Protocol of the Session on January 18, 2012

Login to download PDF

Herr Riese!

Herr Schwarz, ich darf Sie fragen, ob Sie in der Aufnahme der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer in die Sitzungen des Krankenhausplanungsausschusses nicht einen wichtigen Weg sehen, um die von Ihnen geforderte Verzah

nung von ambulanter und stationärer Behandlung zu verbessern?

Herr Schwarz!

Danke, Herr Riese. Dazu haben alle Fraktionen von den Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft sowie den kommunalen Spitzenverbänden ja gerade einen Brief bekommen, in dem diese sich dazu geäußert haben. Wenn Sie den gelesen hätten, wüssten Sie, wie dies eingeschätzt wird. Dann hätte sich Ihre Frage erübrigt.

(Beifall bei der SPD - Norbert Böhlke [CDU]: Alte Strukturen aufrechterhal- ten!)

Eine landesübergreifende Planung findet ebenfalls nicht statt, obwohl Niedersachsen - bedingt durch Hamburg und Bremen - mit über 100 000 Personen pro Jahr die größten Patientenwanderungen zu verzeichnen hat.

Meine Damen und Herren, wenn Niedersachsen schon Schlusslicht bei der Krankenhausförderung ist, dann müssten unserer Auffassung nach die viel zu geringen Mittel wenigstens nachhaltig und in zukunftsfähige Strukturen investiert werden. Während die CDU in ihrer Oppositionszeit die Empfehlungen des Landesrechnungshofes immer wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat, werden während ihrer Regierungsverantwortung zumindest hinsichtlich der Krankenhäuser dessen Vorschläge jedoch komplett ignoriert. Schlimmer noch: Ein Prüfrecht - immerhin bei Millioneninvestitionen des Landes - wird dem Landesrechnungshof gegenüber den Trägern im Gesetz durch die Mehrheit verweigert.

Sie, Frau Sozialministerin, haben in einer Pressemitteilung vom 2. November 2010 die Sicherstellung der Krankenhaushygiene und die Versorgung von Notfallpatienten als Schwerpunkt dieses Gesetzes vorgestellt. Nichts davon ist jedoch umgesetzt worden. Während insbesondere nach den Bremer Vorfällen bundesweit über die Situation in der deutschen Krankenhaushygiene geredet wurde, wurde in Niedersachsen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Hygienevorschrift vollständig aus dem Gesetzentwurf gestrichen.

Ausweislich der Ausschussprotokolle war es die Opposition, die darauf hingewiesen hat, dass trotz des Bundesinfektionsschutzgesetzes landesrecht

liche Regelungen notwendig sind. Nun kommen Sie wenigstens mit einer Verordnung, allerdings ohne entsprechende Verordnungsermächtigung im Gesetz. Das ist, wie ich finde, auch ein interessanter Vorgang.

Zum Thema Notfallversorgung stellen Sie im Gesetz noch deklaratorisch fest, Krankenhäuser, die sich daran beteiligten, müssten sicherstellen, dass sie dazu auch in der Lage sind. Das ist eine wirklich „starke“ Aussage, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Konsequenzen gleich Null ist. Wir wissen, dass sich immer mehr Krankenhäuser kurzfristig von der Notfallversorgung abmelden. Um dieses Problem einzugrenzen, haben alle anderen Bundesländer klare gesetzliche Regelungen getroffen. SPD und Grüne schlagen daher vor: Wenn an der Notfallversorgung teilnehmende Krankenhäuser Notfallpatienten abweisen, so muss geprüft werden, ob das Krankenhaus im Krankenhausplan verbleiben kann. Im Gegenzug soll die Teilnahme an der Notfallversorgung bei den Pauschalmitteln für die Krankenhäuser berücksichtigt werden.

Das Land hat bisher, außer in der Schaltsekunde des Eigentümerwechsels, keinerlei Möglichkeit, ein Krankenhaus aus dem Krankenhausplan zu nehmen. Wir halten das für eindeutig falsch. Ein Land muss die Möglichkeit haben, ein Krankenhaus ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan zu nehmen, wenn es gegen seinen Versorgungsauftrag verstößt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie in allen anderen Bundesländern auch wäre eine solche Sanktionsmöglichkeit vor allem im Interesse einer flächendeckenden Versorgung von Patientinnen und Patienten notwendig.

Wenn es um die Patientinnen und Patienten geht, ist der Gesetzentwurf der CDU/FDP-Mehrheit ohnehin sehr zurückhaltend. Unseres Erachtens müsste das Patientenwohl im Vordergrund dieses Gesetzes stehen. Wir wollen daher mit unserem gemeinsamen Gesetzentwurf, dass jedes Krankenhaus eine Patientenfürsprecherin bzw. einen Fürsprecher berufen muss. Wir wollen, dass Transplantationsfürsprecher in allen Krankenhäusern vorhanden sind, die Investitionsplanbetten vorhalten. Wir wollen, dass sich Krankenhäuser an der ärztlichen, pflegerischen und psychotherapeutischen Weiterbildung beteiligen, damit sie ihre Versorgung dauerhaft sichern. Außerdem halten wir die verpflichtende Einrichtung eines Sozialdienstes in den Krankenhäusern für notwendig, um

weitergehende Hilfen für Patientinnen und Patienten nach der Krankenhausentlassung einzuleiten.

All dies ist dem Regierungsentwurf keine Silbe wert, obwohl es in der Fachszene zu den Standardthemen im Krankenhausbereich gehört. Man konnte der Fachabteilung des Sozialministeriums bei den Beratungen anmerken, wie schwer es ihr gefallen ist, wider besseres Wissen den Schmalspurentwurf der CDU/FDP verteidigen zu müssen.

