Ich kann es auch anders ausdrücken: In der Kontinuität der Unfähigkeit als Gesundheitsminister stehen sich Rösler und Bahr in nichts nach. Das gilt auch für die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag.
Für beide, Rösler und Bahr, gilt: Sie sind jung, smart und fachlich inkompetent, und sie lassen sich von Lobbyisten führen.
Sie träufeln ein paar Tropfen auf den heißen Stein. Wir im Flächenland Niedersachsen sind besonders betroffen. Das Problem dieser Symptomtätschelei lässt sich an drei Punkten festmachen:
malig kein Kostendämpfungsgesetz im Gesundheitsbereich vorgelegt zu haben. Richtig. Allerdings verursacht ihr Gesetz erhebliche Mehrkosten.
Warum haben Sie in diesem Fall damit kein Problem? - Weil Sie zuvor mit Zusatzbeiträgen und der Kopfpauschale durch die Hintertür dafür gesorgt haben, dass die Mehrkosten ganz allein von den Versicherten getragen werden. Das ist die originäre FDP-Politik, die wir als Linke ablehnen.
(Zustimmung bei der LINKEN - Chris- tian Grascha [FDP]: 2 Milliarden Euro wurden bei den Medikamenten ge- spart!)
Sie sind derzeit mit jährlich 9 Milliarden Euro stärker belastet als die Arbeitgeber. Das ist der eigentliche Skandal.
Die Schere wird in den kommenden Jahren noch weiter auseinandergehen, wenn keine wirkliche Reform wie etwa das Konzept der Linken für eine solidarische Bürgerversicherung diesen Irrsinn der steigenden Zusatzbeiträge bremst.
Nun in aller Kürze zur fehlerhaften Zahlenbasis und zu den unzureichenden Maßnahmen. Meine Fraktion und vermutlich auch Sie haben zahlreiche Briefe nicht nur von den niedersächsischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten erhalten. Sie alle haben unisono darauf hingewiesen, dass als Grundlage der Versorgungsbemessung veraltete Zahlen herangezogen wurden, nämlich Zahlen aus dem Jahr 1999, die zudem schon seinerzeit fehlerhaft von einer Überversorgung ausgingen.
Im Landkreis Oldenburg, aber auch in Südniedersachsen warten Patienten heute etwa sechs Wochen auf ein erstes Diagnosegespräch und etwa ein Jahr auf einen Therapieplatz. Nach Ihrer Berechnung mit der alten und fehlerhaften Zahlengrundlage gelten die Regionen, die ich genannt habe, als angeblich erheblich überversorgt. Sie nennen Zahlen von etwa 275 %. Weitere Beispiele erspare ich Ihnen. Sie werden die entsprechenden Informationen aus ganz Niedersachsen selber bekommen haben. Bei der Ermittlung der ärztlichen Bedarfsplanung wurde sogar auf Zahlen von 1993 zurückgegriffen.
berufe festzustellen. Sie kennen anscheinend weder Pflegekräfte noch Hebammen. Wen kann es dann noch wundern, dass Ihr Entwurf zwar höhere Honorare für Ärzte auf dem Land, aber keine medizinischen Versorgungszentren in den besonders abgehängten Regionen und Landstrichen vorsieht?
Wie sollte ein Arzt oder eine Ärztin durch Honorare gereizt werden, wenn gleichzeitig die mangelhafte Infrastruktur bei der Kinderbetreuung, bei den Schulen, bei den kulturellen Angeboten und im öffentlichen Personennahverkehr die Entscheidung zur Niederlassung überlagert? Viele Fragen - keine Antworten.
Unsere Bundestagsfraktion hingegen hat bereits im Oktober des vergangenen Jahres einen umfassenden Antrag mit dem Titel „Wirksamere Bedarfsplanung zur Sicherung einer wohnortnahen und bedarfsgerechten gesundheitlichen Versorgung“ vorgelegt. Lesen Sie die Bundestagsdrucksache 17/3215! Darin sind alle relevanten Punkte zu einer umfassenden Bedarfsanalyse zu finden. Neben bereits aufgeführten Problempunkten ist hier auch die Frage der barrierefreien Gesundheitsversorgung mit bedacht, wie sie sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt.
