Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Es war unsere Initiative; das noch einmal in aller Deutlichkeit. Technik und Naturwissenschaften sind nämlich ganz wesentlich und sind aus unserem Alltag und aus unserer Zukunft gar nicht wegzudenken. Fahrzeuge können sicherer werden, die ältere Generation kann sicher und selbstbestimmt länger in den eigenen vier Wänden leben. Wir haben beste Kommunikationsmittel und können viele Alltagsfragen ganz wunderbar regeln und natürlich auch im Beruf wirken.

Die MINT-Initiative bietet die richtigen Voraussetzungen schon von Kindesbeinen an. Aktionen wie die IdeenExpo machen Spaß und lösen Neugier aus. Der Mensch ist von Natur aus neugierig und will Neues erkunden. Davon bin ich ganz überzeugt. Wer dann später im Brückenbau oder im Umweltschutz tätig sein möchte, am Bewahren alter Bausubstanz interessiert ist oder sich im medizinischen Bereich für andere Menschen engagieren will, der kann eines Tages berufliche Zufriedenheit erwarten, und der ist mit den MINTFächern bestens darauf vorbereitet. Das Glück begünstigt den, der sich darauf vorbereitet - das hat Pasteur gesagt, und damit hat er recht.

Tolle Berufe gibt es, und sie machen Sinn. Das ist übrigens der Megatrend: ein Beruf, der einen in dem Bewusstsein stärkt, etwas Gutes, etwas Sinnvolles zu tun. Berufe für Menschen, Umwelt, Natur, technischen Fortschritt und Innovation sind motivierend. Deswegen ist es auch motivierend, sich für die MINT-Fächer zu öffnen. Die Frage „Was ist eigentlich schön an Mathe?“ wird übrigens gerade von der IHK Braunschweig im Rahmen eines Wettbewerbs gestellt.

In der Anhörung hat sich immer wieder gezeigt, wie wichtig es ist, Leistungsträger zu fördern. Liebe Kollegen von der SPD, bei der Musik und im Sport haben auch Sie das schon erkannt. Aber auch bei den Studierenden und bei den Schülern ist das ganz wichtig.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Zum Schluss noch einige Beispiele aus der Region Braunschweig, dem stärksten Standort von Wissenschaft und Forschung in Europa. Das BioSLabor am HZI feierte gerade zehnjähriges Bestehen. Und wissen Sie, was das Tolle daran war?

(Nein! bei der SPD und bei den GRÜNEN)

- Sie waren ja auch nicht da. Aber ich! - Das Tolle daran war, dass dort Absolventen naturwissenschaftlicher Fakultäten waren, die dort viele Jahre zuvor gestartet waren und deren Interesse dort geweckt wurde.

Die Konzepte sind übrigens ausgesprochen aufwendig. Denn bei Schülerinnen und Schülern, die an solchen Aktionen teilnehmen, muss natürlich in kurzer Zeit Interesse geweckt werden. Sie müssen zum Experimentieren kommen, damit sie eigene Erfahrungen gewinnen können, und das Experiment muss erfolgreich zum Abschluss kommen. Sonst geht jeder mit einem Frusterlebnis hinaus. Deswegen halte ich es für wichtig und richtig, solche regionalen Aktionen zu vernetzen. Denn die Konzepterstellung ist aufwendig. Da kann man nur voneinander lernen.

Ich fasse zusammen: Wer Eisbären retten möchte, der sollte den Klimaschutz verstehen. MINT gibt dazu genügend Antworten. Bitte stimmen Sie der Beschlussempfehlung zu!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Nun hat sich für die Fraktion DIE LINKE Herr Perli zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

„Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst des Fachkräftemangels. Es verbreitet offenbar inzwischen auch schon Schrecken im Niedersächsischen Landtag. Panik greift um sich, denn es drohe ‚Deutschland an Entwicklungs- und Innovationspotenzial einzubüßen’ (Antrag Bünd- nis 90/Die Grünen).“

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Haben Sie das immer noch nicht mitgekriegt, oder was?)

„Bei der SPD sind die Probleme sogar schon eingetreten: ‚Der Mangel an hochqualifizierten Fachkräften entwickelt sich in Deutschland immer mehr zu einer Wachstums- und Innovationsbremse’.“

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Vor al- lem in Ihrer Fraktion gibt es einen Fachkräftemangel, Herr Kollege!)

„Man möchte fast glauben, dass VW kurz davor steht, seine Produktion drosseln zu müssen.“

Meine Damen und Herren, mit diesen markigen Sätzen beginnt Karl Brenke, der Arbeitsmarktexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, seine Stellungnahme zu den vorliegenden Anträgen. Ich möchte Ihnen auch noch die folgenden drei Sätze aus dem Gutachten vortragen:

„Wie alle Gespenster, so ist auch dieses Menschenwerk. Seit einigen Jahren verkünden die Industrie und ihre Verbände einen Fachkräftemangel. … Im Kern ging und geht es bei der Kampagne um den Fachkräftemangel darum, durch eine Erhöhung des Arbeitskräfteangebotes Druck auf die Löhne in Deutschland auszuüben.“

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Natürlich! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Eine Verschwörungstheo- rie!)

