Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der aktuelle Jahresbericht des Landesrechnungshofs muss Ihnen - Sie haben den Titel der Aktuellen Stunde gehört - wirklich wie ein Menetekel vorkommen.

(Heinz Rolfes [CDU]: So ein Unsinn! So ein Quatsch!)

Der Bericht liest sich wie eine Beschreibung einer Regierung, die Fehler auf Fehler macht, die trickst und täuscht. In einer derartigen Qualität haben wir einen solchen Bericht noch nie gelesen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: So ein Unsinn! Der Präsident schüttelt den Kopf!)

Beim aufmerksamen Lesen des Berichts drängt sich jedem und jeder der Eindruck auf: Die Politik Ihrer Regierung wurde gewogen und für zu leicht befunden. Die Tadel und die Monita des Landesrechnungshofs reihen sich aneinander wie eine einzige Skandalchronik.

Der Reeder Stolberg hat im Jahr 2009 unter Umgehung aller rechtlichen Vorschriften staatliche Fördermittel in Höhe von 1,7 Millionen Euro erhalten. Den Medien haben wir entnehmen können, dass zusätzlich eine Landesbürgschaft in Höhe von 2,1 Millionen Euro gewährt worden ist und dass Herr Stolberg auch intensiv im „Club 2013“ mitgewirkt hat.

(Ah! bei der SPD)

Im Innenministerium wurde bei fast 100 % der geprüften Auftragsvergaben an externe Berater und Gutachter gegen Haushalts- und Vergaberecht verstoßen. Dabei wurde sogar gegen Regeln verstoßen, die eindeutig der Korruptionsbekämpfung und vor allen Dingen der Korruptionsprävention dienen.

In dem Bericht ist auch bestätigt worden, dass die Praxis des Kultusministeriums bei der Beschäftigung außerschulischer Fachkräfte an Ganztagsschulen irregulär ist. Nach Jahren der Diskussion

und Begutachtung sind diese Fälle immer noch nicht geheilt. Wir reden hier immerhin über 23 000 Fälle, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Festgehalten wurde auch, dass durch die Finanzverwaltung des Landes über Jahre hinweg die Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungssteuer verspätet oder bisher gar nicht erfolgte. Es handelte sich zeitweise um nicht veranlagte Steuerforderungen immerhin in Millionenhöhe, nämlich in Höhe von 48 Millionen Euro.

Herr McAllister, um Ihren aktuellen Werbespruch zu zitieren: So machen Sie das.

(Beifall bei der SPD)

Das Problem besteht darin, dass Sie das auch noch für seriös halten, Herr McAllister.

Unser erstes Fazit: Das Regierungshandeln in Niedersachsen hat überhaupt keine Bodenhaftung mehr. Einige Ihrer Kabinettsmitglieder sind sogar mittlerweile selbstherrlich geworden und ignorieren bewusst Rechtsnormen und umgehen sie zugunsten parteipolitischer Ziele.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Das sind unzulässige Vorwürfe! Das geht so nicht! Bleiben Sie einmal bei der Wahrheit! - Gegen- ruf von Johanne Modder [SPD]: Ge- nau so geht das, Herr Nacke!)

- Herr Nacke, Sie sind doch Jurist. Sie wissen doch den Unterschied zwischen Recht und Unrecht.

(Starker Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Sie wissen es nicht! Deswegen haben Sie auch ein Prob- lem damit! - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich darf kurz unterbrechen. Ein solches Zwiegespräch ist für mich hier oben nicht verständlich und für die Abgeordneten auch nicht. Die CDU-Fraktion hat noch Redezeit. Herr Schostok sollte jetzt weiter vortragen können. Bitte schön!

An Herrn Thümler gerichtet noch Folgendes: Da Sie Politikwissenschaftler sind, kennen Sie sich ja mit der Gewaltenteilung gut aus. Wir nehmen hier

die Rolle der Opposition wahr, und das sollten Sie sich bitte auch gefallen lassen.

