Protocol of the Session on June 21, 2012

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- Doch, so war es. Hören Sie einmal zu, dann sage ich Ihnen, wie es war.

Wir haben deshalb jetzt geregelt, dass es eine Belehrungspflicht gibt. Das heißt, jeder wird noch einmal angeschrieben und darauf hingewiesen, dass er in einer gewissen Frist ein Härtefallersuchen stellen kann.

Ich muss Ihnen sagen: Liberaler - um es mit der FDP zu sagen - und humaner - mit unseren Worten - kann man in diesen Fällen nun wirklich nicht verfahren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für mich erkennbar die letzte Frage zu diesem Thema stellt Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE.

Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob es nicht grundsätzlich sinnvoll wäre, den Schutz der Familie bei Abschiebungen in den Vordergrund zu stellen. Es grenzt doch an Sippenhaft, wenn in diesem Zusammenhang z. B. Straftaten eines Familienmitglieds angeführt werden - wie es bei der Familie Bajrami aus Wolfsburg der Fall war -, die schon weit zurück liegen und wo die Strafen bereits verbüßt sind. Wenn der Schutz der Familie und die Verwurzelung der Kinder im Vordergrund stehen würden - hier nämlich der minderjährigen Kinder Samela und Severdan -, könnte diese Familie hierbleiben.

Ein zweiter Fall, über den wir schon diskutiert haben und an dem sich die Härtefallkommission aufgerieben hat, ist der Fall der Familie aus Bad Bentheim, wo über das Aufenthaltsrecht gestritten wurde. Der Vater wurde mit zwei Kindern vor sechs Jahren in die Türkei abgeschoben; und die Mutter lebt mit weiteren fünf Kindern in Bad Bentheim. Alle dort sagen, dass sie gut integriert sind.

Das gilt sowohl für die Familie aus Bad Bentheim als auch für die Familie aus Wolfsburg.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben dafür gesorgt - es ist nett, dass ich das immer wieder darstellen kann -, dass es den § 25 a des Aufenthaltsgesetzes gibt. Danach kann die Frau in diesem Fall bleiben. Insofern ist das geregelt, der Fall muss gar nicht in die Härtefallkommission. Das habe ich schon mehrfach dargestellt. Deswegen habe ich einige Reaktionen auch überhaupt nicht verstanden.

Dass Sie die Familie Bajrami nach meinen Darstellungen noch einmal ansprechen, finde ich, ehrlich gesagt, schon etwas schwierig. Es ist ja nicht so ganz einfach, das alles hier vorzutragen. Aber ich will es noch einmal sagen, weil Sie gesagt haben, es sei lange her, dass da irgendetwas passiert ist.

9. Juni 2010: gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Betrug, Urkundenfälschung, Diebstahl, räuberische Erpressung.

Es gibt ein aktuelles Ermittlungsverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte usw.

(Ursula Körtner [CDU]: Die wollen Sie hier behalten?)

Sie wollen doch nicht ernsthaft sagen, dass wir das nicht berücksichtigen und sagen sollen: In diesem Fall soll auf jeden Fall ein Aufenthaltsrecht ausgesprochen werden.

Herr Bajrami hat die Straftaten bis 2009 verübt; und das waren auch keine Bagatellen. Es gab unterschiedliche Strafverfahren. Fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis ist das eine, aber Diebstahl, Beleidigung, unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen und Unterschlagung sind aus meiner Sicht keine Bagatelldelikte. Es geht um 115 Tagessätze. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob wir hier lange darüber reden müssen. Mein Rechtsverständnis ist nun wirklich ein anderes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Haben die Kinder was verbrochen?)

Meine Damen und Herren, weitere Nachfragen zu dieser Dringlichen Anfragen liegen mir nicht vor.

Ich würde jetzt die Anfrage der FDP-Fraktion aufrufen, wenn mir bekannt wäre, wer sie einbringt.

(Christian Grascha [FDP]: Ich!)

- Herr Grascha bringt sie ein, gut.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 20 e auf:

Fußballpatriotismus und gefährlicher Nationalismus - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 16/4899

Herr Grascha, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fußballeuropameisterschaft ist derzeit der Grund für viele Fans, die Unterstützung des favorisierten Teams durch Fahnen, Wimpel und Ähnliches in Farben der Nationalflaggen kundzutun. Aus diesem Grund prägen die Farben der deutschen Flagge das Straßenbild in vielen deutschen Städten - vor allem Autos werden gern geschmückt.

Die Jugendorganisation der Partei Bündnis 90/Die Grünen, die Grüne Jugend, sorgt sich angesichts so offen und zahlreich zur Schau getragener Unterstützung der deutschen Fußballnationalmannschaft um eine Zunahme von gefährlichem Nationalismus. Auf ihrer Website heißt es wörtlich: „Die Trennung zwischen guten PatriotInnen und schmuddeligen NationalistInnen gibt es nicht; der positive Bezug zum eigenen ,Vaterland’ bedeutet immer auch die Abwertung von anderen …“.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Inwiefern ist im zeitlichen Umfeld mit internationalen Fußballmeisterschaften eine Zunahme gewaltbereiten Nationalismus‘ zu beobachten?

