Das Projekt „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen“ ist ein Angebot für Schuldner, die von Ersatzfreiheitsstrafen bedroht sind. Betroffene werden von der Antragstellung auf Ratenzahlung beim Gericht bis zur Zahlung der letzten Rate begleitet, um die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu verhindern.
Die Arbeit der Anlaufstellen und das Modellprojekt wurden bisher mit 1 Million Euro im Haushalt veranschlagt. Wir wollen 300 000 Euro mehr zur Absicherung dieser wichtigen Arbeit bereitstellen. Es sind 200 000 Euro zusätzlich für die Entlassungsfürsorge und 100 000 Euro für das Projekt vorgesehen. Das hilft den Menschen, die den Weg von der Haftanstalt in die Freiheit antreten, ungemein. Ich will in diesem Zusammenhang auch deutlich sagen, dass diejenigen, die diese Arbeit leisten, unsere volle Anerkennung verdienen.
Hinter dem Kürzel K.U.R.S. verbirgt sich die neue Konzeption für den Umgang mit rückfälligen Sexualstraftätern. Der Umgang mit gefährlichen Straftätern gehört zu den professionellen Herausforderungen der Sozialarbeit in der Bewährungshilfe und Führungsaufsicht. Am 1. Oktober 2007 hat die Zentralstelle K.U.R.S. im Landeskriminalamt Niedersachsen ihre Arbeit mit zwei Mitarbeitern aufgenommen. Ein verbesserter Informationszufluss zwischen Justiz, Maßregelvollzug und Polizei soll gewährleisten, Rückfallindikatoren rascher zu erkennen und eine präventive Wirkung zu erzielen. Dafür ist die persönliche Ansprache der Betroffenen unverzichtbar.
Um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger noch effektiver zu schützen, planen wir, im nächsten Jahr 15 Stellen im Rahmen von K.U.R.S. zu schaffen und den Ansatz für die Personalkosten dementsprechend zu erhöhen.
dersächsischen Justizvollzugsdienstes leisten eine hervorragende und für die Gesellschaft unverzichtbare Arbeit.
Wir wollen den Justizvollzugsdienst stärken und aus diesem Grunde 2009 101 Stellen im mittleren Dienst anheben. Unsere Koalitionsvereinbarung spricht sich ausdrücklich für mehr Beförderungen im mittleren Vollzugsdienst aus. In einem Fünfjahresprogramm, beginnend 2008, sollen insgesamt 750 Hebungen realisiert werden. Das bedeutet eine wichtige Anerkennung der Arbeit der Landesbeamten.
Die Aussteigerhilfe Rechts der niedersächsischen Justiz bietet Straftätern mit rechtsradikalem Hintergrund eine verbesserte Hilfestellung zum Ausstieg. Qualifizierte Sozialpädagogen betreuen Straftäter mit geeigneten Fördermaßnahmen, die in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten einsitzen, zu Geldstrafen verurteilt wurden oder der Bewährungshilfe unterliegen. Auch in einem laufenden Strafverfahren kann Hilfe in Anspruch genommen werden. Bisher war die Finanzierung der Aussteigerhilfe Rechts befristet. CDU und FDP wollen nun ein politisches Signal setzen und drei unbefristete Stellen für das Programm schaffen. Die notwendigen Personalkosten sollen aber wie bisher aus dem Budget erwirtschaftet werden.
Meine Damen und Herren, das sind zwar einzelne Schritte, aber es sind wichtige Schritte. Wir werden diese Arbeit in den nächsten Jahren konsequent fortsetzen, um, wie ich eingangs gesagt habe, einen Strafvollzug mit hohem Anspruch an Qualität und Wirtschaftlichkeit bereitzustellen.
Wir sind in Kooperation mit den freien Wohlfahrtsverbänden gut aufgestellt. Haushaltspolitisches Ziel ist es, die hervorragende Arbeit in diesem Bereich verlässlich zu finanzieren und klare Akzente zu setzen; einige habe ich hier erläutert.
Niedersachsen hat als erstes Bundesland ein eigenes Justizvollzugsgesetz verabschiedet und ein wichtiges Signal für andere Bundesländer gesetzt. Wir gewinnen an Qualität im Strafvollzug und damit an Sicherheit für die Bevölkerung.
Der nächste Redner ist Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Adler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion macht nicht nur Vorschläge in Bereichen, in denen man mehr Geld ausgeben soll, sondern wir machen auch Sparvorschläge.
Ein solcher Sparvorschlag ist die Justizvollzugsanstalt Bremervörde. Sie schlägt im Haushaltsjahr 2009 zwar nur mit 500 000 Euro zu Buche. Aber letztendlich geht es um Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 270 Millionen Euro, die wir einsparen können.
Ich will Ihnen auch sagen, weshalb. Es gibt zwei Gründe: Der erste Grund ist die geplante Rechtsform als PPP-Projekt.
Ich erinnere an das, was bei der Fachtagung der Katholischen Akademie in Stapelfeld dazu gesagt worden ist, u. a. von Professor Sonnen von der Universität Hamburg. Er hat deutlich gemacht, dass die bisherigen Analysen über einen Kostenvergleich des vergleichbaren Projekts Hünfeld in Hessen hervorgebracht haben, dass sich eine Privatisierung überhaupt nicht lohnt und die Kosten eher höher als geringer werden.
Der zweite Grund ist ein fachlicher: Der Justizminister sagt ja, dass die hoheitlichen Aufgaben auch im Rahmen dieses PPP-Projekts nach wie vor von Bediensteten im öffentlichen Dienst ausgeübt werden sollen. Aber letztlich sagen die Fachleute, dass alle Bediensteten soziale Kompetenz haben müssen und dass die Trennung, die künstlich angedacht ist, in der Praxis nicht funktioniert.
