Karin Stief-Kreihe
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heute vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE hat einen Vorgänger. Der erste Antrag der Fraktion der Linken wäre sicherlich sinnvoller gewesen, da er Fragen enthält, die wir uns heute wohl alle stellen. Einen Teil hat Herr Herzog angesprochen. Aber leider hat der Populismus bei Ihnen die Oberhand gewonnen.
Mit Ihrem neuen Antrag interessieren Sie die offenen Fragen nicht mehr. Die Antworten darauf sind aber nicht nur für die Region Hannover von Bedeutung, sondern interessieren alle Kommunen, die mit den vielfältigen Problemen der Altlastensanierung zu kämpfen haben. Wir haben das wiederholt im Plenum angesprochen.
Meine Damen und Herren, wie stellt sich uns der aktuelle Sachstand dar? - Die Region Hannover und auch die Landesregierung waren nach Prüfung der Frage, ob eine Sicherung des Asbestzementschlamms und der Asbestzementscherben - insgesamt ca. 170 000 t - vor Ort in WunstorfLuthe wirtschaftlich und ökologisch sinnvoller sei, zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Deponierung vor Ort aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur mit sehr großem Aufwand und vor allem mit einer nur begrenzten Haltbarkeit möglich sei. Da auch eine Verbringung des Asbestmülls auf eine
Deponie in der Region hinfällig wurde, entschloss man sich im Einvernehmen mit dem Land für eine Entsorgung des Materials außerhalb der Region.
Die Deponien Ihlenberg in Mecklenburg-Vorpommern und Rondeshagen in Schleswig-Holstein boten die Annahme an und gaben die erforderlichen Annahmeerklärungen ab. Beide Deponien sind Sonderabfalldeponien und für die Aufnahme von gefährlichen Abfällen geeignet. In Ihlenberg lagert z. B. auch Asbestmüll aus Griechenland und Irland.
Ich möchte drei Punkte ansprechen, die geklärt werden müssen:
Erstens. Die gegenwärtig unterschiedlichen Rechtsauffassungen beziehen sich auf den Transport des Asbestmülls. Die Prüfung durch den TÜV Nord und die darauf basierende Genehmigung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hannover vom 24. November 2011 kommen zu dem Ergebnis, dass der Asbesttransport nicht den Vorschriften des ADR - das entspricht der Gefahrgutverordnung - unterliegt. Es heißt wörtlich - ich zitiere -:
„Es sind keine belastbaren Gründe zu erkennen, die eine Untersagung des Transportes in loser Schüttung rechtfertigen würden.“
Das Land erklärte, dass alle öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für den Transport vorliegen.
Das Büro Gaßner, Groth, Siederer & Coll. kommt in seinem von Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegebenen Gutachten zu dem Ergebnis - ich zitiere -:
„Die vorgesehene unverpackte Beförderung des asbesthaltigen Schlamms verstößt ohne behördliche Ausnahmegenehmigung gegen die einschlägigen gefahrgutrechtlichen und gefahrstoffrechtlichen Vorschriften. … Für die Erteilung von Ausnahmen für die Beförderung sind die niedersächsischen Behörden zuständig …“
Mecklenburg-Vorpommern setzt noch eins drauf und erklärt, dass man auch in sogenannten Big Bags verpackten Asbestmüll verweigern werde. Das wird im Rechtsgutachten nicht weiter erwähnt.
Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat noch am 29. November 2011 entgegen ihrer heuti
gen Stellungnahme in der Drucksache 2027 erklärt - ich zitiere -:
„Die Landesregierung teilt die Auffassung des Gutachtens,“
- gemeint ist das Gutachten des TÜV Nord -
„dass eine Gefährdung Dritter durch den Transportvorgang als solchen durch Freisetzung von Asbestfasern nicht bestehen wird.“
Für uns stellt sich also die Frage: Welche Rechtsauffassung ist richtig bzw. gibt es unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten des Abfallrechts und der Gefahrgutverordnung?
Zweitens. Nicht jedes Bundesland unterhält Sonderabfalldeponien für gefährliche und auch für toxische Abfälle. Aus diesem Grund gibt es entsprechende Länderkooperationen. Welche Verpflichtungen ergeben sich aber daraus? Welche Konsequenzen hat die Vorgehensweise von Mecklenburg-Vorpommern, wenn Bundesländer und Landkreise genehmigte - ich sage ausdrücklich: genehmigte - Transporte verweigern können? Welche Verbindlichkeit haben Länderkooperationen dann noch? Warum verweigern wir in Niedersachsen dann nicht die Annahme von Atommüll?
Drittens. Zu den Deponieverträgen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Der Inhalt der Verträge, die Zuständigkeiten und Kontrollinstanzen müssen dargelegt werden. Unserer Kenntnis nach sind alle notwendigen Annahmevoraussetzungen erledigt worden und haben sich beide Deponien an den Ausschreibungen beteiligt. Nach Ihlenberg sind bereits drei Transporte gegangen. Die Annahme erfolgte, und auf der Deponie wurden schon Lagerflächen für die Aufnahme des Asbestmülls aus Hannover vorbereitet.
Meine Damen und Herren, da Aufträge erteilt wurden, haben die rechtlichen Beurteilungen natürlich auch Auswirkungen auf mögliche Schadenersatzforderungen oder -ansprüche. Solange die von mir genannten drei Kernbereiche rechtlich nicht einwandfrei geklärt werden, können, entgegen dem Antrag der Grünen, unserer Meinung nach keine Entscheidungen darüber getroffen werden, wie weiter vorgegangen werden soll.
Da nehmen wir auch die Landesregierung in die Pflicht. Wir erwarten heute - soweit es aufgrund der knappen Zeit seit der Bekanntgabe des Gutachtens möglich ist -, aber auch im Umweltausschuss umfassende Informationen. Es wäre sinnvoll, wenn dabei auch Vertreter der Region zu Wort kommen würden.
Wir erwarten allerdings auch von MecklenburgVorpommern und von Schleswig-Holstein, dass ihre Entscheidungen auf Basis der gültigen Gesetze und Verordnungen getroffen werden und nicht fast ausschließlich politischer Natur sind.
Herr Präsident! Frau Kollegin, wir brauchen uns, glaube ich, nicht gegenseitig darüber schlauzumachen, wie gefährlich Asbest ist. Das dürfte allgemein bekannt sein. Nichtsdestotrotz haben wir es mit rechtlichen Grundlagen zu tun. Wir haben es mit Gesetzen zu tun. Wir haben es mit dem Abfallrecht zu tun. Wir haben es gerade bei der sehr strittigen Frage des Transportes mit der Gefahrgutverordnung zu tun. Das heißt, wir können auch solche Entscheidungen nur im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten treffen.
