Im Umweltbereich haben Sie das Landesamt für Ökologie zerschlagen. Man kann nach all den Streichungen, die in diesem Bereich vorgenommen worden sind, überhaupt nicht mehr von einem Umweltministerium reden.
Im Landwirtschaftsbereich wurden die Zuschüsse für den ökologischen Landbau und für den Verbraucherschutz fast auf null gesenkt. Die Kommunen mussten durch Ihre Absenkung des kommunalen Finanzausgleichs bluten, und bei den Bediensteten des Landes haben Sie, was deren Einkommen angeht, ebenfalls heftig gespart.
Die Hochschulen - ich kann mich gut an das Hochschuloptimierungskonzept erinnern - haben Sie um 260 Millionen Euro geschwächt. Sie haben die Kulturförderung ausgehöhlt, Sie haben die Lernmittelfreiheit gestrichen, und Sie haben die Hausaufgabenhilfe so zusammengestrichen, dass von Chancengleichheit in diesem Land überhaupt keine Rede mehr sein konnte.
Sie sehr wohl. Sie haben ihn aber immer hinter dem Sanierungszwang versteckt. Das Ziel Ihrer harten Austeritätspolitik war ein schlanker Staat nach Ihrer konservativen Fasson. Das Ergebnis ist aber ein extrem abschreckendes Beispiel für die Folgen konservativer Sparpolitik, meine Damen und Herren.
Kurz vor der Landtagswahl 2008 hat den damaligen Ministerpräsidenten Wulff dann aber der Mut zur Weiterführung dieser harten Sparpolitik verlassen. Deshalb kam es ihm damals, im Jahr 2008, gerade recht, dass die Einnahmen des Landes, noch unterstützt um Zinsminderausgaben, wieder anstiegen. Mit einem Mal wurde Sparen wieder klein geschrieben, und das Verteilen von Wohltaten hat begonnen. Überall dort, wo es öffentlichen Protest gab, wurden Kürzungen zurückgenommen. Symbolisch will ich hier nur auf die hälftige Wiedereinführung des Landesblindengeldes hinweisen und auch auf die Freistellung des dritten Kindergartenjahres.
Wohlgemerkt: Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie die Steigerung der Einnahmen für Ausgaben genutzt haben, aber ich werfe Ihnen konkret vor, dass Sie dabei mit der Gießkanne und ohne jedes politische Konzept übers Land gegangen sind, nur um gut Wetter zu machen und um der Kritik der Opposition die Spitze zu nehmen.
Ich werfe Ihnen vor, dass Sie den Zusammenhang zwischen der verbesserten Einnahmesituation des Landes und den erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten der Ausgabenseite nicht offengelegt haben. Nein, Sie haben so getan, als wäre es das Ergebnis Ihrer Sparpolitik, dass wieder höhere Ausgaben möglich werden. Sie haben den Leuten etwas vorgemacht, meine Damen und Herren.
Parallel zu diesen Verschleierungsübungen haben Sie der Öffentlichkeit wieder eines Ihrer famosen Schaubilder vorgestellt, indem Sie die lineare Rückführung der Nettokreditaufnahme um jährlich 350 Millionen Euro angekündigt und damit weiter an Ihrem Sanierer-Image gestrickt haben.
Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie die Verschuldung abbauen wollten. Aber ich werfe Ihnen vor, dass Sie der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut haben. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie wider besseres Wissen den linearen Anstieg der Landeseinnahmen aus Steuern und Abgaben unterstellt haben; denn nur so wäre dieses Vorhaben auch nur im Ansatz realisierbar.
Die Quittung dafür haben Sie im Jahr 2009 prompt bekommen. In der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde Ihr schönes Schaubild zur Makulatur, weil die Einnahmen dramatisch eingebrochen sind. Das hat Sie aber nicht davon abgehalten, wieder ein neues Schaubild zu zeichnen.
(Ulf Thiele [CDU]: Das haben Sie in Ihren Haushaltsanträgen aber vo- rausgesehen, nicht wahr, Herr Schostok? Nicht ein einziger Antrag dazu!)
Kaum war die Krise vorbei, schon hatten Sie ein verändertes Szenario zur Hand. Zum zweiten Mal wollen Sie nun der gewarnten Öffentlichkeit weismachen, dass Sie die Nettokreditaufnahme auf null zurückfahren könnten, und dies nun bis zum Jahr 2017. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass Ihnen das in der Zukunft noch jemand abnimmt?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Realität hinter diesen Verschleierungskünsten ist wirklich dramatisch. Während Sie sich als solide Haushaltssanierer aufspielen, ist die Verschuldung des Landes weiter gestiegen, und zwar seit 2003 um 9,1 Milliarden Euro auf 53,8 Milliarden Euro im Jahr 2009.
Nimmt man die ganzen Schattenhaushalte noch dazu, beträgt die Steigerung sogar 11,4 Milliarden Euro, meine Damen und Herren. Gleichzeitig haben Sie bis zum Jahr 2007 Landesvermögen in Höhe von über 2,1 Milliarden Euro verscherbelt. Meine Damen und Herren, Sie haben wirklich den Pokal für den niedersächsischen Schuldenmeister verdient.
