Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Ich möchte davor warnen - denn ich denke, das ist eine richtig gefährliche Grundauffassung -, sich hier aus der Verantwortung zu ziehen und zu sagen: Wir haben eine Anhörung durchgeführt, und die Mehrheitsmeinung wollen wir im Gesetz haben. - Die Verantwortung eines Parlaments und einer Landesregierung ist eine andere. Sie besteht nicht darin, dafür zu sorgen, dass alle maximal von dem Projekt profitieren, sondern sie besteht darin, dafür zu sorgen, dass 2017 bei der Evaluation durch den Wissenschaftsrat der Daumen nicht nach unten geht,

(Zustimmung bei der CDU)

sondern dass wir eine erfolgreich arbeitende Fakultät haben. Die Universität musste für den Wissenschaftsrat liefern. Ich habe auch hier im Plenum gehört: „Wir sind so toll in Oldenburg; wir haben das und das und das und brauchen eigentlich nur noch einiges, um eine medizinische Fakultät aufzubauen.“ Meine Damen und Herren, es ist schriftlich klargestellt, welche Ressourcen die Universität beibringen will. Jetzt haben wir dank Hartmut Möllring sogar mehr eingesetzt und haben auch einiges von dem finanziert, was eigentlich von der Fakultät beigebracht werden sollte.

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen halte ich es für völlig falsch zu sagen, wir müssten nur schauen, was dort eine Mehrheit meint, die schon da ist. Die Zukunft der Universität hängt vielmehr mit davon ab, ob das erfolgreich wird. Das ist eine ganz andere Situation. Hierbei haben wir als Landesregierung eine Verantwortung. Deswegen musste gründlich abgewogen und gefragt werden, wie man es gesetzlich so gestaltet, dass die Selbstbestimmungsorgane entsprechenden Einfluss haben, dass das Ganze aber qualitativ hoch stehend wird und dass richtige Anfangsentscheidungen getroffen werden. Denn die Anfangsentscheidungen kann man unter Umständen nie mehr korrigieren. Die Professoren sind zum Teil bis zum Lebensende an der Fakultät. Deswegen ist das ganz entscheidend. Insofern brauchen wir einen Beirat, der das qualifiziert bewerten kann.

Aus diesem Grund ist meine Bemerkung, wenn ihm Studenten angehörten, könnten diese etwas lernen, völlig okay. Die Studenten haben nicht diese Expertise. Im Senat gibt es gewählte Studierendenvertreter. Diese können, wenn ihnen etwas nicht gefällt, dagegen stimmen. Sie sind demokratisch legitimiert. Der Beirat hat aber eine ganz andere Funktion.

Ich freue mich, dass es bei allen Diskussionen eine große Mehrheit für diesen Gesetzentwurf gibt. Ich denke, eine breite Mehrheit ist ein deutliches Signal auch an diejenigen in der Universität, die sich engagieren. Das sind sehr viele. Allein 140 arbeiten in dem Gremium, in dem das Curriculum erarbeitet wird. Es ist auch ein deutliches Signal an die Region, dass der Landtag nicht nur mit Geld dahintersteht, sondern das Ganze auch ideell befördert, und es ist auch ein Signal in Richtung Groningen. Deswegen freue ich mich, dass Sie in so hohem Maße mit diesem Gesetzentwurf konform gehen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Herr Adler hat um zusätzliche Redezeit gebeten und möchte für die Fraktion DIE LINKE sprechen. Herr Adler, Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Professorin Wanka, mich hat es bei dem, was Sie über die studentische Mitbestimmung gesagt haben, ehrlich gesagt, regelrecht geschaudert.

(Zuruf von der CDU: Sie haben es na- türlich nicht verstanden! - Jörg Hillmer [CDU]: Es geht um den Beirat!)

Ich selber war im Gründungsausschuss der Universität Oldenburg studentischer Vertreter. Damals war das drittelparitätisch.

(Björn Thümler [CDU]: Herr Adler, das war damals! Das ist 40 Jahre her!)

Hätte uns Studentenvertreter jemand gesagt „Da könnt ihr noch etwas dazulernen, es kann euch nicht schaden“, dann hätten wir die Betreffenden ausgelacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe, ehrlich gesagt, eine andere demokratische Tradition. Ich bin entsetzt, dass Sie so arrogant über die Studierenden sprechen.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Das ist ja ganz unglaublich!)

