Protokoll der Sitzung vom 28.09.2012

Bundesverkehrsminister Ramsauer versucht, dem Gigaliner-Feldversuch, an dem sich nur sechs Bundesländer beteiligen, zum Erfolg zu verhelfen. Zwischenzeitlich beschäftigt sich auch das Bundesverfassungsgericht mit der Zulässigkeit des Feldversuchs. Fraglich ist, ob es beim Feldversuch zuerst um die Gewinnung fachlicher Erkenntnisse geht oder vielmehr darum, dem von der großen Mehrheit der Verkehrsteilnehmer abgelehnten Gigaliner zu mehr Akzeptanz zu verhelfen.

Minister Ramsauer hat mit Ausnahmeverordnung vom 21. Mai 2012 zusätzliche Strecken, darunter auch solche mit sogenannten höhengleichen Bahnübergängen, für den Feldversuch zugelassen. Dabei konnte er sich der Unterstützung der Niedersächsischen Landesregierung gewiss sein; denn das Bundesverkehrsministerium (BMVBS) konnte nur Strecken aufnehmen, die von den Ländern gemeldet wurden. Unter den gemeldeten Bahnübergängen sind offenbar auch Strecken mit höhengleichen Bahnübergängen. Allerdings hat das BMVBS in seinem Schreiben vom 10. November 2012 höhengleiche Bahnübergänge grundsätzlich als nicht geeignet für das Befahren mit Lang-Lkw bezeichnet.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum wurden von ihr Strecken mit höhengleichen Bahnübergängen gemeldet, obwohl diese nach Auffassung des BMVBS für Gigaliner nicht geeignet sind, und in welchem Umfang wurden diese Bahnübergänge unter diesem besonderen Nutzungsgesichtspunkt jeweils verkehrssicherheitstechnisch überprüft?

2. Welche nicht schon im ersten Feldversuch zwischen den Jahren 2006 und 2007 gewonnenen Erkenntnisse erhofft sich die Landesregierung vom neuerlichen Feldtest?

3. Wie aussagekräftig kann der neuerliche Feldversuch aus Sicht der Landesregierung sein, wenn nur sechs von sechzehn Bundesländern daran teilnehmen und es daher zwangsläufig zu räumlichen Friktionen des Feldversuchs kommt?

Niedersachsen hatte sich bereits 2006 in einem eigenen Pilotversuch ein Bild von Nutzen und Risiken beim Einsatz der Lang-Lkw gemacht. Der Versuch wurde in Zusammenarbeit mit der Uni Han

nover ausgewertet. Im Ergebnis überwiegen die Vorteile der Lang-Lkw deutlich. Da für den Transport des gleichen Ladungsvolumens statt drei normaler Lkw nur noch zwei Lang-Lkw benötigt werden, reduzieren sich Spritverbrauch und CO2-Ausstoß um ca. 30 %. Gleichzeitig verringert sich der Platzbedarf auf der Straße, was zu einer Entlastung stark befahrener Autobahnen führt.

Zur Festlegung des befahrbaren Streckennetzes hatte sich Niedersachsen über die Industrie- und Handelskammern an die Unternehmen gewandt und um Meldung von Strecken gebeten, die für die Nutzung durch Lang-Lkw interessant sein könnten. Die zahlreich gemeldeten Strecken wurden durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr unter Anhörung der zuständigen kommunalen Behörden auf Befahrbarkeit hin geprüft. Alle als befahrbar eingestuften Strecken wurden vom Bundesverkehrsministerium als Positivnetz in den Anhang der Ausnahmeverordnung aufgenommen.

Aufgrund von Hinweisen der Allianz-pro-Schiene, dass im veröffentlichten Streckennetz auch Querungen von höhengleichen Bahnübergängen vorhanden sein sollen, wurden bereits im März 2012 alle bis dahin von Niedersachsen gemeldeten Strecken noch einmal auf diesen Sachverhalt hin überprüft. Für den größten Teil der Strecken mit höhengleichen Querungen lagen Zustimmungen der zuständigen Eisenbahnstreckenbetreiber vor, für die anderen wurden Alternativrouten festgelegt. Eine Strecke wurde aus dem befahrbaren Streckennetz gestrichen. Die Änderungen wurden umgehend dem Bundesministerium für Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Bundesanstalt für Straßenwesen gemeldet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Mit Schreiben vom 10. November 2010 hatte das BMVBS als Randbedingung zum Feldversuch festgelegt, dass „die Strecken grundsätzlich nicht über höhengleiche Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Bahnübergänge) führen sollen.“ Dies gilt auf jeden Fall für Bahnstrecken, auf denen Taktverkehre mit höheren Geschwindigkeiten und Güterverkehre in erheblichem Umfang stattfinden.

