Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Zu 1: Die Besucherinformationseinrichtungen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer werden vom Land gefördert, indem die Personalkosten der Einrichtungen zum großen Teil getragen werden. Für die Gebäude und die Ausstellungen sind die Träger der Einrichtungen selbst verantwortlich. Die Förderung solcher Maßnahmen wird zum Teil durch die Niedersächsische Wattenmeerstiftung unterstützt.

Grundsätzlich ist das nach Einschätzung der Landesregierung ausreichend. Was Verbesserungsmöglichkeiten anbetrifft, wird auf die Beantwortung zur mündlichen Anfrage 22 Frage Nr. 1. der LTDrs. 16/4135 verwiesen.

Zu 2: Die freiwerdenden Zivildienstleistenden-Stellen beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) für die Nationalparkbetreuung werden zurzeit vollständig durch Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes ersetzt.

Zu 3: Derzeit arbeiten die insgesamt 15 ehrenamtlichen Landschaftswarte im Einvernehmen mit der Nationalparkverwaltung in den Landkreisen Aurich, Friesland und Wesermarsch. Für die übrigen Landkreise existiert noch keine Landschaftswacht im Nationalpark.

Für die Inseln Wangerooge, Mellum und Minsener Oog bestehen Betreuungsverträge mit Umweltverbänden wie z. B. dem Mellumrat, die dort die Gebietsbetreuung vornehmen.

Die Tätigkeitsfelder der ehrenamtlichen Landschaftswarte sind je nach Nationalparkbereich unterschiedlich. Im Wesentlichen handelt es sich um die Mitwirkung bei praktischen Hilfsmaßnahmen wie

- Wiederaufstellung von Schildern,

- Herrichtung von Stegen und Pfaden,

- Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen,

- Maßnahmen des Artenschutzes und

- Beaufsichtigung und Beobachtung der zugeordneten Gebietsteile.

Hoheitliche Aufgaben übernehmen die Landschaftswarte nicht.

In der Nationalparkregion des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeeres sind 15 ehrenamtliche Nationalparkwarte tätig. Die Nationalparkwarte sind, wie auch in Niedersachsen, wichtige Mittler zwischen der Nationalparkverwaltung und der Bevölkerung. Sie unterstützen die Arbeit der 15 hauptamtlichen Mitarbeiter des Nationalparkdienstes und der Naturschutzverbände. Die Tätigkeiten der ehrenamtlichen Landschaftswarte im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer im Einzelnen sind hier nicht bekannt.

Anlage 23

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 24 der Abg. Helge Limburg und Hans-Jürgen Klein (GRÜNE)

Ermittlungen nach Todesfall in Cuxhaven

Am 26. Oktober 2011 ereignete sich im Kreishaus in Cuxhaven ein tragischer Zwischenfall. Nachdem ein 47 Jahre alter Mann im Kreishaus randaliert und Anwesende mit zwei Eisenstangen bedroht hatte, schoss ein herbeigeeilter 25jähriger Polizist auf ihn und verletzte ihn tödlich am Oberkörper. Die Polizei Cuxhaven übertrug die Ermittlungen der genauen Umstände des Todes des 47-Jährigen aus Gründen der Neutralität auf die Polizeiinspektion Delmenhorst. Diese gehört allerdings zur selben Polizeidirektion wie die Polizeiinspektion Cuxhaven, nämlich zur PD Oldenburg. Vonseiten der Staatsanwaltschaft fand eine solche Übertragung allerdings nicht statt. Die Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft Stade geführt, zu deren Bereich auch Cuxhaven gehört. Da Poli