Man kann der Meinung sein, dass die nicht mehr passen. Das ist etwas anderes. Dann müssen wir Gesetze und Verordnungen ändern. Aber Genehmigungen, die wir heute - auf dem jetzigen Stand - erteilen, können nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erteilt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der rundblick Nr. 121 vom 15. November 2011 berichtet in der Rubrik „In Kürze“ zum Verhalten des Landes in Sachen Kreislaufwirtschaftsgesetz:
mit den kommunalen Spitzenverbänden vor genau zwei Wochen. Meyer betonte, er sei froh, dass alle elf Anträge Niedersachsens im Umweltausschuss der Länderkammer bei einer klaren 15:1-Entscheidung einmütig abgelehnt worden seien. Ziel der Anträge sei es offenbar gewesen, die ursprünglich längst abgelehnten Vorschläge zur Privatisierung weiterer Müllmengen zulasten der Kommunen weiterzuverfolgen und den kommunalfeindlichen Gesetzentwurf unverändert wieder aufleben zu lassen.“
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Zielsetzungen verfolgt das Land Niedersachsen mit diesem Verhalten in Bezug auf die niedersächsischen kommunalen Interessen tatsächlich, und wie steht sie zu dem Vorwurf der „Kommunalfeindlichkeit“?
2. Inwiefern vertritt die Landesregierung nach eigener Einschätzung die Interessen der Kommunen, die im Geltungsbereich des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes liegen?
3. Welche Punkte befürwortet die Landesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf, und welche lehnt sie ab?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Präsident des Deutschen Landkreistages - anders als hier von Minister Bode geäußert - nach der Anrufung des Vermittlungsausschusses die Erwartung geäußert hat, dass die Gleichwertigkeitsprüfung entfallen werde, frage ich die Landesregierung ganz konkret: Wie wird sich Niedersachsen in der nächsten Woche im Bundesrat verhalten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Bode mit seinen ausschweifenden Plädoyers für die Privaten die Kommunalfeindlichkeit eigentlich durchgängig betont,
frage ich die Landesregierung, wie sie beispielsweise die folgende Aussage des Göttinger Landrats Reinhard Schermann (CDU) bewertet:
„Die Erlöse, die wir aus der Vermarktung der Wertstoffe ziehen, nutzen wir, um die Gebühren für die Entsorgung zu stabilisieren. Fallen diese Erlöse an private Anbieter, müssen wir diese Verluste ausgleichen, letztlich durch Gebührenerhöhungen.“
Ich füge hinzu - weil das bei den Privaten ja eine große Rolle zu spielen scheint -: auch hinsichtlich der Arbeitsplätze. Denn auch die kommunalen Entsorger haben Arbeitsplätze.
Ich habe zwei Fragen. Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Bode bei seinen einleitenden Ausführungen gesagt hat, dass mit der gesamten Fördertechnik 80 000 Arbeitsplätze - - -
- 18 000? Ich hatte 80 000 verstanden. Aber auch wenn es 18 000 sind: Wie beurteilen Sie die Stellungnahme von Herrn Professor Dr. Wolf Blendinger von der Technischen Universität Clausthal, Abteilung Erdölgeologie, der im Rahmen einer Anhörung in Nordrhein-Westfalen zu dem Thema ausgeführt hat, ein Beschäftigungsimpuls als Rechtfertigung für die Durchführung sei vollkommen abwegig? - Er ist schließlich ein Professor aus unserem Bundesland. - So weit die erste Frage, die die wirtschaftliche Situation betrifft.
Die zweite Frage: Es waren ja sehr oft Umweltfragen mit der Thematik verbunden. Vor dem Hintergrund wundere ich mich natürlich, dass der Um
weltminister scheinbar überhaupt kein Interesse daran hat.
Sie haben sehr viele Ausführungen dazu gemacht, wie gering angeblich die Umweltrisiken sind. Sie haben von Erfahrungen gesprochen.
Ich frage notgedrungen Sie als Wirtschaftsminister, welche Erfahrungen Sie hinsichtlich der FrackingMethoden in unterschiedlichen Gesteinsarten haben - Sie sprechen von 35 Jahren Erfahrung - und welche Umweltrisiken damit verbunden sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Wie gefährlich ist Fracking?“ lautete der Titel eines Artikels in der HAZ vom 13. August. Weiter heißt es:
„Lange haben die Umweltbehörden das Problem ignoriert. Große Erdgasfirmen suchen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eifrig nach möglichen Bohrplätzen für die sogenannte unkonventionelle Gasförderung mithilfe der umstrittenen Fracking-Methode, die in den USA zu erheblichen Umweltproblemen geführt hat. Nun warnt auch das Umweltbundesamt vor den Risiken dieser Bohrungen.“
So weit das Zitat. Ich komme noch darauf zurück.
Es freut mich, dass langsam, aber sicher die vielen offenen Fragen zu den Umweltrisiken der neuen Fördertechnik an Bedeutung gewinnen. Das ist ein
Ergebnis weltweiter Bürgerproteste und Mahnungen aus der Wissenschaft, die der niedersächsische Wirtschaftsminister allerdings vollkommen ignoriert, wie wir heute Morgen feststellen konnten.
Bisherige Ergebnisse: Der US-Bundesstaat New York hat neue Bohrungen nach Schiefergas untersagt. In Frankreich wurde das Fracking im Sommer dieses Jahres verboten - weltweit das erste Land mit einem Fracking-Verbot. Kommunen und Bürger in Niedersachsen und NRW protestieren und verabschieden Resolutionen, wie z. B. bei uns im Emsland, mit den Stimmen der CDU und der FDP. Enthalten in dieser Resolution ist auch die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung, verabschiedet mit den Stimmen der Landtagskollegen, die jetzt leider nicht hier sind, Bernd-Carsten Hiebing und Heinz Rolfes.
Ja.
Das kann ich nur unterstützen.
- Die Frage war gar nicht an mich? - Stimmt! „Herr Präsident!“, hat er gesagt.
Herr Meyer, ich habe gerade gesagt, ich kann das nur unterstützen. Wir konnten schon heute Morgen feststellen, dass der Umweltminister an diesem Thema anscheinend überhaupt kein Interesse hat.
- Er ist doch gekommen? Ein bisschen spät, nicht wahr? - Aber Sie können ja noch ein bisschen was mitnehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wasserversorger, Stadtwerke und Wasserverbände beobachten die Entwicklung mit großer Sorge. Anlässlich eines Besuchs von uns in Vechta haben wir erfahren, dass die Wasserversorger schon jetzt mit der Anfechtung möglicher Fördergenehmigungen drohen.
Der Verband kommunaler Unternehmen äußert großes Befremden über das Verhalten Niedersachsens im Bundesrat. Der Grund: In Deutschland führen Energiekonzerne Probebohrungen durch, ohne dass sich die Bundesregierung - diese Landesregierung schon gar nicht - um mögliche Umweltrisiken und transparente Genehmigungsverfahren kümmert.
Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und in den Regierungsfraktionen, befördern mit Ihrem Verhalten, mit Ihrer Hinhaltetaktik das Misstrauen in der Bevölkerung.
Einer der Kernpunkte in dem heute vorliegenden Antrag, aber auch eines bereits im April dieses Jahres eingebrachten Antrages in der Drs. 16/3519 ist die Novellierung des Bundesberggesetzes. Das Bundesberggesetz ist veraltet und daher nicht annähernd geeignet, die Risiken heutiger Förderverfahren wie das Fracken zu bewerten.
Die bergrechtlichen Genehmigungen ermöglichen bisher keine Betrachtung der spezifischen Auswirkungen solcher Verfahren im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
Die Festlegung einer Fördermenge von täglich mindestens 500 000 m
3, bei der erst eine UVP durchgeführt werden muss, führt bei der unkonventionellen Erdgasgewinnung dazu, dass es eine UVP nicht geben wird, da diese Fördermenge in
der Regel nicht erreicht wird. Deshalb also unsere Forderung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unabhängig von der Fördermenge verpflichtend eingeführt werden muss.
Ein generelles Fracking-Verbot muss es für Wasserschutzgebiete geben. Das Bundesumweltamt hat in seiner Stellungnahme den notwendigen Forschungsbedarf und offene Fragestellungen aufgelistet: Wasserentnahme, Wasserbedarf, Chemikalieneinsatz und daraus resultierende Gefährdungen, Lagerstättenwasser und mögliche toxische Effekte, Entsorgung der Frackflüssigkeiten und des Lagerstättenwassers sowie die Einsicht - auch das wurde heute Morgen anders dargestellt; ich zitiere -, dass die in den USA erlangten Erkenntnisse bei der Schiefergasgewinnung in eine kritische Überprüfung der Explorationsverfahren in Deutschland einfließen sollen.
Das Bundesumweltamt geht davon aus, dass die Gefahren bei Fracking allein durch den Chemikalieneinsatz größer sind als beim CCS. Solange Umweltrisiken nicht ausgeschlossen werden könnten, werde es keine Fördergenehmigungen geben, beteuert Bundesumweltminister Röttgen.
Es ist schon aberwitzig, Herr Minister Bode, wenn Sie von jahrzehntelangen Erfahrungen berichten und genau die vom Bundesumweltamt aufgelisteten Fragen bisher im Bundesberggesetz überhaupt keine Bedeutung haben.
Das heißt, diese Punkte werden in hausinternen Genehmigungsverfahren überhaupt nicht geprüft.
Meine Damen und Herren, wie verhält sich Niedersachsen? - „Niedersachsen kämpft für Fracking“ titelte die NOZ am 10. August. Niedersachsen stimmte im Bundesrat gegen einen Antrag von NRW auf Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bergbaulicher Vorhaben und änderte kurzerhand - das haben wir heute schon ein paar Mal gehört - die niedersächsische Verordnung über die Förderabgabe, indem einfach schnell ein neuer Paragraf eingeschoben wurde und nunmehr nicht fündige Aufschluss- oder Probebohrungen mit bis zu 2 Millionen Euro von der Förderabgabe befreit werden.
Herr Bode, Sie selbst sagen ja, diese Änderung diene als Investitionsanreiz. Ich füge hinzu: Wenn
es auf der einen Seite einen Investitionsanreiz gibt, warum gibt es dann auf der anderen Seite kein Geld für die Untersuchung möglicher Umweltrisiken durch die hier in Niedersachsen angewandte Frack-Technologie im Schiefergestein? Warum stellen Sie dafür kein Geld zur Verfügung? - Das dient zwar nicht als Anreiz für die Erdgasunternehmen, würde aber den Menschen in den betroffenen Regionen vielleicht etwas Vertrauen zurückgeben.
Sie, Herr Minister Bode, scheinen ja über alle Weisheiten zu verfügen - entgegen vieler Stellungnahmen aus der Wissenschaft, entgegen der Aussagen des Landesbergamts im Umweltausschuss, das ein Restrisiko nicht ausschließen kann, und entgegen der Stellungnahme des Umweltbundesamtes.
Laut Presse wirbt Herr Bode für einen niedersächsischen Lösungsansatz, der eine UVP lediglich für Maßnahmen mit erhöhtem Risiko vorsieht. Herr Bode, auch das wurde heute Morgen leider nicht klar: Wie definieren Sie das erhöhte Risiko?
Wer entscheidet, ob ein erhöhtes Risiko vorliegt? Wird hier in Niedersachsen die Förderung unkonventionellen Erdgases nur unter wirtschaftlichen Aspekten gesehen? - Auch das war heute Morgen die Frage, und darauf bezog sich auch die Frage von Herrn Meyer nach der Anwesenheit des Umweltministers.
Über die wirtschaftlichen Aspekte wollen wir heute nicht reden; das ist auch nicht die Grundlage unseres Antrags. Aber noch einmal zu Frau König, die jetzt leider auch nicht da ist. Sie hatte mir vorhin unterstellt, ich hätte mich gegen Arbeitsplätze ausgesprochen. Auch das stimmt nicht. Ich habe vielmehr die Aussagen eines Professors aus Clausthal-Zellerfeld zitiert, der bei einer Anhörung in Nordrhein-Westfalen dazu Stellung genommen hat. Da Herr Bode den Namen nicht verstanden hatte, wiederhole ich ihn: Es handelt sich um Herrn Professor Dr. Blendinger von der TU Clausthal. Bisher hat sich der Umweltminister überhaupt noch nicht zu Wort gemeldet. Wir wollen einmal sehen, ob das heute der Fall sein wird.
Verständnis für Ihr Verhalten, Herr Minister Bode, finden Sie nicht. So ist auch der Verband der kommunalen Unternehmen sehr irritiert und fragt bei uns an, was denn bei dieser Landesregierung
los sei und warum der NRW-Antrag abgelehnt worden sei.
Vielleicht ist eine Pressemitteilung in der Öffentlichkeit etwas untergegangen, der die Zwiespältigkeit dieser Landesregierung oder auch des Bundes zum Schluss deutlich macht, die am 28. Juli in der Borkener Zeitung zu lesen war - ich zitiere -:
„Nun will offenbar auch die Bundesregierung das Fracking erschweren. Wie der WDR am Donnerstag berichtete, haben CDU/CSU und FDP im Mai einen Gesetzentwurf formuliert, mit dem das Bergrecht erheblich verschärft werden soll.
Umweltverträglichkeitsprüfungen sollen danach verpflichtend werden, Wasserschutzbehörden ein Vetorecht bekommen und das Fracking in Wassereinzugsgebieten ausgeschlossen werden. Der Antrag wurde noch nicht in den Bundestag eingebracht, angeblich wegen Widerstands in der Union.“
Sie dürften also mit unseren Anträgen, wenn ich das so lese, überhaupt keine Probleme haben, schauen wir mal, wie die aktuelle Tagesmeinung aussieht; denn eine längere Haltbarkeitsdauer scheinen ihre vielen widersprüchlichen Aussagen nicht zu haben.
