Protocol of the Session on November 7, 2012

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geln für Mitglieder des Niedersächsischen Landtages“ in der Geschäftsordnung vor.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die Abgeordneten der SPD-Fraktion in Niedersachsen schon seit Jahren in Sachen Transparenz deutlich über die geforderten gesetzlichen Vorgaben hinausgehen und anzeigen. Wir werden unabhängig von der jetzigen Entscheidung in der Zukunft nach diesen verschärften Regeln verfahren.

Meine Damen und Herren, grundlegend für unsere Anträge ist und bleibt die Unabhängigkeit des Abgeordneten. Wir sagen sehr deutlich, dass eine Nebentätigkeit dazu nicht etwa im Widerspruch steht. Deshalb sind sie ja auch gesetzlich erlaubt. Eine Nebentätigkeit muss auch nicht im Widerspruch zur Abgeordnetentätigkeit stehen. Es kann sogar sehr wertvoll und befruchtend für die Arbeit sein, wenn Abgeordnete intensiv Kontakt zum Wirtschafts- oder Berufsleben halten. Entscheidend ist, dass dies stets erkennbar sein muss - auch, um gegebenenfalls Abhängigkeiten festzustellen. Die Menschen, die Öffentlichkeit und die Medien müssen zu jeder Zeit in der Lage sein, ihre Abgeordneten einzuschätzen.

Meine Damen und Herren, es sind vor allem vier Eckpunkte, die wir mit unseren Anträgen umsetzen wollen: Erstens. Einkünfte aus Nebentätigkeiten sollen zukünftig auf Euro und Cent dem Landtagspräsidenten gemeldet und von diesem jährlich veröffentlichet werden. Hierbei ist uns wichtig, dass die Art der Tätigkeit, die Höhe des Entgelts und der Name des Auftraggebers oder Vertragspartners ersichtlich sind.

Wir wollen zweitens auf eine Untergrenze für Nebeneinkünfte, die eine Veröffentlichung verhindern, ebenso wie auf ein Stufenmodell verzichten, wie wir es bislang haben und wie es jetzt erneut - nur um einige Stufen erweitert - in Berlin von FDP und CDU wieder durchgesetzt werden soll. Wir wollen ein Unterlaufen der Transparenzregeln durch etwaige Stufenmodelle verhindern. Die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de kritisiert zu Recht das in Berlin jetzt angedachte Modell. Ich zitiere:

„Jedes Stufenmodell lädt zur Verschleierung … von Nebeneinkünften ein und fördert das Misstrauen in die Politik.“

So deren Mitbegründer Gregor Hackmack.

Transparency International unterstützt ebenfalls eine Regelung, nach der auf Euro und Cent genau anzugeben ist, was der/die einzelne Abgeordnete zusätzlich bekommt.

Wir wollen drittens natürlich die schutzwürdigen Interessen Dritter wahren. Soweit also gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten betroffen sind, sind keine Angaben zu machen. Rechtsanwälte müssen also keine Einzelheiten aus dem Mandantenverhältnis preisgeben.

Die neuen Transparenzregeln sollen viertens wirksam durchgesetzt werden. Die Sanktionen sind deshalb deutlich zu verschärfen.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion legt mit dem Gesetzentwurf, der einen neuen § 27 a des Abgeordnetengesetzes vorsieht, und dem Antrag, der eine wesentlich erweiterte Anlage „Verhaltensregeln für Mitglieder des Niedersächsischen Landtages“ der Geschäftsordnung für den Niedersächsischen Landtag zum Gegenstand hat, eine zeitgemäße Transparenzregelung vor.

Trotz des bevorstehenden Endes dieser Legislaturperiode ist eine Verabschiedung - wenn Sie auf der Regierungsseite es denn wirklich wollen - auch im Dezember noch möglich. Der notwendige Aufwand für den GBD hält sich nach unserer Einschätzung in Grenzen. Es kommt nun - und wohl auch nur - auf Ihren politischen Willen an. Wir sind bereit. Der Ball liegt auf Ihrer Spielfeldseite. Wollen Sie wieder akribisch nach allen möglich erscheinenden Bedenken suchen, um die notwendige Transparenz zu verhindern? Wollen Sie möglicherweise auf Diskontinuität setzen? Oder haben Sie nun endlich einmal die Kraft, den Menschen in unserem Land, der Öffentlichkeit ein transparentes Bild Ihrer Nebeneinkünfte zu geben, wie wir es schon lange tun?

