In der 115. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags der 16. Wahlperiode sagte der Abgeordnete Jens Nacke (CDU): „Parteien, die Demokratie und Rechtsstaat hochhalten, schicken keine Glückwunschschreiben an Despoten. Wir helfen mit, denen Haftbefehle zu schicken, damit sie für ihr Tun zur Rechenschaft gezogen werden können.“ Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen informieren seit Jahren über schwere und schwerste Menschenrechtsverletzungen in der Arabischen Republik Syrien. Jahrelang hat auch das Land Niedersachsen bis vor Kurzem trotz dieser Informationen in Niedersachsen lebende Menschen nach Syrien abgeschoben. Seit Monaten geht das Regime unter Führung von Präsident Assad mit militärischen Mitteln brutal gegen protestierende Oppositionelle vor. Infolgedessen hat es bereits unzählige Tote gegeben. In der Antwort auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (Bünd- nis 90/Die Grünen), in der sie die Landesregierung wie folgt fragt: „Wie beabsichtigt die Lan
desregierung zukünftig - auch im Hinblick auf die ‚Arabische Initiative‘, initiiert durch den früheren Wirtschaftsminister Hirche - mit solchen Delegationen politisch umzugehen, wenn ihr derartige Menschenrechtsverstöße aus den Zielländern bekannt sind?“ erklärt die Landesregierung: „Bei der Entscheidung über Zielländer für Delegationsreisen wird neben den Interessen der niedersächsischen Unternehmen immer auch der gesamtpolitischen Lage des zu bereisenden Landes Rechnung getragen. Dabei wird die Unterstützung wirtschaftlicher Beziehungen auch vor dem Hintergrund des bedeutenden Einflusses unternehmerischer Tätigkeiten auf die Rechte von Menschen gesehen. Der direkte Austausch und regelmäßige Kontakt zwischen Geschäftspartnern kann dazu beitragen, bestimmte Werte und Standards näherzubringen sowie die Bedingungen einer funktionierenden Marktwirtschaft, eines stabilen Rechtssystems und politischer Freiheit zu verdeutlichen.“
1. Teilt die Landesregierung die vom Abgeordneten Nacke (CDU) in den Vorbemerkungen zitierte Aussage, und, wenn ja, in welcher konkreten Form fließt das in das Regierungshandeln ein?
2. Wie wird die Landesregierung zukünftig ihre politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Arabischen Republik Syrien gestalten?
3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung für die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Staaten, in denen nachweislich schwere und schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen werden?
Der hohe Stellenwert, der den Menschenrechten wie in allen demokratischen Staaten selbstverständlich auch in Niedersachsen beigemessen wird, ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Aufnahme dieses Rechtsgutes in die Niedersächsische Verfassung. Dort heißt es in Artikel 3 Abs. 1:
„Das Volk von Niedersachsen bekennt sich zu den Menschenrechten als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit.“
Die Landesregierung versteht die Menschenrechte als eine alles bestimmende Leitlinie, die bei allen ihren Entscheidungen zu berücksichtigen ist. Dazu gehört auch der Umgang mit anderen Staaten.
Zu 1: Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, Äußerungen von Landtagsabgeordneten zu bewerten.
Zu 2: Die Landesregierung setzt sich in der politischen Zusammenarbeit mit der Arabischen Republik Syrien seit Langem für Demokratie und Menschenrechte ein. So unterstützte die Landesregierung beispielsweise durch ein Grußwort am 14. September 2011 vor der Staatskanzlei eine Kundgebung für Demokratie und Menschenrechte in Syrien.
Die Landesregierung begrüßt und unterstützt im Übrigen die Position der Bundesregierung, die die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien klar verurteilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Staatspräsident Baschar al-Assad in aller Deutlichkeit auf, die Gewalt umgehend einzustellen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berät auf Antrag Deutschlands zu den Vorgängen in Syrien.