Die oben genannte Formulierung des BMVBS bedeutet aber nicht, dass Bahnübergänge in keinem Fall befahren werden dürfen. So gibt es zahlreiche Bahnübergänge, beispielsweise im Bereich von Häfen und Werksbahnen, auf denen es nur sehr wenig Bahnverkehr mit geringen Geschwin

digkeiten gibt. Diese können auch mit Lang-Lkw problemlos befahren werden. Das BMVBS hatte deshalb in einem Schreiben vom 27. Februar 2012 zu diesem Sachverhalt näher ausgeführt, dass „Bahnübergänge im Verlauf der gemeldeten Strecken auf eine problemlose Befahrbarkeit hin“ überprüft werden müssen. Diese Prüfung wurde wie bereits in den Vorbemerkungen dargestellt in jedem Fall vorgenommen.

Aktuell liegen für alle Strecken in Niedersachsen, die über höhengleiche Bahnübergänge führen, Zustimmungen der zuständigen Eisenbahnstreckenbetreiber vor. Darunter sind keine Strecken der Deutschen Bahn AG, auf denen Taktverkehre stattfinden.

Zu 2: Die in Niedersachsen gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf einer wissenschaftlichen Auswertung eines Pilotversuchs mit nur drei Fahrzeugkombinationen über einen vergleichsweise kurzen Zeitraum. Diese Erkenntnisse waren ausreichend für eine positive Anfangsbewertung des neuen Fahrzeugkonzepts, für eine statistisch abgesicherte Aussage war die Anzahl der beteiligten Fahrzeuge jedoch viel zu gering. Am neuen Feldversuch der Bundesregierung werden wesentlich mehr Fahrzeuge teilnehmen, und das befahrbare Streckennetz wird erheblich ausgedehnt. Die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen unter Beteiligung verschiedener wissenschaftlicher Institute kann sich deshalb auf eine wesentlich umfangreichere Datenbasis abstützen und statistisch abgesicherte Aussagen treffen.

So wird beispielsweise auch die von Gegnern des Konzepts immer wieder aufgestellte Behauptung, dass Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert werden könnte, eine wichtige Fragestellung sein. Im Pilotversuch Niedersachsens konnte dies aufgrund der geringen Anzahl der Versuchsteilnehmer nicht untersucht werden.

Zu 3: Neben Niedersachsen beteiligen sich Schleswig-Holstein, Hessen, Bayern, Sachsen, Hamburg und Thüringen am Feldversuch. Sachsen-Anhalt hat der Durchfahrt auf den Autobahnen nach Sachsen zugestimmt.

Zwar ist es aus niedersächsischer Sicht bedauerlich, dass sich insbesondere die Länder NordrheinWestfalen und Bremen nicht beteiligen, da hierdurch interessante Streckenführungen für Speditionen aus dem Osnabrücker Raum nicht möglich sind. Jedoch hat dies für die Aussagekraft des Feldversuchs kaum Bedeutung, da das freigege

bene Streckennetz immer noch ausreichend groß ist, um einen repräsentativen Querschnitt über das deutsche Straßennetz darzustellen. So sind im bundesweiten Feldversuch kurze und lange Streckenverläufe mit unterschiedlicher Topologie befahrbar. Wichtig sind auch die Anbindungen von Seehäfen (z. B. Hamburg) und Güterverkehrszentren, um auch die Vernetzung mit dem kombinierten Verkehr erproben zu können.

Anlage 31

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 33 der Abg. Markus Brinkmann, Renate Geuter, Heinrich Aller, Petra Emmerich-Kopatsch, Dieter Möhrmann, Andrea Schröder-Ehlers und Wiard Siebels (SPD)

Ankauf von Steuer-CDs

Die Instrumente zur Verhinderung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung sowie die Aufdeckung von begangenen Steuerstraftaten werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Angeheizt wird die Debatte durch das deutsch-schweizerische Steuerabkommen und den Ankauf von - vornehmlich aus der Schweiz stammenden - Daten-CDs mit Informationen über Vermögenswerte deutscher Staatsbürger, den sogenannten Steuer-CDs. Ziel des Erwerbs derartiger CDs war die Aufdeckung von begangenen Steuerstraftaten.

Bundesfinanzminister Schäuble argumentiert, durch das von ihm vorgelegte deutsch-schweizerische Steuerabkommen sei der Ankauf von Bankdaten aus der Schweiz - die es in der Vergangenheit mehrfach gegeben hat - nicht mehr erforderlich, da das Abkommen eine umfassende Besteuerung sicherstelle. Gleichwohl haben einige Länderfinanzminister angekündigt, dem Umsetzungsgesetz zum Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat nicht zustimmen zu wollen. Bundesjustizministerin LeutheusserSchnarrenberger will unterdessen den Ankauf von Steuer-CDs gesetzlich verbieten. Ministerpräsident McAllister hat in den Medien angekündigt, keine Steuer-CDs ankaufen zu wollen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält an ihrem Vorhaben fest, weitere DatenCDs mit steuerrelevanten Daten anzukaufen. Es ist davon auszugehen, dass die CDs auch Daten niedersächsischer Steuerpflichtiger enthalten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie geht sie vor dem Hintergrund ihrer ablehnenden Haltung zum Ankauf von SteuerCDs mit Daten von potenziellen Steuerhinterziehern aus Niedersachsen und Selbstanzeigen von Personen und Institutionen um, die ihr im Rahmen der Ermittlungen in Nordrhein-West

falen bekannt werden bzw. bei der niedersächsischen Finanzverwaltung eingehen?