Im Ergebnis lässt sich sagen: Ihr Reförmchen wird das strukturelle Problem der flächendeckenden Gesundheitsversorgung nicht einmal ansatzweise lösen. Feiern Sie ruhig weiter! Ihre Zeit in der Regierung ist allerspätestens 2013 abgelaufen. Wir arbeiten gern daran mit, dass die Extremisten der Mitte, nämlich die FDP, aus den Parlamenten verschwinden.
Danke schön, Herr Humke. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Helmhold. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Ab jetzt wird geliefert“, hat der ehemalige Bundesgesundheitsminister und jetzige FDP-Vorsitzende gesagt. Die FDP will wohl hier heute die Lieferung „Versorgungsstrukturgesetz“ abfeiern. Angeblich soll das die Versorgung mit Ärzten auf dem Lande verbessern.
Sehen wir einmal genau hin! Da gibt es z. B. eine neue Honorarregelung, die dazu führt, dass das Honorar desjenigen, der besonders viele Patienten behandelt, am Ende niedriger ausfällt. Das wird aufgehoben. Das ist zwar sinnvoll, aber wissen Sie, wie viele Ärztinnen und Ärzte das betrifft? - Bundesweit sind es exakt 37. Eine Förderung der Landärzte ist das nicht.
Ärzte in unterversorgten Bereichen sollen ein höheres Honorarvolumen erreichen. Das ist gut. Es ist aber nur eine Seite der Medaille. Sie tun überhaupt nichts, um die Überversorgung in überversorgten Gebieten abzubauen. Beides kann aber nur miteinander funktionieren. Andernfalls geht es vollständig zulasten der Beitragszahler.
An fehlenden Hausbesuchen, ermüdenden Wartezeiten und langen Anfahrten zur nächsten Landarztpraxis wird dieses Gesetz wenig ändern.
Wartezeiten sollen verkürzt werden. Aber warum müssen Kassenpatienten eigentlich wochenlang auf Termine bei Fachärzten warten? - Das liegt nicht daran, dass es zu wenig Ärzte gibt, sondern daran, dass Kassenpatienten bei gleicher Leistung deutlich weniger an Honoraren einbringen als Privatpatienten.
Ich finde, die Kosten für die Behandlung müssen sich danach richten, welche Krankheit ein Mensch hat.
Sie aber drehen lieber einmal den Geldhahn für die Ärztinnen und Ärzte auf. Zum vierten Mal innerhalb von vier Jahren steigen die Honorarmittel, und das nicht mit einer spezifischen Steuerungswirkung, sondern für alle, ganz unabhängig davon, ob sie in unter- oder überversorgten Gebieten praktizieren. Von 2007 bis 2010 gab es bereits eine Steigerung von 4,3 Milliarden Euro. Jetzt kommen nach Schätzungen der Kassen noch einmal 2 Milliarden Euro dazu. Ich nenne das ein
Mit der Förderung des ländlichen Raums, mit der gesundheitlichen Versorgung und mit einer sektorenübergreifenden Versorgungskonzeption hat all das überhaupt nichts zu tun. Bezahlen müssen es die Versicherten; denn Sie haben ja dafür gesorgt, dass jede weitere Kostensteigerung einseitig in Form von Zusatzbeiträgen bei den Versicherten landet. Dann kann man den Geldhahn schön aufdrehen, meine Damen und Herren!
In einer alternden Gesellschaft werden Diagnostik und Heilung von Krankheiten zunehmend von kontinuierlicher Betreuung und Begleitung zur Sicherung der Lebensqualität flankiert sein müssen. Der Wandel der Morbidität wird zwangsläufig zu einem häufigeren Wechsel der Patientinnen und Patienten zwischen den Sektoren führen und erfordert eine multiprofessionelle Behandlung.
Anstatt aber die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Medizinern sowie ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern voranzubringen, setzen Sie weiter auf das klassische Berufsbild des Einzelkämpferarztes. Das wird gefördert. Der Krankenhaussektor blieb trotz vieler konstruktiver Anregungen und Diskussionen im parlamentarischen Prozess völlig ausgeblendet.
Nebenbei: Wie schlecht muss ein Gesetzentwurf eigentlich sein, wenn die eigenen Koalitionsfraktionen im Bundestag 125 Änderungsanträge einbringen? - Es ist trotzdem leider nicht besser geworden. Was nötig wäre, sind Koordination, Vernetzung und Patientenorientierung.
Anstatt auf moderne Versorgungskonzepte, wie medizinische Versorgungszentren, zu setzen, wird deren Gründung ohne Notwendigkeit erschwert.