsen mit einem Versuchsstandort beteiligt.

Geplant ist in der zweiten Projektphase (2012 bis 2014) schwerpunktmäßig das Screening der Arten und erste kleinflächige Testansaaten.

Die LWK Niedersachsen wird 2012 und 2013 mit einem Bestandsgründungsversuch (2013 bis 2014) und Düngeversuch (2012 bis 2013) beteiligt sein, um für die hiesigen Umweltbedingungen belastbare Ergebnisse erzielen zu können.

Weitere Versuche zu dieser Thematik werden aktuell vom Kompetenzzentrum 3N e. V. in Werlte auf dem dortigen Versuchsstandort der Landwirtschaftkammer Niedersachsen gefahren. Es wurde eine Blühstreifendemonstration mit 15 verschiedenen Mischungen angelegt, bei der die Etablierung, die Standorteignung und das Ertragspotenzial bestimmt werden. In enger Abstimmung mit der Niedersächsischen Landesjägerschaft werden ferner bereits drei speziell entwickelte standortbezogene Wildackermischungen seit einigen Jahren in der Praxis erprobt und über den Landhandel vertrieben. In 2010 wurden bereits ca. 30 t dieser Saatmischungen ausgedrillt.

Das Kompetenzzentrum 3N e. V. ist zudem Projektpartner im FNR-Verbundprojekt ELKE - „Etablierung einer extensiven Landnutzungsstrategie“ - und betreut die umfangreichen KurzumtriebsVersuche (schnell wachsende Gehölze) am Standort Spelle.

Anlage 45

Antwort

des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 46 der Abg. Victor Perli (LINKE)

Kommt der Grundbildungspakt, und was bringt er?

Durch die Leo-Level-One-Studie der Universität Hamburg wurde bekannt, dass funktionaler Analphabetismus in Deutschland weiter verbreitet ist als bisher angenommen. 7,5 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sind demnach funktionale Analphabeten, die keine Texte lesen oder schreiben können.

Auf der 334. Sitzung der Kultusministerkonferenz am 9./10. Juni 2011 in Hannover beschlossen die Länder nach Abstimmung mit der Bundesregierung eine Initiative für einen Nationalen Pakt für Alphabetisierung und Grundbildung in Deutschland. Gemeinsam mit Kommunen, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen und weiteren gesellschaftlichen Akteuren solle der Analphabetismus in Deutschland bekämpft werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Menschen sind in Niedersachsen nach Schätzung der Landesregierung funktionale Analphabeten?