- Das sind keine schönen Worte, das sind alles gute Programme. Es gibt im Landkreis Hildesheim, in Alfeld, das Programm PiAF, das ich schon oft erwähnt habe und das nachweislich durch ein Zusammenwirken sämtlicher Akteure enorm viel bewirkt. Wir sind also gut aufgestellt.
Zusätzlich gibt es auf örtlicher Ebene ehrenamtliches oder bürgerschaftliches Engagement. Ohne all das kommen wir nicht klar. Wenn wir sagen, alles soll nur der Staat richten, dann kommen wir nicht weit. Alle zusammen müssen sagen: Armut ist ein Gesellschaftsproblem. Wir packen es an. Ich denke, in Niedersachsen sind wir dabei und gut aufgestellt.
Es liegen zwei Meldungen von den Grünen zu Kurzinterventionen vor. Es kann jedoch nur einer von Ihnen eine Kurzintervention machen. Haben Sie sich geeinigt? - Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Meißner, Sie haben sich eben zur Kinderarmut eingelassen. Ich muss sagen, ich habe eigentlich etwas anderes erwartet. Ich möchte zwei Dinge klarstellen; das Thema ist ja zum Teil auch im Kultusetat angesiedelt.
Es gab einen Sozialfonds für Mittagessen ausschließlich an Ganztagsschulen. Andere Schulen konnten davon nicht profitieren, und Mittel gab es nur für arme Familien. Den Ansatz für diesen Fonds hat die Landesregierung im Haushaltsplanentwurf auf null gesetzt. Dieser Fonds ist nur für Ganztagsschulen eingerichtet gewesen. Eigentlich müssen wir doch sagen, alle Kinder aus armen Familien brauchen Mittel aus einem solchen Fonds.
Zweiter Punkt. Im Kultushaushalt befindet sich ein weiterer netter Ansatz. Es gibt einen Ansatz zur Erstattung von Schulbuchkosten für Sozialhilfeempfänger bzw. für arme Familien. Auch dieser Ansatz wird, obwohl viel mehr Geld gebraucht wird, auf 3 Millionen Euro gekürzt. Wie wollen Sie das eigentlich den Leuten im Land erklären? Wie können Sie angesichts dessen Kinderarmut totschweigen und sagen: „Es ist schön, wenn ein paar Kinder weniger hungern; das ist ja schon ein Erfolg“?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Korter, ich habe darauf durchaus hingewiesen. Aber vielleicht haben Sie nicht richtig zugehört. Ich habe Kinderarmut in keiner Weise totgeschwiegen. Im Gegenteil! Ich habe nur gesagt: Die Armut ist gesunken. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen auch auf diesem Weg bleiben.
Zum Mittagessen habe ich gesagt, dass die Mittel dafür im Haushalt dieses Jahres veranschlagt waren. Wir treten jetzt in die Beratungen des Haushalts für das nächste Jahr ein und müssen zusehen, wie wir mit dem immer noch bestehenden
Dann sprachen Sie die Lernbedarfe an. Darauf hatte ich auch hingewiesen. Ich denke, das muss tatsächlich durch Bundesgesetze geregelt werden. An dem Thema müssen wir weiter dranbleiben. Insofern haben Sie mit Ihrem Entschließungsantrag durchaus recht. Wir können nicht alles allein im Lande Niedersachsen lösen. Wir müssen ein Bündel an Lösungen haben, und da sind wir - das habe ich gesagt - dran.
(Beifall bei der FDP - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Sie haben die Lern- mittelfreiheit doch abgeschafft!)
Meine Damen und Herren, wir setzen die Aussprache fort mit Herrn Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Glaubwürdigkeit werde ich nachher noch etwas sagen.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beschreibt in seinem ersten Teil zutreffend die nicht zu leugnende Armut in unserer niedersächsischen Bevölkerung.
So weit, so gut und so weit, so schlecht bezogen auf die Situation nicht unerheblicher Teile unserer Bevölkerung.
In dem Antrag, über den wir gerade beraten, werden ein besonderer Fokus auf die Kinderarmut gelegt und eine berechtigte Kritik an die Landesregierung und die sie tragende Mehrheit aus CDU und FDP gerichtet. Ich fasse den Inhalt des Antrags zusammen: Man solle sich von der bisher praktizierten Politik der schönen Worte und der Ankündigungen verabschieden und diesen Worten endlich Taten folgen lassen, um die Kinderarmut zu beseitigen oder wenigstens zu lindern.
