Protokoll der Sitzung vom 07.11.2012

Von daher sehen wir an dieser Stelle keine Verbesserung für die eigentlichen Probleme im Land. Das bleibt dann einer neuen Landesregierung ab dem 21. Januar vorbehalten. Von daher werden wir uns auch weiterhin enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich komme zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei Enthaltungen so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Abschließende Beratung: Pferdeland Niedersachsen - Ein schönes Erlebnis für Reiterinnen und Reiter - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/5039 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/5256

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen darüber einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch und lasse daher sofort abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/5039 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Abschließende Beratung: Zustimmung des Landtages zu einem Grundstücksgeschäft gemäß Artikel 63 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 NV; Veräußerung des Baugebietes Sonnenberg im Flecken Bovenden (Landkreis Göt- tingen) durch die Klosterkammer Hannover an die Niedersächsische Landgesellschaft mbH - Antrag der Landesregierung - Drs. 16/5281 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/5339

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, die Einwilligung zur Veräußerung zu erteilen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch und lasse daher gleich darüber abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und die von der Landesregierung beantragte Einwilligung zur Veräußerung erteilen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen haben Sie so beschlossen.

Meine Damen und Herren, nun müsste ich eigentlich Tagesordnungspunkt 22 aufrufen. Dieser ist jedoch zurückgezogen worden.

Damit sind wir bereits bei Tagesordnungspunkt 23:

Erste Beratung: Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5333

Frau Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich hierzu zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Asylbewerberleistungsgesetz ist eines von mehreren Sondergesetzen, denen Schutzsuchende und Flüchtlinge in Deutschland unterliegen. Seit über 20 Jahren - das ist auch vielen Politikern auf der rechten Seite bekannt - entwickeln diese Menschen in Deutschland und damit auch in Niedersachsen Überlebensstrategien, weil sie unter dem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum leben müssen.

Es ist schlimm genug, dass das Bundesverfassungsgericht Ihnen zum wiederholten Male - letztmalig im Juli - ins Stammbuch schreiben musste, dass Sie seit 20 Jahren das Grundgesetz missachten. Es ist unfassbar, dass Sie diesen Menschen unter diesen Umständen allzu oft fehlenden Integrationswillen vorwerfen.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist eine Schande für Deutschland. Es sind nicht die Menschen - das Asylbewerberleistungsgesetz, dieses

Sondergesetz, meine Damen und Herren, gehört abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Gegen diese staatliche Ausgrenzung und Diskriminierung wehren sich die Betroffenen seit Langem, seit einigen Monaten verstärkt mit verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Flüchtlinge demonstrieren am Brandenburger Tor in Verbindung mit einem Hungerstreik, um ihrer Forderung nach Abschaffung der Residenzpflicht, des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Arbeitsverbotes und des Sachleistungsprinzips sowie ihrer Forderung nach einer fairen und zügigen Bearbeitung ihrer Asylanträge Nachdruck zu verleihen.

(Unruhe)

Frau Kollegin, bitte warten Sie einen Moment! - Meine Damen und Herren, hier im Plenarsaal gibt es ein großes Gemurmel. Es wäre schön, wenn wir Frau Polat verstehen könnten.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Am 1. November versammelten sich in Magdeburg Hungerstreikende sowie Unterstützerinnen und Unterstützer, um ihre Solidarität mit den Flüchtlingen in Berlin zu zeigen. Meine Damen und Herren, für den 1. Dezember wird als Teil der bundesweiten Proteste zu einer Demonstration in Hannover aufgerufen. Diese und zahlreiche weitere Aktionen zeigen die Tragweite der Proteste und die Not der Flüchtlinge.