Das gilt für die Mitglieder der Landesregierung, aber auch für einzelne Fraktionsmitglieder, die wir bei Podiumsdiskussionen erleben können und die dabei die unterschiedlichsten Positionen vertreten, ohne dass wir diese hier wiederfinden können. Wir sind gespannt auf die Beratungen im Ausschuss.
Ja, genau. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der NOZ lautete am 27. Juni eine Überschrift: „McAllister tadelt Schwarz-Gelb in Berlin: ‚Das muss besser werden’“. - Kritisiert hat der Ministerpräsident - der nun leider nicht da ist; ich hätte ihm das gern selbst erzählt - das zerstrittene Erscheinungsbild der schwarz-gelben Bundesregierung. Ich frage mich natürlich: Wann richtet der Ministerpräsident das Augenmerk auf seine eigene schwarz-gelbe Landesregierung?
Denn wir mussten im Ausschuss erleben, dass sich die CDU von der FDP auf der Nase herumtanzen lässt. Ein Paradebeispiel ist die Beratung - oder besser: die Nichtberatung - der vorliegenden Anträge zur kommunalen Abfallentsorgung.
Bereits Ende 2010/Anfang 2011 haben die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die SPD-Fraktion Anträge eingebracht, die die Sicherung der kommunalen Abfallentsorgung zum Ziel haben. Anlass waren der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts und die Stellungnahme des Landes Niedersachsen unter Federführung von Herrn Minister Sander.
In dieser Stellungnahme - natürlich ohne Rücksprache mit den Kommunen - macht die Landesregierung deutlich, dass die im Referentenentwurf angestrebte Privatisierung der Abfallentsorgung ihrer Meinung nach noch nicht weit genug geht. Diese Stellungnahme brachte die kommunalen Spitzenverbände natürlich auf die Palme, und sie verschickten eine Resolution an alle Kreistage, die in fast allen Kreistagen mit den Stimmen auch hier im Landtag sitzender CDU-Abgeordneter einstimmig beschlossen wurde.
Das Vorgehen des Umweltministers ist ein Affront gegen die Kommunen und macht einmal wieder den Privatisierungswahn und die Klientelpolitik der FDP deutlich.
Auf Landesebene tat sich lange nichts. CDU und FDP waren nicht sprechfähig, nicht handlungsfähig. Ein bereits im Februar angekündigter Änderungsvorschlag wurde monatelang verschleppt und dann in einem Schnellverfahren in einer Sondersitzung im Umweltausschuss am 20. Juni eingebracht. Es wurde Ihnen wohl doch etwas mulmig; denn im September hätten Sie damit nicht mehr kommen müssen.
Allerdings war der Bundesrat schneller, sodass der eingebrachte Änderungsvorschlag hinter der Beschlussempfehlung des Bundesrates zurückblieb. Auch das ist für uns ein Grund, warum wir Ihren Antrag heute ablehnen.
Warum also nach Berlin zeigen? - Man sollte lieber auf der Landesebene etwas genauer hinschauen. Aber da scheinen sowohl der Ministerpräsident als auch der für die Kommunen zuständige Minister, der Innenminister, blind und taub zu sein.
In den Koalitionsfraktionen tobt ein politischer Grundsatzstreit - mehr Privatisierungen, weniger öffentlich-rechtliche Daseinsvorsorge, privat vor Staat -, und alle schweigen.
Meine Damen und Herren, als der Preis für Altpapier immer lukrativer wurde, haben private Entsorger blaue Tonnen aufgestellt. Dann folgte der Einbruch der Papierpreise, und die Tonnen blieben stehen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das sogenannte Altpapierurteil, schaffte Klarheit und soll nun laut Gesetzentwurf gleichsam zurückgenommen werden. Wir wollen keine Hausmüllentsorgung nach Marktlage. Wir wollen nicht, dass der Hausmüll in einem Monat als Wertstoff abgeholt und im nächsten Monat als wertloser Abfall liegen bleibt.
Wir wollen, dass der Abfall in ökologisch bestmöglicher Weise verwertet wird - und eben nicht nur dann, wenn große Gewinne erzielt werden. Darum muss die Hausmüllentsorgung Aufgabe der Kommunen bleiben. Deshalb wollen wir, dass die Einführung einer Wertstofftonne in die kommunale Zuständigkeit fällt.
Es ist die Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, den Bürgern und Bürgerinnen die regelmäßige ordentliche Entsorgung ihres Mülls zu garantieren. Das Motto der Privatisierungslobby lautet: Gewinne bei den Privaten, Verluste bei den Bürgern.
Der Bundesrat hat am 27. Mai zahlreiche Änderungen im Sinne der Kommunen beschlossen. Niedersachsen, der Umweltminister Herr Sander, hat sich in unverantwortlicher Weise der Stimme enthalten.
Der Bundesrat fordert die Zuständigkeit der Kommunen für die Hausmüllentsorgung. Der Bundesrat will, dass sich die Regelungen für die gewerblichen Sammlungen am Altpapierurteil des Bundesverwaltungsgerichts orientieren. Der Bundesrat lehnt die Einführung einer verpflichtenden, bundeseinheitlichen Wertstofftonne ab.
Ich möchte Ihnen das Chaos der CDU/FDP-Fraktionen noch einmal deutlich machen.
- Herr Hocker, Sie können gespannt sein; denn Sie selbst sind betroffen. - Im Landkreis Diepholz gibt es eine Abfallwirtschaftsgesellschaft, die zu 100 % dem Landkreis gehört.
Die FDP vor Ort lehnt den Entwurf zur Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ab und hat, um Überzeugungsarbeit zu leisten, sowohl den Umweltminister als auch Herrn Hocker und Herrn Schwarz eingeladen, vor Ort vorbeizukommen. Und Herr Sander stellt sich - laut Pressemitteilung, man höre und staune! - auf die Seite der Kommunen, obwohl er für mehr Privatisierung war. Und dann kam etwas ganz Tolles: Er erläuterte, warum er sich im Bundesrat für Niedersachsen enthalten hat. Die Enthaltung Niedersachsens im Bundesrat sei wie eine Neinstimme zu sehen. Die Regierungsparteien seien sich in diesem Punkt nicht vollkommen einig gewesen und daher dieses Abstimmungsverhalten.
Die gesetzliche Neuregelung sei vor allem für Kreise und Kommunen gedacht, die nicht optimal wie der Landkreis Diepholz aufgestellt seien. Denen müsse man laut Herrn Sander auf die Beine helfen. Diese Aussage macht wieder einmal deutlich, welche miserable Einstellung Herr Sander und die FDP im Niedersächsischen Landtag gegenüber unseren Kommunen haben.
