Andererseits werden Werkverträge insbesondere in der Fleisch verarbeitenden Industrie dazu genutzt, zentrale Aufgaben per Werkvertrag an Subunternehmen zu vergeben. Die Subunternehmen erledigen dann mit ihren Beschäftigten die gleichen Aufgaben wie ursprünglich die Stammbelegschaft, allerdings in der Regel zu einem deutlich niedrigeren Entgelt. Auch ausländische Unternehmen und ihre Beschäftigten dürfen in Deutschland im Rahmen dieser Werkverträge tätig werden. Finden keine anderen Vorschriften Anwendung, so gelten die Vorschriften des Entsendestaates; denn die Entsendungen von Werkvertragsbeschäftigten fallen unter den Geltungsbereich der europäischen Dienstleistungsfreiheit.
Formal unterliegt - unabhängig von der jeweiligen Werkvertragskonstellation - der einzelne Beschäftigte keiner oder nur der Weisung seines Werkvertragsunternehmers, nicht der des Auftraggebers. In Schlachtereien - vor allem im westlichen Niedersachsen - werden inzwischen ganze Schichten von ausländischen Arbeiterkolonnen eines oder mehrerer Werkvertragsun
ternehmen abgeleistet. Damit wird die Kernkompetenz (Schlachtung) der auftraggebenden Firmen ausschließlich durch Beschäftigte von Werkvertragsunternehmern erbracht. Es bestehen Zweifel, ob es möglich ist, Werkvertragstätigkeiten in einem derartigen Umfang durchzuführen, ohne in den Betriebsablauf eingebunden zu sein.
Außerdem kommt es zunehmend zu einer Verquickung der Aktivitäten als Werkvertragsunternehmen und gleichzeitiger Vermietungstätigkeit von Wohnunterkünften für die Werkvertragsarbeitnehmer. Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr nachvollziehbar, welcher Teil des erarbeiteten Lohnes tatsächlich bei den Arbeitnehmern ankommt. Mehrere Landkreise haben inzwischen systematische Kontrollen der Unterkünfte der Werkvertragsarbeitnehmer angekündigt und durchgeführt, weil sie Kenntnis von menschenunwürdiger Unterbringung zu Wucherpreisen erlangt haben. Auch Vertreter der katholischen Kirche vor Ort haben deutlich gemacht, dass sie die Situation der Werkvertragsnehmer in der Fleischindustrie vor Ort als für nicht mit der Menschenwürde vereinbar betrachten.
Nach den EG-Verordnungen 853/2004 und 854/2004 dürfen nur Unternehmen Produkte tierischen Ursprungs in den Handel bringen, die auch eine EU-Zulassung haben. Diese EU-Zulassung liegt in der Regel beim Werkvertragsnehmer nicht vor.
1. Hält die Landesregierung Werkvertragskonstellationen wie in der Fleisch verarbeitenden Industrie für rechtlich zulässig, bei der Mitarbeiter eines oder mehrerer Drittanbieter die Schlachtung am Fließband komplett übernehmen, und, wenn nein, welche Maßnahmen hält die Landesregierung in derartigen Missbrauchsfällen für geboten?
2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Werkvertragsunternehmen, die in Schlachthöfen die Schlachtung vollständig übernehmen, eine EU-Zulassung nach den EG-Verordnungen 853/2004 und 854/2004 benötigen und, wenn nein, warum nicht?
3. Welche Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeitnehmerunterbringung gibt es aus Sicht der Landesregierung neben der Kontrolle durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die ausschließlich für Regelungen der Arbeitnehmerentsendung zuständig ist, und wie ist in Niedersachsen die Zusammenarbeit der einzelnen Kontrollbehörden geregelt?
Die Äußerungen des Herrn Ministers Bode zum Antrag der Fraktion Die Linke „Missbrauch von Werkverträgen verhindern - Lohndumping eindämmen“ in der Sitzung des Niedersächsischen Landtags vom 9. November 2012 sind im vorliegenden Antrag korrekt wiedergegeben.
