- Unsere Leute waren mit in Sellafield, aber der TÜV ist ja bei jedem Wechsel von Brennstäben dabei und zertifiziert und bestätigt, dass der Einsatz jeweils ordnungsgemäß und den Regeln entsprechend erfolgt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir über MOX-Brennelemente sprechen, dann sprechen wir ja über Plutonium, den gefährlichsten Stoff der Welt, der inzwischen in großen Mengen existiert und der ganz offensichtlich in großen Mengen zwischen den EVUs hin und her geschoben wird. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wer in Deutschland eigentlich genau weiß, wie viel Plutonium es bei uns gibt und in welcher Form und wo es sich aufhält. Hat irgendeine Stelle einen zentralen Überblick darüber?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Helmhold, der Kollege Herzog hat mich gerade darauf hingewiesen, er könne mir die Antwort mitgeben. Dies ist nämlich auch schon im Bundestag gefragt worden. Dazu liegt eine Antwort der Bundesregierung vor.
Im Gebiet der Euratom-Vertragsstaaten wird bilanziert, welches Plutonium sich wo befindet. Sie erinnern sich vielleicht: Auch im Zusammenhang mit der Asse wurde die Frage aufgeworfen, was Euratom in diesem Zusammenhang weiß. Insofern ist es die Aufgabe von Euratom, unter all den Gesichtspunkten, die Sie angesprochen haben - ob Proliferations- oder Nichtproliferationsgesichts
punkte -, die Bilanzierung des Plutoniums bei den Euratom-Mitgliedstaaten entsprechend im Blick zu haben.
Schönen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wegen der Kritik, dass Transportbehälter für MOX-Brennelemente bei Falltests nicht mit Originalbehältern getestet wurden, hat das Bundesamt für Strahlenschutz ausgeführt - ich zitiere -:
„Es ist sinnvoll, diese Praxis zu überprüfen und gegebenenfalls nachträglich Fallversuche, Erhitzungsprüfungen und Eintauchversuche an Originalbehältern vorzunehmen.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Ende ist entscheidend, was das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Da sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen, die ein solcher Typbehälter vorhalten muss und die gegeben sein müssen. Für die Bauartzulassung, die erforderlich ist, ist zunächst einmal das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig.
Die Typ-B-Verpackungen müssen allen beim normalen Transport und bei eventuellen schweren Transportunfällen auftretenden mechanischen und thermischen Belastungen standhalten. Ihre Sicherheitsfunktionen dürfen auch bei einem schweren Unfall nicht wesentlich beeinträchtigt werden, sodass keine radioaktiven Stoffe aus der Verpackung in die Umwelt gelangen können. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung prüft als Gutachter im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz die mechanischen und thermischen Eigenschaften dieser Versandstücke.
Im Rahmen der Zulassung sind von den Herstellern Versuchsergebnisse und Nachweise zu erbringen. Danach müssen Behälter folgenden Unfallszenarien widerstehen: Erstens. Aufprall aus 9 m Höhe auf ein unnachgiebiges Fundament. Zweitens. Aufprall aus 1 m Höhe auf einen 15 cm dicken Stahldorn. Drittens. Sie müssen 30 Minuten Feuer bei 800 °C aushalten. Viertens. Druck von 20 m Wassertiefe über acht Stunden. Fünftens. Druck von 200 m Wassertiefe über eine Stunde. - Nach den Empfehlungen der Internationalen Atomenergiebehörde ist dies ergänzend erforderlich.
Zusätzlich zu den vorgeschriebenen Tests werden weitere Tests durchgeführt, so z. B. Sturz eines Behälters von einer Autobahnbrücke aus 40 m Höhe, Sturz eines auf minus 40 °C durchgekühlten Behälters aus 9 m Höhe, Explosion eines Flüssiggastankwagens mit 5 t Propan direkt neben einem Behälter, Feuertest mit 1 200 °C für 30 Minuten, Abwurf eines maßstabsgetreuen Behälters von einem Hubschrauber aus 800 m Höhe, direkter Anprall eines Personenzugs mit 130 km/h an die Längsseite eines Behälters, Beschuss eines Behälters mit einer 1 000 kg schweren Nachbildung einer Flugzeugturbinenwelle mit 292 m/s; dies entspricht 1 050 km/h.
