Ausweislich einer mir vorliegenden „Aufforderung zur Teilnahme“ der Stadt Hildesheim gegenüber einem abgelehnten Asylbewerber fand am 10. Mai 2012 in den Räumen der Stadtverwaltung Dortmund eine „Sammelvorführung der Botschaft Nigeria“ zum Zweck der Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit sowie zur Ausstellung von Heimreisedokumenten statt. In dem Schreiben wird die sofortige Vollziehung dieser „Anordnung“ angeordnet und für den Fall, dass der Adressat der Aufforderung nicht nachkommen sollte, die zwangsweise Vorführung unter Anordnung von Sicherungshaft angedroht.
Derartige Anhörungen finden immer wieder statt. Dabei werfen die Umstände, rechtlichen Grundlagen und die Art und Weise der Durchführung angesichts des Erfolgsdrucks und der Identifizierungs- und Zuordnungsmethoden nach wie vor Fragen auf.
1. Wie viele Personen haben aufgrund von Anordnungen niedersächsischer Ausländerbehörden mit welchen Ergebnissen am 10. Mai 2012 an der Anhörung in Dortmund teilgenommen?
2. Waren bei der Anhörung am 10. Mai 2012 auch Personen anwesend oder tätig, die zu diesem Zweck aus Nigeria angereist waren, oder handelte es sich ausschließlich um dauerhaft in Deutschland tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der nigerianischen Botschaft oder Konsulate?
3. Welche Kosten (z. B. für Honorare, Leistun- gen, Geschenke) sind dem Land Niedersachsen, der Stadt Hildesheim oder anderen Kommunen in Niedersachsen durch die Anhörung am 10. Mai 2012 entstanden (bitte die Abrech- nungsposten wiedergeben)?
Zur Klärung der Identität von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, die über keine identitätsnachweisenden Dokumente verfügen bzw. sich weigern, solche zu beschaffen, ist die Anhörung durch die Auslandsvertretung oder ermächtigte Bedienstete des vermuteten Herkunftsstaates häufig die einzige Möglichkeit, Hinweise auf die Herkunft und Identität zu erlangen und daraufhin eine Rückführung einzuleiten. § 82 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes enthält eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, ausreisepflichtige Personen zum Zweck einer solchen Anhörung auch zwangsweise bei den Vertretungen
oder ermächtigten Bediensten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die Person vermutlich besitzt, vorzuführen.
Für ausgewählte afrikanische Staaten, u. a. auch für Nigeria, unterstützt die Bundespolizei die Landes- und kommunalen Ausländerbehörden bei der Identitätsklärung und Passersatzpapierbeschaffung. Im Rahmen dieser Unterstützung organisiert die Bundespolizei auch Anhörungen durch Botschaftsvertreter oder besonders ermächtigte Bedienste der jeweiligen Herkunftsstaaten.
Vor dem Hintergrund der relativ hohen Zahl der Anhörungen von Personen mit vermuteter nigerianischer Herkunft hat die Bundespolizei mit der nigerianischen Botschaft in Berlin eine Übereinkunft erzielt, wonach Anhörungen durch die zuständigen Mitarbeiter der Konsularabteilung der nigerianischen Botschaft dezentral an verschiedenen Orten in Deutschland organisiert werden können. Dieses Verfahren liegt im Interesse der hiesigen Behörden, da weite und zeitaufwändige Anreisen zur nigerianischen Botschaft in Berlin vermieden werden können. Gleichzeitig wird damit auch die Konsularabteilung der nigerianischen Botschaft entlastet. Bei den dezentralen Anhörungen ist eine Bündelung der Termine möglich, und es können deutlich mehr Personen vorgeladen werden.
Eine solche von der Bundespolizei organisierte dezentrale Anhörung hat am 10. Mai 2012 in Dortmund stattgefunden.
Zu 1: Aus Niedersachsen wurden fünf Personen vorgeführt, für die nach Abschluss der Anhörung in allen fünf Fällen Passersatzpapierzusagen von der nigerianischen Botschaft gegeben wurden. Drei weitere Personen, die vorgeladen waren, haben sich kurzfristig der Anhörung entzogen.
