Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Das Modellvorhaben zur gemeinsamen Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung im Alter von unter drei Jahren in Krippen und kleinen Kindertagesstätten hat seinen Ursprung in der Landtagsentschließung vom 13. Mai 2009. Darin heißt es u. a.:

„Der Landtag bittet deshalb die Landesregierung zu prüfen, wie die Qualität der Betreuung und die heilpädagogische Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen für Kinder entsprechend der Qualität der Integration im Kindergarten und der gesetzlichen Vorgaben zu gewährleisten ist, sodass weiterhin eine adäquate Förderung und Betreuung auch für Kinder mit und ohne Behinderung im Alter bis zu drei Jahren sichergestellt ist.“

Weiterhin wird die Landesregierung in dieser Entschließung gebeten, die Durchführung eines Modellvorhabens zu prüfen.

Auf diesem Hintergrund wird in dem Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2012 erprobt, welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, um eine kindgemäße und dem individuellen Bedarf angemessene Erziehung, Bildung, Betreuung und Förderung von Kindern unter drei Jahren mit und ohne Behinderung in einer Krippe oder einer kleinen Kindertagesstätte umsetzen zu können. Das Modellvorhaben umfasst landesweit insgesamt 185 Plätze und wurde wissenschaftlich begleitet.

Das Kultusministerium hat gemeinsam mit dem Sozialministerium unter Beteiligung von Vertretern der öffentlichen und freien Jugendhilfe Rahmen

bedingungen für diese Modellerprobung entwickelt. Dabei handelt es sich im Vergleich zu den sogenannten Regelgruppen in Kindertagesstätten je nach Anzahl der betreuten Kinder mit Behinderung um eine reduzierte Gruppengröße, die Sicherstellung einer heilpädagogischen Förderung sowie eine erhöhte Verfügungszeit für die pädagogischen und heilpädagogischen Fachkräfte.

Das Modellvorhaben wird landesweit gut angenommen, es wurden bislang insgesamt 101 Einzelintegrationen, 51 integrative Krippengruppen mit 2 Kindern mit Behinderung und 6 mit 3 Kindern mit Behinderung genehmigt.

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung, die zum 31. Dezember 2011 endete, hat sich gezeigt, dass der Anspruch des Kindertagesstättengesetzes auf Erziehung, Bildung und Betreuung mit den erforderlichen heilpädagogischen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch XII im Sinne einer ganzheitlichen Förderung auch für Kinder im Alter unter drei Jahren verbunden werden kann.

Die im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder bestehenden Regelungen zu Kindern mit Behinderungen gelten für alle Tageseinrichtungen und sehen keine Altersbeschränkung vor. Sie gelten somit auch für Kinder im Krippen- und Hortalter.

Hinsichtlich der Leistungen der Eingliederungshilfe in einer Krippengruppe und in einer Kindergartengruppe ist zu unterscheiden zwischen Leistungen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe (Kommunen) und des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe (Land). Bezüglich der Leistungen der Eingliederungshilfe in Krippengruppen und kleinen Kitas durch den überörtlichen Sozialhilfeträger ist eine Vereinbarung von pauschalierten Leistungen vorgesehen.

Die Landesregierung wird in Absprache mit der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände nach Beendigung des Modellvorhabens zum 1. August 2012 mit entsprechenden Ausführungsregelungen die gemeinsame Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderungen in Kindertagesstätten im Alter unter drei Jahren absichern.

Dabei sind in der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen neben den Empfehlungen der wissenschaftlichen Begleitung ebenso die Fragen der Finanzierbarkeit und das gesetzte Ziel des Krippenausbaus - bis 2013 ausreichend Plätze zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreu

ungsplatz für alle Ein- und Zweijährigen zu schaffen - zu berücksichtigen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Hinsichtlich der Gruppengröße wurden im Rahmen des Modellvorhabens auf die verschiedenen Formen der Integration bezogen unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Bei der Integration eines einzelnen Kindes mit Behinderung wurde nach Aussagen der Betreuungskräfte eine Gruppengröße von insgesamt vierzehn Kindern eher als zu hoch angesehen, bei den integrativen Krippengruppen mit zwei oder drei Kindern mit Behinderung hingegen die Reduzierung auf insgesamt zwölf bzw. zehn Kinder als vertretbar eingestuft.

