Ich habe heute Morgen von Herrn Rösler erneut zur Kenntnis nehmen können, dass er für Seriosität ist. Für die FDP bedeutet Seriosität, dass man gegen Schulden, aber für Steuersenkungen ist. Ich hoffe, dass Sie nachher einmal erklären, wie beides miteinander vereinbar ist.
Mit den üblichen Mitteln der Mathematik ist das nämlich nicht zu schaffen. Insofern ist das eine ganz spannende Geschichte. Aber Ihnen steht ja Großes bevor, und Sie werden uns dazu bestimmt gleich eine kleine Lehrstunde erteilen.
Die Kommunen sind also in der Lage, diese Investitionen zu tätigen, weil der Bedarf besteht und die Projekte auch vorbereitet sind. Die Mittel würden vorrangig in die energetische Sanierung und in die Qualitätsverbesserung von Schulen fließen. Wir fordern mit unserem Antrag, der Ihnen schon vorliegt, der aber jetzt zu konkretisieren sein wird, weil er nicht an allen Stellen mit den Verabredungen von Montag deckungsgleich ist, dass die 1,2 Milliarden Euro für kommunale Investitionen von der Landesregierung an die niedersächsischen Kommunen weitergegeben werden. In dieser Forderung unterscheiden wir uns ganz zentral von Ihnen, meine Damen und Herren.
Herr Wulff hat angekündigt, das Ganze soll bürokratiearm ablaufen. Das gelingt vor allem dann, wenn man den üblichen Verteilerschlüssel für Kreise einerseits und Gemeinden und Städte andererseits nimmt und dann nach Einwohnerzahl verteilt, wenn man der kommunalen Ebene ein Zugriffsrecht darauf einräumt und wenn man die Kriterien ganz einfach bestimmt. Die Kriterien ergeben sich zum Teil aus den Vorgaben des Bundes. Darüber hinaus dürfen aus unserer Sicht nur drei weitere Kriterien gelten: Erstens. Die Mittel müssen on top sein, also oben drauf kommen, und nicht ein Ersatz für ohnehin vorgesehene Investitionen. Dann wäre das Ganze nämlich konjunkturell belanglos. Zweitens. Die Mittel müssen für Investitionen verwendet werden und für nichts anderes. Drittens. Die Mittel müssen 2009 und/oder 2010 abfließen.
Das sind nach unserer Meinung die einzigen Kriterien, die zur Anwendung gebracht werden dürfen. Wir gehen davon aus, dass die niedersächsischen
Gemeinden in der Lage sind, im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung auf die richtigen Projekte zu setzen und darüber die kommunalen und regionalen Beschäftigungsmärkte zu stabilisieren. Darauf kommt es doch an.
Dann allerdings - und da sehen wir zusätzlichen Handlungsbedarf, um den die Landesregierung sich augenscheinlich drücken will - gibt es Bedarfe im Bereich der Substanzsicherung auch dort, wo das Land selbst Verantwortung trägt: bei den Hochschulen beispielsweise. Dafür wäre das Konjunkturprogramm klasse geeignet Der Landesrechnungshof hat Ihnen knapp 300 Millionen Euro Sanierungsbedarf ins Stammbuch geschrieben. Das ist Ihre Pflichtaufgabe. Wann kommen Sie damit rüber?
Wir haben hier im Dezember über den Bedarf im Bereich der Substanzerhaltung bei den Straßen in Niedersachsen diskutiert. Auch hierfür wäre es möglich, die Konjunkturmittel zu nutzen.
Deshalb sagen wir: Zusätzlich zu diesen 1,2 Milliarden Euro, die die Kommunen bekommen, ist ein landeseigenes Konjunkturprogramm für Bereiche, in denen das Land selber in der Pflicht ist, notwendig.
Herr Wulff, Sie haben bisher den Eindruck erweckt, man müsse nichts tun. Am 17. Dezember waren Sie ja bei Ihrem Kollegen Oettinger - große Sause! -, und zur Begründung wurde hinterher gesagt: Wir haben über die Krise und ihre Folgen diskutiert.