2. Wie hat sich die Anzahl der Selbstanzeigen von Personen und Institutionen in Niedersachsen nach Bekanntwerden des Ankaufs der Steuer-CDs entwickelt?

3. Wie bewertet sie den Vorstoß von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und ihrem hessischen Amtskollegen Jörg Uwe Hahn, den Ankauf von Bankdaten gesetzlich verbieten zu wollen?

Die Fragen der Abgeordneten Markus Brinkmann, Renate Geuter, Heinrich Aller, Petra EmmerichKopatsch, Dieter Möhrmann und Andrea SchröderEhlers beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die niedersächsischen Finanzämter für Fahndung und Strafsachen sind nach der Abgabenordnung in Verbindung mit der Strafprozessordnung rechtlich gehalten, bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat (Anfangsverdacht) ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (Legalitätsprinzip) und den Sachverhalt zu erforschen. Dies gilt auch für etwaige Informationen, die von anderen Bundesländern zur Verfügung gestellt werden. Ebenso werden Selbstanzeigen nach dem zuvor genannten Kriterien weiterhin ausgewertet.

Zu 2: Seit Ankauf der ersten Steuer-CD mit Schweizer Bankdaten seit Anfang 2010 hat sich die Anzahl aller Selbstanzeigen insgesamt in Niedersachsen wie folgt entwickelt:

2010 = 2 941

2011 = 1 187

2012 = 836 (Stand: 20. September 2012)

Zu 3: Die Niedersächsische Landesregierung geht davon aus, dass durch das Steuerabkommen mit der Schweiz eine effektive Besteuerung der Vermögenswerte deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz sichergestellt und damit ein relevanter Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit geleistet wird. Gesetzliche Regelungen hinsichtlich des Ankaufs von Bankdaten sind daher zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erforderlich.

Anlage 32

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 35 des Abg. Victor Perli (LINKE)

Cannabisdelikte in Niedersachsen ab 2009

In der Antwort auf die Große Anfrage meiner Fraktion zur „Cannabispolitik in Niedersachsen“ hat die Landesregierung für die Jahre 1999 bis 2008 einen Überblick über die „polizeilich erfassten Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis“ (Anlage 4) sowie über die „Altersstruktur der im Zusammenhang mit Verstößen mit Cannabisprodukten festgestellten Tatverdächtigen“ (Anlage 5) gegeben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele polizeilich erfasste Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz im Zusammenhang mit Cannabis gab es in Niedersachsen je nach Deliktart in den Jahren 2009, 2010, 2011 und - sofern die Daten bereits vorliegen - im ersten Halbjahr 2012?

2. Wie stellt sich die Altersstruktur der im Zusammenhang mit Verstößen mit Cannabisprodukten festgestellten Tatverdächtigen in den Jahren 2009, 2010 und 2011 dar?

Cannabisprodukte sind nach wie vor die am häufigsten konsumierten illegalen Drogen. In Niedersachsen stand in den vergangenen vier Jahren etwa jedes zweite polizeilich bekannt gewordene Rauschgiftdelikt im Zusammenhang mit Cannabisprodukten. Insgesamt liegt der Anteil an allen Verstößen gegen das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) mit Cannabis bei über 70 %.

Auch ohne die abschließende Bewertung, ob und inwiefern Cannabiskonsum die Gefahr eines Einstiegs in den Missbrauch anderer psychotroper Substanzen nach sich zieht, steht fest, dass der Konsum von Cannabis mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden ist (vgl. hierzu die Beantwor- tung der Großen Anfrage „Cannabispolitik in Nie- dersachsen“ vom 20. April 2010, LT-Drs. 16/2396).

So wird beispielsweise in der von Professor Dr. med. R. Thomasius, Universität Hamburg-Eppendorf, erstellten Expertise zu gesundheitlichen und psychosozialen Folgen bei Cannabiskonsum und -missbrauch2, die in der o. g. Großen Anfrage zitiert wird, ausgeführt, dass

2 Thomasius, Rainer u.a. (2007): Auswirkungen von Cannabiskonsum und -missbrauch. Eine Expertise zu gesundheitlichen und psychosozialen Folgen. Ein Systematisches Review der international publizierten Studien von 1996 bis 2006. Pabst Science Publishers, Lengerich.

- die Evidenz dafür, dass das Rauchen von Cannabis das Risiko hinsichtlich Atemwegserkrankungen und Krebs des Atemtraktes erhöht, seit 1996 deutlich zugenommen hat; Cannabisraucher entwickeln dem Zigarettenrauchen vergleichbare Symptome, wie Kurzatmigkeit, Brustenge und Auswurfproduktion,