Die politische Lage in Syrien wird auch hinsichtlich einer Unterstützung wirtschaftlicher Kontakte weiterhin intensiv beobachtet und bewertet. In die Bewertung einbezogen werden auch - wie bereits vor der im Februar 2011 stattgefundenen Reise nach Syrien - Berichte des Auswärtigen Amtes. Derzeit gibt es keinerlei Wirtschaftskontakte in die Arabische Republik Syrien, und es werden auch weiterhin keine aufgenommen, solange es keine Rückkehr zu Strukturen gibt, in denen die Menschen in Syrien sicher leben können. Sobald diese jedoch wieder gegeben sind, wird versucht werden - wie auch in Libyen -, die wirtschaftlichen Beziehungen wieder aufzunehmen, da Syrien grundsätzlich ein interessanter Markt für niedersächsische Unternehmen und aufgrund seiner zentralen Lage im Nahen Osten eine strategische Drehscheibe für den Handel in dieser Region ist. Darüber hinaus dient die Wiederaufnahme wirtschaftlicher Kontakte insbesondere syrischen Firmen, die nur so die Chance haben werden, die Entwicklung ihres Landes hin zu einer sozialen Marktwirtschaft voranzutreiben und an die Weltwirtschaft wieder anzuknüpfen.
Zu 3: Die Landesregierung verurteilt Menschenrechtsverletzungen ausdrücklich, egal in welchem Land sie verübt werden. Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewusst, in Gesprächen mit Regierungsvertretern auch kritische Themen anzusprechen. Wo Kontakte zu anderen Regierungen bestehen, ermöglichen diese es der Landesregierung, Fragen zu der Einhaltung der Menschenrechte in angemessener Form - in enger Abstimmung mit der für auswärtige Politik zuständigen Bundesregierung - zu stellen.
Wie wurde die Gemeinde Butjadingen, Landkreis Wesermarsch, durch das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg in das Genehmigungsverfahren nach BImSchG einbezogen?
Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Butjadingen, Landkreis Wesermarsch, machen auf Folgendes aufmerksam: Die in der nördlichen Wesermarsch gelegene Gemeinde Butjadingen sei vom Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg nicht in das Genehmigungsverfahren nach dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge - BImSchG - für das Containerterminal des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven einbezogen worden. Es wird Beschwerde geführt, dass die Unterlagen zur Einsichtnahme in der Gemeinde Butjadingen nicht ausgelegen hätten. Darüber hinaus sei die Gemeinde als Trägerin öffentlicher Belange nicht von Amts wegen in das Verfahren einbezogen worden.
Überhaupt sei nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer das genannte Genehmigungsverfahren nicht bürgerfreundlich gewesen. Das Perfide bestehe ihrer Darstellung zufolge darin, dass Betroffene auf diese Weise um ihr Recht betrogen worden seien. Ohne Einwendung seien sie letztlich so gestellt gewesen, als seien sie mit allem einverstanden gewesen. Der Zweck der Bürgerbeteiligung sei es doch, die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich zu beteiligen. Dem sei im Genehmigungsverfahren seitens des Gewerbeaufsichtsamtes Oldenburg nicht entsprochen worden.
1. Wie wurde das Genehmigungsverfahren für den Containerterminal des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven seitens des Gewerbeaufsichtsamtes Oldenburg verwirklicht?
2. Wie wurde die Gemeinde Butjadingen seitens des Gewerbeaufsichtsamtes Oldenburg konkret und kontrollfähig in dieses Genehmigungsverfahren mit welchem Ergebnis einbezogen?
Zunächst ist festzustellen, dass es einen Genehmigungsvorbehalt für Containerterminals in der Vierten Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) nicht gibt, genehmigungspflichtig ist lediglich die Lagerung von Gefahrstoffen oberhalb der Mengenschwellen,
die in Nr. 9 des Anhangs der 4. BImSchV angegeben sind. Wegen der von der Antragstellerin, der Firma Eurogate Container-Terminal Wilhelmshaven GmbH & Co. KG (Eurogate), zur Genehmigung gestellten Lagermengen war ein förmliches Genehmigungsverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Die maximalen Lagermengen folgender Stoffe waren insoweit ursächlich für die Art des Genehmigungsverfahrens:
sehr giftige, giftige, brandfördernde oder explosionsfähige Stoffe und Zubereitungen (max.12 600 t).
Wegen der geplanten dezentralen Lagerung von Gefahrgutcontainern waren in dem mit Bescheid vom 12. Oktober 2011 abgeschlossenen Zulassungsverfahren sämtliche Lagerflächen des Terminals - nicht jedoch die Umschlaganlagen - in den Blick zu nehmen. Das Einhalten der Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 des Bundes-Immis- sionsschutzgesetz (BImSchG)) war hinsichtlich der Auswirkungen des bestimmungsgemäßen Anlagenbetriebs auf die Luftqualität, die Lärm- und Lichtimmissionen lediglich für das Lager einschließlich des Ein- und Auslagerns durch sogenannte Van Carrier und Leerstapler zu beurteilen.