Die Landesregierung ist nach wie vor der Auffassung, dass der missbräuchlichen Nutzung von Werkverträgen und Dienstleistungsverträgen, d. h. der Nutzung von Scheinwerkverträgen bzw. der Beschäftigung von Scheinselbstständigen, mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln zu begegnen ist.
Sie ist des Weiteren davon überzeugt, dass das dafür notwendige rechtliche Instrumentarium bereits jetzt vorhanden ist und von den zuständigen Behörden (Zoll - Finanzkontrolle Schwarzarbeit -, Bundesagentur für Arbeit, Gewerbeaufsichtsbe- hörden) auch effektiv angewendet wird.
Die Landesregierung stellt sich aber im Interesse aller sich insoweit rechtstreu verhaltenden Unternehmen und Betriebe vehement gegen Versuche und Tendenzen, die Nutzung von Werk- und Dienstleistungsverträgen insgesamt und damit auch rechtlich zulässiger Vertragsgestaltungen und deren Durchführung als rechtsmissbräuchlich zu stigmatisieren.
Die Anfrage vermittelt mit der Formulierung der Frage 1 „…in derartigen Missbrauchsfällen“ den Eindruck, dass insbesondere in der Fleisch verarbeitenden Industrie immer dann, wenn „ganze Schichten von ausländischen Arbeiterkolonnen eines oder mehrerer Werkvertragsunternehmen abgeleistet“ werden, eine missbräuchliche Nutzung vorliegt. Das ist jedoch letztlich nur dann der Fall und nur nachträglich im Rahmen einer bewertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände feststellbar, wenn die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Werkvertragsmerkmale
- Vereinbarung und Erstellung eines qualitativ individualisierbaren und dem Werkunternehmer zurechenbaren Werkergebnisses,
- Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen im Betrieb des Bestellers tätigen Arbeitnehmern, wenn das Werk dort zu erstellen ist,
dem schriftlichen Vertrag zuwider bei der tatsächlichen Durchführung des Vertrages nicht gegeben sind.
Nicht nur für die diesbezüglich im Fokus der medialen Diskussion stehenden Branchen allgemein, sondern auch für die Annahme, dass dies in der niedersächsischen Fleisch verarbeitenden Industrie flächendeckend der Fall ist und in diesem Sinne Werkverträge systematisch missbraucht werden, fehlen nach wie vor empirisch belegte und belastbare Informationen.
Zu 2: Nein. Nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 dürfen Lebensmittelunternehmer in der Gemeinschaft hergestellte Erzeugnisse tierischen Ursprungs nur in den Verkehr bringen, wenn sie ausschließlich in Betrieben bearbeitet und behandelt worden sind, die den einschlägigen Anforderungen genügen und von der zuständigen Behörde nach Artikel 3 der Verordnung (EG) 854/2004 zugelassen worden sind. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass sich die Zulassung auf die Betriebsstätte, nicht auf den Lebensmittelunternehmer oder ein von diesem per Werkvertrag verpflichteten Subunternehmer als natürliche oder juristische Person bezieht.
Zu 3: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung hat die Zollverwaltung bei ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Zuständigkeit hinsichtlich der Überprüfung von Arbeitsbedingungen. Der Zoll arbeitet dabei auch mit den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden der Länder zusammen (s. u.). Die Grundsätze der Zusammenarbeit sind in einer Zusammenarbeitsvereinbarung geregelt.
Die unteren Bauaufsichtsbehörden werden bei bekannten baulichen Missständen nach § 79 der Niedersächsischen Bauordnung tätig, unabhängig von der Geltung der Arbeitsstättenverordnung und den abgeschlossenen Regelungen in den Arbeitsverträgen.