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich, liebe CDU und liebe FDP, an Ihrem Verhalten im Fall Steinbrück messen lassen, von dem Sie medienwirksam vollständige Transparenz erwartet und dies jeden Tag lautstark verkündet haben, dann stelle ich fest: Peer Steinbrück hat Ihnen die entsprechenden Daten geliefert. Sie haben das bekommen, was Sie selbst verlangt haben: vollständige Transparenz. - Jetzt kann es nur darum gehen, dass Sie dem, was Sie von anderen fordern, auch selbst gerecht werden und unseren Gesetzentwurf und unseren Antrag

durchgehen lassen. Ich bin gespannt. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Ich hoffe, dass wir dazu kommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun der Kollege Adler.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was in diesem Antrag gefordert wird, hat unsere Fraktion schon von Beginn dieser Legislaturperiode an freiwillig realisiert. Der Grundgedanke des Gesetzentwurfs ist aber dennoch richtig. In der Begründung heißt es:

„Transparenzregelungen für die Einkünfte der Abgeordneten sind wichtig, damit sich jeder ein Urteil darüber bilden kann, ob Abgeordnete möglicherweise von Dritten finanziell abhängig sind, und erkennbar ist, wo Interessenverflechtungen bestehen.“

Nun haben Sie den Namen Steinbrück selbst erwähnt. Mir liegt hier die Liste über all die Vorträge vor, für die er Geld bekommen hat. Unter anderem hat er am 24. November 2010 15 000 Euro dafür erhalten, dass er einen Vortrag anlässlich der Jubiläumsveranstaltung des Forums für Automatenunternehmer in Europa gehalten hat. Immerhin 15 000 Euro. Auf der Homepage dieses Forums heißt es:

„Das FORUM … hat die Aufgabe, die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Branche zu wahren und zu fördern. Als Wirtschafts- und Berufsverband erfüllt das FORUM eine wichtige Koordinierungsfunktion für die Meinungs- und Willensbildung in Grundsatzfragen …“

Wenn jemand so etwas macht und wir anschließend über den Glücksspielstaatsvertrag oder darüber reden, wie die Gewerbeordnung mit Blick auf die Glücksspielautomaten zu regeln ist, dann ist es wichtig zu wissen, wer dafür bereits 15 000 Euro kassiert hat.

Ich möchte Ihnen nur noch eines sagen: Der von Ihnen vorgelegte Entwurf einer Anlage zur Geschäftsordnung enthält an einer Stelle eine Schwäche. Dort heißt es, dass die Ausführungsbestimmungen der Präsident machen soll. Das finden wir nicht gut. Meines Erachtens brauchen wir hier eine klare Regelung. Das kann nur auf Gesetzesebene oder auf der Ebene der Geschäftsordnung geschehen, wie das auch in anderen Bundesländern üblich ist. Ich nenne beispielhaft nur die Regelungen des Bundeslandes Berlin, nach der Honorare bis 2 000 Euro pro Jahr Bagatellbeträge sind. So etwas kann man nicht dem Präsidenten überlassen, sondern dies muss man in der Geschäftsordnung selbst regeln. Das können wir aber noch ein bisschen fein nachsteuern.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt hat das Wort der Kollege Nacke von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute, Herr Kollege Haase, diskutieren wir ja nicht zum ersten Mal in diesem Haus über die Transparenzregeln. Die allermeisten hier werden sich daran erinnern, dass wir diese Frage letztmalig angesprochen haben, als sich die Kollegen Viereck und Wendhausen seinerzeit, als sie noch diesem Hause angehört haben, die Taschen ohne jede Gegenleistung ziemlich vollgemacht haben und dann erhebliche Beträge zurückzahlen mussten.

(Zustimmung bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Moment! Moment! Moment! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Ja, ja, die hatten Verträge und haben keine Gegenleistung gebracht, dafür aber ganz erhebliche finanzielle Mittel bekommen. Alles illegal, wie Sie wissen. Wir haben über diese Fragen sehr intensiv gesprochen.

(Johanne Modder [SPD]: Sie müssen den Sachverhalt einmal nachlesen, Herr Nacke!)

Das waren Viereck und Wendhausen. Jetzt haben wir den Fall Steinbrück. Sie haben ihn selbst angesprochen.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist doch kein Fall! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Natürlich ist das ein Fall! Ihr Fall! - Zurufe von der SPD)

Herr Nacke, warten Sie einen Moment.

