Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Strahlenwerte der Atommüll-Transportbehälter beim Atommülltransport 2008 nach Gorleben

Beim diesjährigen Transport von hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague in das Zwischenlager Gorleben vom 7. bis 11. November 2008 ist es zu erheblichen Irritationen hinsichtlich der von den elf TN85-Behältern ausgehenden Gamma- und Neutronenstrahlung gekommen. Erst auf öffentlichen Druck veröffentlichte das niedersächsische Umweltministerium Ergebnisse von Messungen der Ortsdosisleistung in 2 m Abstand: Laut Pressemitteilung vom 10. November 2008 liegen Messwerte für alle elf Behälter vor, die bei der Zusammenstellung des Transportes in Valognes „im Beisein deutscher Sachverständiger“ gewonnen wurden. Weiterhin wurde eine „repräsentative Stichprobe“ an drei der elf Behälter bei der Umladung in Dannenberg vorgenommen.

Angesichts der bekannten Sorgen der Bevölkerung, der Tatsache, dass die Polizei den Transport über eine lange Zeit begleiten muss und dass erstmals ein neuer Behältertyp für den Transport von HAW-Kokillen nach Gorleben eingesetzt worden ist, erscheint es Beobachtern klärungsbedürftig, dass nur so wenige Messungen durchgeführt worden sein sollen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Messwerte für die Gamma- und Neutronenstrahlung (bitte getrennt ausweisen) an der Oberfläche, in 2 m Abstand und an verschiedenen Stellen der Behälter wurden von den einzelnen elf TN85-Behältern an den verschiedenen Stationen des Transports - in La Hague, in Valognes, an der französischdeutschen Grenze, in Dannenberg, bei der Annahme im Zwischenlager Gorleben sowie während des laufenden Schienen- oder Straßentransports - erhoben?

2. Wer hat an den unter Frage 1 genannten Stationen mit welchen und wessen Messgeräten gemessen, und welche Stellen/Institutionen/Unternehmen waren dabei jeweils ebenfalls anwesend?

3. Unter welchen Bedingungen (beispielsweise Messzeit und Berücksichtigung der Neutronen- fenster) und mit welchen Geräten (einschließ- lich ihrer Kalibrierung) wurden die Messungen jeweils durchgeführt?

Nach Ansicht des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz hat es beim diesjährigen Atommülltransport nach Gorleben die in der Anfrage suggerierten Irritationen nicht gegeben. Auch die von Greenpeace veröffentlichten Strahlenmesswerte fügen sich nahtlos in das Bild ein.

In La Hague, Valognes, Dannenberg und Gorleben werden die notwendigen Messungen der Gamma- und der Neutronendosisleistung durchgeführt, um ein umfassendes Bild der von den elf TN85-Glaskokillenbehältern ausgehenden Strahlung nach den einschlägigen Vorschriften zu erfassen. An der französisch-deutschen Grenze wird nicht gemessen, weil sich an den Werten während des Schienentransportes nichts verändert.

Die Messungen in Frankreich führt AREVA NC durch geschultes Personal mit eigenen Geräten in Anwesenheit der deutschen Sachverständigen und soweit erforderlich auch der deutschen Behörden durch. Gleiches gilt für die Messungen in Deutschland, die die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) mit ihren Geräten durchführt.

Die Zielsetzung der Messungen ist jeweils unterschiedlich:

In La Hague werden hinsichtlich des Polizeieinsatzes in Deutschland Messungen der Gamma- und Neutronenstrahlung an den Stellen der Behälter mit den maximalen Strahlungsintensitäten als Funktion des Abstandes gemessen. Diese sogenannten Abstandskurven aller Behälter hat die Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) auf ihrer Homepage veröffentlicht. Des Weiteren wird die mittlere Oberflächendosis sowohl für

Gamma- als auch für Neutronenstrahlung aufgrund repräsentativer Einzelmessungen unmittelbar nach der Beladung jedes Behälters ermittelt. Dies ist wichtig zur Planung der Aufstellung der Behälter im Zwischenlager Gorleben. Auch diese Messungen werden von AREVA NC im Beisein der GNS, des Sachverständigen und zum Teil auch der Aufsichtsbehörde über das Zwischenlager durchgeführt.

