Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskriminierung homosexueller Menschen ist ein Unrecht. Sie gilt es auf allen Ebenen zu bekämpfen: im gesellschaftlichen Zusammenleben, im alltäglichen Miteinander, überall da, wo sie uns begegnet. Dafür streitet die SPD seit vielen Jahren.
Vor elf Jahren, im August 2001, brachte die rotgrüne Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg, das endlich die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare in Deutschland regelte. Das war damals ein Signal für ein weltoffenes, tolerantes, diskriminierungsfreies Deutschland. Damals wurde das Gesetz gegen die Stimmen von CDU und FDP beschlossen. Ich hoffe, dass es in den Jahren seitdem eine Entwicklung auch bei CDU und FDP gegeben hat.
Nach dem Gesetz übernehmen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner nach dem Gang zum Standesamt umfassende gegenseitige Fürsorge- und Unterhaltspflichten. Gleichzeitig wird ihr Zusammenleben rechtlich abgesichert: durch Anerkennung der Lebenspartnerschaft insbesondere im Sozialversicherungsrecht, im Steuerrecht, im Ausländerrecht. Insgesamt über 100 Gesetze wurden geändert, wurden von Diskriminierung befreit.
Aber das kann nicht das Ende gewesen sein. Wir haben - die Kollegen haben es eben angedeutet - immer noch große Probleme: im Familienrecht, im Einkommensteuerrecht und im Adoptionsrecht.
Die SPD-Fraktion unterstützt die beiden Anträge der Linken und der Grünen ohne Einschränkung. Wir finden es gut und wichtig, dass sie das heute auf den Weg gebracht haben, und wir wollen das unterstützen.
Ich hoffe, dass wir in der Ausschussberatung zu einem großen, gemeinsamen Zeichen aller in diesem Landtag vertretenen Fraktionen kommen und die Diskriminierung, die wir hier erleben, deutlich verurteilen.
Herr Justizminister Busemann, ich muss Ihnen schon sagen: Ihre Pressemitteilung zu dem Vorschlag der Bundesjustizministerin LeutheusserSchnarrenberger war rechtspolitisch ein Hammer.
Das Kindeswohl infrage zu stellen, wenn gleichgeschlechtliche Paare ein Kind adoptieren wollen, ist wirklich unverschämt, ist diskriminierend und hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun.
Damit das noch einmal deutlich wird, möchte ich aus der Pressemitteilung von Herrn Justizminister Busemann zitieren:
„Bei einem generellen Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare wäre zu befürchten, dass Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren Stigmatisierungen erfahren und Opfer von Mobbing werden. Im Übrigen ist die unterschiedliche Geschlechtlichkeit der Eltern für die Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder von besonderer Bedeutung. Das Kindeswohl spricht gegen ein generelles Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare.“
Meine Damen und Herren, das sind Vorurteile und keine Fakten. Das gehört sich nicht für einen Justizminister.
Der Justizminister eines Bundeslandes hat hier sein Unwohlsein und seine Vorurteile zum Ausdruck gebracht statt rechtsstaatlicher Argumente.
Es gibt diverse Untersuchungen dazu. Ich möchte auf die jüngste Untersuchung des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg hinweisen. Die Studie ist international anerkannt. Sie ist repräsentativ. Sie ist belastbar. Gegenstand der Untersuchung war die Frage, wie Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, wie es ihnen geht, ob das Kindeswohl gefährdet ist und wie sie sich in Beziehung zu Kindern heterosexueller Elternpaare entwickeln. Die Studie ist sehr intensiv. Ich will nur einen Satz als Quintessenz zitieren:
„Die Untersuchung hat bestätigt: Dort, wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf. Entscheidend ist eine gute Beziehung zwischen Kind und Eltern und nicht deren sexuelle Orientierung.“
Meine Damen und Herren, Herr Busemann unterstellt, dass Kinder von heterosexuellen Paaren anders geliebt werden als Kinder von homosexuellen Paaren. Aber warum sollten Schwule und Lesben Kinder weniger lieben oder schlechter für sie sorgen als Paare aus Mutter und Vater? Auch das ist schwer nachzuvollziehen.
Welche rechtlichen Konsequenzen müsste es haben, wenn Herr Busemann mit seinem Vorurteil recht hätte, dass Kinder beide Geschlechter brauchen, um ihre Identität zu finden? - Konsequenterweise müsste der Staat alleinerziehenden Müttern und Vätern verbieten, Kinder zu bekommen.