Seit wann gelten Gesetze nur für einen kleinen Kreis Auserwählter, die in den Augen von Herrn Sander schlechte Kommunen sind? - Herr Hocker behauptet, dass Kommunen verfilzte Strukturen beibehalten wollen, und Herr Bäumer spricht sogar von „kommunalen Schlafmützen“.
Ich könnte das noch weiter ausführen.
Ja, eben, ich habe keine Zeit mehr. Ich glaube aber, dass hier deutlich geworden ist, warum wir dem Änderungsvorschlag der Fraktionen von CDU und FDP nicht zustimmen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Körtner, auf die Widersprüchlichkeit ist eben schon hingewiesen worden. Ihre Antragschreiber hätten sich erst Ihre Rede geben lassen und dann den Antrag schreiben sollen und nicht umgekehrt.
Das wäre sicherlich sinnvoller und vielleicht auch im Sinne Ihrer freudschen Fehlleistung gewesen; denn dann hätten wir tatsächlich einen gemeinsamen Antrag schreiben und hätten in der Abstimmung einen gemeinsamen Beschluss erreichen können. Nur, der Antrag, den Sie vorgelegt haben, entspricht überhaupt nicht dem, was Sie hier gesagt haben.
Eigentlich hatte ich mich hinsichtlich der Anmerkung von Herrn Bachmann gemeldet. Frau Kört
ner, Sie haben vergessen zu erwähnen, dass die CDU- und die FDP-Fraktion im Umweltausschuss überhaupt nicht fähig waren zu beraten und darum gesagt haben: Wir geben den Antrag zunächst einmal in den Innenausschuss. Der soll einmal eine Stellungnahme abgeben.
Nun beschweren Sie sich, dass die es genauso gemacht, nämlich wieder zurücküberwiesen haben, weil keiner etwas sagen wollte. Das bestätigt eigentlich nur das Armutszeugnis, das Sie während der gesamten Beratung abgegeben haben.
Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der jetzt schon mehrmals erwähnten geplanten Einsparung von 350 Stellen: Das eine sind die Menschen, das andere sind die Aufgaben, die bei den GLL verbleiben. Wie verbinden Sie den Personalabbau mit den bestehenden Aufgaben bzw. mit der Diskussion darüber, ob die GLL um weitere Aufgaben angereichert werden können?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich vermag mir gar nicht vorzustellen, was hier in Niedersachsen im Krankheitsfalle alles passieren kann.
Ich möchte den vorgetragenen Daten noch etwas hinzufügen. Sie haben selbst gesagt, Frau Ministerin, die Ergebnisse der Beprobung - - -
Vor diesem Hintergrund frage ich die Ministerin: Sie haben gesagt, am 12. April lagen die Ergebnisse der Beprobung vor. Am 27. April ist die Saatgutliste vom ML zum MU überwiesen worden. In der ersten Liste waren die positiven Proben enthalten. Am 29. April gab es eine zweite Liste, in der diese positiven Proben nicht mehr enthalten waren. Am 30. April erklärte das ML gegenüber dem MU, dass die erste Liste doch richtig war. Das bedeutet eine weitere Verschleppung und Vertuschung und Irreführung über diese Beprobung.
Ich frage die Ministerin bzw. die Landesregierung, wer für diese weitere Verschleppung um mehrere Wochen im ML verantwortlich ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass das Landvolk eine schnelle Entscheidung und Hilfe für die betroffenen Landwirte fordert, frage ich die Landesregierung, wer für die entstandenen Kosten und Schäden bzw. die neu entstehenden Kosten aufkommt, wenn jetzt - eine schnelle Entscheidung vorausgesetzt - neu ausgesät wird, zumal bereits eine gerichtliche Auseinandersetzung - Haftung durch den Hersteller, ja oder nein? - und damit auch eine zeitliche Verzögerung angekündigt worden ist. Wie sollen die betroffenen Landwirte die Kosten aufbringen, bzw. welchen Schadenersatz bekommen sie?
Meine Damen und Herren! Die Überschrift der ersten Frage lautet: „Virtuelle Wälder für tierisch echte Mastställe?“
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung titelt am Mittwoch, dem 31. März: „Ehlens Maststalltrick ist rechtswidrig“. Dies sei das Ergebnis einer gutachtlichen Überprüfung durch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtags. Der Erlass habe zum Ziel, die Genehmigung neuer Maststallanlagen zu erleichtern. Bei derartigen Neubauten müssen nach Bundes-Immissionsschutzgesetz 150 m Abstand zu Wäldern eingehalten werden, um diese vor Emissionen, wie z. B. Ammoniak, zu schützen.
Die TAZ vom 31. März 2010 führt hierzu aus, dass bei geplanten Neubauten, die in Waldgebieten liegen, der Erlass folgenden Ausweg hierfür bietet:
„Der Landwirt beantragt eine Abholzgenehmigung. Mit dieser darf er seinen Stall bauen - auch wenn er den Wald nicht abholzt. Der Wald sei ‚als nicht vorhanden zu bewerten’, heißt es im Erlass, in dem von einer ‚fiktiven Waldumwandlungsgenehmigung’ die Rede ist.“
Fakt ist, dass der zur Abholzung genehmigte Wald stehen bleibt und gleichzeitig als Ausgleichsmaßnahme angerechnet werden kann. Diese sei vom Waldgesetz für die Beseitigung von Wald vorgeschrieben. Die HAZ zieht das Fazit, mit dem Erlass würde nur ein Ziel verfolgt: die rechtswidrige Um
gehung des Immissionsschutzes. Auch mit dem Landeswaldgesetz sei das nicht vereinbar.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Position - politisch und rechtlich - vertritt die Landesregierung zu dem oben genannten Erlass, und wie verhält sie sich nach dem Gutachten des GBD hierzu?
2. Welchen Denkgesetzen folgt die Hausspitze des ML, dass eine Maßnahme durch ihre Unterlassung ausgeglichen werden kann, insbesondere im Hinblick auf die tatsächliche Belastung der Umwelt durch Emissionen und den Flächenverlust?
3. Welche Ziele werden mit dem o. g. Erlass tatsächlich verfolgt, bzw. wer wird hierdurch zulasten des Allgemeinguts Umwelt bevorteilt, und warum ist der Erlass noch nicht zurückgezogen worden?
Vizepräsidentin Astrid Vockert:
Herr Sander hat hier mehrfach darauf hingewiesen, dass Dienstbesprechungen mit den Mitarbeitern erfolgen sollen. Meines Erachtens sind auch schon Einladungen an die Kommunen zu einem Gespräch herausgegangen. Ich möchte gern wissen, welche Inhalte diese Gespräche haben werden. Sie haben ja gesagt, dass man darüber reden will, wie künftig vorzugehen ist. Könnten Sie bitte konkret darlegen, wie bei Waldumwandlungen bzw. Stallerweiterungen in der Nähe von Wäldern künftig verfahren werden soll?