Ich finde, Herr Kollege Haase, dass man das nicht so ohne Weiteres miteinander vergleichen kann. Ich glaube, Sie irren, wenn Sie hier darstellen, dass die Fragen, die sich rund um Ihren designierten Kanzlerkandidaten Steinbrück ranken, Fragen der Transparenzregeln sind. Ich glaube eher, dass das Problem darin liegt, dass die Menschen nicht verstehen, dass jemand für zwei Abende, für zwei Reden das Jahresgehalt derer bekommt, die er angeblich vertritt, und dass das funktionieren soll. Ich glaube, die Menschen verstehen nicht, dass dies möglich sein soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Leute würden sich für die Reden von Herrn Steinbrück ja nicht interessieren, wenn er nicht vorher Finanzminister gewesen wäre. Die Leute interessieren sich für seine Reden, weil er bekannt ist.

(Johanne Modder [SPD]: Weil er ein absoluter Fachmann ist, Herr Nacke! Absolut! Habt ihr bei euch schon ein- mal nachgeguckt, wer welche Vorträ- ge hält und wie er dafür bezahlt wird?)

Herr Nacke, entschuldigen Sie. - Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Borngräber?

Herr Kollege Nacke, vielen herzlichen Dank. - Sind Sie mit mir darin einig, dass Sie den Fall von Peer Steinbrück heranziehen wollen, um einen gewissen Eindruck zu erwecken, und stimmen Sie mir außerdem darin zu, dass sich bei wikipedia.de in der Liste der besonderen Abgeordnetenbezüge unter den ersten zehn Abgeordneten im Deutschen Bundestag neun Abgeordnete der CDUFraktion befinden?

(Beifall bei der SPD - Detlef Tanke [SPD]: Zweimal ja!)

Herr Kollege Nacke!

Ich wollte ja gerade etwas zum Fall Steinbrück sagen. Sie brauchen Wikipedia gar nicht zu bemühen; denn diese Liste ist überall veröffentlicht worden und ist bekannt. Sie war ja auch in der BildZeitung noch einmal abgedruckt. Dazu sage ich gleich noch etwas.

(Detlef Tanke [SPD]: Zweimal ja!)

Es geht darum, dass man nicht nachvollziehen kann, dass man das Jahresgehalt mit zwei Reden erzielen kann. Man kann nicht nachvollziehen, dass jemand sein altes Leben zu Geld machen will und dann selbst zum Millionär wird. In diesem Zusammenhang fallen einem eben die Namen Fischer, Schröder, Lafontaine und jetzt auch Steinbrück ein. Er hält 89 bezahlte Reden überall im Land, kommt aber seinem Mandat nicht nach. Er hält im Bundestag nur fünf Reden und macht sich selbst zum Millionär. Solchen Leuten glaubt man dann eben nicht. Man kann nicht einen aggressiven Antibankenwahlkampf führen und gleichzeitig von den Banken ein Honorar kassieren.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Wissen Sie, was er da erzählt hat? - Zuruf von Johanne Modder [SPD])

Meine Damen und Herren, wir haben keine Fragestunde. Wenn Sie Herrn Nacke immer Fragen stellen, dann kann man ihn nicht mehr hören, und auch Ihre Fragen versteht man nicht. Wenn Sie weiterhin Fragen stellen wollen, dann unterbreche ich die Sitzung so lange. Dann können Sie mit Herrn Nacke reden, und wir machen nach einer Viertelstunde weiter. Soll das so sein, oder soll er reden? - Herr Nacke, Sie haben das Wort, bitte.

Man kann auch nicht, wie der Parteivorsitzende der SPD beispielsweise am 21. Oktober 2012, den Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei Strompreisen fordern und gleichzeitig von Stadtwerken ein Honorar in erheblicher Höhe erhalten, das dann nicht gespendet wird.

(Johanne Modder [SPD]: Alles wider- legt!)

Die Süddeutsche Zeitung - Sie haben das gerade angesprochen, Herr Kollege Haase - hat das unter der Überschrift „Peer Steinbrück und die Nebeneinkünfte - die SPD hat sich verheddert“ am

5. November 2012 deutlich gemacht. Jetzt wird nämlich auf einmal, nachdem das jahrelang abgelehnt worden ist, Transparenz auf Euro und Cent gefordert. Sie haben dies gerade hier wiederholt und auch letzte Woche in Ihrer Pressemitteilung geschrieben.