2. Wie bewertet die Landesregierung das offene und zahlreiche Zeigen der deutschen Flagge bzw. der deutschen Nationalfahnen in der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Gefahr nationalistischer Gewalt?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im In- und Ausland hat es positive Beachtung gefunden, in welch fröhlicher und unverkrampfter Weise die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland im Jahre 2006 unter dem Motto „Deutschland. Ein Sommermärchen - Die Welt zu Gast bei Freunden“ gefeiert wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dazu gehörte auch das Zeigen der deutschen Nationalfarben in sehr vielfältiger Form. Dies war vorrangig ein Bekenntnis der Fans zur Unterstützung „ihrer“ Nationalmannschaft. Es war aber auch ein sichtbares Zeichen dafür, wie selbstverständlich die Deutschen mit Schwarz-Rot-Gold als nationalem Symbol umgehen, ohne damit nationalistische Empfindungen zu verbinden oder gar zu demonstrieren.

Von gewalttätigen Ausschreitungen mit einem nationalistischen Hintergrund unter Verwendung der Farben Schwarz-Rot-Gold ist daher weder bei der Weltmeisterschaft 2006 noch bei der Europameisterschaft 2008 oder der WM 2010 etwas bekannt geworden.

Auch während der jetzigen Fußballeuropameisterschaft hat es solche Ausschreitungen nicht gegeben. Die Sorge, dass ein gefährlicher Nationalismus in diesem Zusammenhang zunimmt, ist offensichtlich unbegründet. Auch von der Abwertung anderer Nationen kann nun keine Rede sein.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Durch das Landeskriminalamt wurde im Hinblick auf politisch motivierte Straftaten im Sinne der Fragestellung eine Auswertung der Lagebilder der zurückliegenden Fußballweltmeisterschaften 2006 und 2010, der Fußballeuropameisterschaften 2008 und 2012 und der Frauenfußballweltmeisterschaft 2011 vorgenommen. Es ergaben sich keine Hinweise, die auf die Zunahme eines gewaltbereiten Nationalismus im zeitlichen Umfeld von internationalen Fußballweltmeisterschaften in Niedersachsen hindeuten würden.

Die Fallzahlen bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau und sind im Zusammenhang mit Großereignissen nicht auffällig. Für die derzeit stattfin

dende Europameisterschaft 2012 wurden bisher keine politisch motivierten Gewaltdelikte in Niedersachsen registriert.

Zu Frage 2: Eine Gefahr nationalistischer Gewalt ist mit dem Zeigen der deutschen Nationalfarben in der Öffentlichkeit offensichtlich nicht gegeben. Vielmehr wird deutlich, wie selbstverständlich und gerne diese Farben von den Bürgerinnen und Bürgern als Bekenntnis zu ihrem Land gezeigt werden, ohne andere Länder dadurch herabzusetzen. Die Landesregierung freut sich darüber, zumal Schwarz-Rot-Gold seit dem frühen 19. Jahrhundert für die Freiheits- und Demokratiebewegung in Deutschland steht und zu keinem Zeitpunkt ein Symbol für Nationalismus war.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Schwenken der deutschen Fahne und die Verwendung von Schwarz-Rot-Gold haben also überhaupt nichts mit einem verfehlten HurraPatriotismus zu tun. Im Übrigen ist die zitierte Behauptung der Grünen Jugend, man können nicht „gute PatriotInnen“ von „schmuddeligen NationalistInnen“ trennen, aus Sicht der Landesregierung völlig abwegig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deutscher Patriotismus ist der Freiheit des Menschen im Sinne der Achtung der Würde jedes Einzelnen und der Geltung der Menschenrechte verpflichtet. Freiheit und Nation gehören in diesem Sinne zusammen. Es ist zugleich ein Patriotismus in europäischer Perspektive, der sich nicht von anderen Nationen abgrenzt, sondern ein gemeinsames Europa in Freiheit aufbauen will. Die Landesregierung ist sich sicher, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Begeisterung für die deutsche Fußballnationalmannschaft in keiner Weise von irgendjemandem in eine falsche Ecke stellen und auch nicht von verfehlten Behauptungen irritieren lassen. Die Landesregierung bittet die Bürgerinnen und Bürger, in ihrer auch nach außen gezeigten friedlichen und fröhlichen Unterstützung für die deutsche Fußballnationalmannschaft in keiner Weise nachzulassen, und wünscht dem deutschen Team den größtmöglichen sportlichen Erfolg bei der Europameisterschaft 2012.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bravo! bei der FDP)

Aber es gibt trotzdem Nachfragen.

(Heiterkeit)

Die erste wird vom Kollegen Oetjen von der FDPFraktion gestellt.