des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 16 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE)
Die EU-Kommission hat Mitte November auf Vorschlag der EU-Kommissarin Viviane Reding beschlossen, bis 2020 europaweit eine fixe Frauenquote in börsennotierten Unternehmen von 40 % einzuführen. Davon betroffen wären rund 5 000 Firmen. Lange hat die Kommissarin für die Quote gekämpft und hat auf ihrem Weg ursprüngliche Forderungen gegen Kompromisse eingetauscht: So ist in dem aktuellen Vorschlag nicht länger eine Quote für die Vorstände enthalten - dort, wo die unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden, sitzen laut SZ vom 14. November 2012 in den 200 größten deutschen Unternehmen drei Frauen -, und es wird auch keine Sanktionen geben, die Unternehmen betreffen, die die Quote nicht erfüllen.
Neben Deutschland lehnen neun weitere Länder den Entwurf ab. Führende Politiker der CDU und der FDP auf Bundes- und Landesebene haben sich immer wieder gegen eine gesetzliche und für eine freiwillige Quote ausgesprochen. So sagte Wirtschaftsminister Bode in einer Debatte am 18. August 2010: „Wir setzen auf freiwillige Vereinbarungen (…) Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Maßnahmen den Frauenanteil in Führungspositionen nachhaltig erhöhen werden.“ Frauenministerin Aygül Özkan meinte gegenüber der Braunschweiger Zeitung (Ausgabe 7. November 2012) , dass Frauen auch ohne gesetzliche Quote häufiger in Führungspositionen gelangen könnten. Tatsächlich haben 2001 die Bundesregierung und die Arbeitgeberverbände eine freiwillige Selbstverpflichtung zur „Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“ beschlossen. Wie viele anderen Studien und Statistiken zeigt auch die Hans-Böckler-Stiftung in ihrer Untersuchung auf, dass die „Chancen für Frauen, eine Spitzenposition in der Privatwirtschaft zu besetzen, (…) sich danach nur marginal verbessert“ haben. Aktuell beträgt die Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten 15,6 %. Im Mai 2010 hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance-Kodex „eine angemessene Beteiligung von Frauen“ im Vorstand und Aufsichtsrat aufgenommen, während andere Länder in der EU eine Geschlechterquote schon längst gesetzlich verankert hatten. Für die CDU im Niedersächsischen Landtag hatte Gisela Konrath 2010 in Aussicht gestellt: „Wenn gar nichts hilft - aber ich gehe fest davon aus, dass es helfen wird -, dann können wir ab 2012 noch einmal sehr ernsthaft über die Quote diskutieren“ (Debatte Plenarsitzung am 18. August 2010).
1. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Gesetzentwurf der EU, wonach eine Frauenquote von 40 % in Aufsichtsräten europaweit bis 2020 erreicht sein wird, zu unterstützen?
2. Wie hoch war der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen in börsennotierten Unternehmen in Niedersachsen in 2001, 2010, 2011 und 2012?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung des Frauenanteils mit Blick auf die jetzige EU-Vorgabe in den Aufsichtsräten und Vorständen der in Niedersachsen börsennotierten Unternehmen zwischen 2001, dem Jahr der freiwilligen Selbstverpflichtung, und heute?
Frauenpolitik ist Strukturpolitik. Die von Traditionen und Wertvorstellungen geprägten Rollenvorstellungen und -muster wirken nach wie vor auf Frauen und Männer in der Arbeitswelt. Frauen sind wie Männer auf eine eigenständige Existenzsicherung angewiesen. Die gleiche Teilhabe am Erwerbsle
Verschiedene Maßnahmen tragen dazu bei, dass sich die Vorstellungen von der Rolle von Frauen und Männern auch in den Unternehmen verändern und Frauen in Entscheidungspositionen keine Ausnahme bleiben. Dazu gehört die Besetzung von Spitzenpositionen, wie Aufsichtsratsmandate und Vorstandsposten, mit Frauen. Der Landesregierung ist bewusst, dass es sich hier um langfristige Prozesse handelt.
Zu 1: Die Landesregierung möchte die chancengleiche Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben erhöhen. Die verstärkte Integration von Frauen in das Erwerbsleben kann dieses Ziel unterstützen. Es wird deshalb eine Fortführung der durch Mittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und Landesmitteln geförderten 21 (ab 2013: insgesamt 22) Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft (Ko-Stellen) in Niedersachsen angestrebt. Für die Förderung der Ko-Stellen wurden in der aktuellen Förderperiode (2007-2013) insgesamt etwa 11,3 Millionen Euro aus Landes- und EFRE-Mitteln bewilligt. Da für die kommende EU-Förderperiode jedoch mit einem deutlichen Rückgang des niedersächsischen EUBudgets gerechnet werden muss, können Aussagen über die den Umfang der künftigen Förderung derzeit nicht getroffen werden.
