„Ich komme zu dem Schluss, dass es berechtigten Grund zu der Annahme gibt, dass der genetisch veränderte Mais der Linie MON810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt.“
So begründete Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, warum sie den Anbau und den Vertrieb von MON810 in Deutschland bis auf Weiteres verbietet.
Anders als bei dem halbherzigen Versuch von Herrn Seehofer, der im Jahr 2007 den Saatgutverkauf erst nach der Aussaat und auch nur für kurze Zeit stoppte, handelt es sich dieses Mal wirklich um ein Anbauverbot, zumindest für dieses Jahr; denn die Entscheidung erfolgte vor der Aussaat. Für unsere Fraktion ist diese Entscheidung ein gutes Ergebnis und ein Schritt in die richtige Richtung.
Wir sind aber noch nicht am Ziel. Darauf zielt unser Antrag ab. Die nächste Etappe heißt: rechtsverbindliche Absicherung gentechnikfreier Regionen in Niedersachsen; ein gentechnikfreies Niedersachsen.
Wer allerdings glaubt, dass sich die Fraktionen von CDU und FDP sowie die Landesregierung, insbesondere Herr Minister Ehlen, ebenfalls über den Bescheid von Frau Aigner gefreut haben, irrt sich. Ganz im Gegenteil! Erst ging der Landwirtschaftsminister auf Tauchstation - übrigens bis heute; ich habe jedenfalls noch keine Äußerung von ihm gelesen.
(Christian Meyer [GRÜNE]: Wo ist Herr Sander eigentlich? - Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Der ist ja nicht zuständig!)
- Angeblich ja doch. - Danach kam Herr Staatssekretär Ripke. Bei der öffentlichen Erörterung unseres Antrages im Fachausschuss bezog er - genau wie die Abgeordneten von CDU und FDP - klar Stellung pro Genmaisanbau. Auf unsere Nachfrage, warum Herr Ehlen sich nicht äußere, sondern Herr Sander, erklärte er uns, dass Herr Sander zum Teil dafür zuständig sei.
Wie wir den Nachrichten entnehmen konnten, hat auch Ministerpräsident Wulff das Genmaisverbot scharf kritisiert.
Meine Damen und Herren, das ist für uns Grund genug, unseren Antrag aufrechtzuerhalten. Wir erwarten nämlich, dass der Anbau von MON810 dauerhaft untersagt wird.
Wir erwarten, dass diese Landesregierung im Bundesrat und in der Europäischen Union das Anbauverbot von Frau Aigner unterstützt.
Es ist erschreckend, mit welcher Ignoranz der Staatssekretär beim Erörterungstermin alle wissenschaftlichen Untersuchungen, die auch Grundlage des Anbauverbotes sind, vom Tisch gewischt und als nicht fachlich, sondern emotional erzeugt bezeichnet werden. MON810 wurde 1998 genehmigt. Diese Landesregierung ist noch nicht einmal
ansatzweise bereit, sich mit den wissenschaftlichen Untersuchungen und Forschungen der vergangenen elf Jahre auseinanderzusetzen.
Gene sind keine Legosteine. Das alte Dogma, dass Gene einfach hin und her verschoben werden können, ohne sich zu verändern, ist längst überholt.
Das gilt wahrscheinlich nicht für die Gene niedersächsischer CDU- und FDP-Abgeordneter und -Minister. Die scheinen anders gebaut zu sein. Sie verändern sich nämlich nicht. Sie bleiben bei ihrer Ideologie, dass grüne Gentechnik per se etwas Gutes ist - ganz egal, welche neuen Erkenntnisse die Vertreter von Wissenschaft und Forschung vortragen.
Es stört Sie auch nicht, dass Landwirte, Verbraucher und die Menschen insgesamt sich mehr und mehr gegen den Einsatz grüner Gentechnik wehren. Meine Damen und Herren der CDU, der FDP und auch der Landesregierung, Sie vertreten nicht die Interessen der Landwirte und Verbraucher, sondern die Interessen weniger Konzerne.
Deutlich wird das auch in einer Umfrage pro und kontra Gentechnik, die nicht etwa von Greenpeace, vom BUND oder anderen angeblich obskuren Organisationen durchgeführt wurde, sondern von einer landwirtschaftlichen Fachzeitschrift, nämlich der Zeitschrift Land & Forst, und zwar nach dem Anbauverbot, also ganz aktuell. Circa 90 % der Leser und Leserinnen haben sich gegen den Einsatz von Gentechnik in Nahrungs- und Futtermitteln ausgesprochen.
Im Augenblick kann ich Ihnen leider nicht die Kommastelle nennen, da diese Umfrage - wen wundert es? - aus dem Netz verschwunden ist. Nach meinem Eindruck hat man dieses Ergebnis nicht erwartet. Es zeigt nämlich deutlich, dass die Landwirte selbst in überwältigender Mehrheit zu den Gentechnikgegnern zählen und nicht nur die Verbraucher und Verbraucherinnen; denn dieses Ergebnis
Meine Damen und Herren, als Erfolg bezeichne ich auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig. Am 5. Mai bestätigte das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren, dass das Anbauverbot für MON 810 bestehen bleibt. In ihrer Eilentscheidung begründeten die Richter das Verbot damit, dass aus ihrer Sicht eine Gefahrenlage besteht. Wahrscheinlich sagt Herr Ripke nun auch wieder, dass das eine emotionale Entscheidung gewesen ist.