Zu 2: Bei den Anhörungen waren keine Personen anwesend, die zu diesem Zweck aus Nigeria eingereist sind. Die Anhörungen wurden von einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter der Konsularabteilung der nigerianischen Botschaft in Berlin durchgeführt. Zusätzlich war eine Mitarbeiterin der nigerianischen Vertretung in Moskau als Hospitantin anwesend.
Zu 3: Die Gesamtkosten für die Reise, die Übernachtung und die Verpflegung der Botschaftsmitarbeiter, des Funktionspersonals der Bundespolizei aus Anlass der Anhörungen am 10. Mai 2012 in Dortmund wurden von der Bundespolizei mit
3 016,90 Euro beziffert. Dieser Betrag wird auf die Zahl der insgesamt 78 zur Vorführung angemeldeten Personen verteilt. Die niedersächsischen Ausländerbehörden haben somit der Bundespolizei für acht Personen einen Betrag von 38,68 Euro je Person, insgesamt 309,44 Euro zu erstatten. Zusätzlich sind bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen und den beteiligten Ausländerbehörden Personal- und Transportkosten für die Zuführung der Anzuhörenden nach Dortmund entstanden.
Nach wie vor gibt es bezüglich der Möglichkeit für Kommunen, sich über den Zukunftsvertrag zu einem Teil zu entschulden, Unklarheiten, die auch durch Aussagen des Innenministers und von Mitarbeitern seines Hauses vor Ort bei Veranstaltungen der Kommunen selbst entstanden sind. So führten Mitarbeiter der Regierungsvertretung Lüneburg bzw. des Innenministeriums aus, dass Kommunen, die sich über den Zukunftsvertrag entschulden wollten, in den Genuss einer bevorzugten Behandlung bei der Nutzung von Förderprogrammen kommen sollten. Demgegenüber erklärte Innenminister Schünemann im Plenum am 23. März 2012 auf Nachfrage, dass dies nicht so sei. Es bleibt auch nach wie vor unklar, was mit Kommunen passiert, die aufgrund mangelnder Finanzkraft weder in der Lage sind, sich selbst zu entschulden, noch Fusionen durchführen können. Bisher liegen auch wichtige Vorgaben der Landesregierung, wie hoch etwa notwendige Investitionen anzusetzen sind, um zu vermeiden, dass Kommunen bei der Eigenentschuldung Investitionen und Unterhaltungsmaßnahmen zu weit herunterfahren, um eine schwarze Null zu erreichen, nicht vor. Zudem ist nach Auffassung von Beobachtern nicht nachvollziehbar, wie es möglich ist, dass z. B. bei dem Antrag auf Eigenentschuldung der Samtgemeinde Elbtalaue seitens des Landes akzeptiert wird, dass bis 2017 jährlich von einem steuerlichen Einnahmewachstum von 3,5 % ausgegangen werden kann.
1. Wird eine Kommune, die eine Eigenentschuldung bzw. Fusion gemäß dem Zukunftsvertrag vollzieht, bevorzugt in Förderprogrammen berücksichtigt, d. h. wird sie bei der Reihenfolge gegenüber anderen Kommunen, die solche Förderprogramme in Anspruch nehmen wollen, weiter nach vorne geschoben oder bei
2. Welche Kommunen, die Verträge gemäß dem Zukunftsvertrag beim Land beantragt bzw. abgeschlossen haben, bekommen gemäß konkreter Vertragsgestaltung Investitionszuschüsse gemäß § 9 für welche Projekte (bitte aufschlüs- seln nach Kommunen, Projekten, Zuschusshö- he)?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Kommunen zahlreiche Maßnahmen gemäß § 9 beantragen, und aus welcher Haushaltsstelle werden solche Maßnahmen gemäß § 9 bedient bis zu welcher Gesamthöhe?
Die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände haben im Dezember 2009 eine gemeinsame Erklärung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Kommunen verabschiedet, den sogenannten Zukunftsvertrag.