Die Ko-Stellen sind regionale Bindeglieder zwischen Wirtschaft, Arbeitsmarktakteuren, Weiterbildungseinrichtungen und Arbeit suchenden Frauen. Hier werden in unterschiedlichen Zusammenhängen auch Fragen der familienbewussten Personalpolitik, Fach- und Führungskräftetraining für Frauen, auch die Erhöhung der Karrierechancen von Frauen und vieles mehr thematisiert.
Mehr als 1 000 Unternehmen nehmen inzwischen die Dienstleistungen der Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft in Anspruch und arbeiten mit ihnen gemeinsam daran, dass Frauen wie Männer am Erwerbsleben teilhaben können.
Mit dem Programm zur Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt (FIFA) werden Einzelprojekte gefördert, die Benachteiligungen von Frauen in der Arbeitswelt entgegenwirken sollen: Sie können die Beratung für Unternehmensgründungen betreffen, aber auch solche, wie die Förderung des Aufstiegs von Frauen und besonderer Modellprojekte zur
Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder den Einstieg in die MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) nach einer Familienpause. Vier frauenspezifische Beratungsstellen für Existenzgründerinnen (FIFA-Projekte) unterstützen die Qualifizierung von Frauen als Unternehmerinnen bzw. als Nachfolgerinnen.
Im Fokus der diesjährigen Förderung stehen Qualifizierungen in technisch-naturwissenschaftliche Berufe. Das Programm wird im aktuellen Förderzeitraum mit rund 32 Millionen Euro Landes- und ESF-Mittel gefördert. Auch hier wird eine Fortführung in der neuen EU-Förderperiode angestrebt. Der Umfang der zukünftigen Förderung wird auch hier maßgeblich von der Höhe der niedersächsischen EU-Mittel abhängen.
Im Rahmen der Qualifizierungsoffensive Niedersachsen, deren Ziel die Fachkräftesicherung im demografischen Wandel ist, wird mit der Wirtschaft und weiteren Arbeitsmarktakteuren in einer eigenen Arbeitsgruppe das Thema „Förderung von Frauen im Beruf/Familienorientierte Arbeitswelt“ seit 2009 fortlaufend bearbeitet. Die enge themenspezifische Zusammenarbeit vor allem mit der Wirtschaft bietet die beste Gewähr für notwendige Veränderungen.
Integration und Qualifizierung von Frauen sowie die Veränderung von Unternehmenskulturen ebnen den Weg für Chancengleichheit auch in Spitzenpositionen.
Zu 2: Der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen in börsennotierten Unternehmen mit Sitz in Niedersachsen, an denen das Land Niedersachsen beteiligt ist, hat sich seit 2001 wie folgt entwickelt:
Daten zum Frauenanteil in Führungspositionen börsennotierter niedersächsischer Unternehmen werden nicht spezifisch erhoben. Daher kann diese Frage nur mit Bezug auf bundesweite Zahlen beantwortet werden. Für Niedersachsen wird der Trend aller Vermutung nach vergleichbar sein.
Für die angefragten Jahre wurden unterschiedliche Datenquellen ausgewertet. Daher ist eine Vergleichbarkeit nur eingeschränkt gegeben.
Der DAX (Deutsche Aktienindex) umfasst die 30 größten und umsatzstärksten, an der Frankfurter Wertpapierbörse gelisteten Unternehmen.
Der CDAX (Composite DAX) umfasst die über 600 wichtigsten, börsennotierten Unternehmen Deutschlands.
Der WoB-Index (Women-on-Board-Index) 2012 umfasst 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierte Unternehmen.
Zu 3: Die Landesregierung sieht noch Verbesserungsbedarf bei der Chancengleichheit von Frauen in Spitzenpositionen. Das grundsätzliche Ziel, den Frauenanteil in den genannten Organen von Unternehmen zu erhöhen, ist angesichts der nach wie vor geringen Zahlen zu unterstützen. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich schon aus dem grundgesetzlichen Auftrag des Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 GG, nämlich die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu fördern.
Zur Verbesserung der Chancengleichheit im Beruf, insbesondere in Führungspositionen, sollten dabei Maßnahmen ergriffen werden, die auf eine ausgewogene Berücksichtigung aller betroffenen Interessen ausgerichtet sind. Nicht zuletzt liegt es im Eigeninteresse der Unternehmen, dass Frauen ihre Qualifikationen auf allen Stufen der Karriereleiter stärker einbringen. Denn es sind auch ökonomische Aspekte, die eine angemessene Präsenz von Frauen in Führungsetagen erstrebenswert machen (wachsender Fachkräftebedarf).
Gleichwohl wird die Einführung einer gesetzlich vorgeschriebenen starren Quote zur Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsgremien von Unternehmen nicht unterstützt. Die grundrechtlichen
Gewährleistungen der Eigentums- und Unternehmerfreiheit lassen den eingeschlagenen Weg der freiwilligen Selbstverpflichtungen weiterhin als geeigneter erscheinen.