Der US-Agrarkonzern Monsanto beherrscht zu über 90 % den Markt weltweit angebotener Genpflanzen. Weltweit kooperiert Monsanto mit nationalen Firmen und kauft in großem Stil Saatgutunternehmen auf. Um seine Stellung auf dem europäischen Markt auszubauen, ging Monsanto 2007 eine enge Zusammenarbeit mit BASF ein. Wer also angesichts des Marktanteils von 90 % von Monsanto behauptet, dass niedersächsische Unternehmen durch ein Verbot von GVO in Niedersachsen oder Deutschland Bankrott gehen würden oder dass uns Know-how verloren ginge, der übertreibt skrupellos.
Wir müssen viel mehr darauf setzen, die Forschung in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft zu stärken, gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Klimaveränderung. Allerdings müssen auch die dafür notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.
Leider ist bei Ihnen das Gegenteil der Fall: Die für Futtermittel so notwendigen heimischen Eiweißpflanzen lässt man im wahrsten Sinne des Wortes eingehen. Man liefert die Landwirte und Verbraucher lieber der Gentechnikindustrie aus.
Gegen Gentechnik zu sein, heißt nicht, fortschrittsfeindlich zu sein, sondern erkannt zu haben, dass die schon jetzt zu sehenden Nachteile von GVO deutlich überwiegen und die Versprechen der Gentechnikindustrie schon jetzt nicht eingehalten werden. Wer wie diese Landesregierung die Augen verschließt, handelt grob fahrlässig.
Es gibt ganz klar eine Monopolbildung in der Gentechnikindustrie zum Nachteil von Landwirten, Handel und Verbrauchern. Monsanto äußerte Mitte der 90er-Jahre: Wir wollen die Landwirtschaft in den Griff bekommen, und zwar vom Acker des
Meine Damen und Herren, Monsanto versucht, über Patente und Lizenzen auf Pflanzen und Saatgut die Kontrolle über die Landwirtschaft zu erlangen. So können sie diktieren, wer was zu welchen Bedingungen und Preisen anbauen und verkaufen darf. Darüber hinaus erfolgt gleichzeitig das Diktat über Schädlingsbekämpfung und Pflanzenschutzmittel. Wollen Sie unsere Landwirte tatsächlich dieser totalen Abhängigkeit aussetzen?
Nahtlos schließt sich die Zulassungspraxis der EFSA an, die nicht erst durch den EU-Umweltministerrat in die Kritik geraten ist. In der Beurteilung herrscht ziemliches Einvernehmen: Die Arbeit der EFSA, die als intransparent und methodisch als unzureichend beurteilt wird, gehört auf den Prüfstand. Hauptkritikpunkte sind u. a., dass eine unternehmensunabhängige Sicherheitsforschung fehlt und keine Langzeituntersuchungen zur Abschätzung von Langzeitrisiken durchgeführt werden.
Meine Damen und Herren, nach den Erfahrungen in den USA mit der grünen Gentechnik, deren negative Auswirkungen immer deutlicher werden, müssen wir feststellen, dass Koexistenz nicht möglich ist. In Kanada z. B. hat sich der Genraps, den es bei uns Gott sei Dank nicht gibt, fast flächendeckend ausgebreitet. Genpflanzen machen eben nicht an Ackergrenzen halt. Die Klagen der Imker sprechen Bände. Hilfsmöglichkeiten gibt es nicht. Unbeabsichtigte Auskreuzungen und damit verbundene Verunreinigungen von Lebensmitteln haben schon für manche Schlagzeilen gesorgt und zu teuren Rückholaktionen geführt.
Diese Erkenntnis führt zu der Forderung, dass wir uns für eine rechtsverbindliche Sicherung gentechnikfreier Regionen, für ein gentechnikfreies Niedersachsen sowie für gentechnikfreie Lebens- und Futtermittel aussprechen müssen.
Meine Damen und Herren, in Deutschland gibt es bereits zahlreiche Initiativen für eine gentechnikfreie Flächennutzung. Deutschlandweit sind es 189 gentechnikfreie Kommunen. Knapp 30 000 Landwirte haben sich freiwillig diese Selbstverpflichtung auferlegt. Auch in Niedersachsen gibt es zahlreiche Regionen, die sich für gentechnikfrei erklärt haben, so - wenn ich richtig informiert bin - seit Neuestem auch die Region Hannover.
Ich zitiere einmal einen Landwirt, der anlässlich einer Veranstaltung zum Thema Gentechnik vor ca. zwei Monaten über seine Beweggründe sprach: „Bis Ende der 90er-Jahre hatten wir ein Gentechnikmoratorium“, so der Landwirt. „Als dann das Moratorium fiel, wurden wir als Landwirte darauf aufmerksam: Da kommt was auf uns zu. Ich habe es eigentlich nie ernst genommen, sondern ich habe gedacht: Bei dieser Technologie, so unsicher, so risikobehaftet, so mit wissenschaftlichen Schwierigkeiten, das erledigt sich von selbst. Hat es aber nicht. Es kam auf uns zu, und wir waren jetzt als Landwirte gefragt. Wie reagieren wir darauf? Es fehlte an Informationen, vor allen Dingen an unabhängigen Informationen. Bei Gentechnik müssen wir Landwirte alle zusammen entscheiden. Es ist zwar möglich, dass der eine konventionell arbeitet, der andere ökologisch. Das gilt aber nicht bei der Gentechnik. Das war der Punkt, warum wir gesagt haben: Wir müssen uns entscheiden. Das war der Beginn eines Prozesses, und am Ende stand die gentechnikfreie Gemeinde.“