Mit anderen Worten, meine Damen und Herren: CDU, FDP, SPD und Grüne machen sich hier zum Instrument einer Kampagne der Arbeitgeberverbände. Die Agenda 2010 lässt grüßen.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Jawohl! - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Sie verschweigen, dass die Zahl der MINT-Abschlüsse in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, sodass mit Blick auf die Statistiken ein Überangebot zu erwarten ist. Schon deshalb sind die Vehemenz der Debatte und die Angstmacherei, die wir hier hören, völlig übertrieben.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Jawohl!)

Die Linke hat in dieser Debatte einen Antrag vorgelegt, der keinen MINT-Fokus setzt. Wir wollen die Studienorientierung insgesamt stärken, insgesamt die Studienbegleitung ausbauen, insgesamt den Studienabbruch verhindern.

(Beifall bei der LINKEN - Christian Grascha [FDP]: Am besten, wir ver- schenken die Abschlüsse!)

Wir halten es für falsch, wenn die Techniker an Schulen und Hochschulen bevorzugt behandelt werden und die angehende Englischlehrerin zu einer Studentin zweiter Klasse wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Viele Forderungen in den Anträgen sind nicht falsch. Falsch ist aber die Einengung auf MINT. Deshalb werden wir Ihren Anträgen nicht zustimmen können.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Macht doch nichts!)

Insbesondere werden wir dem Antrag von CDU und FDP nicht zustimmen, die schon kleinste Kinder auf ihre spätere Berufsorientierung trimmen möchten. Sie verlangen ernsthaft, dass die Landesregierung „Maßnahmen im frühkindlichen Bereich verstärkt, um bereits in Kindertagesstätten das Interesse und die Begeisterung für den MINTBereich zu wecken.“

Meine Damen und Herren, eigentlich müssen Sie nur noch eines machen: Sie sollten jetzt dafür kämpfen, dass bereits schwangeren Frauen vorgelesen wird, wie man ein Modellflugzeug baut, damit bereits der Fötus auf MINT orientiert wird.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was Sie hier wollen, ist komplett abenteuerlich.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Ich muss mal kurz rausgehen! - Zurufe von der CDU)

Wir wollen - frei nach den Toten Hosen - keine „Welt, in der man nur noch lebt, damit man täglich roboten geht“.

(Beifall bei der LINKEN - Editha Lor- berg [CDU]: Echt kindergartenreif! - Weitere Zurufe)

Schön, dass sich der Gedankenaustausch jetzt wieder ein wenig beruhigt. Denn jetzt erteile ich Frau Ministerin Wanka das Wort für die Landesregierung. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie wir gerade gelernt haben, sind alle gemeinsam für eine Stärkung der MINT-Fächer und der Studienorientierung - mit Ausnahme von Herrn Perli; aber sein Beitrag war auf jeden Fall sehr lustig.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ist einer der teuersten Clowns, die he- rumlaufen!)

Mit Ausnahme der Linken wollen wir alle, dass die MINT-Fächer gestärkt werden. Egal, ob man die Berechnungen zum Fachkräftemangel ganz ernst nimmt oder ob man Skepsis hat, eines ist völlig klar: Deutschland ist die Nation, die weltweit mit erstklassigen Ingenieuren verbunden wird.

(Zustimmung von Dr. Harald Noack [CDU])

Das Image des deutschen Ingenieurs ist seit dem letzten Jahrhundert herausragend.

Bei Prognosen zu der Frage, in welchen Bereichen Deutschland seinen Lebensstandard in den nächsten 20 oder 30 Jahren sichern kann, in welchen großen Bereichen Deutschland Potenziale hat und stark sein wird, werden Bereiche wie der Maschinenbau und die Chemie genannt. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, dass bei einem sinkenden Anteil junger Menschen gerade für diese Fächer mehr junge Menschen gewonnen werden.

Das ist der volkswirtschaftliche Aspekt. Damit überzeugt man aber keinen jungen Menschen, ein

entsprechendes Fach zu studieren. Genauso wichtig ist, dass der Einzelne erkennt, dass diese Fächer - das kann ich wirklich sagen - Spaß und Freude machen können. An den Hochschulen bilden wir nicht nur nach der aktuellen Arbeitsmarktlage oder danach aus, in welchen Bereichen in vier Jahren Fachkräfte fehlen werden. Vielmehr bilden wir für 40 Jahre Berufstätigkeit aus. Deswegen muss das, was man studiert, in allererster Linie zu den eigenen Neigungen passen.

Ich habe mich über die Diskussion ein bisschen gewundert. Begeisterung für die MINT-Fächer zu wecken und zu stärken, ist ein ganz komplexer Vorgang, an dem jahrelang gearbeitet werden muss. Meine Mitarbeiter haben mir aufgeschrieben, was im Moment in Niedersachsen alles gemacht wird. Das Ergebnis sind 31 eng beschriebene Seiten.

(Zuruf: Vorlesen!)

- Nein, die brauche ich nicht vorzulesen.