Die Abschiebungspraxis der niedersächsischen Ausländerämter wird häufig als besonders rigide und unangemessen bezeichnet. Insbesondere wird dem niedersächsischen Innenminister, Herrn Uwe Schünemann, eine „harte Hand“ unterstellt, wie zuletzt in der Welt am Sonntag vom 18. November 2012 zu lesen war.
Vor diesem Hintergrund ist ein Vergleich mit Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg aufschlussreich, ob sich in diesen Ländern die Praxis der Abschiebung im Vergleich zu Niedersachsen unterscheidet. Dabei ist auch von Interesse, welche Landesregierungen mit sogenannten Wintererlassen Abschiebungen in der Winterzeit aussetzen.
Abschiebungen in die Republik Kosovo sind ebenfalls in der Diskussion. Eine Reise einer Delegation des Innenausschusses des Niedersächsischen Landtages kam zu dem Ergebnis, dass diese vertretbar seien. Eine Delegation des Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtages kam laut Schwäbischem Tagblatt vom 13. März 2012 bei einer Reise im Januar 2012 zu einem ähnlichen Ergebnis.
1. Gab es in den ersten neun Monaten des Jahres 2012 in Niedersachsen mehr Abschiebungen, auf 100 000 Einwohner berechnet, als in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen?
2. Gab es in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen in den letzten beiden Jahren sogenannte Wintererlasse, oder sind solche dort derzeit geplant?
3. Beurteilt die Landesregierung Abschiebungen in die Republik Kosovo anders als die Landesregierungen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen?
Zwangsweise Rückführungen ausreisepflichtiger Ausländerinnen und Ausländer stehen immer am Ende eines Verwaltungsverfahrens, in dem die zuständigen Behörden geprüft haben, ob den Antragstellern oder Asylsuchenden ein Aufenthaltsrecht in Deutschland gewährt werden kann. Die ablehnenden Entscheidungen der Behörden, durch welche die Ausreisepflicht begründet wird, sind regelmäßig verwaltungsgerichtlich überprüft und in den meisten Fällen auch in zweiter Instanz bestätigt worden.
Abschiebungen vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländerinnen und Ausländer sind eine zwingende gesetzliche Rechtsfolge in den Fällen, in denen die Betreffenden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht selbstbestimmt unter Inanspruchnahme der finanziellen Rückkehrförderung nachkommen, obwohl sie damit die zwangsläufig mit einer Abschiebung verbundenen negativen Begleiterscheinungen verhindern könnten.
Abschiebungen erfolgen auf Grundlage des Aufenthaltsgesetzes. Es handelt es sich um ein Bundesgesetz, das für alle Länder gleichermaßen bindend ist und dessen Anwendung durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundes konkretisiert wurde. Der Gesetzgeber hat den vollziehenden Behörden in den Fällen zwangsweiser Aufenthaltsbeendigungen kein Ermessen eingeräumt, sodass die Vorgehensweise in allen Ländern gleich ist. Eine spezielle „niedersächsische Abschiebungspraxis“ gibt es daher nicht. Diese Rechtslage gilt für jede vollziehbar ausreisepflichtige Person in ganz Deutschland unabhängig vom Herkunftsstaat.
Ausnahmen von der Durchsetzung einer vollziehbaren Ausreiseverpflichtung durch eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung sind auf der Grundlage des § 60 a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) möglich. Danach kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder
humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.
Bei diesen Abschiebungsstopps handelt es sich um ein Instrument der Krisenintervention, mit dem auf aktuelle unvorhersehbare Ereignisse im Herkunftsland reagiert werden kann. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit geht der Anordnung eines Abschiebungsstopps ein Konsultationsverfahren mit dem Bundesministerium des Innern und den Ländern voraus. Die Anordnung von Abschiebungsstopps für eine Frist von mehr als sechs Monate bedarf der Herstellung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern.
Im Gegensatz zu asylrechtlichen Anerkennungen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Berücksichtigung der vom Auswärtigen Amtes erstellten Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage des jeweiligen Herkunftslandes in individuell- konkreten Einzelfällen gewähren kann und die für den Antragsteller die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts zur Folge haben, bleiben Personen, die unter einen Abschiebungsstopp fallen, geduldet und damit ausreisepflichtig.
Im Hinblick auf Rückführungen in die Republik Kosovo und die Situation in diesem Land decken sich die hier bekannten Ergebnisse über die Einschätzung der Delegationen aus BadenWürttemberg und Niedersachsen mit der des Auswärtigen Amtes.
Zu 1: Nein, in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. September 2012 sind aus Niedersachsen 412 Personen abgeschoben worden.
Die Gesamtzahl der Abschiebungen aus BadenWürttemberg beträgt 593 Personen und der aus Nordrhein-Westfalen 1 516 Personen. Das entspricht in Niedersachsen 5,2 Personen pro 100 000 Einwohner, in Baden-Württemberg 5,5 Personen pro 100 000 Einwohner und in Nordrhein-Westfalen 8,5 Personen pro 100 000 Einwohner.
