Protokoll der Sitzung vom 05.12.2012

In Werkverträgen - wir werden das morgen Nachmittag vielleicht noch ausführen - ist üblicherweise geregelt, dass der Werkunternehmer das unternehmerische Risiko trägt und dass der Werkauftraggeber keinerlei Disziplinarrechte gegenüber

den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat, dass er keinerlei Weisungsbefugnis bezüglich der Organisationsform hat usw.

Damit wird deutlich, dass in dem in Rede stehenden Fall gegen das Werkvertragsrecht verstoßen wird. Geschieht dies, handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung. Arbeitnehmerüberlassung ist immer dann illegal, wenn derjenige, der sie betreibt, dafür keine Genehmigung hat. Die Genehmigung dafür bekommt er aber nur dann, wenn er einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsamt gestellt und nachgewiesen hat, dass er Sozialversicherungsbeiträge zahlt. - Darin liegt im Übrigen auch das Instrumentarium, mit dem man diese Zustände unterbinden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will hier überhaupt nichts beschönigen. Aber ich habe meine Zweifel, ob man diese „Machenschaften“ in den Griff bekommt, indem man einen gesetzlichen Mindestlohn festlegt. Denn wenn ich mir die Energien, die dort wirken, anschaue, bin ich fest davon überzeugt, dass sie Mittel und Wege finden, auch das noch zu umgehen.

(Zuruf von Gerd Ludwig Will [SPD])

Insofern sind wir also aufgefordert - da sind wir nun wieder einer Meinung -, das Kontroll- und Überwachungssystem zu verbessern und auszuweiten.

Dabei möchte ich aber nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass hier ein ganzer Wirtschaftszweig im Oldenburger Münsterland unter Generalverdacht gestellt wird.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das musste ja kommen!)

Wir bestreiten nicht, dass es eine Reihe schwarzer Schafe gibt. Aber diese Region ist das Kernstück der Lebensmittelproduktion in Niedersachsen; das wissen wir alle. Auf jeder Grünen Woche rühmen wir uns der Leistungsfähigkeit unserer bäuerlichen Landwirtschaft, und auf jedem Seminar rühmen wir uns der Tatsache, dass wir gerade in dieser Region eine hohe Prosperität und eine niedrige Arbeitslosigkeit haben. Daher sollten wir aufhören, eine ganze Region mit ihren Wirtschaftszweigen zu diskreditieren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich betone noch einmal: Das rechtfertigt nicht die Methode, die wir hier haben kennenlernen müssen. Es ist sicherlich an der Zeit, dass etwas dagegen unternommen wird. Aber ich lasse es auf

der anderen Seite nicht zu, dass ein ganzer Wirtschaftszweig in Misskredit gebracht wird.

(Beifall bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Sie lassen es doch zu, weil Sie keine Regelwerke beschließen! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Weil Sie den Miss- ständen nicht nachgehen, Herr Ri- ckert!)

Das gilt im Übrigen nicht nur für die industrielle Lebensmittelproduktion, sondern auch für alle anderen Branchen, die im Umfeld gut davon leben, z. B. den Maschinenbau und die Elektronik. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Technologie, und die wollen wir in diesem Lande auch behalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was tun Sie denn jetzt? - Hans-Henning Adler [LINKE]: Das war entlarvend! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist peinlich!)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt Herr Landwirtschaftsminister Lindemann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass wir hier erörtern sollten, wem was peinlich ist, sondern dass wir uns damit in der Sache auseinandersetzen müssen.

(Ingrid Klopp [CDU]: Aber das ist der Stil!)

Ich jedenfalls kann für die Landesregierung sehr deutlich sagen: Wir sind der Auffassung, dass die missbräuchliche Nutzung von Werkverträgen und Dienstleistungsverträgen oder auch die Nutzung von Scheinwerkverträgen bzw. die Beschäftigung von Scheinselbstständigen illegal ist und dass dem mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln zu begegnen ist.

Wenn das zutrifft, was Sie hinsichtlich der konkreten Fälle im Nordwesten unseres Landes gesagt haben, dann ist das nach meiner Überzeugung sittenwidrig, und damit kann es rechtlich auch keinen Bestand haben. Lassen Sie mich das ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, da Sie, insbesondere die Grünen, in der Presse angekündigt haben, Sie wollten hier und heute eine Tierschutzdebatte führen, würde ich mich ganz gerne daran beteiligen.

(Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE])

- Das ging durch die Zeitungen. Sie haben das offenbar verkündet.

Ich kann dazu nur sagen: Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, es ist schade, dass Sie sich nicht an den Pressekodex halten müssen, die Wahrheit zu achten,

(Zustimmung bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was soll das denn jetzt?)

sondern der Landesregierung stattdessen immer wieder zu unterstellen versuchen, sie nehme die Tierqual für Billigfleisch in Kauf.

Meine Damen und Herren, Deutschland und insbesondere Niedersachsen sind Vorreiter in Sachen Tierschutz.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das sieht die Landesvorsitzende des Tier- schutzbundes aber anders! Haben Sie den Brief von Frau Steder gele- sen?)

In Niedersachsen ist der Tierschutz sogar bereits 1997 in der Landesverfassung verankert worden, und dies bekanntermaßen mit der dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit, d. h. mit einer Mehrheit, die von den heutigen Koalitionsfraktionen mit hergestellt worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Wer hat denn beim Tierschutz gebremst?)

Meine Damen und Herren, mehr Tierschutz ist auch dem Tierschutzplan Niedersachsen zu verdanken. Tatsache ist, dass dieser Plan beispielgebend ist, wie Ihnen auch die Angehörigen Ihrer Partei z. B. im schleswig-holsteinischen Landtag bestätigen können.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Den set- zen Sie nicht um!)

- Herr Meyer, es wundert mich, dass Sie permanent versuchen, den Tierschutzplan hier in Niedersachsen kleinzureden, während gleichzeitig Ihre eigenen Kollegen aus Schleswig-Holstein meine Mitarbeiter darum bitten, nach Schleswig-Holstein

zu kommen und dort zu erläutern, wie man Vergleichbares umsetzen kann.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört! - Sehr interessant! - Na so was!)

Das zeigt die Seriosität Ihrer Äußerungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren, alle Mitarbeiter der den Tierschutzplan begleitenden Nichtregierungsorganisationen, wie der Deutsche Tierschutzbund, Bioland und die Verbraucherzentrale, haben erneut bekräftigt, dass sie zum Tierschutzplan stehen. Insoweit sind daran auch keine Abstriche zu machen.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Einige Ergebnisse des Tierschutzplans werden nach unseren Informationsstand schon bald in die Rechtsetzung in Deutschland einfließen, so z. B. die von unserem Land initiierte Verankerung von Tierschutzindikatoren in die jetzt anstehende Tierschutzgesetznovelle.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Es geht um die Ausbeutung der Menschen!)

Hierzu sei angemerkt, dass Niedersachsen im Übrigen nicht alle in der Diskussion angesprochenen Änderungen des Tierschutzgesetzes mitträgt. Ich habe z. B. deutliche Vorbehalte gegen die unbefristete weitere Zulassung der betäubungslosen Ferkelkastration, die einige Bundesländer fordern. Auch wenn auf Bundesebene ein Verbot dieses Eingriffs zum Ende des Jahres 2018 diskutiert wird, hält die Niedersächsische Landesregierung an dem im Tierschutzplan stehenden Datum fest. Bis zu diesem Datum wollen wir wirklich praktische und praktikable Ergebnisse haben.

Zur weiteren Zulassung des Schenkelbrands beim Pferd habe ich immer deutlich gemacht, dass diese Kennzeichnungspraxis nur fortgesetzt werden kann, wenn sie ab sofort mit einer Schmerzausschaltung verbunden ist.

Es ist Ihr Problem, Herr Meyer, wie Sie erklären wollen, dass die Ferkelkastration mit Schmerzausschaltung tierschutzkonform, der Heißbrand mit derselben Vorgehensweise aber tierschutzwidrig sein soll. Hören Sie doch endlich mit krausen Ideologien auf, und stellen Sie sich der Sachdebatte!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Reden Sie doch mal zur Sache!)

Herr Meyer, lassen Sie mich noch ganz deutlich sagen: Was Sie hinsichtlich Südoldenburg berichten - - -

(Christian Meyer [GRÜNE]: Es geht um Werkverträge!)

Herr Kollege Meyer, Ihre Fraktion kann noch Redezeit in Anspruch nehmen. Ein Koreferat während der Rede des Ministers ist problematisch.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Es geht nicht um den Tierschutzplan! Wir re- den über Werkverträge!)