Im September 2011 stellte meine Fraktion im Landtag einen Antrag zur Einrichtung einer zentralen, unabhängigen Beschwerdestelle Polizei in Niedersachsen, um Beschwerden und Kritiken von Bürgerinnen und Bürgern außerhalb des Polizeiapparats entgegenzunehmen und aufzuklären.
Damit wird auf gar keinen Fall ein Generalverdacht gegen die Arbeit der Polizei erhoben, sondern vielmehr eine starke, demokratische Kontrolle von Polizeigewalt erreicht und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat gestärkt.
Beide Initiativen sind von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden. Der Gesetzentwurf der Grünen gibt uns nunmehr die Möglichkeit, diese beiden zentralen Forderungen zur Stärkung von Demokratie und Bürgerrechten erneut zu diskutieren und womöglich einen Sinneswandel hier im Landtag herbeizuführen.
Meine Damen und Herren, des Weiteren werden mit dem Gesetzentwurf u. a. Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der Gefährderansprache, zur Beschränkung der Dauer der Freiheitsbeschränkung und Freiheitsentziehung, zur Videoüberwachung und zur Nutzung sozialer Netzwerke unterbreitet.
Meine Damen und Herren, beim ersten Lesen der entsprechenden Regelungen habe ich den Eindruck, dass Sie etwas halbherzig die Verschärfungen, welche in den letzten Jahren vorgenommen worden sind - Frau Janssen-Kucz hat darüber ausführlich berichtet -, im Sinne des Schutzes persönlicher Grundrechte zurückdrehen wollen.
Ich hoffe, dass wir trotz des nahe liegenden Legislaturendes im Ausschuss eine intensive Auseinandersetzung, verbunden mit einer Expertenanhörung, vornehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird bei den Beratungen im Ausschuss für Inneres und Sport sicherlich allen Fraktionen noch einmal die Möglichkeit geben, sich auszutauschen.
In meinem Redebeitrag möchte ich mich deshalb für die CDU-Fraktion zunächst einmal auf zwei Änderungswünsche konzentrieren: auf die Kennzeichnung von Polizisten und auf die Einführung von Polizeibeauftragten.
Meine Damen und Herren, in der Begründung zum Gesetzentwurf wird gerade bei diesen beiden Änderungswünschen sehr deutlich, wo die Unterschiede zwischen Ihrer Fraktion und unserer Fraktion liegen. Insofern gibt uns die heutige erste Beratung Gelegenheit, dem Parlament und damit der Öffentlichkeit aufzuzeigen, dass die Partei Bündnis 90/Die Grünen gegenüber dem Staat und seinen Einrichtungen ein hohes Misstrauen hat.
Meine Damen und Herren, wie Presseberichten zu entnehmen war und wie es auch in der Begründung zu § 95 Ihres Gesetzentwurfs zu lesen ist, soll der Beauftragte berechtigt werden, während eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft in derselben Angelegenheit eigene Ermittlungen anzustellen. - Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: eigene Ermittlungen neben der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung!
Meine Damen und Herren, diese Forderung begegnet nicht nur erheblichen Bedenken, sondern sie ist auch mit der Strafprozessordnung nicht zu vereinbaren. Gemäß § 160 StPO obliegt die Aufklärung des Sachverhalts ausschließlich der Staatsanwaltschaft. Sie ist Herrin des Vorverfahrens. Demgemäß hat die Polizei den Ermittlungsaufträgen der Staatsanwaltschaft nachzukommen. Nach dem Legalitätsprinzip aus § 152 StPO hat die Staatsanwaltschaft die alleinige Zuständigkeit. Da selbst der Richter, sofern er nicht Ermittlungsmaßnahmen per Beschluss genehmigen muss,
keinerlei Einfluss auf die Ermittlungen hat, ist aus Sicht des Justizministeriums nicht einzusehen, warum ein Polizeibeauftragter darüber hinausgehende Befugnisse erlangen sollte.
Sofern diese Begründung des Gesetzentwurfs die parallelen Ermittlungen neben denen der Staatsanwaltschaft deshalb als notwendig erachten sollte, weil sich Polizeibeauftragte auf diese nicht verlassen könnten, würde dies ein ungerechtfertigtes Misstrauen in die Arbeit der Staatsanwaltschaft und damit in den Rechtsstaat bedeuten, gegen das man sich unbedingt verwahren muss.
Meine Damen und Herren, ähnlich verhält es sich mit der geforderten vollen und unmittelbaren Akteneinsicht durch den Polizeibeauftragten.