Zu 2: Abschiebungsstopps gemäß § 60 a AufenthG für den Winter 2011/12 sind weder in Baden-Württemberg noch in Nordrhein-Westfalen erlassen worden. Ob für den kommenden Winter 2012/13 Abschiebungsstopps geplant sind, ist der Niedersächsischen Landesregierung nicht bekannt.
Zu 3: Abschiebungen - auch in die Republik Kosovo - erfolgen auf der Grundlage geltenden Bundesrechts. Eine Bewertung dieser im Aufenthaltsgesetz normierten zwingend vorgeschriebenen Rechtsfolge in den Fällen, in denen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer nicht freiwillig zurückkehren, erfolgt durch die Niedersächsische Landesregierung nicht. Ob die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen diesbezügliche Bewertungen vornehmen, entzieht sich hiesiger Kenntnis.
des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 58 der Abg. Björn Thümler, Jens Nacke, Karl-Heinz Bley, Ansgar Focke, Clemens Große Macke und Dr. Stephan Siemer (CDU)
Seit Juli 2012 betreiben die Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Oldenburg und Wesermarsch zusammen mit den Städten Delmenhorst und Oldenburg die Kooperative Großleitstelle Oldenburg als kommunale Anstalt öffentlichen Rechts. Damit verbunden war eine Neugliederung des Notrufwesens in den betreffenden Landkreisen und kreisfreien Städten. Für 730 000 Menschen ist diese Großleitstelle nun der erste Ansprechpartner in Notfällen. Dort laufen die Notrufe 110 und 112 auf, und von dort werden die notwendigen Maßnahmen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten veranlasst. Vereinzelt gibt es jedoch Probleme, die aus der Nutzung der analogen Technik stammen.
Der Landkreis Vechta beteiligt sich nicht an der Großleitstelle. Der Polizeinotruf 110 läuft für den Landkreis Vechta jedoch nunmehr ebenfalls in Oldenburg auf.
1. Ist mit der Schaffung der neuen Großleitstelle für die Menschen im Oldenburger Land ein Gewinn an Sicherheit zu verzeichnen, und wie wollen die Landkreise die technischen Probleme schnellstmöglich lösen?
2. Konnte trotz Verbesserung der Erreichbarkeit der Notrufe eine Kostenersparnis für die beteiligten Landkreise erzielt werden, und wie hoch ist eine solche zu beziffern?
Auf Basis gemeinsam erhobener Rahmenbedingungen für eine effektive und effiziente Zusammenarbeit in sogenannten Kooperativen Regionalleitstellen (KRL) wurde 2007 eine Neuordnung der Leitstellenstruktur in der nichtpolizeilichen und polizeilichen Gefahrenabwehr in Niedersachsen begonnen. Mit der KRL „Weserbergland“ in Hameln, der Kooperativen Großleitstelle Oldenburger Land (KGO) in Oldenburg und der KRL Osnabrück wurden erste Einrichtungen dieser Art in Betrieb genommen.
Mit der Neuordnung der Leitstellenstruktur in Niedersachsen verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Zusammenarbeit bei der Gefahrenabwehr zwischen den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben weiter zu optimieren, um die Sicherheit und Effektivität von Alarmierung und Einsatzbewältigung im Interesse der Bürger zu erhöhen. Mit der gemeinsamen Nutzung räumlicher und technischer Ressourcen durch Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei sind gegenüber dezentralen Leitstellenkonzepten deutliche finanzielle Einspareffekte, aber auch nicht monetäre Synergien verbunden.
Die Einführung des Digitalfunks stellt für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst eine Basisinnovation dar, deren Potenzial weit über die verbesserte Sprachqualität und Abhörsicherheit hinausgeht. Die sinnvolle Kombination der Leistungsmerkmale des Digitalfunks mit den Möglichkeiten neuer, webbasierter Einsatzleitrechnerlösungen gibt den Leitstellen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten die Möglichkeit, den Herausforderungen immer komplexer werdender Einsatzlagen professioneller zu begegnen. Eine entsprechende Ausstattung aller 2007 noch vorhandenen polizeilichen und nicht polizeilichen Leitstellen wäre finanziell nicht realisierbar gewesen.
Bereits im Alltag führen eine Reihe von Einsatzanlässen regelmäßig zu einem gemeinsamen Tätigwerden von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten in der Einsatzbewältigung wie z. B. bei Verkehrsunfällen mit verletzten Personen, Schadensereignissen, entsprechenden Straftaten oder allgemeinen Gefahrensituationen. Das Ziel einer partnerschaftlichen und professionellen Zusammenarbeit erhält vor dem Hintergrund von Naturka
tastrophen und Großschadenslagen eine neue sicherheitspolitische Dimension. Die neu geschaffenen Regionalleitstellen sollen es ermöglichen, definierte Einsatzreaktionszeiten für vergleichbare Räume anzugleichen und zu standardisieren und damit Bürgerinnen und Bürgern an jedem Ort in Niedersachsen gleichermaßen hochwertige und kompetente Dienstleistungen zukommen zu lassen.