In Valognes werden die aufgrund internationaler Regelungen geforderten verkehrsrechtlichen Messungen an den verladenen Behälter durchgeführt. Auch hier sind der deutsche Sachverständige und zum Teil das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zugegen.

Die Messungen in Dannenberg haben den Sinn und Zweck, stichprobenartig die Messungen in Valognes im Beisein des zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes an den Straßentransportfahrzeugen für den Gefahrguttransport auf der Straße nachzuvollziehen. Die Messwerte der relevanten Gesamtdosisleistungen sind für alle Transporteinheiten in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz vom 10. November 2008 noch vor dem Straßentransport nach Gorleben veröffentlicht worden, damit sich jeder ein Bild vom Aufenthalt in der Nähe des Transportfahrzeuges machen konnte.

Nach der Annahme im Zwischenlager werden wiederum sowohl die Gamma- als auch die Neutronendosisleistungen aller elf Behälter an den verschiedensten, in Prüfanweisungen vom Bundesamt für Strahlenschutz BfS festgelegten Stellen gemessen. Diese haben auch das Ziel, Handhabungsmodalitäten, Aufenthaltsdauern oder gegebenenfalls mobile Abschirmungen bei der Abfertigung der Behälter zu planen und nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Strahlenschutzes durchzuführen. Auf das Schreiben des Staatssekretärs des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz vom 2. Dezember 2008 an den Fraktionsvorsitzenden Bündnis 90/Die Grünen, in dem die aktuell vorliegenden Messwerte im Einzelnen genannt sind, weise ich hin.

In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 12. November 2008 hat die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) im Übrigen auf die Frage des Abg. Beck, warum die neuen Atommüllbehälter deutlich mehr - 40 % - Neutronenstrahlung freisetzen und welche Kon

sequenzen dies für die Schutzmaßnahmen für Polizei und Bevölkerung im Umfeld der Transportstrecke habe, erklärt: „Der Vergleich der Gamma- und Neutronenleistungsmessungen an den Castorbehältern beim Transport im Jahre 2006 und der Messungen … an den TN85-Behältern in diesem Jahr zeigt, dass die Ergebnisse der Gamma- und Neutronenleistungsmessungen nahezu übereinstimmen und keine systematischen Nachteile der TN85-Behälter gegenüber den Castorbehältern ersichtlich sind.“

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die aufgeführten Messwerte sind als Summenwerte schon seit Längerem in einer Grafik der GRS zum Strahlenfeld der Behälter im Internet veröffentlicht worden und wurden in der Presseinformation Nr. 78 vom 10. November 2008 des NMU bekannt gegeben.

Messungen in La Hague

Kontrolle des Strahlenfeldes an der Behälteroberfläche (Abdeckplane) in 2 m Höhe

Behälter

MP - 1 [µSv/h ]

MP - 2 [µSv /h]

MP - 3 [µSv/h ]

MP - 4 [µSv /h]

MP - 5 [µSv/h]

MP max [µSv /h]

01 4 14 63 10 4 51

n 10 82 118 84 27 145

02 6 18 61 16 4 67

n 10 104 117 82 33 118

03 2 12 69 12 4 67

n 8 96 108 86 27 168

04 < 2 10 55 10 2 67

n 7 86 100 86 35 145

05 γ 6 16 53 14 4 63

n 11 88 99 80 30 144

06 γ 4 16 69 12 4 67

n 10 106 101 86 18 149

07 γ 10 20 69 20 6 73

n 24 117 123 99 29 201

08 γ 4 18 61 16 4 65

n 11 132 121 106 26 202

09 γ 2 14 67 18 4 55

n 10 123 130 114 30 188

10 γ 2 14 67 14 2 67

n 8 123 120 104 29 193

11 γ 4 18 71 14 4 78

n 12 124 121 92 27 206