Die Bundesregierung kann keine verlässlichen Aussagen über das Ausmaß des Missbrauchs von Werkverträgen machen. Aussagen über einen erheblichen Missbrauch, vor allem in Schlachthöfen und anderen Zweigen der Ernährungsindustrie, liefern aber Umfragen von DGB, Gewerkschaften und Betriebsräten. Näheres dazu enthält unser Antrag, den ich aus Zeitgründen hier nicht ausführlich darstellen kann. Darüber können wir dann im Ausschuss diskutieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich fasse die Forderungen des Antrags aus Zeitgründen jetzt nur kurz zusammen: Die Landesregierung soll gegenüber der Bundesebene zur Eindämmung des Missbrauchs von Werkverträgen vor allem in folgenden Richtungen tätig werden: Ers
tens soll eine statistische Erhebung von verlässlichen Daten über das Ausmaß von Werkverträgen und den Umfang des Missbrauchs von Werkverträgen auf den Weg gebracht werden. Zweitens soll das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zur Regel gemacht werden, wenn es sich um eine Ausgliederung von Werkarbeit handelt.
Alles Weitere müssen wir im Ausschuss diskutieren, weil meine Redezeit abgelaufen ist. Ich hoffe, wir werden eine konstruktive Diskussion dazu führen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jahrelange scharfe Proteste der Oppositionsparteien und der Gewerkschaften haben dafür gesorgt, dass die übelsten Formen des Lohndumpings und der Leiharbeit heute etwas besser bekämpft werden können. Es gibt inzwischen Branchenzuschläge und Übernahmegarantien.
Darum verlagert sich die Problematik zunehmend in den Bereich der Werkvertragsarbeit. Darum müssen wir Ihnen heute erneut die Leviten lesen. Das brauchen Sie; denn sonst ändert sich nämlich gar nichts, meine Damen und Herren.
Ich habe zuerst die Bitte an Sie: Tun Sie diesmal etwas für die Diskussion im Ausschuss, machen Sie sich mal ein bisschen fit! Sprechen Sie ausnahmsweise mal mit den Spezialisten, mit den Handwerkern von den Kreishandwerkerschaften - Herr Bley, Sie sind ja Präsident des Handwerkstages -, mit den Gewerkschaften, mit den Hauptzollämtern, mit den Leuten von der FKS. Denn die erklären Ihnen gerne und eindrucksvoll, was tatsächlich abgeht: Outsourcing ganzer Betriebsteile, Fremdvergabe zu Niedriglöhnen, Arbeitnehmer ohne Mitbestimmungsrechte, ohne Tarifverträge, ohne Arbeitsschutz - und das alles unter dem Deckmantel von Werkverträgen, Herr Kollege Bley.
Wir brauchen endlich Taten. Es müssen Regeln her, die den Missbrauch verhindern helfen. Denn wir haben es immer häufiger mit Scheinwerkver
Inzwischen werden sogar Seminare für Arbeitgeber, z. B. mit dem Titel „Chancen, den strengen arbeitsrechtlichen Regelungen der Zeitarbeit zu entfliehen“, angeboten, die ausschließlich darauf ausgerichtet sind, gesetzliche Lücken aufzuzeigen, um trickreich über Werkverträge Kostensenkung zu betreiben, meine Damen und Herren. Dort werden Wege aufgezeigt, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um viel Geld betrogen werden können, wie ihnen Rechte vorenthalten werden können.
Darauf müssen wir reagieren. Darüber darf man nicht hinweggehen. Deshalb müssen wir sofort tätig werden. Wir brauchen eine Gesetzesinitiative über den Bundesrat. Diese Forderung beinhaltet ja auch dieser Antrag.
Herr Kollege Schminke, ich darf Sie kurz unterbrechen. Der Kollege Bley möchte Ihnen eine Frage stellen.
Es gilt dabei, den Grundsatz „Equal Pay“ auch für Werkvertragsarbeitnehmer einzufordern. Wir fordern, dass sie das gleiche Geld und bei allen tariflichen und betrieblichen Sozialleistungen den gleichen Status erhalten wie die Stammbelegschaften. Das, meine Damen und Herren, ist das vorrangige Ziel.
Meine Damen und Herren, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Deshalb fordern wir auch die Durchgriffshaftung bei Subunternehmereinsatz bis auf den Generalunternehmer, sofern Tarifverstöße festgestellt werden.