In der Begründung zur Ausweisungs- und Kennzeichnungspflicht wird den Bürgerinnen und Bürgern die Befürchtung unterstellt, dass eine strafrechtliche Ahndung von Delikten wie Körperverletzung im Amt an der Anonymität der Staatsgewalt scheitern könnte.
Meine Damen und Herren, die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht lehnt die CDULandtagsfraktion konsequent ab.
Bereits 2008 und wiederum 2010 haben wir in diesem Hause deutlich gemacht, dass in Zeiten ansteigender Bereitschaft zur Gewalt gegen Polizisten die Preisgabe persönlicher Informationen ein völlig falsches Signal ist. Damals wie heute werden unsere Einschätzungen insbesondere durch Stellungnahmen und Presseveröffentlichungen der verschiedenen Polizeigewerkschaften bestätigt.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, möchte ich darauf hinweisen, dass die gerade in Nordrhein-Westfalen im rot-grünen Koalitionsvertrag angekündigte Kennzeichnungspflicht scharfe Kritik ausgelöst hat. Es ist unserer CDUFraktion sehr wichtig, der Öffentlichkeit und insbesondere den Polizisten aufzuzeigen, was es bedeutet, wenn Rot-Grün regiert.
So steht für den Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei in NRW fest, dass die Regelung der Kennzeichnungspflicht nur deshalb im Koalitionsvertrag steht, weil sich die Grünen mit ihrer
Übrigens, Herr Kollege Wenzel - weil Sie gerade den Kopf schütteln -, halten die Grünen in NRW an ihrer Absicht fest, Stellen im Polizeidienst einzusparen.
Meine Damen und Herren, noch einmal zurück zum Gesetzentwurf. Unsere CDU-Fraktion teilt keineswegs die Begründung von Bündnis 90/Die Grünen, dass das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor dem Hintergrund der Angriffe auf die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger reformiert werden muss. Frau JanssenKucz sagte eben, Bürgerrechte werden mit Füßen getreten. Frau Janssen-Kucz, ich sage es noch einmal, obwohl ich es eigentlich gar nicht sagen wollte: Es gab einmal einen hohen Politiker aus Ihrer Partei, der am Boden liegende Polizisten mit Füßen getreten hat. So etwas sollten Sie sich hier ersparen!
Wir, die CDU-Fraktion, sagen, dass wir eine bürgernahe, transparente, effektive, datenschutzrechtlich korrekte und qualifizierte Polizeiarbeit in Niedersachsen haben. Bei Ihrem Gesetzentwurf kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihre Partei die Bürgerinnen und Bürger vor der Polizei schützen will. Aus unserer Sicht ist aber das Gegenteil der Fall.
Statt Polizisten mit Misstrauen und Kontrolle zu begegnen, verdienen diese für ihre schwierige Arbeit unseren Respekt und unser Vertrauen.
So, wie es die Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen in ihrem Presseartikel von gestern mitgeteilt hat, sehen wir es auch: Ideologisch motivierte Anti-Polizei-Theorien helfen nicht weiter. Ein klares Nein zur Kennzeichnungspflicht!
Meine Damen und Herren, der vorgelegte Gesetzentwurf ist offensichtlich auch rechtsfehlerhaft und wird deshalb unsere Zustimmung nicht finden.
Meine Damen und Herren, ich möchte das Haus noch einmal darauf aufmerksam machen: Wenn die Präsidenten - egal, ob ich es bin oder die ande
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Wahrscheinlichkeit angeht, dass dieser Gesetzentwurf in dieser Wahlperiode noch Gesetz werden könnte, bin ich voll bei Frau Zimmermann, die gesagt hat: Der wird ja wohl der Diskontinuität zum Opfer fallen. - Das ist zu erwarten. Nach der Rede des Kollegen Ahlers ist ja auch nicht ernsthaft damit zu rechnen, dass wir über den Gesetzentwurf überhaupt so intensiv, wie er es in Aussicht gestellt hat, ins Gespräch kommen.
Aber Fakt ist: Ein Gesetzentwurf liegt vor, liebe Kollegin Janssen-Kucz. Das ist in Ordnung. Damit haben wir ein klares Signal, welcher Gestaltungsspielraum von Ihnen für die nächste Wahlperiode gesehen wird. Es besteht große Einigkeit, dass das unter Rot-Grün geschaffene Niedersächsische Gefahrenabwehrgesetz - so hieß es; der Ordnungsbegriff war nicht Teil des Gesetzes, er ist im Polizeigesetz auch systemfremd;