Die Umschlaganlagen des Terminals galt es - wie auch das Lager - im Hinblick auf die Anlagensicherheit zu prüfen, da sie mit dem Lager einen Betriebsbereich im Sinne des § 3 Abs. 5 a BImSchG bilden; für das gesamte Containerterminal gelten die erweiterten Pflichten der Störfallverordnung und muss ein Sicherheitsbericht vorgehalten werden (§ 9 der Störfallverordnung). Der Sicherheitsbericht befasst sich insbesondere auch mit den Unfallrisiken und enthält Angaben zu den möglichen Auswirkungen von Störfällen.
Da die dem Antrag der Firma Eurogate beigefügten Gutachten erkennen lassen, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Budjadingen weder relevante Immissionen von Luftschadstoffen, Lärm oder Licht auftreten werden noch Gefahren aufgrund von Störfällen im Containerterminal entstehen können, bestand keine Veranlassung, das Vorhaben in der Gemeinde Budjadingen öffentlich bekannt zu machen, die Antragsunterlagen dort zur Einsichtnahme auszulegen oder die Gemeinde Budjadingen oder den Landkreis Wesermarsch förmlich zu beteiligen. Dennoch erfolgte die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens durch das Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Oldenburg auch im Landkreis Wesermarsch.
Zu 1: Das GAA Oldenburg hat die zuständigen Behörden, insbesondere die Stadt Wilhelmshaven, beteiligt und deren Stellungnahmen zu den Antragsunterlagen in der Genehmigung berücksichtigt. Am 21. Dezember 2010 wurde das Vorhaben in der Wilhelmshavener Zeitung, der NWZ (Ausga- be: Wesermarschzeitung) sowie in der Kreiszeitung Wesermarsch öffentlich bekannt gemacht. Die Antragsunterlagen haben daraufhin vom 4. Januar 2011 bis zum 3. Februar 2011 bei der Stadt Wilhelmshaven und beim GAA Oldenburg zur Einsichtnahme ausgelegen.
Auf einen Erörterungstermin wurde verzichtet, weil u. a. von Wilhelmshavener Bürgern keine Einwendungen erhoben worden sind.
Zu 2: Die Gemeinde Budjadingen wurde in das Verfahren nicht einbezogen, da keine Veranlassung für deren Beteiligung bestand (siehe Vorbe- merkungen).
Zu 3: Das GAA Oldenburg hat das Genehmigungsverfahren korrekt durchgeführt, Anlass zu Beanstandungen gibt es nicht. Vielmehr wurde durch das Amt eine über das gebotene Maß hinausgehende öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens initiiert und wurden die Gemeinde Budjadingen und die Bürger in Budjadingen in die Lage versetzt, sich am Genehmigungsverfahren zu beteiligen. Diese Möglichkeit hat jedoch lediglich ein Bürger aus der Stadt Nordenham wahrgenommen.
Ausweislich Presseberichten und der Unterrichtung durch das Ministerium für Wissenschaft und Kultur in der nicht öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur am 31. Oktober 2011 wird die Bundesregierung 15 Millionen Euro in einen Forschungsverbund investieren, der ab 2012 interdisziplinär den Umgang mit Atommüll erforschen soll. Das „Herzstück“ des länderübergreifenden Kompetenznetzwerks sei die Niedersächsische Technische Hochschule. Hinzu kämen außeruniversitäre Einrichtungen und Wissenschaftler aus anderen Bundesländern. Auch internationale Fachleute sollten einbezogen werden. Es solle u. a. die Frage geklärt werden, ob die rückholbare Lagerung in einem Salzstock wie Gorleben funktionieren könne. Derzeit würden die Förderanträge ausgearbeitet. Dem Vernehmen nach wird es sich jedoch nicht um eine institutionelle Förderung handeln, die u. a. von Ministerpräsident McAllister gefordert worden war.
Unabhängig von diesen Plänen sollen laut dem von der Bundesregierung beschlossenen Energieforschungsprogramm in den Jahren 2011 bis 2014 317 Millionen Euro in die Atommüllforschung fließen.