Diesen Grundtenor teilt die Fraktion DIE LINKE im Niedersächsischen Landtag. Aber man muss sich hier und jetzt einmal vorstellen, dass die Anzahl der unter 18-Jährigen in Gesamtdeutschland mit 2,2 Millionen Menschen größer ist als die gesamte
Einwohnerzahl des EU-Staates Slowenien. Das sind die Größenordnungen, über die wir uns hier unterhalten.
In ihrer Begründung beziehen sich die Antragsteller in besonderem Maße auf den Kinderreport 2007 des Deutschen Kinderhilfswerks. Das ist auch gut so. Die Grünen erwähnen aber nicht, dass das Kinderhilfswerk in seiner Studie das deutsche Steuer- und Sozialsystem für die Zunahme der Kinderarmut verantwortlich macht und dass in dieser Studie im Ergebnis festgestellt wird, dass Familien ein Übermaß an öffentlichen Ausgaben und Aufgaben zu tragen haben.
Neben den von den Grünen angeführten Positionen fordert das Kinderhilfswerk zudem etwas, was ich für einen sehr zentralen Punkt halte. Es fordert, dass das Kindergeld zu einer eigenständigen Kindergrundsicherung ausgebaut werden soll. Die LINKE will in diesem Zusammenhang ähnlich wie der DGB sofort Schritte zur Schaffung einer bedarfsorientierten Kindergrundsicherung einleiten.
Darin sollen dann alle bisherigen Sozialleistungen zusammengefasst und in eine Kindergrundsicherung umgewandelt werden.
Nicht zuletzt die Aberkennung des entwicklungsbedingten Wachstumsbedarfs von Schulkindern und Jugendlichen mit der Einführung von Hartz IV durch Sie hatte zur Folge, dass vorherige Ansprüche um etwa 10 % bei Kindern bis 14 Jahren und um 17 % bei Kindern bis 17 Jahren gekürzt wurden. Somit reicht es nicht aus, Grundschülern eine Einschulungstüte und eine Grundausstattung zu finanzieren oder die Fahrten zur Schule zu sponsern. Dazu reicht auch nicht ein Sozialfonds der Landesregierung aus, mit dem u. a. das Schulessen subventioniert wird. Aber wir haben es ja gehört: Dieser Topf steht ohnehin in Gänze zur Disposition.
Darüber hinaus ist Armut nicht nur eine Folge von Bildungsdefiziten. Das haben die Politiker der Agenda 2010 immerhin recht schnell erreicht. Sie haben breite Teile der Bevölkerung aus allen sozialen Schichten und hier besonders Kinder an den Rand der Armut gebracht.
Konkretes Handeln bestünde u. a. darin, den Reichtum in unserer Gesellschaft endlich anders zu verteilen.
Nehmen wir zur Kenntnis, dass das alternativlos ist, wenn man wirklich zu einer wirkungsvollen Bekämpfung von Armut kommen will! Keine Expertise - außer wenn sie von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist - wird zu einer anderen Erkenntnis kommen als wir.
Es helfen in diesem Antrag auch nicht die vergossenen Krokodilstränen - damit komme ich zum Thema Glaubwürdigkeit - und der Anspruch und der Anstrich von sozialer Kompetenz von Agenda 2010-Befürwortern. Vielleicht gelingt es ja in der weiteren Debatte - sowohl im Ausschuss als auch in der weiteren Beratung hier im Plenum -, gemeinsam zu einer Umkehr dieser Politik zu kommen.
Ich rate gerade denjenigen, die gestern auf dem Parlamentarischen Abend des Sozialverbands Deutschland waren, sich einmal vor Augen zu führen, was uns dort u. a. in der Kabarettaufführung dargestellt wurde. Wenn Sie sich das zu Herzen nehmen, sind wir im Kampf gegen Armut einen Schritt weiter. Man darf sich auf Parlamentarischen Abenden nicht nur gut verpflegen lassen, sondern muss das, was dort gesagt wird, auch zur Kenntnis nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein armes Kind ist ein Kind mit schlechteren Zukunftschancen. Deshalb ist jedes arme Kind eines zu viel, und deshalb nimmt die CDU-Fraktion dieses Thema sehr ernst.
Das scheint auch über die Fraktionen hinweg ein Grundkonsens zu sein, wenngleich ich, wenn ich den Antrag der Grünen anschaue und mir die Rede, die wir eben gehört haben, vergegenwärtige, das Gefühl habe, dass die Gemeinsamkeiten jetzt schon wieder aufhören. Ich muss sagen, dass ich von der Opposition heute nichts Neues zur Sache gehört habe.