Die Begleitforschung empfiehlt vor diesem Hintergrund insbesondere bei der Einzelintegration eine Gruppengröße von höchstens zwölf Kindern.

Im Entwurf der Anschlussregelungen ab 1. August 2012 werden hinsichtlich der maximalen Gruppengröße die Standards vorgesehen, die auch im Rahmen des Modellvorhabens Anwendung finden und damit diesbezüglich vergleichbare Rahmenbedingungen wie für die drei- bis sechsjährigen Kinder in integrativen Kindergartengruppen.

Zudem ist eine Erhöhung der Verfügungszeiten für die Fachkräfte in den integrativen Krippengruppen wie im Modell vorgesehen.

Zu 2: Nach den Erfahrungen im Modellprojekt ist die Arbeitszeit der heilpädagogischen Fachkraft nicht gleichzusetzen mit dem zeitlichen Umfang des heilpädagogischen Förderangebotes. Beim zeitlichen Umfang des heilpädagogischen Förderangebotes in den integrativen Krippengruppen ergaben sich innerhalb der Fallkonstellationen (ein Kind, zwei oder drei Kinder mit Behinderung in der Gruppe) große Differenzen. Ob und in welchem Umfang Kinder mit einer Behinderung außerdem Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe haben, ist im Einzelfall unterschiedlich.

Weiterhin wurde eine schrittweise Erhöhung der Verfügungszeiten für die heilpädagogischen Fachkräfte auf bis zu dreizehn Stunden in einer integrativen Krippengruppe mit drei Kindern empfohlen.

Zu 3: Über die nach dem Kindertagesstättengesetz (§ 4) vorgegebene Personalausstattung hinaus ist für die Förderung eines Kindes mit Behinderung in einer Krippengruppe (Einzelintegration) in der Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers ein

zusätzliches heilpädagogisches Förderangebot mit einem Stundenumfang von mindestens zehn Wochenstunden vorgesehen. Ebenso sind bei einer Einzelintegration in einer Kindergartengruppe zehn Wochenstunden einer heilpädagogischen Fachkraft vorzuhalten. Bei zwei oder drei Kindern mit Behinderung in einer integrativen Krippengruppe sind in der Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers mindestens elf Wochenstunden pro Kind geplant.

Die vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf an Eingliederungshilfe der Kinder mit Behinderung in der Krippe und im Kindergarten ab.

Anlage 25

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 28 der Abg. Detlef Tanke, Karl Heinz Hausmann, Stefan Klein, Matthias Möhle, Klaus Schneck und Dörthe Weddige-Degenhard (SPD)

Weddeler Schleife in der Warteschleife?

Die Eisenbahnstrecke Braunschweig–Wolfsburg ist eine der wichtigsten Streckenverbindungen in der Region. Tausende von Pendlern nutzen täglich diese Strecke, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Hinzu kommt ein andauernder Fahrgastzustrom von Gelegenheitspendlern, die die Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten in der Region wahrnehmen. Ein stetig zunehmendes Fahrgastaufkommen belegen auch die Fahrgastzahlen von 2002 bis 2011, die einen Zuwachs von 165 % nachweisen.

Durch die Weddeler Schleife, die bis zum heutigen Zeitpunkt nur eingleisig verlegt ist, obwohl sie zweigleisig planfestgestellt ist und folglich gebaut werden könnte, kommt es zu Engpässen, die dazu führen, dass diesen Pendlerströmen nicht mehr adäquat begegnet werden kann. Vielmehr geht es zulasten der Straßen, auf denen inner- wie außerorts gerade in Stoßzeiten ein übermäßig hohes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen ist.

Um diesem Umstand schnellstmöglich zu begegnen, haben die kommunalen Entscheidungsträger, Industrie- und Handelskammern aus der Region Südostniedersachsen, VW und Zweckverband Großraum Braunschweig eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie sich einhellig für die Streckenfertigstellung als infrastrukturelle Schwerpunktmaßnahme der Region Braunschweig aussprechen.