Herr Wulff war am 17. Dezember in Stuttgart und hat mit Herrn Oettinger über die Krise geredet. Bei der Gelegenheit hat Herr Oettinger ihm vielleicht erzählt, dass er am 16. Dezember, einen Tag vorher, ein Landeskonjunkturprogramm über 950 Millionen Euro aufgelegt hat. Herr Wulff, da wären Sie doch gefordert gewesen, zu zeigen: Das, was die Süddeutschen können, das können wir auch. Wir werden auch aktiv. - Das wäre doch eine Ansage gewesen.
Unser Vorschlag liegt ausgearbeitet auf dem Tisch: Stärkung der Kommunen, Durchleitung der Mittel, und das Land macht ein eigenes Programm. Über die Frage, was über Sondervermögen und was über Nachtragshaushalt läuft, muss man im Einzelnen diskutieren. Diese Diskussion ist sicherlich auch verschiebbar. Aber alle Projekte müssen enthalten sein.
Ich habe mit Interesse die wenigen Andeutungen dazu gehört, was Sie mit dem Geld aus Berlin vorhaben. Ich will hier auf drei Beispiele eingehen.
Sie wollen immer den Nachweis führen, wie aktiv Sie, meine Damen und Herren, bei diesem Thema sind. In Niedersachsen sind vonseiten des Landes in den letzten Jahren 394 Millionen Euro für die Kommunen zur Verwendung für Ganztagsschulen bereitgestellt worden. Diese 394 Millionen Euro sind vom Bund gekommen und ohne Anreicherung um nur einen einzigen Euro an die Kommunen durchgeleitet worden.
Sie erwecken den Eindruck von Tätigwerden, meine Damen und Herren. In letzter Zeit ist aber nichts passiert. Jetzt droht die Chance, dass wieder Geld kommt. Also wacht die Landesregierung auf und erinnert sich: Da war doch einmal etwas! Dann werden wir etwas für die Ganztagsschulen machen; denn dazu liegen noch ein paar Anträge herum! - Ich meine zwar, dass die Idee gut ist. Sie müssen mir nur noch erklären, worin darin der neue Akzent und die eigene Qualität von Landesveranstaltungen liegt.
Nun zum zweiten Beispiel: Verstärkungen im Bereich der Krippenplätze. Es gab einen Krippengipfel zwischen Bund und Ländern, auf dem sich die Länder verpflichtet haben, ein Drittel der Finanzierung zu leisten, um die Infrastruktur bedarfsgerecht auszubauen, genau gesagt 35 % zu leisten, damit im Jahre 2013 der Rechtsanspruch eingelöst werden kann. Sie haben mit den niedersächsischen Kommunen eine nach meinem
Dafürhalten sehr vertretbare Verabredung über die Betriebskosten getroffen. Sie haben mit den niedersächsischen Kommunen bisher aber nicht über die Investitionskosten verhandelt. Die gegenwärtige Bedienung der Anträge organisieren Sie durch Vorziehen der Bundesmittel aus den Folgejahren. Im Moment fällt diese Vorgehensweise noch nicht auf, weil Geld hereinkommt, aber demnächst fälllt sie auf. Herr Wulff stellt fest: Das ist eine gute Idee. Der Bund bringt frisches Geld. Also nehme ich es, um meine aus dem Krippengipfel schon bestehenden Verpflichtungen einzulösen.
Ein fairer Umgang mit diesem Thema hätte zur Folge, dass Sie Jahr für Jahr Investitionen in Höhe von 30 Millionen Euro in den Landeshaushalt einstellen müssten. Das aber machen Sie nicht. Stattdessen kommen Sie jetzt auf die Tour: durch die Hintertür, meine Damen und Herren. Das geht nicht.
Das ist nichts anderes, als dass die Landesregierung ihre Unterlassungssünden mit Berliner Geld kompensiert, meine Damen und Herren. Das ist nicht akzeptabel.
Ich nenne Ihnen ein drittes Beispiel, das mich tief beeindruckt hat. - Ich weiß gar nicht, ob Herr Wulff es ausgeführt hat oder ob ich es dem Text entnommen habe. Ich glaube, er hat es ausgeführt. - Aus EFRE-Mitteln werden 12 Millionen Euro für energetische Gebäudesanierung bereitgestellt. Das ist ein Beitrag des Landes zum Konjunkturprogramm. Diese 12 Millionen Euro, die übrigens erst auf Druck in das EFRE-Programm aufgenommen worden sind, weil, wie wir wissen, der zuständige Minister beim Thema Klimaschutz nicht sonderlich gut hört, sind seit 18 Monaten bei den europäischen Strukturmitteln veranschlagt. Interessanterweise ist bisher kein Abfluss erfolgt. Wie wir wissen, wird das vonseiten des Landes „schwer“ beworben.