Wir brauchen mehr Kontrollen, vor allem in den Problembereichen Schlachthöfe, Zerlegebetriebe - meine Kollegin von der Linken hat gerade darauf hingewiesen -, Getränkeindustrie, Molkereien, Großbäckereien, Logistikbranche, Großhandel und überall dort, wo Regale eingeräumt werden. Dort müssen wir genauer hinschauen. Die FKS ist personell unterbesetzt. Wir brauchen aber viel mehr
Keine Weisungsabhängigkeit gegenüber einem Auftraggeber, kein Anspruch auf Urlaub oder eine Absicherung bei Krankheit, kein Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, kein Lohn- oder Gehaltsanspruch, sondern Anspruch auf ein Honorar für ein Freelance-Projekt - so wird das im Internet angeboten, Herr Bley; ich habe es gerade vorgetragen. Darauf haben wir zu reagieren. Das müssen wir verhindern, und zwar alle zusammen in diesem Hause.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention auf den Kollegen Schminke hat sich der Kollege Bley gemeldet. Sie haben 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Ronald Schminke, wir können doch alle gemeinsam nur dafür sein, Missbrauch zu verhindern. Aber wenn es z. B. Missbrauch im Straßenverkehr gibt, wenn jemand die Verkehrsregeln missachtet, dann verbieten wir doch auch nicht allen das Autofahren.
Wir brauchen auch das Instrument der Zeitarbeit und der Werkverträge, die auf europäischer Ebene geregelt sind. Wir können nicht aus Niedersachsen heraus alle geltenden Regelungen aushebeln. Ich bin der Meinung, wir sollten den Missbrauch beseitigen, aber nicht das ganze Instrument der Zeitarbeit und der Werkverträge aushebeln, wenn es überall Lohnuntergrenzen gibt. Ich würde sagen, vor dem Komma muss eine Acht stehen. Dann wäre auch die Wettbewerbsverzerrung vorbei. Ich denke, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, dann bekommen wir das hin.
Herr Kollege Bley, ich finde, das war ein richtig guter Beitrag. Dem kann man eigentlich nur folgen.
Aber an den Taten werden wir Sie messen! Wir wollen ja mit Ihnen im Ausschuss über diese Bedingungen sprechen. Wir wollen den Missbrauch verhindern.
Das wollten wir auch bei der Leiharbeit. Aber wir müssen Sie treiben. Von allein passiert gar nichts. Sie kommen ja nicht aus dem Hut! Spätestens am 20. Januar ist dieses Spiel vorbei. Dann werden wir die Dinge bestimmen, das sage ich Ihnen!
Meine Damen und Herren, jetzt ist der Kollege Hagenah für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bley, ausdrücklich auch von meiner Seite herzlichen Dank für Ihren Beitrag! Er rückt die Dinge zumindest hier im Hause ein wenig zurecht.
Auch wir sind wie SPD und Linke der Meinung, dass ein dringender Regulierungsbedarf besteht. Wir wollen dabei das Kind natürlich nicht mit dem Bade ausschütten. Wir brauchen weiter die Möglichkeit des Werkvertrags, und zwar für die Bereiche der fachfremden Aufgaben mit gelegentlichem Charakter, der Vorprodukte und der spezialisierten Tätigkeiten. Aber das muss entsprechend eingegrenzt werden. Im Augenblick gibt es einen Wildwuchs.
Ich habe Ihren Worten entnommen, dass Sie auf unserer Seite sind, wenn es darum geht, das zu bekämpfen - scheinbar aber leider nur alleine oder jedenfalls in Niedersachsen allein. Denn unsere Fraktion im Bundestag hat schon vor über einem Jahr einen entsprechenden Antrag eingebracht, wie ihn jetzt die Fraktion der Linken im Niedersächsischen Landtag eingebracht hat. Leider hat
Letztendlich ist ja der Bundesgesetzgeber derjenige, der die Grenzen setzen muss. Dieser Antrag ist nur eine Initiative, die versucht, den Bundesgesetzgeber von Landesseite anzuschieben. Sie müssen erst mal Ihre Kollegen in Berlin überzeugen. Dort wird die Musik gemacht, Kollege Bley. An der Stelle, muss ich sagen, ist die CDU leider nicht einheitlich unterwegs. Wir müssen Sie dringend ersuchen, mit Ihrem ganzen Gewicht auf Bundesebene für Gehör zu sorgen.
In diesem Bereich besteht ein dringender Handlungsbedarf, weil hier entsolidarisiert wird. Durch Werkverträge werden der Kündigungsschutz, die betriebliche Mitbestimmung, die tarifliche Bezahlung und damit der soziale Schutz der Beschäftigten unterlaufen. Das müssen wir dringend beenden. Da sehe ich aber zumindest die Anfänge einer möglichen Kooperation. Das ist ja schon mal was. Hoffentlich macht das in Berlin Schule.