Anstatt auf moderne Versorgungskonzepte, wie medizinische Versorgungszentren, zu setzen, wird deren Gründung ohne Notwendigkeit erschwert.
Ebenfalls ist wenig von weiteren Berufsgruppen in der gesundheitlichen Versorgung die Rede. Kein Wunder, dass wir haufenweise Briefe von Ergo-, Physio- und Psychotherapeuten erhalten haben! Kein Wunder, dass sich die Pflegeverbände fragen, ob die Pflege neuerdings nicht mehr zur Versorgungsstruktur zählt!
Dann schaffen Sie auch noch eine neue Versorgung, nämlich die spezielle fachärztliche Versorgung. Das macht zwar einen gewissen Sinn. Aber ohne klare Regelungen werden diese Ärzte weiter mit den niedergelassenen Ärzten unnötig konkurrieren. Letztlich wird es deswegen wahrscheinlich am Ende noch weniger Hausärzte geben.
Für die Versorgungsfragen von heute und morgen liefert dieses Gesetz die Antworten von gestern. Aber offensichtlich hatte die Regierung gar nicht vor, die Probleme der Gesundheitsversorgung zu lösen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der ärztlichen Versorgung, insbesondere mit Blick auf den Hausarzt, steht seit geraumer Zeit auf der Tagesordnung, weil wir eben nicht wollen, dass der Hausarzt am Ende zu einer sozialromantischen Figur reduziert wird, sondern möchten, dass er bei den Menschen präsent ist.
Man kann auch feststellen: Das Hausarztsystem hat sich bewährt. Nur in Stichworten: Es ist wohnortnah, es ist ganzheitlich, man kann große Zufriedenheit feststellen, es besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis - und noch vieles andere mehr.
Frau Helmhold, wer die ärztliche Versorgung dann auch mit Blick auf die Finanzierung betrachtet, hat
sicherlich recht, wenn er sagt, dass man auch angemessen finanzieren muss. Wer aber die Frage, ob die Versorgung gut oder nicht gut ist, auf die Honorarfrage beschränkt, springt eindeutig zu kurz.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber das ist doch Ihre Methode! Sie machen es doch so! Das kritisiere ich ja!)
Lösungsansätze sind erheblich vielfältiger und komplexer, und viele politische Ebenen und auch Institutionen sind beteiligt.
Ich stelle fest, dass Niedersachsen hier besonders gut aufgestellt ist. Ich will das in einigen wenigen Punkten kurz vortragen.
Erstens. Seit 2005 gibt es den Modellstudiengang HannibaL an der Medizinischen Hochschule Hannover zur Stärkung der Praxis und des Patientenbezuges.
Zweitens. Seit 2008 haben wir - auch in großer Einmütigkeit - als Parlament Arbeitsaufträge an die Landesregierung weitergereicht, beispielsweise zur Förderung der Ausbildung, zu sektorenübergreifenden Kooperationen und auch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist außerordentlich wichtig ist; denn der medizinische Bereich ist weiblicher geworden.
Drittens. Ich nenne das MoNi-Delegationsmodell zur Erprobung, dass man auch qualifiziertes Fachpersonal einsetzt, um die Hausärzte zu entlasten.
Viertens nenne ich die Förderung des Arztes im Praktischen Jahr. Wenn die Ausbildung in der Praxis eines zugelassenen Hausarztes erfolgt, gibt es finanzielle Unterstützung. Das ist auch mit einem Dank an unsere Landesregierung zu verbinden.
Fünftens nenne ich die Zukunftsregionen Gesundheit in Niedersachsen. Unter Beteiligung der Kommunen ist hier etwas Einzigartiges geschaffen worden, nämlich eine Verknüpfung von Haus- und Fachärzten, anderen Gesundheitsberufen und Krankenhäusern. Es wurde also ein ganzheitlicher Ansatz gewählt. Das ist wirklich vorbildlich.
Siebtens weise ich darauf hin, dass wir im Sommer dieses Jahres noch einmal mit einem Antrag aktiv geworden sind.
Achtens nenne ich ganz aktuell das, was wir hier im Rahmen der Haushaltsberatungen übermorgen beschließen werden, nämlich einen Haushaltsansatz für 2012/2013 von 1 Million Euro zur Förderung von Praxisübernahmen oder Neuzulassungen.
Neuntens. Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist auch das Versorgungsstrukturgesetz zu nennen. Hier wurde gute Koalitionsarbeit geleistet. Unter anderem geht es um finanzielle Anreize. Besonders hervorhebenswert finde ich, dass die Residenzpflicht aufgehoben wurde. Auch das wird mit Sicherheit einträglich sein und Konsequenzen haben.
Lassen Sie mich nach diesen neun Punkten einen zehnten anfügen, weil ich glaube, dass das ein wichtiger Baustein ist, den man dabei nicht vergessen darf. Ich nenne hier unsere Kommunen. Sie haben längst erkannt, dass die ärztliche Versorgung ein nicht unwesentlicher Standortfaktor ist. Deshalb sind auch sie vorbildlich aktiv.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, an der ärztlichen Versorgung im Lande, ganz besonders in der Fläche, sind viele beteiligt. Ich nenne noch einmal die Kommunen, das Land und den Bund, aber auch die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen.
(Petra Tiemann [SPD]: Gerade die Kassenärztliche Vereinigung hat Ih- nen genau gesagt, was sie möchte!)
Wenn man dann sagt „Schauen wir doch einmal, wie sich das entwickelt“, dann kann man feststellen, dass die Dinge hier so gut auf dem Weg sind, dass wir zwar weitermachen können, aber Hoffnung haben dürfen.
Ich schließe mit dem Satz: Sorgen wir für unsere Hausärzte, damit sich unsere Hausärzte dann auch in Zukunft weiter um uns sorgen können!
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Mundlos. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Tiemann das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir lassen den Arzt im Dorf - das würden wir gerne machen, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber er bzw. sie muss erst einmal dorthin kommen.
- Sehr geehrter Herr Kollege Riese, vielleicht nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass die Medizin nicht weiblich wird, sondern die, die in der Medizin arbeiten, weiblich sind. Von denen, die Medizin studieren, gehören 72 % dem weiblichen Geschlecht an. Das heißt: Der Hausarzt wird weiblich.
(Zustimmung bei der SPD - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Medizin ist auch schon weiblich! - Zuruf von Ro- land Riese [FDP])
- Herr Riese, hören Sie zu! Dann können Sie noch etwas lernen. - Und Sie glauben wirklich, dass Sie mit diesem Gesetz die Ärzte in die Fläche oder ins Dorf kommen lassen?