Die im Bundesrecht erlassene Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) verlangt abschließend in bestimmten Fällen die Bereitstellung von Unterkünften (vgl. § 6 Abs. 5 ArbStättV). Dies ist im Einzelfall in Eigenverantwortung vom Arbeitgeber zu prüfen. Nur wenn die Unterkünfte vom Arbeitgeber bereitgestellt werden, sind die Schutzziele der Arbeitsstättenverordnung maßgebend. Die Höhe des Mietzinses ist nicht Gegenstand der Schutzziele nach Arbeitsstättenverordnung.
Zuständige Überwachungsbehörden für die Arbeitsstättenverordnung sind in Niedersachsen die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter. Diese überprüfen solche Sachverhalte in der Regel anlassbezogen, z. B. bei Beschwerden. Die Vorgaben der Dienstanweisung zum Tätigwerden der Gewerbeaufsicht mit den vorhandenen Kapazitäten lassen nichts anderes zu.
Aufgrund der dargestellten Möglichkeit, unterschiedliche Rechtsnormen für eine Überprüfung heranzuziehen, wird im Einzelfall von den örtlichen Behörden geklärt, wie zu verfahren ist.
des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 34 des Abg. Dieter Möhrmann (SPD)
Warum hat das aus der ordnungsgemäßen Landwirtschaft abgeleitete geltende Düngerecht für die Gesamtfläche eines landwirtschaftlichen Betriebes Vorrang vor den Vorgaben einer Naturschutzverordnung für eine Einzelfläche?
Nach Auskunft der Landwirtschaftskammer unterliegt eine Düngung immer dem Bedarfsgrundsatz, d. h. ein Landwirt muss eigenverantwortlich beurteilen, ob Düngebedarf vorhanden ist. Wenn auf einer Wiese im Naturschutzgebiet „Obere Wümmeniederung“ in der Nähe der Schneverdinger Ortschaft Wesseloh Gärreste während der Brut- und Setzzeit auf einer der Wiesen ausgebracht werden, legt sich die Masse an Gärresten wie eine dicke Schlammschicht über die Gelege der Tiere. Dem frei lebenden Wild wird damit der Lebensraum für seine Vermehrung genommen. Dies wird in der Böhme-Zeitung, Soltau, in einem Artikel vom 24. November 2012 angeprangert. In dem Schutzgebiet ist eine ordnungsgemäße Landwirtschaft erlaubt.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen sieht als Kontrollbehörde diese Düngepraxis als rechtskonforme Ausbringung von Gärresten auf Grünland an; denn es gehe nicht um Einzelflächen, in der Düngeverordnung würden Nährstoffsalden für ganze Betriebe gefordert. Damit ist die ordnungsgemäße Landwirtschaft nach Auffassung der Landwirtschaftskammer höherwertig einzustufen als die Bestimmungen einer Naturschutzverordnung.
1. Kann die Landwirtschaftskammer nach eigenem Ermessen entscheiden, was als „ordnungsgemäße Bewirtschaftung“ durch Landwirte anzusehen ist, wenn Schutzverordnungen wie oben geschildert die Erhaltung des Gebiets
als Brut-, Nahrungs- und Rastgebiet für zum Teil bestandsbedrohte Tiere ausweist, oder wie müsste eine Naturschutzverordnung formuliert sein, um dies zu gewährleisten?
2. Wenn Laboruntersuchungen einen sehr hohen Phosphor- und Kaliumwert ergeben (siehe Böhme-Zeitung vom 24. November 2012) und von einem Prüflabor geraten wird, diese Wiese aufgrund der hohen Werte für die nächsten zwei Jahre gar nicht zu düngen, warum hat dieses Einzelergebnis einer landwirtschaftlichen Fläche dann keine Relevanz und wird nur auf den Nährstoffsaldo eines gesamten Betriebes geschaut (laut Aussage der Landwirtschafts- kammer)?
3. Warum wird vor dem Hintergrund des Schutzes von Boden und Grundwasser eine Saldenüberschreitung landwirtschaftlicher Betriebe zwischen Nährstoffzufuhr und Nährstoffabgang hingenommen und ist nicht bußgeldbewehrt?
