Protocol of the Session on November 7, 2012

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Auch in Europa zeigt sich wie im Bundestag und hier im Niedersächsischen Landtag, dass der Mix aus Liberalen und Konservativen alles andere als der Vereinbarkeit von Familie und Beruf förderlich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schlimmer noch, sie versuchen sogar, die emanzipatorische Uhr mit ihren Beschlüssen zurückzudrehen.

Einen letzten Satz!

Das im Koalitionsgezänk ausgehandelte Betreuungsgeld ist der offensichtliche Beweis dafür.

Meine Damen und Herren, die Grüne-Landtagsfraktion wird zustimmen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Twesten. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Groskurt das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal ist es begrüßenswert, eine Verlängerung der Mutterschutzzeit auch auf Landesebene in die Diskussion zu bringen. Die Länder haben über den Bundesrat erhebliche Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der Beschlüsse der Bundesregierung. Diese Möglichkeiten sollte auch Niedersachsen wahrnehmen. Hier kann gar nicht oft genug an die Landesregierung appelliert werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Im Europäischen Parlament wird das Thema von einem Jahr auf das nächste geschoben, sodass es

auch aus der Sicht der SPD angebracht ist, auf einen europäischen Konsens hinzuwirken.

Die SPD sieht allerdings die Forderungen im Antrag der Fraktion DIE LINKE mit etwas Zurückhaltung. Denn eine EU-weite einheitliche Mutterschutzzeit ist aus deutscher Sicht sehr sensibel zu bearbeiten. Es ist nicht so, dass alle anderen EULänder bessere Bedingungen für Mütter und Väter haben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber fast alle!)

Zu den einzelnen Forderungen des Antrags:

Zu Buchstabe a: Verlängerung der Schutzzeit auf 20 Wochen bei vollem Lohnausgleich. - Rein rechnerisch steht Deutschland mit der Mutterschutzzeit von 14 Wochen zwar mit am Ende der Skala in Europa. Aber die in manchen anderen europäischen Ländern geltenden Mutterschutzzeiten - in Irland z. B. von bis zu 42 Wochen - können nicht in direkten Vergleich gebracht werden. Zum einen ist die prozentuale Höhe der Gehaltsfortzahlung unterschiedlich - Frau Flauger, Sie haben das eben schon erwähnt - und variiert zwischen 55 und 100 % des vor der Geburt erzielten Bruttogehaltes. Zum anderen gibt es in der Bundesrepublik im Anschluss an die Mutterschutzzeit das Elterngeld. Das haben Sie zwar nicht in diesen Zusammenhang gebracht, aber es ist so. Das Elterngeld wird von 98 % der Eltern in Anspruch genommen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das hat aber nichts mit Mutterschutz zu tun! - Gegenruf von der Norbert Böhlke [CDU]: Doch!)

- Es hat nicht direkt etwas mit Mutterschutz, aber mit der Finanzierung des Kindes zu tun, und es stellt den Eltern frei, zu entscheiden, wie sie das Kind erziehen und wie sie die Zeiten außerhalb der beruflichen Tätigkeit gestalten wollen.

Es gibt also in Europa eine ziemliche Spreizung der Maßnahmen, die die einzelnen Länder ergriffen haben, um zum einen den Mutterschutz zu gewährleisten und zum anderen Frauen und Männern die Gelegenheit zu geben, sich auch über den Mutterschutz hinaus gemeinsam der Erziehung der Kinder zu widmen. Ein Vergleich ist daher aus unserer Sicht schwierig.

Zu Buchstabe b: Recht auf Vaterschaftsurlaub von mindestens zwei Wochen in der Zeit des Mutterschutzes bei vollem Lohnausgleich. - Nach meinen Recherchen kann der Vater nach dem Bundesel

terngeld- und Elternzeitgesetz Vätermonate nehmen, wann er möchte, also auch gleich nach der Geburt. Deshalb ist dieser Punkt nicht so dringend zu diskutieren.