Das Zweite, was ich Ihnen sagen will, ist: Diese medizinische Ausbildungsstätte ist chronisch unterfinanziert. Sie speist sich außer dem, was das Land zuspielt, im Wesentlichen aus drei Quellen. Erstens zieht sie Ressourcen bei der vorhandenen Hochschule ab, zweitens zieht sie Ressourcen bei den Kliniken ab, ohne dass bisher geklärt ist, was die Kliniken als Ausgleich dafür erhalten, und drittens zieht sie Ressourcen in Groningen ab, was auch erklärt, weshalb das Angebot nur für 40 Studierende pro Jahr gewährt wird.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Das ist doch dummes Zeug!)

In Groningen werden 400 Studierende pro Jahr ausgebildet, das ist das Zehnfache - nur, dass uns einmal die Größenordnungen klar sind!

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Das hat mit den Patientinnen und Patienten zu tun! Sie können doch einen Patienten nicht fünfmal am Tag spritzen!)

- Das weiß ich doch auch.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Anschei- nend nicht!)

Herr Kollege Siemer, lassen Sie bitte Herrn Adler aussprechen!

Das Größenverhältnis zwischen Oldenburg und Groningen ist nicht das Verhältnis von 1 : 10, Herr Siemer. - Um das jetzt zu Ende zu führen: Solange die Hochschule so klein gehalten wird, besteht die ständige Gefahr, dass sie geschlossen wird. Ich erinnere an den Kampf, der in Lübeck geführt werden musste, um die Hochschule zu erhalten. Ich hoffe, in Oldenburg bleibt uns das erspart.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Jetzt müs- sen Sie noch etwas zu den Busver- bindungen sagen!)

Ich erteile Frau Ministerin Wanka das Wort. Bitte sehr!

Herr Adler, Sie erzählen etwas von Unterfinanzierung. Wie kommen Sie denn darauf?

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Sie wissen, der Beirat hatte auch Beden- ken!)

- Nein.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Doch!)

- Nein! - Unterfinanzierung der Hochschulen in Niedersachsen: Wir haben von allen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland die höchsten Ausgaben pro Student.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun können Sie sagen, es könnte immer noch mehr sein. Es ist klar, wenn es dreimal so viel wäre, hätte ich auch nichts dagegen. Aber wir haben die höchsten Ausgaben pro Student.

(Victor Perli [LINKE]: Das hängt mit den Fächern zusammen!)

Nun zu dem, was bezüglich der Demokratie gesagt wurde: Das ist jetzt vielleicht nicht besonders höflich, aber mit Demokratie von linker Seite habe ich viele Jahre praktische Erfahrungen. Da bin ich nicht so schnell zu überzeugen.

(Björn Thümler [CDU]: Das war sehr freundlich!)

- Ja, sehr freundlich.

Ich dachte, das, was ich gesagt habe, war eindeutig. Ich sage es noch einmal deutlich: Es gibt die

Selbstverwaltungsorgane. Darin gibt es Stundenten, Laboranten etc. Sie werden gewählt und können abstimmen. Sie haben das volle Stimmrecht. Sie können im Senat „nach oben“ und „nach unten“ sagen, ganz gleich, ob es Professor oder Student ist. Das ist das Recht, das ist legitimiert.

Aber der Beirat ist kein Selbstverwaltungsorgan. Er ist es definitiv nicht, sondern ein Gremium von Experten aus der Bundesrepublik - wir hätten es noch größer machen können -, die uns beraten, die dafür sorgen, dass sich diese Fakultät behaupten kann.

Diese Fakultät wird nicht geschlossen, weder aus finanziellen noch aus anderen Gründen, aber sie muss sich behaupten. Wenn dann der Wissenschaftsrat sagt, dass sei unter allem Niveau, dann möchte ich erst einmal sehen, was 2017 passiert.

Deshalb ist wissenschaftliche Expertise, medizinische Expertise - die haben wir nicht ohne Weiteres an der Hochschule - außerordentlich wichtig. Ich bin dankbar für die Beratung. Wie gesagt: Dem Beirat gehören Studenten und andere an, aber er ist kein Selbstverwaltungsorgan. Darauf bitte ich wirklich Wert zu legen. Ich habe das nicht gesagt, um Selbstverwaltungsorgane zu diffamieren. Der Beirat ist vielmehr keines.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Sie haben gesagt, sie dürfen zuhören! Das wer- den wir noch klären!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung angelangt.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4909 vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dieser Antrag wurde nicht angenommen.

Damit lasse ich über die Änderungsempfehlung des Ausschusses abstimmen. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Änderungsempfehlung wurde gefolgt.

Artikel 2. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dafür ist, den bitte ich

um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.

Artikel 3. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist mit Mehrheit beschlossen worden.