Zukunft Berufsschulen im ländlichen Raum: Wie sollen Bündelschulen mit dem Anspruch der Ausbildung in vielen Berufsfeldern und ihrem Beitrag für die Wirtschaftsstruktur in Flächenregionen den Schülerrückgang mit den vorhandenen Ressourcen meistern?
„Die berufsbildenden Schulen in Niedersachsen sind im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes eigenverantwortliche Schulen und im Rahmen der staatlichen Verantwortung sowie der Rechts- und Verwaltungsvorschriften eigenverantwortlich in Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts, in der Erziehung sowie in ihrer Leitung und Organisation und Verwaltung. Am 18. Februar 2010 hat der Niedersächsische Landtag in seiner Entschließung die Niedersächsische Landesregierung aufgefordert, ‚alle berufsbildenden Schulen des Landes ab dem 1. Januar 2011 zu regionalen Kompetenzzentren weiterzuentwickeln. Hierzu sollten berufsbildende Schulen in die Lage versetzt werden’, u. a. ‚Bildungsangebote gemäß der Verordnung über berufsbildende Schulen (Bbs-VO) und der Ergänzenden Bestimmungen für das berufsbildende Schulwesen (Eb-Bbs) in der Region zu gewährleisten, um auf die regionalen Qualifizierungsbedarfe angemessen und
flexibel reagieren zu können’“ (Hervorhebung durch den Verfasser), so heißt es in einer aktuellen Antwort der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage im Februar-Plenum des Landtags.
Am Beispiel der Berufsbildenden Schulen in Walsrode und Soltau im Heidekreis wird deutlich, dass bereits einige Berufe eng an der Budgetgrenze von 14 Schülern oder - teilweise sehr deutlich - darunter geführt werden. Dies belastet das Lehrkräftebudget. Bislang konnte häufig ein Ausgleich erzielt werden durch Zusammenlegung verwandter Bildungsgänge zu gemeinsamen Klassen. Dies gestaltet sich durch zurückgehende Schülerzahlen zunehmend schwieriger. Dabei sollte nicht die Bedeutung eines regionalen Berufsschulangebotes als wichtiger Bestandteil der regionalen Wirtschaftsentwicklung aus den Augen verloren werden. Es ergibt sich die Frage, ob eine Gleichbehandlung von Berufsschulen in ländlichen Flächenregionen und in Großstädten weiter aufrechtzuerhalten ist.
Konkret werden derzeit in Soltau in der Teilzeitberufsschule Auszubildende in 34 Berufen beschult, davon in 23 Berufen 51 Jahrgangsstufen mit 15 oder weniger Schülerinnen und Schülern. In Walsrode sind es 31 Berufe, bei denen in 16 Berufen 41 Jahrgangsstufen mit 15 oder weniger Schülerinnen und Schülern geführt werden.
Landesweit gibt es ähnliche Entwicklungen, die sich wegen des demografischen Wandels noch zusätzlich verschärfen werden.
1. Welche konzeptionellen Überlegungen hat die Landesregierung, um das Berufsschulangebot, wie oben beschrieben, in ländlichen Flächenregionen trotz zurückgehender Schülerzahlen aufrechtzuerhalten, oder handelt es sich um eine singuläre Entwicklung im Heidekreis, und wie will man ihr dort begegnen?
2. Wie werden ein „Flächenbonus“, eine neue Berechnung der Schüleranteilswerte, bei der jeder Schüler als ein Anteilswert zählt, oder schulträgerübergreifende Betrachtungen, möglicherweise auch über Landesgrenzen hinweg, als mögliche Lösungsansätze beurteilt?
3. Wie wird die Möglichkeit beurteilt, Berufsschulangebote in ländlichen Regionen, insbesondere nach dem ersten Ausbildungsjahr, durch zusätzliche Budgets zu erhalten, wenn dies für den Erhalt der regionalen Wirtschaftsstruktur wichtig und allein aus dem Budget einer Berufsschule nicht zu leisten ist?
Vor dem Hintergrund der Dynamik der sozialen und technologischen Entwicklungen des Beschäftigungssystems und des demografischen Wandels
stehen die berufsbildenden Schulen vor der Aufgabe, junge Menschen umfassend und vielfältig zu qualifizieren. Damit leisten sie einen grundlegenden Beitrag zur Sicherung des Fachkräftepotenzials. Berufsbildende Schulen sind dabei Partner und Dienstleister für Unternehmen. In den letzten Jahren ist das berufliche Schulwesen mit Blick auf die Notwendigkeiten des Beschäftigungssystems weiterentwickelt worden. Im Zuge der Neuordnung der beruflichen Grundbildung im Jahr 2009 wurde z. B. die einjährige Berufsfachschule neu ausgerichtet. Die differenzierte und gut aufgestellte berufliche Bildung in Niedersachsen sorgt für eine moderne Ausbildung des Fachkräftenachwuchses. Dabei hat das bewährte duale Ausbildungssystem eine eindeutige Priorität vor allen anderen Formen der beruflichen Bildung.