Im derzeitigen Bundesverkehrswegeplan, der bis 2015 seine Gültigkeit besitzt, steht der Ausbau der Weddeler Schleife nicht im vordringlichen Bedarf und hat demnach keine Priorität. Zurzeit wird der Bundesverkehrswegeplan 2015 fortgeschrieben, und Ministerpräsident David

McAllister hat in seinem Schreiben vom 29. März 2012 an den Zweckverband Braunschweig angekündigt, dass das Land Niedersachsen die Bemühungen der Region für den zweigleisigen Ausbau der Weddeler Schleife unterstützt und sich dafür einsetzen wird, dass bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes der Ausbau der Weddeler Schleife hohe Priorität erhält.

Inwieweit der Ausbau der Weddeler Schleife realisiert wird, hängt demnach maßgeblich davon ab, wie die Landesregierung beim Bundesverkehrsministerium ihr Anliegen geltend macht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie viele und welche weiteren Verkehrsprojekte haben für die Landesregierung neben der Weddeler Schleife „hohe Priorität“?

2. Welche Maßnahmen hat der Niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Jörg Bode, unternommen, um den Ausbau der Weddeler Schleife zu beschleunigen und voranzubringen?

3. Welche Rückmeldungen hat die Landesregierung vonseiten der Bundesregierung und des Bundesverkehrsministeriums, bezogen auf die Realisierung dieses Vorhabens?

Der zweigleisige Ausbau der Weddeler Schleife, d. h. der Eisenbahnstrecke zwischen Weddel und Fallersleben, ist im aktuellen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003 enthalten und dort dem weiteren Bedarf zugeordnet. Der Ausbau ist Teil der zweiten Baustufe der Ausbaustrecke (ABS) Löhne–Braunschweig–Wolfsburg.

Der Bund, in dessen Verantwortung der Aus- und Neubau der Schienenstrecken der Deutschen Bahn AG steht, hat bei der Bedarfsplanüberprüfung Ende 2010 festgestellt, dass die ausgebaute Achse Löhne–Hildesheim–Braunschweig–Wolfsburg als Alternativroute zur überlasteten Strecke Minden–Wunstorf–Lehrte geeignet ist. Sie soll eine südliche Umfahrung von Hannover für den Güterverkehr schaffen. Während der Ausbau der Relation Minden–Seelze aufgrund eines zu geringen Nutzen-Kosten-Faktors vom Bund zurückgestellt worden ist, bleibt der Ausbau der Achse Löhne– Wolfsburg laut Ergebnissen der Bedarfsplanüberprüfung weiterhin eine wirtschaftlich sinnvolle Option zur Bewältigung der prognostizierten Verkehre. Daher wird der Bund den Ausbau dieser Achse als Maßnahmevorschlag in die Bewertung zur Fortschreibung des BVWP 2015 aufnehmen.

Das Land Niedersachsen nutzt das Beteiligungsangebot des Bundes im Rahmen des bereits laufenden Prozesses intensiv. So wirken die Länder bei der Ermittlung der Bewertungsgrundlagen mit

und können bis Ende 2012 eigene Projektvorschläge einbringen. Diese Projektvorschläge werden derzeit vorbereitet.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen wie folgt beantwortet:

Zu 1: Obwohl der Bund angekündigt hat, dass er von seiner Seite die bei der Bedarfsplanüberprüfung 2010 wirtschaftlich positiv bewerteten Maßnahmen als Projektvorschläge für die Fortschreibung des BVWP und somit auch den Ausbau der Weddeler Schleife aufnimmt, wird das Land Niedersachsen diese Maßnahme nochmals eigenständig anmelden. Die eigene Anmeldung des Landes für bereits vom Bund „gesetzte“ Projekte ist vorgesehen für diejenigen Projektvorschläge, für die es aus Landessicht zusätzliche Argumente gibt, die der Bund in der bisherigen Bewertung unzureichend berücksichtigt hat.