Danke schön, Herr Meyer. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Sander das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, da wir bisher nur sehr wenige Informationen bzw. Aussagen von Ihnen zur Landwirtschaftspolitik haben, hätte ich mir als Antwort auf die Große Anfrage ein paar Informationen darüber gewünscht, wie Sie sich die zukünftige niedersächsische Landwirtschaftspolitik vorstellen. Leider war das nicht der Fall. Ihre Rede als Antwort auf
die Große Anfrage war im Grunde genommen aussagelos und nur mit Allgemeinplätzen besetzt.
Meine Damen und Herren, die Antworten auf die vorliegende Große Anfrage zur Politik für den Ländlichen Raum haben Folgendes zum Inhalt: Es sind insbesondere zwei Merkmale: Erstens sind der Fragenkatalog und damit auch die Antworten sehr umfangreich - das muss man sagen -, sodass eine Bearbeitung durch alle Facharbeitskreise erforderlich gewesen wäre, was aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Zeit aber nicht möglich war. Zweitens benennen die Antworten - diesbezüglich scheinen sich die Oppositionsfraktionen ja einig zu sein - keine konkreten Ziele und Handlungsfelder. Sie bewegen sich in vagen Beschreibungen der Istsituation - um nicht zu sagen: von Wunschbildern. Konkret wird es eigentlich nur bei der Darstellung des Landkreises Cuxhaven; allerdings auch nur bezogen auf den Istzustand. Wie ein schwarzer Faden zieht sich durch den gesamten Text die Antwort auf die Frage 13: Defizite bei der Förderung ländlicher Räume sind nicht erkennbar. - Von daher hätte man das Ganze auf diesen Satz reduzieren können.
Meine Damen und Herren, wenn diese Landesregierung keine Defizite erkennt oder erkennen will, dann wundert es natürlich nicht, wenn Sie nur Allgemeinplätze belegen. Damit schließen Sie heute so ein bisschen den Kreis zu der ebenfalls nichtssagenden Regierungserklärung des Ministerpräsidenten von heute Morgen.
Viele Fragen u. a. zu den Bereichen Arbeit, Infrastruktur oder Bildung beziehen sich auf die demografische Entwicklung. Dazu hat bereits 2007 die Enquetekommission „Demografischer Wandel“ einen umfangreichen Schlussbericht vorgelegt. Wenn ich die Antworten lese, muss ich feststellen, dass diese Landesregierung so gut wie keine der zahlreichen Handlungsempfehlungen berücksichtigt. Ganz im Gegenteil. Ich befürchte, dass sie noch nicht einmal richtig gelesen worden sind. Mit Verwunderung konnte ich jedenfalls lesen, dass diese Landesregierung 2009 einen Koordinierungskreis „Demografischer Wandel in Niedersachsen“ eingerichtet hat, der bis Ende 2010 ein Handlungskonzept erarbeiten soll. Man höre und staune: Dreieinhalb Jahre nach Vorlage des Schlussberichts. - Ich muss schon sagen: Schnelle Arbeit!
Als zentrale Förderinstrumente des ländlichen Raumes benennt die Landesregierung das Lan
des-Raumordnungsprogramm, in dem Sie sich bei der Novellierung ja von vielen Steuerungsinstrumenten verabschiedet haben, das Programm PROFIL und weitere EU-Programme wie z. B. EFRE und ESF sowie den am 17. Dezember 2009 unterzeichneten Zukunftsvertrag. Wenn Sie denn diese Instrumente im Sinne einer zukunftsfähigen Entwicklung des ländlichen Raumes unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung nutzen würden, wäre das ja in Ordnung. Sie tun es allerdings nicht. Ihre Politik ist eine Politik des „Weiter so wie bisher“. Sie erhalten den Status quo, Mauern werden aufgebaut. Bloß keine Veränderungen!
Das meiste Geld aus dem Programm PROFIL schieben Sie in den Bereich der Landwirtschaft zum Ausbau der industriellen Landwirtschaft. Die neue Ministerin - bislang konnten wir leider noch nichts anderes hören - lässt uns noch Schlimmeres erwarten. Sie bedienen einseitig eine bestimmte Klientel. Die Entwicklung der ländlichen Räume treibt Sie weniger um, und die Formulierung in Ihrer Antwort, die Entwicklung ländlicher Regionen soll gefördert werden, um die Umwelt, die ökologische Vielfalt, die Schönheit und den Erholungswert der Landschaft zu erhalten und zu verbessern, kann man angesichts der Proteste in der Bevölkerung gegen den Bauboom von Mastställen und angesichts der Politik des Landwirtschafts- und des Umweltministeriums nur als Spott und Hohn bezeichnen. Wer fiktive Wälder als Kompensationsflächen verwenden will, dem kann man solche Sprüche oder Sätze nun wirklich nicht mehr abnehmen.
Meine Damen und Herren, hinsichtlich der Beschreibung neuer Förderansätze im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen bewegen Sie sich ebenfalls rückwärts. Ich zitiere: Heute wird man sich die Extensivierung als Förderprinzip nur noch gezielt leisten können. - Ihr Prinzip ist es, rausholen, was rauszuholen geht auf so viel Flächen wie nur möglich, auf Teufel komm raus, zulasten der ländlichen Entwicklung, zulasten von Wohnqualität, zulasten der Umwelt, zulasten der ländlichen Räume insgesamt. Damit befördern Sie - das erleben wir schon jetzt an einigen Stellen - den Wegzug aus unseren Dörfern und eine Zersiedlung des Außenbereichs.
Der Zukunftsvertrag als sogenanntes zentrales Förderinstrument des ländlichen Raumes macht Ihre Trägheit deutlich. Sie reagieren auf die desolate finanzielle Situation vieler Kommunen, die Sie
selbst mit verursacht haben, viel zu spät. Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen.
Zukunftsfähige Politik, meine Damen und Herren, sieht anders aus. Die Eckpunkte der dritten Verwaltungsreform zeigen, dass Sie konzeptionslos sind. Ressortübergreifende Zusammenarbeit ist nicht gegeben. Jedes Haus verfolgt seine eigenen Ziele. Man gewinnt nicht den Eindruck, dass die Entwicklung ländlicher Räume dabei ein verbindendes Ziel ist.
Unterstützt haben wir immer integrierte ländliche Entwicklungskonzepte unter Einbeziehung der Auswirkungen des demografischen Wandels. Das ist für viele Regionen lebenswichtig. Rückmeldungen aus den Kommunen signalisieren, dass die Menschen in den entsprechenden Regionen zwar engagiert an den Konzepten gearbeitet haben, dass sich jetzt allerdings Frust breit macht, weil eine Umsetzung der sogenannten Leuchtturmprojekte nicht möglich ist. Das gilt auch für die LeaderRegionen. Da hilft auch kein Zukunftsvertrag; denn ausschlaggebend ist die Finanzstärke der Kommunen. Ausschlaggebend ist, dass sie kofinanzieren und mithalten können. Von daher beißt sich die Katze in den Schwanz.