(Starker Beifall bei der SPD - Christi- an Dürr [FDP]: Eben nicht! Das ist ja das Problem! Das erwarten wir ja! - Zurufe von der CDU)

Verschärfend kommt Ihre Unfähigkeit oder schlichtweg Ihre fehlende Größe hinzu, Fehler und Versäumnisse auch einmal einzugestehen oder sie abzustellen. Ich will nur kurz daran erinnern, was Frau Kultusministerin Heister-Neumann im April 2009 gemacht hat, als sie den GEW-Vorsitzenden Brandt mit einem politisch motivierten Disziplinarverfahren überzogen hat, oder an Herrn Schünemann, der unbescholtene Moscheebesucher bis in das Jahr 2010 hinein ohne Verdacht vor Gotteshäusern kontrolliert und damit die Verfassung gebrochen hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Das ist armseliger Wahlkampf, was Sie hier machen! Das hat mit ernst- hafter Auseinandersetzung nichts mehr zu tun! So sollten Sie hier nicht auftreten! - Gegenruf von Hans-Hen- ning Adler [LINKE]: Das war ein An- schlag auf die Religionsfreiheit! Was denn sonst? - Zuruf von Björn Thüm- ler [CDU])

Dieser Minister vertritt bis heute eine Ausländerpolitik, die ausgerechnet von Frau Rita Süssmuth als mit dem Geist unserer Verfassung im Widerspruch stehend bezeichnet wird, und es gibt auch Wissenschaftler, die bezeichnen das mittlerweile als institutionellen Rassismus, was wir hier erleben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Das geht so gar nicht! Das ist eine unglaubliche Ent- gleisung! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Was ist das für ein Spruch? Wer hat Ihnen so etwas aufgeschrieben? - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, vielleicht erlauben Sie mir, dass ich kurz unterbreche.

(Zurufe von der CDU: Das ist eine Frechheit! - Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich will gerade etwas dazu sagen. Wenn Sie sich etwas zurückhalten, dann kann ich das tun. Ansonsten kann ich die Sitzung auch für einen Moment unterbrechen, wenn das notwendig ist.

(Zuruf von der CDU: Das wäre viel- leicht nicht schlecht!)

Der Kollege Schostok hat ein Zitat gebraucht, was man machen kann, was ich aber an dieser Stelle für fragwürdig halte. Das will ich ganz deutlich sagen.

(Zuruf von der CDU: Er soll die Fund- stelle benennen!)

- Die Fundstelle kenne ich nicht. Ich nehme an, dass sie bekannt ist. Von daher bitte ich Herrn Schostok zu überlegen, ob das Zitat so hier im Plenum verwendet werden sollte.

(Jens Nacke [CDU]: Das war kein Zi- tat! Das ist einfach in den Raum ge- worfen!)

Herr Nacke,

(Jens Nacke [CDU]: Wenn Sie sich das zu eigen machen, dann werden wir im Ältestenrat darüber reden! Nehmen Sie das jetzt sofort zurück! Sofort! Sie nehmen das sofort zu- rück!)

- Herr Nacke, Sie brauchen hier gar nicht zu skandalisieren. Ich nehme das jetzt mal aus dem Redetext heraus und werde Ihnen den Zeitungsartikel geben, in dem das von Wissenschaftlern so skizziert worden ist.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ältestenrat! Schluss! - Bernhard Busemann [CDU]: Sie können sich ja davon dis- tanzieren! Dann sind Sie davon weg! - Weitere Zurufe von der CDU: Ältes- tenrat!)

- Ich habe das nicht als meine Position gekennzeichnet. Insofern - - -

(Jens Nacke [CDU]: Sie haben der Landesregierung institutionellen Ras- sismus vorgeworfen! Das ist unterir- disch! - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn ich Herrn Schostok richtig verstanden habe - - -

(Stefan Schostok [SPD]: Ich habe es nicht als meine - - - - Ulf Thiele [CDU]: Das war nicht zu interpretieren, das war eindeutig! - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen folgendes Verfahren vor: Herr Schostok führt zu Ende aus. Danach spricht Herr Nacke zur Geschäftsordnung. Dann werden wir das weitere Verfahren besprechen.

(Björn Thümler [CDU]: Er kann das ja zurücknehmen!)

- Was er dann macht, ist seine Entscheidung. Das kann ich von hier aus nicht beeinflussen.

Herr Schostok, Sie haben das Wort!

(Minister Hartmut Möllring: Sie können ihn rausschmeißen!)

- Herr Minister Möllring, von der Regierungsbank sind keine Zwischenrufe gestattet.

(Zuruf: Aber richtig war er!)

Das gilt auch für den Ministerpräsidenten.