Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Gerade im südlichen Bereich ist in den letzten fast 100 Jahren eine parkähnliche Landschaft geschaffen worden, die von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern Göttingens - hier sind zuvorderst die Bewohner des Leinebergs zu nennen - zur Naherholung genutzt wird. Die großen Rasenflächen und die Baumbestände laden viele Menschen zu Spaziergängen und Kinder zum Spielen ein. Dieses Areal trägt somit in erheblicher Weise zur Wohnqualität der Men

schen bei, die in den benachbarten Mehrgeschosswohnungen leben.

Mit dem geplanten Neubau des Festen Hauses soll dieses Areal nun überbaut und somit der oben beschriebenen historisch gewachsenen nachbarschaftlichen Nutzung entzogen werden, was bei Anwohnern zu Empörung geführt hat.

Ich frage die Landesregierung:

1. Stehen das Gelände des ehemaligen Landeskrankenhauses Göttingen und der Altbau der angrenzenden Jugendanstalt Göttingen aus dem Jahr 1912 unter Denkmalschutz und, wenn nein, warum nicht?

2. Welche baulichen Alternativen wurden für den Neubau der Forensik/des Festen Hauses auf dem in Landesbesitz befindlichen Gesamtareal in Betracht gezogen, und warum wurden sie bisher nicht berücksichtigt?

3. Was können interessierte Bürgerinnen und Bürger konkret tun, um den Neubau des Festen Hauses auf einer nur wenige Meter entfernt zur Verfügung stehenden freien Fläche der Jugendanstalt Göttingen-Leineberg zu unterstützen?

Mit dem Neubau des Hochsicherheitsbereichs für die forensische Psychiatrie als Ersatz für das Feste Haus in Göttingen leistet die Landesregierung einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der Unterbringungsbedingungen und Sicherheit im Maßregelvollzug.

Die endgültige Standortentscheidung für dieses Neubauprojekt in Göttingen erfolgte 2008 aufgrund einer Nutzwertanalyse, wonach die fachlichen Vorteile der hier gewachsenen forensischpsychiatrischen Infrastruktur und die baulichen Rahmenbedingungen ausschlaggebend waren. Das für den Neubau vorgesehene Grundstück liegt neben dem alten Festen Haus und befindet sich im Eigentum des Landes. Die bisherige Nutzung dieser Grünfläche durch benachbarte Anwohner beruht lediglich auf einer Duldung durch das Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen (MRVZN) in Moringen, das für die Grundstücksverwaltung zuständig ist.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Sowohl das ehemalige Landeskrankenhaus Göttingen als auch die ehemalige Landeserziehungsanstalt stehen mit einigen Nebengebäuden jeweils als Denkmale gemäß § 3 Abs. 3 NDSchG (Denkmalgruppen) unter Denkmalschutz. Das zur Bebauung vorgesehene weitläufige Gelände südlich des ehemaligen Landeskrankenhauses erfüllt nicht die Voraussetzungen, um als Teil des Denkmals einbezogen zu werden. Eine kleine parkartige

Teilfläche der Denkmalgruppe des Landeskrankenhauses grenzt an das zukünftige Baugebiet an.

Zu 2 und 3: Für die Errichtung eines Hochsicherungsbereiches für den Maßregelvollzug sind im Vorfeld verschiedene Standortvarianten untersucht worden.

Das Staatliche Baumanagement hat zunächst die Erweiterung des vorhandenen sogenannten Festen Hauses in Göttingen geprüft. Da eine Erweiterung des Bestandsgebäudes sich im Vergleich zu einem Neubau nicht wirtschaftlich umsetzen lässt, wurde diese Variante nicht weiterverfolgt.

Für den Neubau des Festen Hauses hat das Staatliche Baumanagement als Alternativstandort auch die an die Jugendanstalt Leineberg angrenzende freie Fläche in Betracht gezogen. Diese Variante wurde nicht berücksichtigt, da der Baugrund nicht ausreichend tragfähig und der Grundstückszuschnitt für die geplante Baumaßnahme nicht geeignet ist.

Anlage 35

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 38 des Abg. Dr. Manfred Sohn (LINKE)

Erlahmt am Ende der Legislaturperiode der Wille der Landesregierung, für die Verbesserung der Einnahmesituation des Landeshaushaltes zu sorgen?