30 Seiten widmen Sie der Beschreibung Ihres Paradebeispiels, nämlich des Landkreises Cuxhaven. Dorthin ist wirklich eine Menge Geld geflossen, wie man sehen kann. Aber nur ein Beispiel: Sie haben u. a. den Erhalt und die Aufwertung der Landesschulbehörde in Cuxhaven genannt. Damit wollen Sie Ihr Bemühen deutlich machen. Dafür aber - das muss man sagen - wurde die Außenstelle Stade geschlossen. Der Kollege DammannTamke ist im Moment nicht da, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er dies für die Region Stade als notwendige Maßnahme zur Stärkung des ländlichen Raumes empfunden hat.
Da wir gerade bei der Landesschulbehörde sind, noch einige Worte zur Bildungspolitik, über die wir ja oft genug reden. Die Zahlen zu den Abiturquoten, die wir vor Kurzem mit der Antwort auf eine Kleine Anfrage erhalten haben, machen die Benachteiligung der ländlichen Räume deutlich.
Auch im Bildungsbereich doktern Sie nur herum: stringente Dreigliedrigkeit, dann ein bisschen mehr Kooperation, ein ganz, ganz kleines bisschen IGS, aber mit so hohen Hürden, dass gerade die Fläche, die mehr integrative Systeme braucht, um
auch in Zukunft ein vollständiges allgemeinbildendes Schulangebot vorhalten zu können, zunehmend Probleme bekommt.
Ziel der Landesregierung sind gleichwertige Lebensverhältnisse. So Ihre Antwort. Ein Satz, den Sie nicht mit Inhalten füllen; denn in Ihrer Regierungszeit haben sich regionale Disparitäten verschärft.
Meine Damen und Herren, die Trennung zwischen ländlichen Räumen, Ballungsräumen und verdichteten Räumen ist Ihnen nicht gelungen. Ich gebe aber zu, dass das nicht immer einfach ist. Viele der in der Antwort aufgeführten Programme, Maßnahmen und Projekte befinden sich gleichermaßen in allen Teilräumen. Ausschlaggebend für die Umsetzung ist dabei in der Regel, wie gesagt, die Finanzkraft der Kommunen. Arbeitskreise, runde Tische, Regierungskommissionen, Berichte frühestens Ende 2010 - Sie befinden sich schon lange in einer Warteschleife. Genau so sieht auch Ihre Antwort aus.
Nun zum Schluss, meine Damen und Herren, noch ein paar kurze Anmerkungen zum vorliegenden Antrag der Fraktionen von CDU und FDP. Wir haben ja noch später Gelegenheit, darüber zu debattieren. Ihr Antrag passt in den Kontext der Großen Anfrage. Sie sprechen sich für ein klares „Weiter so“ aus, allerdings mit einem gravierenden Unterschied: Abschaffung - das hat Herr Oetjen gerade gesagt - der Modulation. Keine Mittelumschichtung von den Direktzahlungen zur zweiten Säule, der Entwicklung der ländlichen Räume. - Also Stärkung der Landwirtschaft zulasten der Entwicklung der ländlichen Räume. - Meine Damen und Herren, mit uns nicht!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss ganz ehrlich sagen, mir ist bei diesem Thema nicht nach „Lust“ zumute. Die letzten beiden Reden machen deutlich, dass die Problematik gerade im kommunalen Bereich, die sich in vielen Regionen Niedersachsens aus der Entwicklung der letzten Jahre ergeben hat, vielen nicht bewusst ist. Das zeigt sich auch darin, dass Forderungen, die in dem Antrag der Grünen enthalten sind und die durchaus berechtigt sind, hier eher ins Lächerliche gezogen, als ernst genommen werden.
Die Frage nach mehr und besseren Steuerungsmöglichkeiten für Mastanlagen beschäftigt diesen Landtag nicht erst seit wenigen Wochen oder Monaten, sondern bereits seit vielen Jahren. Ich mache das einmal an Beispielen aus konservativen Regionen deutlich: Der Landkreis Cloppenburg - immer noch CDU - hat in einer Resolution zur Intensivtierhaltung bereits im Jahre 1999, also vor mehr als zehn Jahren, gesetzliche Maßnahmen gefordert. Durch die Entwicklung in den zurückliegenden zehn Jahren, die ich gerade angesprochen habe, hat sich die Situation nicht verbessert, sondern ganz im Gegenteil. Ich nenne als Beispiel den Landkreis Emsland, in dem sich die Geflügelproduktion in diesen zehn Jahren um 250 % erhöht hat.
Wie gering die Einflussmöglichkeiten der Kommunen sind, macht ein Bericht in der top agrar vom Oktober 2009 deutlich, dessen Überschrift freudestrahlend lautet „Mäster wehrt Wohngebiet ab“ und der mit der Ermunterung endet, es gebe für Land
wirte durchaus Chancen, näher rückende Wohnbebauung abzuwehren.
Aus dem Berufsstand gibt es aber auch kritische Worte. Das Landwirtschaftliche Wochenblatt schreibt, nicht nur die Bevölkerung, sondern auch viele Landwirte beobachteten die Entwicklung skeptisch.
Seit Jahren steigen die Pachtpreise. Mittlerweile müssen bei uns schon über 1 000 Euro auf den Tisch gelegt werden. Das Landvolk sieht die Entwicklungsmöglichkeiten der heimischen Bauern gefährdet. Die Landwirtschaftskammer - darauf ist schon hingewiesen worden - prognostiziert einen starken Preisverfall bei Hähnchenfleisch. Wahrscheinlich müssen wir der Geflügelwirtschaft in einigen Jahren wieder helfen, weil sie von den Preisen nicht mehr leben kann.
Meine Damen und Herren, es ist schon grotesk, dass diese Landesregierung für die Ansiedlung eines Schlachtbetriebes im Landkreis Celle schon einmal vorweg 800 000 Euro Förderung in einer Zeit zusichert, in der klein- und mittelständische Betriebe auf bereits fast zugesagte Förderung in wesentlich geringeren Ausmaßen warten und sie ihnen verweigert wird. Wir hatten die Debatte gerade gestern.
Ein Schlacht- und Zerlegebetrieb braucht Schlachttiere in unmittelbarer Nähe. Darüber ist ja eben lang und breit geredet worden. Die Realitäten im Emsland, in Cloppenburg und Vechta zeigen, welche Probleme damit verbunden sind. Das beeindruckt diese Landesregierung allerdings überhaupt nicht. Man sucht neue Flächen, die man zupflastern kann.
