Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Planung und Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Niedersächsisches Pflegegesetz – NPflegeG) - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 16/5250 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/5338 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/5368
Mir liegen mehrere Wortmeldungen vor, jedoch nicht von der SPD. Dann erteile ich entsprechend der Reihenfolge des Eingangs der Wortmeldungen Frau Mundlos von der CDU-Fraktion das Wort. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im September hat die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf zum Thema Schulgeldfreiheit in der Altenpflege vorgelegt und damit ein nicht mehr existierendes Gesetz ändern wollen. Dumm gelaufen! Aber Fehler kann man ja korrigieren.
Jetzt wurde ein erneuter Versuch in dieser Sache unternommen. Diesmal widerspricht der Entwurf dem verfassungsrechtlich garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber den anderen Schulen in freier Trägerschaft.
Das Vorhaben der Opposition ist wieder nicht im Niedersächsischen Schulgesetz verortet, wohin die Pläne des Antragstellers eigentlich gehören würden. Also ist der vorliegende Text u. a. aus formalrechtlichen Gründen erneut abzulehnen. Die Altenpflegeschulgeldfreiheit im Niedersächsischen Pflegegesetz regeln zu wollen, ist einfach falsch, weil das Pflegegesetz die pflegerische Versorgung zum Ziel hat. Es liegt also ein formalrechtlich falscher Ansatz vor. Regierungsfähigkeit sieht eben anders aus.
Anstatt aus Ihren Fehlern zu lernen und nicht zweimal mit ein und demselben Kopf gegen dieselbe Wand zu laufen, stellen Sie sich stur. Sie bitten den GBD im Glauben und in der Hoffnung, man könne der Landesregierung etwas am Zeuge flicken, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten Stellung zu beziehen. Das ist gründlich daneben gegangen!
Ergebnis: Erstens hat die Landesregierung eine freiwillige Maßnahme zugunsten der Altenpflegeschüler auf den Weg gebracht. Das ist politisches Handeln.
Es ist in das Ermessen einer Landesregierung gestellt, hier eine freiwillige Leistung zu organisieren. Ein Verfassungsbruch liegt nicht vor. Erst eine gesetzliche Pflichtregelung würde die Situation ändern. Das sieht im Übrigen auch der GBD so.
Zweitens. Die Zukunft der Schulgeldfreiheit in der Altenpflege ist bereits heute für die Jahre 2012 und 2013 im Haushalt gewährleistet. Ich erinnere nur an die Stichpunkte Pflegepaket, Pflegepakt und Initiativen zur Erhöhung der Attraktivität des Pflegeberufes. In der Mipla für die Jahre 2014 bis 2016 werden die Ansätze für 2012 und 2013 unter dem Vorhaben „Aktivierung und Qualitätssicherung der Altenpflegeausbildung“ unverändert in Höhe von 6,5 Millionen Euro fortgeschrieben.
Das ist eine eindeutige Erklärung der Landesregierung zur Fortsetzung dieser Maßnahme. Damit sind Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Schulgeldfreiheit gesichert. Eine gesetzliche Festschreibung ist nicht erforderlich, im Gegenteil, sie wäre sogar schädlich.
Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es der Opposition gar nicht um diese gute und erfolgreiche Maßnahme, nämlich die Abschaffung des Schulgeldes in der Altenpflege, geht. Das zeigt, dass hier ein Punkt weggebrochen ist, der der Opposition durchaus Anlass zu Kritik gegeben hat. Aber diesen reinen Populismus beim Thema Pflege sind wir bei der SPD mittlerweile gewohnt.
Hier möchte ich Ihnen ein weiteres Beispiel nennen: Die SPD-Landtagsfraktion hat zahlreiche Anhörungen mit Pflegekräften zur Einrichtung einer Pflegekammer veranstaltet, startete eine parlamentarische Initiative, verliert dann aber in ihrem Wahlprogramm kein einziges Wort mehr zur Pflegekammer. Dieser Umgang zeigt, wie ernst die SPD die Pflege in Wirklichkeit nimmt, wie ernst sie die zu Pflegenden und auch die Pflegekräfte nimmt. Diese Art des Umgangs ist durchaus verräterisch. Hingegen ist die Art und Weise, wie diese Landesregierung die Altenpflegeschulgeldfreiheit sichert, eine hervorragende, zielgruppenorientierte und pragmatische Lösung. So macht man das. So machen wir das. Und das ist gut so.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich über Herrn Humke zu Wort gemeldet. Sie haben jetzt das Wort, Herr Humke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Mundlos, wenn Sie an dieser Stelle zu dieser Thematik über die Regierungsfähigkeit der SPD sprechen, die anders aussehen müsse, finde ich das irgendwie süß, und zwar gerade vor dem Hintergrund Ihrer Kampagne „Mensch Alter“, mit der wirklich nur Ihre Unfähigkeit des Umgangs mit der Pflegeproblematik verschleiert wird. Das ist wirklich süß.