In Niedersachsen haben 55 Beamtinnen bzw. Beamte aus verschiedenen Dienststellen der Finanzverwaltung Interesse bekundet, die Steuerverwaltung Griechenlands effektiv und zielorientiert zu unterstützen, teilt die Landesregierung jetzt auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Manfred Sohn mit. Schwerpunkte der von der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds zum Jahresende 2011 vereinbarten sogenannten Griechenlandhilfe seien die Bereiche „Eintreibung von Steuern“, „Außenprüfung“, „Umgang mit großen Steuerpflichtigen“ und „Umgang mit Rechtsbehelfen“. Mit der möglichen Entsendung dieser 55 niedersächsischen Beamtinnen und Beamten nach Griechenland entsteht die Frage, wie das Land Niedersachsen die damit verbundenen Belastungen in der hiesigen Finanzverwaltung ausgleichen will. Bereits jetzt fehlten, Angaben der Steuergewerkschaft Niedersachsen zufolge, 1 300 Vollzeitstellen. Das sei gleichbedeutend mit einem Fehl von 12 % im Vergleich zur Personalbedarfsberechnung des Finanzministeriums. Die Steuergewerkschaft fordere daher die Beendigung des fortwährenden Personalabbaus bei steigender Arbeitsbelastung und gleichzeitigen Einschnitten

in Bezahlung und Versorgung. Auch die Heranbildung des Berufsnachwuchses in den niedersächsischen Finanzämtern erfolge nach Auffassung der Steuergewerkschaft nicht annähernd bedarfsgerecht.

Aus all diesen Gründen lasse Niedersachsen jährlich Steuereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe „auf der Straße liegen“. Eine Betriebsprüferin/ein Betriebsprüfer in Niedersachsen sorgte im Jahr 2010 für zusätzliche Einnahmen in Höhe von durchschnittlich 608 542 Euro; das ergab insgesamt Mehreinnahmen für den Landeshaushalt in Höhe von rund 899 Millionen Euro.

Laut Berechnungen des Bankenverbandes betrug das Nettovermögen der privaten Haushalte (Geld- und Immobilienvermögen abzüglich Kre- ditschulden) im dritten Quartal 2011 bundesweit zusammen 8,2 Billionen Euro. Das entspricht fast dem Vierfachen der Staatsverschuldung in Deutschland. Vor diesem Hintergrund haben die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen angekündigt, bis Juni dieses Jahres einen gemeinsamen Gesetzentwurf für die Wiedererhebung der Vermögensteuer in den Bundesrat einzubringen. Der Steuersatz für vermögende Privatpersonen wie für Unternehmen solle 1 % betragen; die Höhe der Freibeträge stehe noch nicht fest. Mit der Wiedererhebung der Vermögensteuer würden den Bundesländern insgesamt zusätzliche Einnahmen von jährlich rund 10 Milliarden Euro, darunter in Niedersachsen rund 1 Milliarde Euro, in die Kassen fließen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie will sie den absehbaren Einsatz von voraussichtlich 55 Beamtinnen und Beamten der niedersächsischen Finanzverwaltung und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Personalausstattung in niedersächsischen Finanzämtern ausgleichen?

2. Welche Auffassung vertritt sie zu der angekündigten Initiative der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen?

3. War das Land Niedersachsen an der im November 2008 getroffenen Entscheidung der Steuerabteilungsleiter des Bundes und der Länder beteiligt, ohne gesetzliche Grundlage die Leistungen der Kreditfabriken von der Umsatzsteuerpflicht zu befreien, die mit dem Bericht des BRH vom 3. April 2012 gerügt worden ist?

Die Fragen des Abgeordneten Herrn Dr. Manfred Sohn beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Wie bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von 1. März 2012 ausgeführt, trifft es zu, dass dem BMF insgesamt 55 Interessenbekundungen aus verschiedenen niedersächsischen

Dienststellen für die sogenannte Griechenlandhilfe vorliegen.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann aber nicht gesagt werden, ob - und wenn ja, in welchem Umfang - die interessierten Beamtinnen und Beamten der niedersächsischen Steuerverwaltung im Rahmen der Griechenlandhilfe tatsächlich zum Einsatz kommen. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob, wann und im welchem Umfang die entsprechenden Personalanforderungen durch das in dieser Angelegenheit federführende Bundesministerium der Finanzen erfolgen. Denn solange diese Zahl nicht feststeht, können Auswirkungen auf die Personallage weder abgeschätzt noch ausgeglichen werden.

Im Übrigen darf im Hinblick auf die Griechenlandhilfe der Gesichtspunkt nicht aus den Augen verloren werden, dass eine Steigerung der Effizienz der griechischen Steuerverwaltung und damit einhergehend eine Erhöhung der griechischen Steuereinnahmen der gesamten EU und damit auch Deutschland zugutekommen werden.

Zu 2: Die Vermögensteuer wird seit dem Jahr 1997 nicht mehr erhoben. Grund hierfür ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 - 2 BvL 37/91 -, mit dem Vorschriften zur Vermögensbewertung mit dem Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt wurden.

Mit dem Beschluss verpflichtete das BVerfG den Gesetzgeber, die Vermögensteuer spätestens bis zum 31. Dezember 1996 in verfassungsgemäßer Form neu zu regeln. In der hierauf folgenden politischen Diskussion konnte sich keine der beiden Linien - die Abschaffung der Vermögensteuer oder die verfassungskonforme Ausgestaltung des Vermögensteuergesetz - durchsetzen. Die Vermögensteuer konnte somit nach dem 31. Dezember 1996 nicht mehr erhoben werden. Gleichwohl hat das Vermögensteuergesetz auch heute noch formellen Bestand, da es bisher nicht aufgehoben wurde. Der Beschluss des BVerfG steht jedoch einer weiteren Anwendung des Gesetzes ohne entsprechende Änderungen entgegen.