Die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet „Obere Wümmeniederung“ vom 16. Oktober 1986, geändert durch Verordnung vom 15. Oktober 1994, weist als Schutzzweck für die im angeführten Artikel „Dreckige Dusche bedroht Tiere in Wümmeniederung“ (Böh- me-Zeitung vom 24. November 2012) benannte Fläche u. a. die Erhaltung und Entwicklung der Talniederung der oberen Wümme einschließlich der angrenzenden Geestrandbereiche insbesondere als Brut-, Nahrungs- und Rastgebiet für zum Teil bestandsbedrohte Säugetier-, Reptilien- und Amphibienarten, Rundmäuler und Fischarten, Insekten und sonstiger wirbelloser Tiere auf.
Gemäß § 5 dieser Verordnung ist u. a. die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der in der mitveröffentlichten Karte dargestellten Flächen als Grünland ohne zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen, Veränderung des Bodenreliefs, Umbruch zur Ackernutzung oder Geflügelhaltung zulässig. Die Aufbringung von Gärresten auf Grünland ist nicht ausdrücklich von der freigestellten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ausgenommen und ist daher aufgrund der Verordnung zulässig.
Sofern weitergehende Beschränkungen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung für eine Erreichung des Schutzzweckes für erforderlich gehalten werden, müssten diese als konkrete Regelung in die Verordnung aufgenommen werden.
Somit gilt für die angesprochene Fläche die Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung). Danach ist u. a. vor der Ausbringung von wesentli
chen Nährstoffmengen an Stickstoff und Phosphat der Düngebedarf der Kultur sachgerecht festzustellen. Die Düngebedarfsermittlung muss so erfolgen, dass ein Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Nährstoffbedarf und der Nährstoffversorgung gewährleistet ist. Des Weiteren sind auf Grünland für Phosphat auf Grundlage der Untersuchung repräsentativer Bodenproben - für jeden Schlag ab 1 ha - mindestens alle sechs Jahre vom Betrieb die im Boden verfügbaren Nährstoffmengen zu ermitteln. Der Aufbringungszeitpunkt und die -menge sind bei Düngemitteln so zu wählen, dass verfügbare oder verfügbar werdende Nährstoffe den Pflanzen weitestgehend möglichst zeitgerecht in einer dem Nährstoffbedarf der Pflanzen entsprechenden Menge zur Verfügung stehen.
Zu 1: Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen entscheidet in Bezug auf die Bewertung der ordnungsgemäßen Landwirtschaft nicht nach eigenem Ermessen, sondern innerhalb der fachgesetzlichen Vorgaben. In diesem Fall war die Grundlage die Düngeverordnung.
In der Schutzgebietsverordnung sind für ausgewählte Flächen Bewirtschaftungsauflagen geregelt, um das genannte Schutzziel zu erreichen. Für die genannte Fläche gelten allerdings die Bewirtschaftungsauflagen nicht.
Aufgrund einer Anzeige hat die Landwirtschaftskammer Niedersachen in dem vorliegenden Fall ermittelt und die untere Naturschutzbehörde über die Ermittlungen informiert. Zuvor wurde von der unteren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass die Niedersächsische Schutzgebietsverordnung die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung freistelle, worunter auch die Ausbringung von Düngestoffen in geordneter, zulässiger Weise verstanden werde.
Zu 2: Wenn Laboruntersuchungen sehr hohe Phosphor- und Kaliumwerte für eine Fläche ergeben, kann die Empfehlung des Labors nur lauten, für eine gewisse Zeit auf die Düngung dieser Nährstoffe zu verzichten. Nach den Vorgaben der Düngeverordnung ist dennoch eine Düngung der Pflanzen nach Entzug dieser Nährstoffe zulässig.
Der Betriebsinhaber hat für das abgelaufene Düngejahr einen betrieblichen Nährstoffvergleich für Stickstoff und Phosphat zu erstellen. Diese Aufzeichnungen kann die zuständige Behörde im Rahmen der Überwachung gemäß § 12 des Dün