Mit dem Zukunftsvertrag wurde für Kommunen mit besonderen strukturellen Problemen die Möglichkeit geschaffen, dauerhaft eine Freistellung von bis zu 75 % ihrer finanziellen Belastungen durch Zins und Tilgung der aufgelaufenen Liquiditätskredite zu erhalten. Dies gilt in erster Linie für Gemeinden und Landkreise, die bereit sind, mit Nachbarkommunen zu fusionieren, und für Samtgemeinden, die zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung eine Umwandlung in eine Einheitsgemeinde anstreben.
Unter bestimmten Voraussetzungen können aber auch solche Kommunen eine Entschuldungshilfe erhalten, die ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit trotz extremer Verschuldung ohne Fusion wiederherstellen können. Das Land Niedersachsen und die Kommunen stellen für diese Zwecke ab dem Jahr 2012 jährlich jeweils 35 Millionen Euro in einem gemeinsamen Entschuldungsfonds zur Verfügung.
Eine Vielzahl an Kommunen hat sich seit Abschluss des Zukunftsvertrages Fusions- und Konsolidierungsüberlegungen geöffnet. In etlichen Fällen hat dies bereits zu Zusammenschlüssen von Gemeinden und zu Umwandlungen von Samt- in Einheitsgemeinden geführt. Diese Prozesse erfordern vor Ort jeweils viel Kraft und Ausdauer, gewinnen aber gleichwohl an Dynamik. Die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände haben daher im Juli 2011 vereinbart, die Zugriffsfrist für Entschuldungshilfen über den ursprünglich als Endtermin vereinbarten 31. Oktober 2011 hinaus zu verlängern. Der Zugriff ist nun bis zum 31. März 2013 möglich.
bände hat bis heute Beschlüsse über den Abschluss von Verträgen mit 28 Kommunen und einem Volumen von rund 590 Millionen Euro gefasst.
Im Landkreis Lüchow-Dannenberg werden derzeit Gespräche über den Abschluss eines Vertrages über eine Entschuldungshilfe mit der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), der Samtgemeinde Elbtalaue und dem Landkreis Lüchow-Dannenberg geführt. Eine Festlegung auf Annahmen für einen Zukunftsvertrag oder die Entwicklung der Haushalte der genannten Kommunen vonseiten der Vertragsparteien ist bis jetzt nicht abschließend erfolgt. Insoweit können an dieser Stelle keine Erörterungen zu den konkreten Verhandlungen erfolgen.
Zu 1: In der gemeinsamen Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens und der Niedersächsischen Landesregierung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Kommunen (Zukunftsvertrag) vom 19. Dezember 2009 ist unter Nr. 9. „Ressortübergreifende Strukturpolitik mit unseren Kommunen“ geregelt, dass eine nachhaltige Politik zur Stärkung und zukunftsfähigen Entwicklung der kommunalen Ebene insbesondere in den strukturschwachen Räumen nur zu erreichen ist, wenn sie durch eine ressortübergreifende, integrative Regional- und Strukturpolitik für die Kommunen begleitet wird. Aus einer auf den demografischen Wandel ausgerichteten Regionalpolitik des Landes müssen sich Synergien ergeben, die eine neue regionale Wirtschaftsdynamik entfachen, eine gesteigerte Lebensqualität bewirken, die regionale Identität stärken und zu weiteren Investitionen führen sollen. Dazu wird die Landesregierung die Instrumente der regionalen Strukturpolitik in den für die kommunale Entwicklung bedeutsamen Bereichen wie z. B. Tourismus, Arbeitsmarkt und Entwicklung des ländlichen Raumes für strukturschwache Regionen intensivieren; Qualität und Wirkung der Maßnahmen müssen dabei im Vordergrund stehen. Dies wird auch als flankierende Maßnahme zur dauerhaften Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit bei den Kommunen, die an dem Entschuldungsprogramm teilnehmen, angesehen.