Meine Fraktion unterstützt das generelle Anliegen des Gesetzentwurfs der SPD, dass keine Schülerin und kein Schüler der Altenpflege Schulgeld bezahlen soll. Das ist der Kern des Gesetzentwurfs, den wir Linke selbstverständlich unterstützen.
Für uns Linke ist immer offen geblieben, warum die Ausbildung in der Altenpflege einer der wenigen Bereiche ist, in dem für lange Zeit von den Auszubildenden bzw. von deren Eltern Schulgeld bezahlt werden musste.
Wir Linke wollen nicht, dass die Schülerinnen und Schüler in einem absolut unterbezahlten Beruf auch noch die Ausbildung selbst zahlen müssen. Aber ist es eine befriedigende Situation, dass das Land für diese Zahlungen an private Pflegeschulen aufkommt? - Wir kommen hier zu den eigentlichen Problempunkten der Politik. Ich spreche von einer marode reformierten Gesundheits- und Pflegeversicherung, von der geringen Höhe der niedersächsischen Pflegesätze, die maßgeblich für das schlechte Tarifgefüge verantwortlich sind, von dem hohen Grad der Privatisierung in der Pflege und von der viel zu lange vernachlässigten staatlichen Altenpflegeausbildung in Niedersachsen.
An dieser Stelle möchte ich einmal darauf hinweisen, dass gerade die Träger der freien Wohlfahrtspflege in der Ausbildung große Lasten zu tragen haben.
Daher ist es längst überfällig, die Ausbildungsabgabe wieder einzuführen. Wir Linke stehen ohne Wenn und Aber dazu.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Wir sprechen über einen Beruf mit enorm hoher Verantwortung und Schichtarbeit, einen Beruf - ich habe es schon gesagt - mit miserabler Bezahlung und einem immer enger gedrehten Personalschlüssel, also mit einer zunehmenden Arbeitsverdichtung. Diese
Der Antrag der SPD ist aus unserer linken Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er das Problem in der Ausbildung in der Altenpflege und auch das Problem der Ausbildungsumlage nicht endgültig lösen kann.
Die Ausschussempfehlung - letzter Satz - der schwarz-gelben Mehrheit lehnen wir Linke selbstverständlich ab.
Als nächster Beitrag folgt der von Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos, ich freue mich, dass Sie eben in Ihrer Rede gesagt haben, es war sehr wichtig, dass die Opposition immer wieder darauf hingewiesen hat,
Wir werden das nachlesen können. Ich freue mich wirklich, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen langsam begriffen haben, dass die Situation in der Altenpflege mehr als kritisch ist.
Bereits jetzt suchen Einrichtungen händeringend nach Fachkräften. Ich kann Ihnen von Einrichtungen berichten, die eine Kopfprämie zahlen, wenn Sie denen eine Examinierte vermitteln. Wenn die ein halbes Jahr bleibt, bekommen Sie Geld auf die Prämie obendrauf. So sieht das aus. Das wird sich von Jahr zu Jahr demografisch verschlimmern, wenn wir auf sehr vielen Feldern nicht energisch gegensteuern.
Dieser Beruf ist ein Mangelberuf. Das zuzugeben, scheuen Sie natürlich wie der Teufel das Weihwasser, weil dann nämlich die Umlagefinanzierung
Nun haben Sie die Schulgeldfreiheit eingeführt, kurz vor der Wahl. Was uns aber stört, ist, dass sie nicht abgesichert ist.
(Zuruf von der SPD: Genau! - Heide- marie Mundlos [CDU]: Genau das ha- be ich gesagt! Sie haben nicht zuge- hört!)
Das ist eine Leistung sozusagen nach Gutsherrenart, die jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann. Wir wollen sie auf eine gesetzliche Grundlage stellen, und wir wollen, dass der Haushaltsgesetzgeber hier beschließt, dass diese Leistung dauerhaft gewährt wird. Das ist der entscheidende Kern dieses Gesetzentwurfs.
Frau Mundlos, wenn Sie sagen, das verstößt gegen die Verfassung: Das stimmt nicht. Der Gesetzgeber muss Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln. Er hat aber einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn er einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung hat. Das ist hier der Fall. Denn die Altenpflege ist ein Mangelberuf. Deswegen kann der Gesetzgeber sie anders behandeln als andere. Das ist kein Grund, dieses Gesetz abzulehnen. Es ist wirklich kein Argument. Ich bitte um Zustimmung. Wir unterstützen den Vorschlag der SPD.