Ich will in diesem Zusammenhang noch ein paar Dinge erwähnen: Bei den Kommunen sind Liquiditätskredite in Höhe von über 5,2 Milliarden Euro
aufgelaufen. Dies haben Sie als Landesregierung durch Ihre Zustimmung zu Steuersenkungen, aber auch durch Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich ermöglicht.
Das strukturelle Defizit des Landeshaushaltes beträgt nach Berechnungen des Landesrechnungshofs im langjährigen Durchschnitt 1,85 Milliarden Euro und damit ungefähr 7 % des niedersächsischen Landeshaushaltes. Auch angesichts dieser katastrophalen Zahlen handeln Sie noch so unverantwortlich, Steuersenkungsgesetzen des Bundes zuzustimmen, die den Landeshaushalt ab 2013 zusätzlich jährlich mit einer dreistelligen Millionensumme belasten, meine Damen und Herren. Das ist ein Skandal!
(Reinhold Hilbers [CDU]: Wo ist ei- gentlich Ihr Konzept? Sie haben doch gar keine Anträge vorgelegt! - Gegen- ruf von Johanne Modder [SPD]: Mal zuhören!)
Mal haben Sie gestrichen, mal haben Sie die Ausgaben erhöht - gerade wie es Ihnen recht war. Oder vielleicht sollte ich besser sagen „Wie es für Ihren Machterhalt recht war“? - Ihr Ergebnis ist: Sie zerstören die Zukunft Niedersachsens, meine Damen und Herren. Sie zerstören die Zukunft eines gut aufgestellten und sozialen Niedersachsens.
Sie haben es z. B. geschafft, dass das Ausgabevolumen für die Förderung von wirtschaftlichen Innovationen im zuständigen Wirtschaftsministerium von 2010 bis 2013 von 1,78 Milliarden Euro auf 1,55 Milliarden Euro sinken wird. Das trifft am Ende nicht nur die Wirtschaft, sondern das trifft auch unsere Infrastruktur. Das ist Kaputtsparen, meine Damen und Herren!
Altenpflege - Herr Schwarz hat regelmäßig darauf hingewiesen -, im Bereich der stationären Pflege, bei Menschen mit Behinderungen, bei den Krankenhausinvestitionen oder im sozialen Wohnungsbau - darauf hat Herr Brunotte regelmäßig hingewiesen - fehlt es an Mitteln.
Dazu kommt der gesamte Bildungsbereich. Ich erwähne nur Folgendes: Niedersachsen ist Schlusslicht beim Krippenausbau. Gerade haben wir auch das Knausern bei den Honorarverträgen für die Ganztagsschulen erlebt. Das hat sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen, meine Damen und Herren.
Diese Reihe ließe sich unendlich weiter fortführen: Richterstellen, Überalterung des Personals, auch bei der Polizei, Verbraucherschutzskandale und trotzdem keine ausreichenden Kontrollen, keine Förderung der Energiewende, ein Umwelthaushalt, in dem gerade einmal 7 Millionen Euro für die Themen Energiewende und Klimaschutz zur Verfügung gestellt werden. Das ist wirklich peinlich; das ist keine zukunftsorientierte Politik, meine Damen und Herren.
Das fatalste Ergebnis Ihrer Politik ist aber das konsequente Totschweigen des Zusammenhangs zwischen staatlichen Einnahmen auf der einen Seite und der Möglichkeit des Staates, seine Aufgaben zu erfüllen, auf der anderen Seite. Die Frage, ob die Einnahmen des Landes ausreichen, damit es alle seine Aufgaben erfüllen kann, stellen Sie sich nicht einmal - oder höchstens einmal in Sonntagsinterviews des Ministerpräsidenten McAllister. Sie versenken jedoch schon Tage später mit Ihrer Zustimmung zu den Berliner Steuersenkungen mal locker den eben genannten dreistelligen Millionenbetrag. Wo bleibt da die Ehrlichkeit, meine Damen und Herren?
Wir würden uns mit Ihnen auch gerne über Fragen der Staatsfinanzierung auseinandersetzen. Wir würden dazu gerne in einen politischen Wettstreit mit Ihnen eintreten. Aber mein Eindruck ist, Sie sind konzeptionell dazu überhaupt nicht in der Lage, oder, was viel schlimmer wäre,
(Reinhold Hilbers [CDU]: Keine eige- nen Anträge stellen, aber von Kon- zeptlosigkeit reden! - Oh! bei der SPD)
Ich halte das für eine unverantwortliche Politik. Ihnen geht es bei den Themen Sanierung, Konsolidierung und Schuldenbremse nur um die Hoheit über die Stammtische, meine Damen und Herren, aber nicht um einen ernsthaften politischen Diskurs hier in diesem Parlament.
Unser Fazit ist: Die Diagnose ist falsch gestellt, die Operationen enden im Desaster und der Patient auf der Intensivstation. Der Arzt streicht aber trotzdem das Honorar ein. Ich sage Ihnen jedoch: Zum Glück gibt es ja noch die SPD; das durften Sie das ganze Wochenende über genießen, meine Damen und Herren.