zisten auch Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind und dienstlich sehr eng mit den jeweiligen Staatsanwaltschaften zusammenarbeiten, wäre es nach Auffassung von Beobachterinnen und Beobachtern denkbar, auch im staatsanwaltschaftlichen Bereich die Ermittlungen auf eine andere Behörde zu übertragen. Fraglich ist, warum die Ermittlungen überhaupt noch andauern, da der Leitende Oberstaatsanwalt Hartmut Nitz bereits am Morgen des 27. Oktober 2011 öffentlich die Einschätzung äußerte, dass es sich um eine Notwehrlage gehandelt habe, und so ein wesentliches Ermittlungsergebnis bereits öffentlich vorwegnahm.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum wurden die polizeilichen Ermittlungen nicht auf eine Polizeiinspektion außerhalb der PD Oldenburg, z. B. aus dem Raum der PD Lüneburg, übertragen?

2. Warum wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht auf eine Staatsanwaltschaft außerhalb des Landesgerichtsbezirks Stade übertragen?

3. Wie bewertet die Landesregierung die sehr zeitnahe öffentliche Beurteilung des Sachverhaltes durch den Leitenden Oberstaatsanwalt Nitz in Hinblick auf eine Gefährdung der Objektivität und Neutralität der staatsanwaltlichen und polizeilichen Ermittlungen?

Wenn ein Mensch durch den Einsatz einer Dienstwaffe der Polizei verletzt oder getötet wird, ist dies stets ein tragisches Ereignis. Dementsprechend werden regelmäßig Ermittlungen aufgenommen, ob der Einsatz der Dienstwaffe rechtmäßig erfolgte. Geprüft wird auch, ob der Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Dies geschieht unabhängig vom Berufsstand oder Ansehen der betroffenen Person nach dem Legalitätsprinzip der Strafprozessordnung (StPO).

Die Sachleitung des Ermittlungsverfahrens obliegt dabei der zuständigen Staatsanwaltschaft, die Polizeibeamtinnen und -beamte als Ermittlungspersonen mit der Durchführung beauftragt.

Die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft ist gesetzlich geregelt und ergibt sich aus § 143 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 StPO. Sie wird durch den Tatort der möglichen Straftat bestimmt. Der Tatort Cuxhaven liegt im Bezirk der Staatsanwaltschaft Stade. Eine Abweichung von der gesetzlichen Zuständigkeit ist nach § 145 Abs. 1 GVG möglich durch eine Entscheidung des zuständigen Generalstaatsanwalts, der eine andere als die zunächst zuständige Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragen kann.

Dies erfolgt insbesondere, wenn eine unmittelbare Tatbetroffenheit der zunächst zuständigen Staatsanwaltschaft vorliegt oder sonst ein Mangel an Objektivität zu befürchten ist. Der zuständige Generalstaatsanwalt in Celle hat von der Möglichkeit der Übertragung der Ermittlungen auf eine andere Staatsanwaltschaft keinen Gebrauch gemacht. Nach den bisherigen Erkenntnissen besteht auch kein Grund für eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Zuständigkeitsbestimmung. Allein die Tatsache, dass der betroffene Polizeibeamte zur Polizeiinspektion Cuxhaven und damit zum Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Stade gehört, rechtfertigt eine Verlagerung der Ermittlungszuständigkeit nicht. Auch die Tatsache, dass der Beamte Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist, legt keine andere Sichtweise nahe. Diese Eigenschaft ist nach § 152 Abs. 1 GVG lediglich für die Tatsache von Bedeutung, dass Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft den Anordnungen der Staatsanwaltschaft ihres Bezirks Folge zu leisten haben. Welche Personen in Niedersachsen als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gelten, wird aufgrund von § 152 Abs. 2 GVG durch die niedersächsische Verordnung über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 2. Oktober 1997 (Nds. GVBl. S. 423), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. Januar 2005 (Nds. GVBl. S. 46), allgemein bestimmt. Eine besondere Beziehung des betroffenen Polizeibeamten zur Staatsanwaltschaft Stade liegt nach bisherigen Erkenntnissen nicht vor.