Die bisher errichteten Regionalleitstellen bieten die Möglichkeit, regionale Besonderheiten im Einsatzmanagement und lokal beeinflusste Prozessabläufen aufzunehmen und unter Nutzung einheitlicher Kommunikations- und Einsatzleitrechnertechnik in der Praxis zu standardisieren.
Einhergehend mit der Einführung des Digitalfunks, sieht die Landesregierung in der Neuordnung der Leitstellenstruktur die Möglichkeit, neue Standards für ein noch professionelleres Einsatzmanagement von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zu schaffen. Die Konzentration der Zahl der Leitstellen und Zentralisierung der dort wahrzunehmenden Aufgaben ist Voraussetzung für den Einsatz zukunftsfähiger Technologien. Neben einer Verbesserung der Abstimmung von Einsatzmaßnahmen und des Informationsaustausches zwischen Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei durch Reduzierung von Schnittstellen sowie einer Bündelung von Fachkompetenz sind vielfache Synergieeffekte (Einsparung von Sachkosten durch ge- meinsame Beschaffungen, Reduzierung von Per- sonalkosten, „Ressourcensharing“ etc.) zu verzeichnen. Die mit der Reduzierung der Anzahl einhergehende höhere Auslastung der Leitstellen wird konsequenterweise zu einem größeren Maß an Professionalität in der Aufgabenwahrnehmung führen. Die Einführung eines landesweit in den Regionalleitstellen eingesetzten einheitlichen Einsatzleitsystems wird in Zukunft die Standardisierung von Prozessabläufen und ein einheitliches Einsatzmanagement gewährleisten.
Im Zusammenhang mit den Beratungen mit Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden zur Einführung des Digitalfunks, insbesondere mit den kommunalen Kostenträgern und den Trägern des Rettungsdienstes, wurde die Erwartung geäußert, dass die zukünftige Leitstellenstruktur des Landes auch die Belange der kommunalen Gebietskörperschaften berücksichtigen sollte, die für eine Kooperation nicht zur Verfügung stehen.
Ertüchtigung von KRL mit standardisierter Technik auch Gelegenheit bieten sollte, Leitstellen der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr unter Maßgabe technischer Erfordernisse in wirtschaftlich vertretbarer Weise an den Digitalfunk anbinden zu können.
Der Beitritt kommunaler Träger der Gefahrenabwehr zu Kooperativen Regionalleitstellen liegt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung im Ermessen der jeweiligen Kommune. Mit der Änderung des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes wurde im § 6 NRettDG explizit die Möglichkeit der Einrichtung Kooperativer Regionalleitstellen und des Beitritts der kommunalen Träger des Rettungsdienstes geschaffen.
Die in der KGO verwendete digitale Technik gestattet es, vorhandene analoge Kommunikationstechnik gleichermaßen zu bedienen. Die Leistungsmerkmale moderner Leitstellentechnik können allerdings erst vollständig Wirkung entfalten, wenn auch die partizipierenden kommunalen Partner über korrespondierende technologische Ausstattungen verfügen. Diesbezügliche Entscheidungen liegen in der Kompetenz der Kommunen.
Bis zur Zusammenlegung waren die Leitstellen der vier Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Oldenburg und Wesermarsch jeweils mit einer Person und die Leitstellen der beiden kreisfreien Städte Delmenhorst und Oldenburg mit zwei Personen besetzt. Ein kurzfristiger Ausfall des Leitstellenpersonals konnte nur schwer kompensiert werden. Allein die dauerhafte, ausreichende personelle Besetzung der KGO gewährleistet nunmehr eine jederzeitige Erreichbarkeit und Einsatzfähigkeit und führt so zu einer größeren Sicherheit für die Bevölkerung.
Hinsichtlich technischer Problemstellungen ist von Anfang an zwischen der KGO und den beteiligte Kommunen ein qualifiziertes Fehlermanagement eingerichtet, dessen Ablaufprozesse sich im laufenden Betrieb bewährt haben.
Zu 2: Die vier Landkreise und die beiden kreisfreien Städte haben sich vor allem zu einer Zusammenarbeit in der Großleitstelle entschlossen, weil in die bisherigen sechs Leitstellen aufgrund alter Bausubstanz und veralteter Technik durchschnittlich 1,5 Millionen Euro bis 2 Millionen Euro pro Kommune hätten investiert werden müssen. Die
die kommunale Anstalt bildenden Kommunen gehen davon aus, dass durch die Großleitstelle jede Kommune etwa die Hälfte der erforderlichen Investitionen sparen konnte, wobei eine bezifferbare Summe noch nicht genannt werden kann.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die KGO erst im Juli 2012 ihre Arbeit aufgenommen hat und die Landkreise insbesondere zu den laufenden Kosten noch keine Aussage zu möglichen Ersparnissen werden geben können. Für verlässliche Zahlen bedarf es hierzu eines längeren Zeitraums.
Zu 3: Der Beitritt des Landkreises Vechta zur KGO liegt im Ermessen des Landkreises. Das niedersächsische Prinzip Kooperativer Regionalleitstellen beruht auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit in der Kooperation. Auf Nachfrage hat der Landkreis Vechta jedoch eine Beteiligung an der KGO zum derzeitigen Zeitpunkt verneint.