Auf der anderen Seite stehen die NPD und andere Rechtsextremisten, die derzeit gegen die Flüchtlinge Stimmung machen und versuchen, diese und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer einzuschüchtern. Sie wittern ihre Chance, aus dieser Entwicklung politischen Profit zu schlagen und in der Bevölkerung Fremdenhass und Angst vor den Flüchtlingen und vor weiterer Zuwanderung zu schüren. In Friedland erleben wir aktuell eine Aktion der NPD. Dort wird ein Flugblatt verteilt. Dem sollten wir gemeinsam entschieden entgegentreten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die bahnbrechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli dieses Jahres sollten Sie endlich ernst nehmen, Herr Minister Schünemann. Das Urteil hat

Die Menschenwürde kann nicht migrationspolitisch relativiert werden, meine Damen und Herren.

Auch weil das teure und entwürdigende Sachleistungsprinzip im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt ist, fordern wir Grünen die vollständige Abschaffung dieses Gesetzes und die Unterstützung der hierauf gerichteten Bundesratsinitiativen der Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg, SchleswigHolstein und inzwischen auch Bremen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt hat für die SPDFraktion Frau Dr. Lesemann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Seit seinem Inkrafttreten 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz aus menschenrechtlicher Perspektive fortwährend kritisiert. Auch die Kirchen haben es kritisiert. Spätestens aber mit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom Juli dieses Jahres wird dieses Gesetz vollends infrage gestellt; denn die bis Sommer 2012 fast 20 Jahre lang unverändert geltende Höhe der Leistungen - ca. 60 % des Sozialhilfesatzes - für Asylbewerber wurde zu Recht als verfassungswidrig erkannt.

Meine Damen und Herren, der Spruch aus Karlsruhe war notwendig und auch überfällig. Die finanziellen Leistungen sind das eine. Darüber hinaus hat das Karlsruher Urteil etwas ganz Zentrales klargestellt: Flüchtlinge sind keine halben Menschen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Auch für Flüchtlinge gilt: Die Menschenwürde ist unteilbar. Sie lässt sich nicht aus migrationspolitischem Kalkül heraus relativieren. Im Kern besagt das Urteil Folgendes: Das Existenzminimum ist für alle Menschen gleich, egal, ob Deutscher, Migrant

oder Flüchtling. Menschenwürde und Existenzminimum dürfen nicht von der Staatsangehörigkeit abhängig gemacht werden. Asylbewerber und Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse. Die Diskriminierung dieser Menschen muss beendet werden.

(Beifall bei der SPD)

Bis 1993 erhielten Asylbewerber Sozialhilfe. Im Zuge der Das-Boot-ist-voll-Debatte wurde ein Sondergesetz für Flüchtlinge geschaffen. Die Regelung wurde auf andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht ausgeweitet, also auf Kriegsflüchtlinge oder auf Menschen, deren Staatsangehörigkeit nicht geklärt werden kann. Soziale Ausgrenzung mit dem Ziel der Abschreckung ist eines Sozialstaats wie der Bundesrepublik unwürdig. Diesen Überlegungen liegt nämlich eine perfide Logik zugrunde: Sie unterstellt, Menschen kämen in erster Linie aufgrund attraktiver Sozialleistungen zu uns. Diese Logik leugnet die wahren Gründe und versucht, mit dem Asylbewerberleistungsgesetz Migrationspolitik zu machen. Meine Damen und Herren, das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Angesichts der in den letzten Monaten wieder ansteigenden Flüchtlingszahlen flammt auch diese Debatte wieder auf. Manche fordern sogar eine Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hat aber unmissverständlich klargestellt, dass Leistungen für Asylsuchende kein Mittel sein dürfen, um Außenpolitik zu gestalten bzw. um die Einreise von Asylsuchenden zu verhindern.

Im Bereich der Flüchtlingspolitik muss das Ziel vielmehr lauten, die Situation der Asylsuchenden in den Herkunftsländern zu verbessern, damit sie dort eine Lebensperspektive haben.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört auf der Ebene der EU z. B. die Verbesserung der Lebensverhältnisse für Angehörige der Minderheit der Roma in Serbien und Mazedonien; denn diese Gruppe bildet einen wesentlichen Teil der Armutszuwanderung. Sie sind in den Herkunftsländern nicht nur Diskriminierungen ausgesetzt, sondern auch beim Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeitsmarkt sowie Sozialleistungen benachteiligt.