Ein weiterer Grund, weshalb wir gegen dieses Projekt in Bremervörde sind, ist, dass es eigentlich überflüssig ist.
Es gibt nämlich eine rückgängige Zahl von Gefangenen - wir haben 500 Gefangene weniger - und 5 % weniger Haftzeiten. Bremervörde soll 300
Der Justizminister antwortet darauf, dass damit kleinere Justizvollzugsanstalten geschlossen werden. Die Liste dieser Vollzugsanstalten ist erheblich: Achim, Alfeld, Gifhorn, Holzminden, Königslutter, Osnabrück Schinkelstraße, Peine, Stade, Verden. Im Grunde genommen sind es sogar elf, wenn man Emden und Bückeburg noch hinzurechnet. Dorthin wird ja eine Verlagerung stattfinden. In Zukunft soll dort der Wochenendarrest abgesessen werden, das, was bisher bei den Amtsgerichten stattgefunden hat. Aber auch dort wird der Vollzug herausgenommen.
Die Frage, ob es richtig oder nicht richtig ist, diese ganzen Vollzugsanstalten zu schließen, leitet über zu der Frage: Wie sollten wir Justizvollzug organisieren? - Ich bin der Meinung: Die oberste Zielrichtung bei dieser Fragestellung ist nicht, dass man die betriebswirtschaftlich günstigste Einheit schafft. Die oberste Prämisse sollte auch nicht sein, Entweichungen um jeden Preis zu vermeiden. Das oberste Prinzip sollte vielmehr sein: Wie organisieren wir den Justizvollzug so, dass Resozialisierung erreicht wird, nämlich dass verhindert wird, dass diejenigen, die straffällig geworden sind, erneut straffällig werden?
(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN - David McAl- lister [CDU]: Und die Sicherheit der Menschen außerhalb der JVA! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Durch gu- te Resozialisierung!)
- Die Sicherheit der Menschen außerhalb der JVA - Herr McAllister, gut, dass Sie mir dieses Stichwort geben - wird erhöht, wenn wir den Justizvollzug so organisieren, dass die Menschen nicht rückfällig werden. Dies trägt zur Sicherheit bei.
Wir haben bei den Jugendlichen eine Rückfallquote von 78 %. Das muss man sich einmal vorstellen! Da muss man doch darüber nachdenken, dass der Vollzug anders organisiert werden muss.
Ich will Ihnen sagen, was im Vollzug ganz wichtig ist: Ganz wichtig ist, dass man es bei den Straftätern hinbekommt, dass sie wieder in die Gesellschaft integriert werden. Dies ist nur mit sozialen
Kontakten möglich. Der wichtigste soziale Kontakt, der hier eine Rolle spielt, ist der Kontakt zur Familie. Wenn aber der Heimatort - vor allen Dingen des jugendlichen Strafgefangenen -, seine Familie und der Ort, in dem er untergebracht ist, so weit entfernt ist, immer weiter entfernt wird, weil man meint, die Gefängnisse nur noch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien organisieren zu müssen, dann finden die notwendigen Besuche nicht mehr statt. Dann wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich erreichen wollte, nämlich Integration in die Gesellschaft.
Deswegen sind wir der Meinung, dass man den gesamten Justizvollzug anders und vom Gesichtspunkt der Resozialisierung aus organisieren muss. Das bedeutet auch, dass der offene Vollzug ausgeweitet werden muss. Haftplätze im offenen Vollzug sind ja nicht ausgelastet. Das ist doch eigentlich ein Skandal!
Gucken Sie sich einmal den Vollzug in skandinavischen Ländern an. Diese haben geringere Kriminalitätsraten und große Erfolge mit dem offenen Vollzug; denn dort ist es eben eher möglich, die Menschen schrittweise in das normale Leben zu reintegrieren.
Das Übergangsmanagement ist gegenwärtig völlig ungelöst. Der offene Vollzug ermöglicht es, den Übergang in das normale Leben mit begleiteten Ausgängen und mit Freiheiten, die man begrenzt einräumt, zu erleichtern.
Wir haben mit dem zuständigen Ausschuss die Justizvollzugsanstalt Hannover besichtigt. Was wir dort zu hören bekamen, war erschreckend. Der Personalrat hat gesagt: Wir gehen auf dem Zahnfleisch, so ist die derzeitige Belastung des Personals. - Der Krankenstand ist erschreckend hoch, und zwar deshalb, weil die Bediensteten zu sehr belastet sind. Auch die Seelsorger - dies ist sehr interessant - haben uns einiges gesagt, weil sie mittendrin stecken und als unabhängige Stelle sehr gut wissen, wovon sie reden.
Mehr als 50 % der Inhaftierten sind drogenabhängig. Aber es fehlt an Drogenberatern. Es fehlt an Schuldnerberatern. Es fehlt an qualifizierter Entlassungsvorbereitung.
Begleitete Ausgänge sind notwendig; dies habe ich eben schon gesagt. Diese müssen zum Teil von den Seelsorgern erledigt werden.
Das sind die Gründe, weshalb wir in unserem Änderungsantrag zu diesem Haushalt 30 zusätzliche Stellen im mittleren Dienst gefordert haben;
denn diejenigen, die in den Vollzugsanstalten ihren Dienst leisten, sind nicht Schließer. Das sind vielmehr Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst in den Gefängnissen.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte - dies ist schon angesprochen worden -, sind die Sozialrichterstellen. Dazu hat es in unserem Ausschuss eine deutliche Stellungnahme der jeweiligen Interessenvertreter, der Verbände gegeben. Im Grunde genommen muss man Folgendes sagen: Den Murks, der bundesweit mit den Hartz-IVGesetzen angerichtet worden ist, baden natürlich in erster Linie die Betroffenen aus.