Da es bislang keine abgeschlossene Liste mit Projektanmeldungen des Landes gibt, kann Frage 1 nur in Bezug auf den aktuellen Stand beantwortet werden. Eine Aufwertung der vom Bund eingebrachten Projektvorschläge mit zusätzlichen Argumenten in einer eigenen Anmeldung durch das Land Niedersachsen wie bei der Weddeler Schleife ist bislang vorgesehen für den zweigleiseigen Ausbau Rotenburg (Wümme)–Verden (Aller) und für die im Projekttitel Knoten Hamburg (2. Stufe) zusammengefassten Maßnahmen in und um Hamburg. Zu diesem Projekttitel gehören z. B. Bauwerke in Harburg und der Ausbau Buchholz– Lauenbrück, die wichtige Ergänzungen zur Y-Trasse darstellen.

Zu 2: Mit seinem Engagement für den zweigleisigen Ausbau Hildesheim–Groß Gleidingen hat das Land Niedersachsen bereits mit dazu beigetragen, dass die Achse Wolfsburg–Braunschweig–Hildesheim für den Schienenverkehr attraktiver wird und somit auch weitere Verkehre anziehen wird. Der Ausbau der Weddeler Schleife, der bereits planfestgestellt ist, ist ein weiterer logischer Teil dieser Achse.

Die Landesregierung hält eine größere Kapazitätsnachfrage, als bei der Bedarfsplanüberprüfung ermittelt, für realistisch. Da Maßnahmen für den BVWP in erster Linie nach ihrem Nutzen für den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenfernverkehr bewertet werden, führt die in der Fragestellung aufgeführte Argumentationskette, die allein auf einer erhöhten SPNV-Nachfrage beruht, entsprechend BVWP-Methode nicht zu einer höheren Dringlichkeit beim Bund. Das Land hat in die

sem Sinne bereits die gemeinsame Erklärung, mit der sich die kommunalen Entscheidungsträger, die Industrie- und Handelskammern aus der Region Südostniedersachsen, der Zweckverband Großraum Braunschweig und Volkswagen an den Bund gewandt haben, mit einem eigenem Begleitschreiben unterstützt. Außerdem hat das Land in diesem Begleitschreiben auf die erfolgte Planfeststellung hingewiesen.

Im Hinblick auf seine Interessen hat das Land bereits Vorbereitungen für die vorgesehene Projektanmeldung getroffen. So soll diese nicht nur mit den genannten Argumenten, sondern auch - soweit verfügbar - mit konkreten Daten untermauert werden. Mit diesen Informationen soll eine höhere Bewertung der Weddeler Schleife erreicht werden. Neben den oben genannten Aspekten zur möglichen Kapazitätsnachfrage wird die Landesregierung in ihrer vorgesehenen Anmeldung Ausbau Weddeler Schleife auf das Kriterium „Zuverlässigkeit des Verkehrsflusses“, das Bundesminister Ramsauer als neues Element bei der Fortschreibung des BVWP benannt hat, hinweisen. Denn mit dem zweigleisigen Ausbau der Weddeler Schleife wird die Betriebsqualität beim Schienenpersonenfernverkehr, aber auch beim Güterverkehr und Schienenpersonennahverkehr nachhaltig verbessert. Hierüber findet auf Arbeitsebene bereits ein Austausch mit dem Bund und der DB AG statt.

Zu 3: Den Bedarf am Ausbau der Strecke hat der Bund schon seit Längerem erkannt; denn die erste Baustufe, die Ertüchtigung zwischen Hildesheim und Groß Gleidingen, wird bereits realisiert und soll Ende 2012 in Betrieb genommen werden.

Ausgehend von der derzeitigen Situation, d. h. der Zuordnung des Projekts im BVWP 2003 und der positiven Ergebnisse der Bedarfsplanüberprüfung, vertritt der Bund jedoch die Position, dass eine Umsetzung des Ausbaus Weddeler Schleife erst nach einer entsprechenden Neubewertung und Priorisierung im BVWP 2015 sowie der Sicherstellung der Finanzierung erfolgen kann.

Aus der bisherigen Bedarfsplanüberprüfung geht hervor, dass der Bund die für den Ost-West-Korridor erforderlichen Kapazitäten über einen Ausbau der Achse Löhne–Wolfsburg gegenüber einem Ausbau Seelze–Minden bevorzugt. Wenn diese Einschätzung auch im Rahmen der Aufstellung BVWP 2015 bestehen bliebt, dann gehört hierzu auch der Ausbau der Weddeler Schleife.