Zu Buchstabe c: unverzügliche Umsetzung der EU-Richtlinien bezüglich einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. - Sie haben dieses Thema zu Recht aufgegriffen. Es wird aus dem Bereich der Selbstständigen und des Handwerks immer wieder angesprochen. Allerdings sind die von Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, angesprochenen EU-Richtlinien nahe an den Regelungen im BEEG. In Deutschland können selbstständig erwerbstätige Mütter 14 Wochen lang Mutterschutzleistungen in Anspruch nehmen, deren Höhe sich nach der Einkommensteuererklärung berechnet. Etwas anderes fordern die EU-Richtlinien auch nicht; dort sind auch nur 14 Wochen gefordert.

Zu Buchstabe d: Schaffung von gesetzlichen Neuregelungen mit dem Ziel, Bildungs- und Berufsabschlüsse nicht zu gefährden. - Dieser Forderung kann die SPD grundsätzlich zustimmen. Uns ist aber wichtig, dass es auch zukünftig einen erweiterten Schutz für Schwangere geben muss. Gerade in den von Ihnen genannten Gesundheitsberufen sehen wir die Notwendigkeit gegeben. Dieser besondere Schutz soll gerade Frauen in Gesundheitsberufen z. B. vor Ansteckungsgefahren und vor schwerer körperlicher Arbeit schützen und ihnen zusätzliche Pausen garantieren. Die Frauen sollten aber unserer Meinung nach eigene Entscheidungsmöglichkeiten haben, inwieweit sie den Schutz in Anspruch nehmen wollen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, bei allem Aber sind wir der Meinung, dass es gut und richtig ist, die Diskussion über Mutterschutz, Elternzeit, Väterzeit fortzusetzen. Da die SPD von Ihren Forderungen nicht insgesamt überzeugt ist, werden wir uns allerdings zu Ihrem Antrag enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Groskurt. - Nun hat für die CDU-Fraktion Herr Böhlke das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag soll das Landesparlament seine Hand dafür heben, dass die gesetzlichen Regelungen zum Mutterschutz auf Bundesebene verändert werden, konkret bezogen auf eine Schutzzeit von 20 Wochen bei vollem Lohnausgleich. Gleichzeitig wird ein Recht auf einen Vaterschaftsurlaub von mindestens zwei Wochen während der Zeit des Mutterschutzes bei vollem Lohnausgleich gefordert.

Meine Damen und Herren, sollten wir diesem Antrag mehrheitlich zustimmen, hätte das zur Folge, dass auf Bundesebene 1,3 Milliarden Euro - so die Schätzung des Antragstellers - zusätzlich zur Verfügung zu stellen wären. Ich gehe nach grober Kalkulation davon aus, dass die Kosten sogar noch höher wären. Neben des sozialpolitischen und den gesundheitlichen Aspekten muss man auch diesen Aspekt durchaus berücksichtigen und bewerten. Deshalb ist dieser Antrag nicht positiv zu bewerten.

Diese gewaltige Summe relativiert der Antragsteller mit dem Hinweis, dass die Bundesrepublik Deutschland als eines der reichsten Länder der EU zum Motor beim Ausbau sozialer Standards in Europa werden solle.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja!)

Wir haben eine Übersicht bekommen hinsichtlich der Regelungen in den einzelnen EU-Ländern. Erzählen Sie das einmal den Griechen in der Situation, in der sie sich jetzt befinden! Dann würde sie noch ganz andere Töne und ganz andere Ausführungen der Kritik erfahren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Herr Böhlke, was ist das denn für ein Ar- gument? Wenn Sie in Griechenland alles abbauen wollen, kann das doch wohl nicht der Maßstab sein! Das ist in Griechenland schon falsch!)