Also sagt sich die Landesregierung: Das ist eine gute Idee. Das Geld liegt dort sowieso herum. Jetzt
lasst uns mal den Eindruck erwecken, dass wir klimapolitisch auch noch ein kleines Stückchen leisten. Außerdem kostet es uns nichts, was sehr hilfreich ist. - Anscheinserweckung, wie es schlimmer nicht geht!
Auf gut Deutsch: Die Landesregierung ist augenscheinlich überhaupt nicht bereit, den Kommunen Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen, sondern bietet an - so habe ich es verstanden -: Liebe Kommunen, wenn ihr Anträge in Bereichen habt, in denen wir bisher versagt haben, dann können wir darüber reden. - So ungefähr habe ich dieses Vorgehen verstanden, meine Damen und Herren. Das kann aber nicht Sinn der Veranstaltung sein.
Ausweislich dieses Papieres des Koalitionsausschusses sind 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in die kommunale Infrastruktur gebunden. Das ist ein Begriff, der relativ schnell nachvollziehen lässt, worum es dabei geht. Was aber macht die Landesregierung für die kommunale Infrastruktur? Man könnte auf den Gedanken kommen, dass diese Mittel den Kommunen gegeben werden müssen, damit sie sie für Investitionen in die kommunale Infrastruktur verwenden. - Nein, weit gefehlt. Die Landesregierung hat festgestellt, dass sie entgegen den Aussagen hier im Landtag beim Thema Krankenhausinvestitionen in Deutschland seit Jahren Schlusslicht ist. Sie hat in den letzten Jahren die hierfür vorgesehenen Mittel, die während unserer Regierungszeit bei knapp 200 Millionen Euro lagen, auf jährlich 120 Millionen Euro gesenkt, nutzt die Gelegenheit, dass jetzt frisches Geld kommt, um ihre Unterlassung in der Krankenhausfinanzierung mit den Mitteln des Bundes auszugleichen, und erklärt diese Vorhabe zu kommunalen Infrastrukturaufgaben, meine Damen und Herren. Das ist aber eine Pflichtaufgabe des Landes!
Alles zusammengenommen stellen wir fest, dass der schöne Satz von Herrn Wulff „Jeder tut seinen Teil dazu“ für alle anderen deshalb nicht stimmt, weil diese Landesregierung es den Kommunen
vorenthält, ihren Teil überhaupt leisten zu können, und gleichzeitig an dieser Stelle durch absolutes Nichtstun glänzt. Das ist nicht akzeptabel.
Ich prognostiziere Ihnen, dass nicht nur die Bundesseite dieses Vorgehen nicht akzeptieren wird - weil es gegen den Wortlaut der Verabredung ist -, sondern auch und vor allem die kommunale Seite dieses Vorgehen nicht akzeptieren wird. Bei den Kommunen herrscht nämlich der Eindruck vor, dass ein kommunales Investitionsprogramm von den Kommunen durchzuführen ist. Dies entspricht auch dem öffentlichen Eindruck und im Übrigen auch dem Text, der in Berlin verabredet worden ist. Deshalb werden Sie viel Spaß haben und in den nächsten Tagen viel Besuch kriegen. Darauf, dass das so ist, können Sie wetten! Weil wir das, was Sie hier machen, für nicht verantwortbar halten, werden wir gerne dazu beitragen, dass dies geschieht.
Zu guter Letzt noch zwei Bemerkungen zu dem, was in der nächsten Zeit vor uns liegt. Herr Rösler, ich habe mit Interesse gelesen, was Frau Winterstein, Ihre Haushaltspolitikerin aus Niedersachsen im Bundestag, von dem Konjunkturpaket hält: Nichts! - Ich habe mit Interesse gelesen, dass Ihr Parteivorsitzender deutlich gemacht hat, dass er das Konjunkturpaket im Bundesrat blockieren wird. Das wird ja noch eine interessante Veranstaltung zwischen den beiden Regierungsfraktionen. Wir werden auf jeden Fall darauf drängen, dass dieses Konjunkturprogramm kommt, dass es möglichst schnell kommt und dass es vor allem bei den Kommunen ankommt.