Bei ein- und zweizügigen Berufsschulklassen berechnet sich der Sollbedarf nach klassenbezogenen Werten statt nach Schüleranteilswerten wie in anderen Schulformen der berufsbildenden Schulen. Mit 14 Schülerinnen und Schülern wird der volle Sollstundenwert einer Klasse erreicht. Bei 31 und mehr Schülerinnen und Schülern erhält die Schule das Stundenkontingent für eine zweite Klasse. Bei Lerngruppen von 7 bis 13 Schülerinnen und Schülern in einem Berufsschulbildungsgang werden 62,5 % des vollen Sollstundenwerts bei der Sollstundenberechnung berücksichtigt. Hiermit hat die Landesregierung schon 1998 auf die Bedürfnisse der Bündelschulen im ländlichen Raum reagiert.
Im Rahmen der Budgetierung haben die Schulen grundsätzlich die Möglichkeit, die insgesamt errechneten Sollstunden ihres Budgets so zwischen den Bildungsgängen zu verteilen, dass auch kleinere Klassen genügend Sollstunden erhalten. Je nach Übereinstimmung der Curricula der verschiedenen Ausbildungsberufe können darüber hinaus jahrgangsweise gegliederte Fachklassen ohne äußere Differenzierung, Berufsgruppenklassen mit äußerer Differenzierung oder jahrgangsübergreifende Fachklassen gebildet werden.
Insofern haben die berufsbildenden Schulen Spielraum, um auf die Entwicklung der Schülerzahlen zu reagieren. Allerdings wird auch seitens der Wirtschaft nicht gefordert, mit minimalen Gruppengrößen nicht bedarfsgerechte Bildungsgänge künstlich zu erhalten. Auch jetzt werden kaum nachgefragte Ausbildungsberufe in Landesfachklassen bzw. Bundesfachklassen an zentralen Standorten geführt. Auch entwickeln benachbarte
Gleichwohl nimmt die Landesregierung die Frage der demografischen Entwicklung und des damit verbundenen Rückgangs an Auszubildenden im dualen System ernst. Ziel bleibt es, auch bei dem demografisch bedingten Rückgang von Auszubildenden in einzelnen Gewerken weiterhin einen möglichst betriebsnahen Besuch der Berufsschule zu gewährleisten.
Zu 1: Siehe Vorbemerkungen. - Darüber hinaus verfügen die einzelnen berufsbildenden Schulen jeweils über einen vergleichsweise großen Schülereinzugsbereich. Dies gilt für Schulen sowohl in Ballungsgebieten als auch im ländlichen Raum. Deshalb hat die Landesregierung den Schulen die Lehrkräfte-Sollstundenbudgetierung, wie vorstehend beschrieben, als Planungsinstrument an die Hand gegeben, mit dem auch die benannten Schulen BBS Soltau und BBS Walsrode arbeiten.
Zu 2 und 3: Die Landesregierung nimmt ständig die Veränderungen in den Ausbildungsberufen auf und stellt sich den demografischen Entwicklungen im Land. Die Lehrkräfte-Sollstundenbudgetierung hat sich in der Vergangenheit bewährt. Sie ermöglicht den einzelnen berufsbildenden Schulen eine weitgehend flexible und bedarfsgerechte Klassenbildung. Im Falle von besonderen Problemen kann die jeweilige Schule mit der Landesschulbehörde nach geeigneten Lösungen suchen. - Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 26 der Abg. Hans-Jürgen Klein und Enno Hagenah (GRÜNE)
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Schleswig-Holstein, Jost de Jager, und der Niedersächsische Ministerpräsident, David McAllister, haben am 27. Februar 2012 eine gemeinsame Erklärung zu Planung und Bau der A 20 (ehemals A 22) in Norddeutschland unterzeichnet. Ziel der Erklärung sei es, die Planung, die Finanzierung und den Bau der A 20 auf ganzer Länge in Schleswig-Holstein und Nie
dersachsen „zuverlässig, kontinuierlich und engagiert“ zu vollenden. Auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Valerie Wilms erklärte das Ministerium, dass „belastbare Aussagen zu Baubeginn und Jahresfinanzierungsraten zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich“ sind und somit die gemeinsame Erklärung von SchleswigHolstein, Niedersachsen und Bund von Ende Februar lediglich eine Selbstverpflichtung darstellt.
Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr plant die A 20 auf niedersächsischem Gebiet. Gleichzeitig ist sie Planungsfeststellungsbehörde. Damit ist sie in ganz besonderem Maße zu (politischer) Neutralität verpflichtet. Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat nun einen Link zu der Pressemeldung des BMVBS auf ihre Webseite gestellt, siehe: http://www.strassenbau.niedersachsen.de/porta l/live.php?navigation_id=21139&article_id= 78526&_psmand=135
1. Welche Konsequenzen hat die Erklärung konkret hinsichtlich der Bedarfseinordnung und der Finanzierung der A 20?
2. Welche Planungsabschnitte der A 20 können als unmittelbare Wirkung der Erklärung schneller gebaut werden als ursprünglich geplant (bit- te um Auflistung mit Darstellung des veränder- ten Baubeginns)?
3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass der Link auf der Webseite der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zu einer rein politischen Willensbekundung deren Neutralität gefährdet?
Eine bedarfsgerechte Anbindung aller Wirtschaftsräume durch Bundesfernstraßen, der Ausbau von Schiene und Wasserstraße sind für die Entwicklung von Flächenländern wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein von höchster wirtschafts- und strukturpolitischer Bedeutung. Der Neubau der Küstenautobahn von Westerstede nach Drochtersen einschließlich der festen Elbquerung gehört deshalb mit zu den wichtigsten Infrastrukturvorhaben in Niedersachsen. Deshalb setzt sich Niedersachsen gemeinsam mit Schleswig-Holstein beim Bund für den Ausbau der Infrastruktur in Norddeutschland ein.
Das transeuropäische Netz ist im Hinblick auf die dynamische Entwicklung des Güterverkehrs 2025 und wegen der heute bereits im Zuge der A 1 vorhandenen Engpässe im Raum Osnabrück, Bremen und Hamburg durch eine leistungsfähige OstWest-Achse dringend zu ergänzen.
Schleswig-Holstein sowie dem bereits vorhandenen Autobahnnetz im Norden der Bundesrepublik soll unter Ausnutzung des vorhandenen Wesertunnels bei Dedestorf und der geplanten Elbquerung bei Glückstadt eine durchgängige Fernstraßenverbindung vom Baltikum zu den westeuropäischen Staaten entstehen.
Mit dieser neuen Ost-West-Verbindung wird der Ballungsraum Hamburg gezielt umgangen. Die bereits vorhandenen festen Ostseequerungen zwischen Dänemark und Schweden können effektiv genutzt werden. Die Küstenautobahn schafft eine Verbindung zwischen den weit auseinander liegenden Standorten der Seehäfen, und sie bringt eine leistungsfähige Hinterlandanbindung.
Der Deutsche Bundestag hat mit der Zuordnung der einzelnen Abschnitte der Küstenautobahn im Bedarfsplan der Bundesfernstraßen die Grundlage für die Planungen in beiden Ländern geschaffen. Auch in Niedersachsen sind die Planungen zur A 20 weit fortgeschritten. Ab 2012 sind hier zeitversetzt die Planfeststellungsverfahren vorgesehen. Für das länderübergreifende Projekt Elbquerung werden in der zweiten Jahreshälfte 2012 in beiden Ländern die Planfeststellungsbeschlüsse erwartet.
In Niedersachsen ist der Planungsabschnitt bei Bremervörde als prioritäres Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund 130 Millionen Euro in den Investitionsrahmenpan (IRP) eingestellt worden. Zudem sind alle weiteren Abschnitte der A 20 in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen ebenfalls im IRP genannt.
Die zügige Realisierung der A 20 ist für die norddeutschen Küstenländer sehr bedeutend. Für den Bund ist es eines der wenigen im Bedarfsplan ausgewiesenen Autobahnneubauprojekte. Um dies zu unterstreichen, haben der Bund und die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen am 27. Februar 2012 eine gemeinsame Erklärung zu Planung und Bau der A 20 abgeschlossen.
Unabhängig davon hat das Land Niedersachsen grundsätzlich ein großes Interesse daran, im Hinblick auf die gebotene Transparenz frühzeitig und umfassend über Schwerpunktsetzung und die aktuelle Planung zu informieren.
Zu 1: Es ist das gemeinsame Ziel des Bundes und der Länder, die Planung, die Finanzierung und den Bau der A 20 auf ganzer Länge in Schleswig
Holstein und Niedersachsen zuverlässig, kontinuierlich und engagiert zu vollenden. Der Bund und die Länder werden gemeinsam die Finanzierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährleisten und weiter verlässlich und eng zusammenarbeiten, um das Projekt voranzutreiben. Damit untermauert diese gemeinsame Erklärung auch die Bedarfsfestlegung des Deutschen Bundestages, eine Küstenautobahn zu bauen, und stellt diese unter einen besonderen länderübergreifenden Fokus.
Zu 2: Bisher sind noch keine genauen Bautermine für die A 20 disponiert. Über einen solchen entscheidet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Voraussetzung dafür ist die Baureife der Bedarfsplanprojekte. Ein erster Planfeststellungsbeschluss für die Küstenautobahn wird für den Abschnitt bei Bremervörde für das zweite Halbjahr 2013 erwartet.