- Das kann sehr wohl der Maßstab sein. Gerade die Linke macht in der internationalen Bewertung dieser Situation immer wieder deutlich, dass all die Dinge, die dort zur Disposition stehen, möglichst nicht oder nur begrenzt angetastet werden sollen. Wir als Bundesrepublik Deutschland tragen dafür Sorge, dass Schutzschirme auch für die Griechen entstehen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ma- chen Schutzschirme für Banken, lei- der keine Schutzschirme für Griechen! Die Griechen haben davon herzlich wenig!)

Gleichzeitig wollen Sie als Motor der EU noch einmal 1,3 Milliarden EU zusätzlich für diesen Bereich ausgeben. Das halten wir für sehr bedenklich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In unseren Augen ist dieser heute, 75 Tage vor der niedersächsischen Landtagswahl, zur Abstimmung stehende Antrag ausschließlich auf das politische Überleben der Fraktion DIE LINKE im Landtag ausgerichtet. Es wird Sie deshalb keinesfalls wundern, dass wir diesem Antrag aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen werden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ma- chen Sie schon fünf Jahre lang nicht!)

Es gibt sehr wohl gute Gründe, die in der Ausschussberatung zum Tragen gekommen sind, warum wir diesen Antrag nicht positiv bewerten. Deutlich herausgearbeitet wurde beispielsweise, dass sich zum Richtlinienverfahren bereits im Jahr 2008 der Bundesrat mit Änderungsvorschlägen zur Mutterschutzrichtlinie befasst hat. Dabei ging es nicht nur um die Forderung 20 Wochen, sondern bereits da waren 18 Wochen im Mittelpunkt der Thematik. Es hat sich herausgestellt, dass der Bundesrat in damaliger Zusammensetzung die Kernforderungen, die dort formuliert worden waren, inhaltlich nicht mittragen wollte. Von daher haben wir eine Situation, die deutlich macht, dass wir hier auch im Vergleich zur Situation der Familien, der jungen Frauen, der jungen Mütter in Europa durchaus, wenn man das Ganze in einem etwas größeren Kontext sieht, eine positive Situation haben. Denn letztlich geht es ja nicht nur darum, dass die Schutzfristen - sechs Wochen vor der Geburt, acht Wochen nach der Geburt - zu berücksichtigen sind, sondern beispielsweise auch die Elternzeit, die man sehr wohl in einem Zusammenhang mit diesen Fristen sehen kann.

(Glocke der Präsidentin)

Da wird eben deutlich, dass wir auch vor dem Hintergrund der finanziellen Leistung, die wir jungen Müttern und jungen Familien im Rahmen der Elternzeit dann zur Verfügung stellen, hier einiges auf den Weg bringen, meine Damen und Herren.

Ich denke, inhaltlich haben wir diesen Antrag sehr ausführlich bewertet, betrachtet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass er nicht unterstützenswert ist.

Wir sind trotzdem ein sozialer Motor in Europa. Wir werden trotzdem unsere gute Europapolitik in diesem Sinne fortsetzen. Aber ein solcher Antrag ist für uns heute nicht tragfähig, und deshalb werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Böhlke. - Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Riese von der FDP-Fraktion. Bitte!

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die meisten Vorrednerinnen und Vorredner haben ausgeführt, dass die Situation des Mutterschutzes, wenn man sich im europäischen Vergleich umschaut, sehr vielfältig ist und dass die Kombination der Leistungen, die wir zum Schutz der Mütter, aber auch zur Förderung der Elternschaft in Deutschland haben, in dieser Form tatsächlich unerreicht und unvergleichbar in Europa ist.

Da dieser Antrag im Wesentlichen auf eine Gesetzesinitiative richtet, die auf Bundesebene durchzusetzen wäre, empfehle ich den Antragstellern gemeinsam mit allen Vorrednern, die sich in der Hinsicht geäußert haben, einen entsprechenden Antrag im Deutschen Bundestag zu stellen. Dem Niedersächsischen Landtag empfehle ich, den Antrag deshalb, weil die Gegenstände nicht gut zusammenpassen, wie sie hier kurz und schnell geschrieben dargestellt wurden, abzulehnen.

(Beifall bei der FDP)