Beispielsweise sollen aus Mitteln des Städtebauförderungsprogramms „Kleinere Städte und Gemeinden“, das zu je einem Drittel aus Bundes- und Landesmitteln finanziert wird, auch die Ziele des Zukunftsvertrages unterstützt werden. Dieses be
Zu 2: In den bisher abgeschlossenen Zukunftsverträgen wurden Förderprojekte vereinbart, welche über die Laufzeit der Verträge individuell über die jeweiligen Förderprogramme der zuständigen Ressorts zu realisieren sind. Die Gespräche zur Umsetzung der vereinbarten Projekte dauern größtenteils noch an oder haben noch nicht begonnen. Eine Übersicht über den jeweiligen Stand der Planung bzw. Umsetzung aller dieser Projekte besteht derzeit nicht. Im Übrigen betreffen die vertraglichen Vereinbarungen häufig auch solche Projekte, die die Kommunen schon vor dem Abschluss des Zukunftsvertrages als sinnvolle Möglichkeit in Betracht gezogen, konkret geplant oder hinsichtlich derer sie sogar bereits Kontakt mit den zuständigen Ressorts aufgenommen hatten. In diesen Fällen kann beim Zustandekommen des Projektes und der Förderung nicht danach unterschieden werden, ob die Förderung eher auf den Zukunftsvertrag oder eher auf die allgemeine Förderpolitik des Landes zurückzuführen ist.
Zu 3: Ziffer 9 des Zukunftsvertrages betrifft die Ausrichtung der Strukturpolitik des Landes. Bereits im Dezember 2011 hat die Landesregierung den Dialog mit den Kommunen zur Ausrichtung der künftigen EU-Förderprogramme begonnen. Seitdem gibt es regelmäßige Besprechungen der Ressorts mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Wirtschafts- und Sozialpartnern. Ziel ist die Vorbereitung und die Begleitung der Aufstellung der operationellen Programme für die Förderperiode 2014 bis 2020.
Zur Umsetzung der gemeinsamen Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens und der Niedersächsischen Landesregierung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Kommunen (Zukunftsvertrag) sind im Zeitraum von Januar bis März 2012 vier Regionalveranstaltungen in Osnabrück, Lüneburg, Braunschweig und Hildesheim durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Veranstaltungen wurden von den Vertretern der Kommunen zahlreiche Anregungen, insbesondere für die Gestaltung der Förderpolitik des Landes im kommenden EU-Förderzeitraum 2014 bis 2020, auch im Hinblick auf Ziffer 9 des Zukunftsvertrages, vorgetragen.
Die Landesregierung nutzt insofern ihre Möglichkeiten im Rahmen des Ausschusses der Regionen und im Bundesrat sowie den unmittelbaren Dialog mit Vertretern der Bundesregierung oder der Euro
päischen Kommission in Brüssel, um eine Berücksichtigung der niedersächsischen Positionen unmittelbar in europäischen Papieren zu erreichen.
Im April 2012 hat die Landesregierung erste Entscheidungen über die Ausrichtung der künftigen EU-Programme getroffen. Dazu gehört die Weiterentwicklung der „Regionalisierten Teilbudgets“ (RTB) , die sich im laufenden Förderzeitraum bewährt haben. Um die vielfach geforderte Entbürokratisierung der Verfahren zu erreichen und zugleich ein Höchstmaß an Rechtssicherheit und Handlungsoptionen sicherzustellen, wird zur Weiterentwicklung der RTB insbesondere eine fonds- und ressortübergreifende Bündelung der bisher getrennten kommunalspezifischen Förderprogramme geprüft.
Darüber hinaus wird bei der Aufstellung der Programme geprüft, inwieweit strukturschwache Kommunen, u. a. auch solche, die aus einem Zusammenschluss nach dem Zukunftsvertrag entstanden sind oder die einen Zusammenschluss beabsichtigen, unterstützt werden können. Zum einen sollen die zulässigen EU-Kofinanzierungssätze auf Programmebene ausgeschöpft werden. Zum anderen ist zu prüfen, inwieweit die Fördersätze in Abhängigkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen differenziert werden können. Das würde bedeuten, dass die finanziell leistungsfähigeren Kommunen einen im Vergleich höheren Kofinanzierungsanteil zu tragen hätten.
Insoweit handelt es sich bei Ziffer 9 des Zukunftsvertrages nicht um eine Anspruchsgrundlage; folglich gibt es hierfür auch keine Haushaltsstelle.