Zur Wahrung der Objektivität werden Ermittlungen gegen Angehörige der Polizei grundsätzlich von Organisationseinheiten durchgeführt, die keine unmittelbaren Berührungspunkte zur betroffenen Person bzw. Organisationseinheit haben. Die Organisationsstruktur der Polizei(-behörden) mit klar abgegrenzten Organisationseinheiten ermöglicht nicht nur im Bereich des Beschwerdemanagements, sondern auch in der Ermittlungsführung gegen Amtsträger eine unabhängige und objektive Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Soweit dies notwendig ist, wird die Ermittlungsführung von anderen Polizeiinspektionen derselben oder einer anderen Polizeidirektion wahrgenommen, um bereits im Ansatz jeglichen Anschein einer möglichen Voreingenommenheit zu verhindern. In besonderen Fällen erfolgt auch eine Ermittlungsübernahme durch das Landeskriminalamt Niedersachsen (Dezernat 37 - Zentralstelle Korruption/Interne Ermittlungen).

Im vorliegenden Fall entschied der Polizeipräsident in Oldenburg noch in der Tatnacht, dass die weiteren Ermittlungen durch den Zentralen Kriminaldienst (ZKD) der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land mit Sitz in Delmenhorst durchgeführt werden. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit der Beamten dieser in über 100 km entfernt ansässigen Polizeiinspektion lagen und liegen nicht vor. Ein Zugewinn an Objektivität wäre durch die Beauftragung einer Polizeiinspektion einer benachbarten Polizeidirektion (z. B. einer Polizei- inspektion der Polizeidirektion Lüneburg) nicht zu erwarten gewesen; der Polizeipräsident nimmt keinen Einfluss auf die unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungen. Insoweit ist vorliegend eine ausreichende organisatorische und räumliche Distanz zur betroffenen Polizeiinspektion Cuxhaven/ Wesermarsch vorhanden.

Die Staatsanwaltschaft Stade hat noch am Tatabend die Ermittlungen zu dem Vorfall aufgenommen. Am darauffolgenden Tag (27. Oktober 2011) hat der Behördenleiter eine Presseinformation veröffentlicht, in der der Schusswaffengebrauch durch den Polizeibeamten bestätigt wird und die Aufnahme von Ermittlungen mitgeteilt wird. Darin heißt es:

„Bedrohungslage endet tödlich - Polizeibeamter wehrt Angriff durch Schusswaffengebrauch ab

Cuxhaven. Am Mittwochabend kam es kurz nach 18:30 Uhr nach bisher vorliegenden Erkenntnissen im Gebäude des Kreishauses aus einer Notwehrsituation heraus zu einem Schusswaffengebrauch durch einen 25-jährigen Polizeibeamten, der angegriffen wurde. Der Angreifer wurde tödlich verletzt. […]

Hartmut Nitz, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Stade, verschaffte sich noch am Abend einen persönlichen Überblick in Cuxhaven.“

Am 28. Oktober 2011 hat der Behördenleiter eine weitere Presseinformation veröffentlicht, in der es heißt:

„Bedrohung endete tödlich - Ermittlungen dauern an

Cuxhaven. ‚Die umfassenden Ermittlungen durch eine externe Polizeiinspektion dauern an’, teilt Hartmut Nitz, Leitender Oberstaatsanwalt der

Staatsanwaltschaft Stade am Freitag mit. Der Oldenburger Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau hatte aus Objektivitätsgründen veranlasst, dass die Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg die Ermittlungen durchführt.