Meine Damen und Herren, Krankenhauspolitik ist die wichtigste Länderzuständigkeit im Gesundheitswesen. Anstatt nach zehn Jahren endlich ein zukunftsweisendes Gesetz vorzulegen, versuchen Sie auch bei diesem Thema mühevoll, sich bis zum nächsten Wahltermin zu retten. Ich finde, das ist eine ausgesprochen fahrlässige Vorgehensweise einer Regierung, die sich anscheinend in Endzeitstimmung befindet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auf den Kollegen Schwarz hat sich für eine Kurzintervention Herr Kollege Hilbers von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Herr Hilbers, Sie haben das Wort für eineinhalb Minuten. Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Herr Schwarz, Sie haben erstens den Rechnungshof und zweitens die Beteiligungsmöglichkeiten, die bestehen, angesprochen.

Ich will Ihnen erstens sagen: Wenn Sie sich die Unterlagen aus dem Rechnungsprüfungsausschuss anschauen, werden Sie schnell feststellen, dass das, was der Rechnungshof, bezogen auf das, was in der Fläche in unsere Krankenhausversorgung investiert wird, moniert, auch bei nahem Betrachten nicht Ihre Vorstellung sein kann. Selbst Ihre Mitglieder im Rechnungsprüfungsausschuss haben dem nicht zugestimmt und haben dafür plädiert, dass wir in der Fläche eine funktionierende Krankenhausstruktur behalten und dass wir nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammenlegen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben einen Auftrag der Daseinsvorsorge, und wir haben dafür zu sorgen, dass wir auch im ländli

chen Raum eine gute Versorgung mit medizinischen Leistungen haben.

Zweitens ging es um die Beteiligungsrechte. Der Rechnungshof ist ein beratendes Gremium, das eine beratende Mitteilung schreiben kann, und ansonsten ein Prüfungsgremium. Er kann uns nicht regieren und uns auch keine Entscheidung abnehmen. Dafür sind wir zuständig.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen kann man ihn auch nicht frühzeitig beteiligen. Er kann nicht in einem Entscheidungsverfahren beteiligt werden und anschließend gleich das Prüfungsverfahren durchführen. Das schließt sich im Grunde gegenseitig aus.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist das, was Sie hier wollen, ein Systemfehler. Wir müssen politisch gestalten. Wir haben die duale Krankenhausfinanzierung absichtlich verteidigt, damit wir auch zukünftig die Möglichkeit haben, in wichtigen Feldern zu investieren. Wir brauchen diese gestaltenden Möglichkeiten bei den Investitionen, um auch in den kleineren Krankenhäusern in der Fläche eine gute medizinische Versorgung für die Menschen vor Ort bereitzustellen. Im Übrigen werden das auch Ihre Leute vor Ort alle fordern. Sprechen Sie einmal mit Ihren Kommunalpolitikern! Die reden nicht so, wie Sie es hier vorgetragen haben.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz möchte antworten. Auch er hat 90 Sekunden Redezeit.

(Roland Riese [FDP]: Jetzt erklären Sie einmal, welche Krankenhäuser Sie schließen wollen!)

Herr Kollege Hilbers, Sie haben erstens den Landesrechnungshof angesprochen. Dazu habe ich mich bereits geäußert. Ich will noch einmal eines betonen: Der Landesrechnungshof weist seit zehn Jahren darauf hin, dass wir das einzige Bundesland sind, das die Pauschale ausschließlich an den Betten ausrichtet. Das wurde immer mit Ihrer Mehrheit beschlossen. Ich habe darauf hingewiesen und gesagt, die Landesregierung solle das regeln.

(Norbert Böhlke [CDU]: Das ändert sich! - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist jetzt anders!)

Zehn Jahre lang haben Sie nicht dafür gesorgt, dass das geregelt wird. Jetzt fängt es bruchstückhaft an.

Zweitens. Kein Mensch hat hier behauptet, dass kleine Krankenhäuser geschlossen werden sollen.

(Zurufe von der CDU)

Das Problem ist ein ganz anderes. Das Problem besteht darin, dass Sie in diesem Gesetzentwurf null Kriterien für zukünftige Investitionsentscheidungen dieser Landesregierung festlegen. Das führt in der Konsequenz dazu, dass die kleinen Krankenhäuser bei Ihrer Finanzierung nach dem Gießkannensystem den Wettbewerb überhaupt nicht mehr bestehen können. Sie sind mit der Vorgehensweise, null Planungskriterien vorzugeben, jene, die zurzeit den kleinen Krankenhäusern in den ländlichen Bereichen reihenweise den Garaus machen, nicht wir.

(Zurufe von Reinhold Hilbers [CDU] und Heinz Rolfes [CDU])

Das ist Ihre Verfahrensweise, meine Damen und Herren. Deshalb haben wir einen völlig anderen Vorschlag dazu gemacht, wie man das zukünftig regelt.

(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Er weiß nicht einmal, was dar- in steht!)

Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Chance, die Krankenhausversorgung in Niedersachsen zukunftsgerecht aufzustellen, wurde von den Regierungsfraktionen in diesem Verfahren nicht genutzt.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist nicht wahr!)

Sie hätten sich den Enquetebericht aus dem Jahr 2007 noch einmal ansehen sollen. Zum Thema Krankenhausplanung empfahl die Kommission seinerzeit, Investitionsmittel gezielt für Strukturverbesserungen und Strukturveränderungen sowie den Ausbau von Kooperationen einzusetzen,

sprich: Sie sollen sich auf den demografischen Wandel einstellen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das wird doch gemacht! - Norbert Böhlke [CDU]: Das machen wir doch!)