Der SPD in Deutschland ist sehr bewusst, dass sie selbst auch noch nicht alle ihre Fehler bereinigt hat. Ich möchte nur einmal an das Schiff erinnern, das schon zweimal erwähnt wurde, an die „MS Princess Daphne“. Wir werden uns einmal genau anschauen, ob es vielleicht auch dort Lohndumping gibt. Warum haben Sie die in Madeira ange
meldet? Warum werden dort keine Sozialbeiträge abgeführt? All das ist genau zu hinterfragen. Wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit den Steinen schmeißen.
Meine Damen und Herren von der SPD, wir werden uns einmal genau anschauen, wie Ihre Beteiligungen über die DDVG und über den MadsackVerlag mit dem Thema Werkverträge umgehen.
„Personalabbau, tariflose Ausgliederung und allgemeine Tarifflucht sind quer durch die Gesellschaften von Madsack zu finden. Madsack ist ein Teil der SPD-Holding der DDVG.“
Herzlichen Dank. - Nun erteile ich das Wort Herrn Minister Bode für die Landesregierung. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Fraktion DIE LINKE, mit Ihrem Antrag haben Sie eine große Leistung vollbracht. Sie haben ihn fast wörtlich aus dem Antrag Ihrer Genossen im Deutschen Bundestag abgeschrieben. Dort ist im April ein in wesentlichen Passagen wortgleicher Antrag eingebracht worden.
Interessant ist übrigens, was mit Ihrem Antrag passiert ist. Im zuständigen Ausschuss ist er mit einer breiten Mehrheit - übrigens auch mit den Stimmen der SPD - abgelehnt worden. Im Deutschen Bundestag selbst hat sich die SPD dann sehr stark positioniert und sich mutig enthalten. Von daher: So viele neue Aspekte wird es zu diesem Punkt nicht mehr gegeben haben.
Die von Ihnen durchaus zu Recht kritisierte Praxis der Unterbietung der Mindestlöhne in der Zeitarbeitsbranche durch Nutzung von Scheinwerkverträgen ist natürlich zu kritisieren. Man muss hiergegen vorgehen.
Zu der Frage, ob es hierzu zusätzlicher Regelungen gesetzlicher Art bedarf, sagt die Landesregierung eindeutig: Derzeit ist nicht zu erkennen, dass hier ein Regelungsbedarf besteht; denn erstens gibt es für Ihre Annahme bzw. Ihre Unterstellung, dass Unternehmen und Betriebe das Instrument Werkvertrag über Einzelfälle hinaus zunehmend und systematisch missbrauchen, keine ausreichenden empirischen Belege.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat im Deutschen Bundestag - danach hat sich die SPD ja auch nicht mehr diesem Antrag angeschlossen - sogar deutlich dargestellt, dass auf Basis der vorliegenden Analysen nicht einmal Hinweise auf einen deutlichen Anstieg individueller Werkverträge aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen in der Zeitarbeit zu erkennen seien.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was Sie hier dargestellt haben, dass es nämlich eine systematische Ausweitung gibt, ist zunächst einmal nur eine reine Vermutung bzw. Behauptung Ihrerseits.
Bewertungen und Erkenntnisse können immer nur das Ergebnis einer umfassenden Prüfung des Einzelfalls oder der Einzelfälle sein.
(Olaf Lies [SPD]: Da war doch schon Herr Rickert in seinen Ausführungen weiter als Sie! - Christian Meyer [GRÜNE]: Sie leugnen die Realität!)
Dies erfolgt durch die zuständigen Behörden der Zollverwaltung, die aufgrund der Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes hierzu befugt sind. Erst nach Abschluss eines entsprechenden Verfahrens kann ein Missbrauch auch als solcher bezeichnet werden. So ist das nämlich in einem Rechtsstaat. Nicht eine Behauptung setzt etwas fest, sondern ein rechtsstaatliches Verfahren.
Es wird noch schlimmer, wenn man sich den Antrag ansieht und in der Begründung liest, was Sie mit den aus Ihrer Sicht rechtmäßigen Werkverträgen vorhaben. In Ihrer Begründung sagen Sie, dass rechtmäßige Werkverträge künftig kategorisiert werden sollen - in gute und in schlechte. Gute sind gelegentlich kurzfristige für Reparaturen genutzte Werkverträge, schlechte sind die anderen. Wer als Auftraggeber einen schlechten Werkvertrag nutzt, der soll zunächst einmal selbstschuldnerisch dafür haften, dass alle Arbeitnehmer des Werkunternehmens für die vergleichbare Arbeit den gleichen Lohn wie die Arbeitnehmer in seinem Unternehmen bekommen.
Woher er das alles wissen soll, wenn er persönlich dafür haftet, erschließt sich mir jedenfalls nicht. Woher ein Anbieter die empirischen Daten über die genauen Strukturen in dem anderen Unternehmen haben will - auch das erschließt sich mir nicht. Das heißt: Das, was Sie sich als Weiterentwicklung vorstellen, hat mit der Realität auch in einer globalisierten Welt nichts zu tun.
Es ist vielmehr ein Generalangriff auf Werkverträge, und Sie wollen die grundsätzliche Freiheit des Unternehmens, selbst darüber zu entscheiden, ob es Werkleistungen durch eigene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder aber im Rahmen von Werkverträgen durch andere Unternehmer erbringen lassen möchte, einfach missachten.
Es liegt in der unternehmerischen Freiheit, darüber zu entscheiden, ob eine Leistung selbst erbracht oder aber zugekauft werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, legale Gestaltungsmöglichkeiten für die Entscheidung darüber, wie man ein Unternehmen führt, muss es auch in Zukunft geben. Missbrauch muss man energisch und hart bekämpfen.
Herzlichen Dank, Herr Minister Bode. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE um zusätzliche Redezeit gebeten. Eine Minute. Bitte schön!
Danke. - Frau Präsidentin! Herr Minister Bode, wir haben von Ihnen schon viel darüber gehört, welche Meinung Sie zu den Arbeitsbedingungen hier in Niedersachsen haben. Das, was Sie heute gesagt haben, schlägt aber wirklich dem Fass den Boden aus. Das hätte ich selbst von Ihnen nicht erwartet.
Sie sagen, wir würden die unternehmerische Freiheit einschränken. Wir möchten ganz einfach, dass Menschen unter vernünftigen Bedingungen arbeiten. Wir möchten aber nicht, dass Unternehmen die Möglichkeit bekommen, Arbeit nach draußen zu vergeben, sodass dann sozusagen unter sklavenähnlichen Bedingungen gearbeitet wird. Es geht hier nicht um Einzelbeispiele, wie Sie gesagt haben.
Wir werden im Ausschuss ganz viele Beispiele dafür auflisten, wie in Niedersachsen bereits gearbeitet wird. Da muss es gesetzliche Regelungen geben.
Sie haben viel aus unserer Antragsbegründung zitiert. Jetzt möchte aber auch ich noch mal einen Satz zitieren. Unternehmensberater wie die Firma Hüsch & Partner in Köln - das ist nur eine Unternehmensberaterfirma - führen Personalkostenbenchmarks durch und rechnen den Unternehmen
vor, welche Verschwendungsbeiträge in Millionenhöhe sie für inadäquate Entgelte immer noch an ihre Stammbelegschaften bezahlen.
Ja, einen letzten Satz. - Diese und andere Unternehmensberatungsgesellschaften sagen den Unternehmen, wie sie Lohndrückerei und Sklavenarbeit einführen können. Das wollen wir mit unserem Antrag verhindern. Wir wollen, dass es dafür gesetzliche Regelungen gibt.