Am Mittwochabend kam es kurz nach 18:30 Uhr nach bisher vorliegenden Erkenntnissen im Gebäude des Kreishauses aus einer Notwehrsituation heraus zu einem Schusswaffengebrauch durch einen 25-jährigen Polizeibeamten, der angegriffen wurde. Der Angreifer wurde tödlich verletzt. […]

Wie es zu der Schussabgabe gekommen ist (beabsichtigt oder mögli- cherweise auch versehentlich) und ob der gegenwärtige Angriff des 47-jährigen Mannes gegebenenfalls durch andere Maßnahmen hätte abgewehrt werden können, sei im Zuge der möglichst detaillierten Rekonstruktion der Geschehensabläufe laut Nitz ein ganz wesentlicher Punkt der weiteren Ermittlungen. […]“

Diese Presseinformationen entsprechen nach Kenntnis der Landesregierung dem Ermittlungsstand. Zu weiteren Einzelheiten der Ermittlungen kann die Landesregierung aufgrund des laufenden Verfahrens zunächst keine Angaben machen.

Polizeiliche Schusswaffenanwendungen gegen Personen stellen Ausnahmefälle dar. So erfolgte im Jahr 2010 kein Fall des Schusswaffengebrauchs gegen Personen; bei dem Fall in Cuxhaven handelt es sich um den ersten Fall eines Schusswaffengebrauchs gegen Personen in diesem Jahr. Im Zehnjahreszeitraum sind bei Schusswaffenanwendungen drei Menschen getötet worden; unzulässige Schusswaffengebräuche sind in diesem Zeitraum in Niedersachsen nicht festgestellt worden.

Unbeschadet der noch laufenden Ermittlungen in diesem Fall bedauert die Landesregierung den tragischen Tod eines Menschen durch den polizeilichen Schusswaffengebrauch in Cuxhaven; aber auch den beteiligen Polizeivollzugsbeamten, die sehr unter den Geschehnissen leiden, gilt das Mitgefühl.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu 1: Warum wurden die polizeilichen Ermittlungen nicht auf eine Polizeiinspektion außerhalb der PD Oldenburg, z. B. aus dem Raum der PD Lüneburg, übertragen?

Hierzu verweise ich auf die Vorbemerkungen. Ein Zugewinn an Objektivität wäre durch die Beauftragung einer Polizeiinspektion einer benachbarten Polizeidirektion (z. B. einer Polizeiinspektion der Polizeidirektion Lüneburg) nicht zu erwarten gewesen.

Zu 2: Warum wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht auf eine Staatsanwaltschaft außerhalb des Landesgerichtsbezirks Stade übertragen?

Hierzu verweise ich auf die Vorbemerkungen. Anhaltspunkte für eine unmittelbare Betroffenheit der Staatsanwaltschaft Stade hinsichtlich des Vorfalls oder eine besondere Beziehung des betroffenen Polizeibeamten zur Staatsanwaltschaft Stade bestehen nicht. Allein die Tatsache, dass der Polizeibeamte Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist, rechtfertigt keine Abweichung von der gesetzlich geregelten Zuständigkeit.

Zu 3: Wie bewertet die Landesregierung die sehr zeitnahe öffentliche Beurteilung des Sachverhaltes durch den Leitenden Oberstaatsanwalt Nitz in Hinblick auf eine Gefährdung der Objektivität und Neutralität der staatsanwaltlichen und polizeilichen Ermittlungen?

Die zeitnahe Bestätigung des tödlichen Einsatzes der Dienstwaffe durch den Polizeibeamten vonseiten der Staatsanwaltschaft sowie die Mitteilung, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, ist wichtig für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Objektivität der staatlichen Behörden. Die vom Behördenleiter der sachleitenden Staatsanwaltschaft Stade veröffentlichten Presseinformationen entsprechen nach Kenntnis der Landesregierung dem Ermittlungsstand. Die strafrechtlichen Ermittlungen dauern nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Stade an, weil durch eine möglichst detaillierte Rekonstruktion der Geschehensabläufe zu klären ist, wie es zu der Schussabgabe kam und ob der Angriff auf den Polizeibeamten gegebenenfalls durch andere Maßnahmen hätte abgewehrt werden können. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Objektivität und Neutralität der staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Ermittlungen bestehen nicht.

Anlage 24

Antwort