Dementsprechend wäre eine Vermögensteuer, die den vom BVerfG entwickelten Grundsätzen einer verfassungsgemäßen Bewertung bzw. Besteuerung von Vermögen entspricht, verfassungsrechtlich zulässig.

Die Pläne der Länder Rheinland-Pfalz, Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen für

die Wiederbelebung der Vermögensteuer sind noch wenig konkret. Presseartikeln ist zu entnehmen, dass die Vermögensteuer sowohl Privatpersonen als auch Betrieben auferlegt werden und der Steuersatz 1 % betragen soll. Vermögen bis etwa 1 Millionen Euro soll nicht erfasst werden. Die genaue Höhe der Freibeträge stehe noch nicht fest. Gleichwohl wird mit Einnahmen von 8 bis 10 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet. Die bisherigen Aufkommensverteilungen nach Länderfinanzausgleich unterstellt, würden auf Niedersachsen rund 9 %, also maximal 900 Millionen Euro, entfallen.

Gegen die Wiedererhebung einer reformierten Vermögensteuer sprechen jedoch folgende Punkte:

Substanzbesteuerung

- Bei Ertragseinbrüchen durch eine Rezession, vor allem bei einer längerfristigen Verschlechterung der Ertragslage eines Betriebes, kann die Vermögensteuer die gesamte Steuerbelastung deutlich erhöhen und damit die Liquidität und die Ertragssituation nach Steuern belasten sowie Finanzierungsprobleme auslösen.

- Die Landesregierung hält - außer im Fall der Erbschaftsteuer - Substanzbesteuerung für ein Wirtschaftshemmnis und daher für kontraproduktiv.

Wirtschaftsstandort Deutschland

- Mit der Vermögensbesteuerung hängen auch standortpolitische Entscheidungen zusammen. Zu berücksichtigen ist, dass in den meisten Industriestaaten eine Vermögensteuer nicht mehr erhoben wird. In anderen Staaten resultiert das sehr hohe Aufkommen, das statistisch der Vermögensbesteuerung zugeordnet wird, vor allem aus der Grundsteuer oder auch aus Kapitalverkehrsteuern wie der Grunderwerbsteuer. Die Wiedererhebung der Vermögensteuer würde auch Produktivvermögen belasten. Eine Ausnahmeregelung hiervon würde verfassungsrechtlich komplizierte Abgrenzungsprobleme enthalten, die bereits jetzt zu Streitigkeiten im Bereich der Erbschaftsteuer führen.

- Mit einer Wiederbelebung der Vermögensteuer würde Deutschland gegen den internationalen Trend steuern.

Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt

- Zur Stärkung des Aktien- und Risikokapitalmarktes kommt es - insbesondere angesichts der Fi

nanzkrise - darauf an, die Besteuerung von Kapitalanlagen akzeptabel und verlässlich zu regeln, wenn der Kapitalmarkt die Kapitalversorgung der Wirtschaft, Staat und Bürgern sowie auf dem Gebiet der privaten Vorsorge erfüllen soll. Die zusätzliche Belastung durch eine Vermögensteuer könnte dieses Ziel infrage stellen.

- Die Forderung nach einer Wiederbelebung der Vermögensteuer könnte die Bereitschaft hemmen, Kapitalanlagen der Besteuerung in Deutschland zuzuführen. Damit würden sich die Rahmenbedingungen für Finanzierungsmöglichkeiten von Wirtschaft, Staat und Bürgern verschlechtern.

Ausweichreaktionen

- Je nach Ausgestaltung der Vermögensteuer besteht die Gefahr der Belastung vieler mittelständischer Unternehmen sowie die Gefahr der Verlagerung von Betrieben und Kapital ins Ausland. Unternehmen des produzierenden Gewerbes haben oft viele teure Maschinen im Betriebsvermögen, sodass ein Freibetrag schnell ausgeschöpft wäre. Gerade diese Unternehmen sorgen für Arbeitsplätze und machen Deutschland mit ihren Produkten zum Weltmarktführer und zur Exportnation. Aufgrund ihrer teueren Produktionsstätten wären sie von der Vermögensteuer besonders hart betroffen und würden eingeschränkt finanzielle Mittel in Innovationen, Personal, Aus- und Weiterbildung investieren. Ohne solche Investitionen wären die Marktführerschaft und der Export gefährdet.

- In der Wohnungswirtschaft könnten die Mehrbelastungen durch die Vermögensteuer vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden. Die daraus resultierenden Mietsteigerungen würden gerade die Bezieher kleinerer Einkommen wie etwa Rentner, Auszubildende oder Studenten besonders hart treffen.