Er müsste lesbischen Frauen untersagen, auf biologischem Wege Kinder zu bekommen. Das ist eine absurde Vorstellung, die Herr Minister Busemann hier geäußert hat.
- Das ist in der Tat ungeheuerlich. Ich bitte Sie und fordere Sie auf, sich heute von dieser Pressemitteilung zu distanzieren. Das ist eines Justizministers nicht würdig.
Geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erwarte von diesem Hause, dass wir uns im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung und aufgrund der bestehenden Aktualität endlich mit dem Thema der Diskriminierung von homosexuell lebenden Menschen befassen. Ich erwarte von der CDU und von der FDP, dass sie sich von den Aussagen ihres Justizministers distanzieren und dass wir gemeinsam auf der Basis der Anträge von Linken und Grünen zu einer gemeinsamen Erklärung des Landtages kommen, wie wir in Zukunft verfahren wollen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Behrens, ich fürchte, ich werde den Erwartungen, die Sie eben an die CDU gestellt haben, nicht in vollem Umfang gerecht werden können. Ich möchte mich dem Thema auch etwas anders nähern und mit der banalen Weisheit beginnen, dass eine Gesellschaft dem Untergang geweiht wäre, dass alle sozialen Systeme kollabieren würden, wenn in ihr keine Kinder mehr geboren würden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist wirklich sehr banal!)
Und dies, meine Damen und Herren, geschieht in Beziehungen, in denen die Partner verschiedenen Geschlechts sind.
- Wenn es denn erforderlich ist, werden wir auch diese Frage gerne noch einmal im Ausschuss diskutieren, vielleicht auch strittig.
Meine Damen und Herren, deshalb hat der Gesetzgeber in unserer Verfassung in Artikel 6 aufgenommen - das ist nur konsequent -, dass die Ehe unter dem besonderen Schutz des Staates steht und dass die Lebensform der Ehe vom Staat zu fördern ist.
(Zustimmung bei der CDU - Sigrid Leuschner [SPD]: Was hat das denn damit zu tun? Und wenn man erst hei- ratet, wenn man keine Kinder mehr bekommen kann?)
Es ist also nicht nur zulässig, hier Unterschiede zu machen, sondern es ist ein Verfassungsgebot, die Ehe zu fördern. Herr Limburg, das hat das Bundesverfassungsgericht in der von Ihnen gerade herangezogenen Entscheidung auch ausdrücklich bestätigt. Diesem Gebot, die Ehe in besonderer
Meine Damen und Herren, es gibt in der Politik immer wieder das Phänomen, dass wir uns mit den Belangen einer zahlenmäßig kleineren Gruppe intensiv beschäftigen und die Belange der zahlenmäßig größeren Gruppe dabei anscheinend aus den Augen verlieren.
Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion noch einmal ausdrücklich bekräftigen, dass wir alle gesetzlichen Regelungen begrüßen, die die Lebensführung in einer Ehe besonders fördern.
Aber, meine Damen und Herren, wir akzeptieren auch, dass es in unserer Gesellschaft auch andere Lebensformen, also gleichgeschlechtliche Partnerschaften, gibt.
Wir akzeptieren auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass es nur dann zulässig ist, unterschiedliche Regelungen zu treffen, wenn dafür ein sachlicher Grund gegeben ist. Das ist für uns letzten Endes ein Gebot des Respekts vor der Lebenswirklichkeit und vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Erstens möchte ich etwas zu der Frage der Berücksichtigung des Familienzuschlags rückwirkend für die Zeit von 2001 bis 2009 sagen. Da, Herr Limburg, zitieren Sie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts falsch - ich vermute fast, dass Sie das bewusst gemacht haben -; denn mit der Frage, ob der Familienzuschlag auch rückwirkend zu gewähren ist, hat sich das Verfassungsgericht ausdrücklich beschäftigt. Es hat ausgeführt, dass das nur dann der Fall sein kann, wenn entsprechende Anträge gestellt und verfolgt worden sind. In den Fällen, in denen die Lebenspartner das nicht beantragt haben, besteht kein Gebot, das rückwirkend zu gewähren. Das ist auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz: Wenn ein Kläger eine für sich günstige Rechtslage erstreitet, dann profitiert davon der Kläger und nicht auch alle an