Meine Damen und Herren, auf dieser Grundlage sind die Transportbehälter genehmigt worden. Wir haben keinen Anhaltspunkt und keinen Anlass dafür, an den Angaben des BfS und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, die hier die kompetenten und zuständigen Behörden sind, zu zweifeln.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung in ihren heutigen Antworten, aber auch in der Vergangenheit immer wieder versucht hat darzustellen, dass der Ursprung von MOX-Transporten und die Verwendung von MOX-Brennelementen in Kernkraftwerken aus den rot-grünen Jahren im Bund stammen, frage ich die Landesregierung: Seit wann gibt es in der Bundesrepublik wiederaufbereiteten Kernbrennstoff mit abgetrenn
tem Plutonium, der als MOX-Brennstoff in Kernkraftwerken verwendet wird und dann auch irgendwie dorthin transportiert werden muss? Können Sie uns das bitte beantworten?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt wurden 6 670 t Schwermetall aus Deutschland zur Wiederaufbereitung oder Zwischenlagerung ins Ausland gebracht. Der Hauptanteil wurde zur COGEMA bzw. nach Sellafield gebracht. Dies entspricht etwa der doppelten Menge an Brennelementen. Die ersten Anlieferungen erfolgten schon Anfang der 1970er-Jahre. Die letzte Anlieferung erfolgte am 28. April 2005.
Um darauf zurückzukommen, dass Sie gesagt haben, wir versuchten, den Eindruck zu erwecken, das sei Ihre Idee gewesen: Darum geht es mir gar nicht. Mir geht es darum, deutlich zu machen, dass es unredlich ist, sich jetzt gegen MOX-Transporte zu positionieren, vor Ort Demonstrationen zu betreiben und so zu tun, als hätte man mit dem Einsatz und dem Entstehen dieser MOX-Brennelemente nichts zu tun.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass in dem Atomausstiegsgesetz ganz klar geregelt wird - das ist ja eine Drucksache, die von den Fraktionen der SPD und der Grünen im Deutschen Bundestag eingebracht worden ist -,
dass der Einsatz von MOX-Brennelementen in Kernkraftwerken in Deutschland als Entsorgungsnachweis für das Plutonium nachgewiesen werden muss. Das ist durchaus nachvollziehbar und in sich schlüssig. Aber dann stehen Sie auch dazu und sagen: Ja, wir brauchen den Einsatz dieser MOXBrennelemente, weil wir ihn wollten, und setzen ihn jetzt durch.
Sie haben damals mit Ihrer Mehrheit im Bundestag die rechtlichen Grundlagen geschaffen und das Atomausstiegsgesetz auf den Weg gebracht. Das alles will ich gar nicht bewerten. Das ist so, und das alles ist aus der Perspektive von heute auch
nachvollziehbar. Aber sich dann heute hinzustellen und zu sagen: „Eigentlich wollen wir das alles gar nicht“, ist doch ausgesprochen inkonsequent. Dann muss man deutlich sagen: Ja, wir wollten das, wir wollen den Einsatz der MOX-Brennelemente.
Aber dann kann man sich jetzt nicht in den Wochen vor dem Wahlkampf hinstellen und versuchen, sich ein neues Thema zu suchen und zu skandalisieren, wo nichts zu skandalisieren ist. Das, Herr Wenzel, entspricht aber Ihrer Politik, wie ich sie in den letzten Jahren kennengelernt habe.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es sehr verwunderlich, dass hier jetzt auf einmal eine Risikoneubewertung in Sachen Atomenergie gegeißelt wird, wo doch gerade diese Seite des Hauses sie erst unlängst, nämlich nach Fukushima - wie wir finden, glücklicherweise -, vorgenommen hat.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass dieses ganze MOX-Geschäft im Prinzip ein großer Verschiebebahnhof von Plutonium über Ländergrenzen hinweg ist, frage ich die Landesregierung erstens: Hat sie Kenntnis darüber, aus welchen Atomkraftwerken das Plutonium stammt, das jetzt in den Brennelementen für Grohnde ist? Ist das E.ONPlutonium, oder ist es von RWE oder Vattenfall?
Zum Zweiten würde ich gerne wissen: Was passiert denn eigentlich, wenn jetzt nach der vorzeitigen Abschaltung der AKW das abgetrennte Plutonium in Gänze gar nicht mehr als MOX-Brennstäbe neu verwertet werden kann? Was passiert dann? Welche Konsequenzen hat das für uns? Nehmen wir das dann als Müll zurück, oder was bedeutet das?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Heinen-Kljajić, es ist Ihr Verschiebebahnhof. Das will ich noch einmal deutlich machen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wer hat denn die Wiederaufarbeitung im Aus- land gestoppt? - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Sie geißeln hier die Vorgehensweise. Überprüfen Sie auch bitte einmal Ihre Rhetorik! Sie sprechen hier von einem Verschiebebahnhof von Plutonium, das europaweit durch die Gegend gefahren wird. Das ist doch das Ergebnis Ihrer Gesetzesänderung im Jahre 2002! Daher sollten Sie da ein bisschen realistischer und vielleicht ein bisschen zurückhaltender sein.
Sie haben die Frage gestellt - wenn ich es richtig verstanden habe -, woher die im Einzelnen kommen. Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, ob nachvollziehbar ist, dass das Plutonium ist, das mit Grohnde zusammenhängt, dass das also jeweils in die Kernkraftwerke zurückgeht. Das müssten wir noch einmal klären. Das kann ich im Moment nicht abschließend beantworten.