Es geht aber nicht nur um die notwendigen Schlachttiere für die Firma Rothkötter. Auch das war den Veröffentlichungen zu entnehmen. Die Konkurrenz schläft nicht und sucht ebenfalls nach investitionsfreudigen Landwirten. Ich glaube, man kann realistischerweise davon ausgehen, dass in dieser Region über 10 Millionen Mastplätze entstehen werden.
Staatssekretär Ripke hat dem Landkreis Emsland versprochen, zu helfen. Laut Pressebericht der tageszeitung vom 3. November 2009 meint er, dass er dieses Versprechen eingehalten hat. Ich zitiere: Staatssekretär Ripke
„sah ein, dass ‚im Nordwesten kein Wachstum mehr möglich ist’.“
Also habe man
„mal auf die Hildesheimer Börde verwiesen und den Landstrich an der A 7“.
So sieht also die konkrete Hilfe des Landwirtschaftsministeriums aus: Nicht etwa den Kommunen vor Ort helfen, sondern gucken, wo man neue Probleme schaffen kann.
800 000 Euro Förderung für die Ansiedlung eines Schlachtbetriebes, und gleichzeitig - das möchte ich heute auch einmal deutlich machen - müssen die Gemeinden im Landkreis Emsland über 2 Millionen Euro für die Erstellung von Bauleitplänen zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen ausgeben. Der Landkreis fördert diese Planungen mit 500 000 Euro und hat aktuell festgestellt, dass das Geld nicht ausreichen wird. Ob diese Planungen helfen - das ist der Knackpunkt -, ist rechtlich noch sehr strittig; denn es fehlen entscheidende gesetzliche Vorgaben. Darüber sollten wir uns unterhalten.
Es fehlen entscheidende gesetzliche Vorgaben, wie z. B. eindeutige und konkrete Abgrenzungsmerkmale zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen einbezogen werden können.
Solange der Privilegierungstatbestand nicht konkreter gefasst wird, helfen auch Eignungsgebiete nur begrenzt. Ich kann mich nicht über die Arbeitsplätze eines Schlachtbetriebes freuen und gleichzeitig die damit vorprogrammierten negativen Auswirkungen in der Region ignorieren. Aus allen Presseberichten aus den Gemeinden wird deutlich: Alle wissen, dass sie die Großstallbauten auf der Basis des zurzeit geltenden Rechts letztendlich genehmigen müssen. Von daher ist es verständlich, dass sich die Menschen in den betroffenen Regionen wehren und dass sich eine Bürgerinitiative nach der anderen gründet, und zwar nicht nur dort; auch wir haben jede Menge Bürgerinitiativen. Diese Menschen geben sich nicht mit dem Spruch zufrieden „Wir können nichts machen“, den wir
jahrelang in den Räten gehört haben. Sie wollen endlich auch selber Handlungsoptionen erhalten.
Wenn ich in der Zeitung lese, dass ein Hauptverwaltungsbeamter öffentlich sagt „Wem es nicht passt, der soll wegziehen“, dann sage ich: Dieser Hauptverwaltungsbeamte gehört abgewählt!
Eine weitere Perversität - so sage ich einmal -: Wohin mit dem Hühnerkot? - Hühnerkot ist zwar ein wertvoller Dünger, mittlerweile haben wir aber Mengen, die nicht mehr abgenommen werden.
Was macht diese Landesregierung? - Per schriftlicher Anweisung an die Kommunen wird Hühnerkot einschließlich ein paar toter Hühner zu Gülle, die ohne Vorbehandlung in Biogasanlagen gekippt werden kann.
Ich berichte heute wirklich einmal über die Realität vor Ort. Der Landkreis Emsland wollte eine Genehmigung verweigern. Prompt kam die sogenannte Klarstellung aus dem Ministerium, dass zu genehmigen sei.
Der Legehennenerlass und die Verschleppung der Umsetzung der Geruchsimmissionsrichtlinie sind Beispiele dafür, dass sich die Landesregierung nicht scheut, auch mit rechtswidrigen Mitteln den Landwirten zu helfen, allerdings nicht den Kommunen. Darum ist der Frust bei den Menschen in den Kommunen in den betroffenen Regionen mehr als verständlich.
Meine Damen und Herren, ich habe leider nicht mehr die Zeit, um die Punkte, die uns wichtig sind, aufzulisten.
Wir haben in den Ausschusssitzungen noch mehr als genug Gelegenheit dazu. Ich möchte heute wirklich ernsthaft um eines bitten: Neben Tierschutz, Umwelt- und Naturschutz geht es auch darum, den Kommunen endlich Steuerungsinstrumente in die Hand zu geben, damit sie selber die
Probleme vor Ort auch nach ihrem eigenen Ermessen regeln können.
Das heißt, wir müssen auch über Bundesratsinitiativen einen erneuten Versuch starten, das Baugesetzbuch zu ändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zum Einzelplan 09. Hauptverteilungsmasse oder Haupteinnahmequelle dieses Einzelplans sind die Mittelzuweisungen des Bundes aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und der Europäische Landwirtschaftsfonds zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes - hier im Hause vielleicht besser bekannt unter dem Namen PROFIL.
Positiv ist anzumerken, dass alle Mittelzuweisungen gebunden werden können. Unsere seit Jahren bestehende Kritik richtet sich also nicht gegen die Höhe der zur Verfügung stehenden Finanzmittel; darum finden Sie auch keinen entsprechenden Änderungsantrag in der Liste. Unsere Kritik richtet sich gegen die Verteilung dieser Mittel.
Herr Minister Ehlen, Sie bezeichnen Ihren Haushalt als innovativ und als für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt. Ich bezeichne den Haushalt allerdings als Stillstand, nichts Neues und Fortführung alter, traditioneller, konservativer Förderpolitik, leicht angereichert mit Maßnahmen für die Milchbauern, das sogenannte Begleitprogramm zur Einleitung des Quotenausstiegs, das Sie dann auch noch als spezielles Klimaprogramm verkaufen wollen.
Im Haushaltsausschuss wurden zwei interessante Listen verteilt, die unsere Kritik mit Zahlen untermauern und die sicherlich noch eine Menge Nachfragen auslösen werden. Es handelt sich um Listen, die die Ansätze und Ausgaben des Förderprogramms PROFIL für die Jahre 2007 bis 2009 aufzeigen. Ich will daraus einige Punkte exemplarisch herausgreifen. Die Mittel für das Agrarinvestitionsprogramm, vorrangig Stallbauten, wurden zu mehr als 100 % verausgabt, die Agrarumweltmaßnahmen nur zu gut 60 %, die traditionelle Dorferneuerung zu 66 %, ILEKs und Regionalmanagement lagen bei unter 10 %, das LEADER-Programm bei 28 %. Zufall ist diese Verteilung nun wirklich nicht. Hier wird ganz klar deutlich, wofür - oder besser: für wen - das Herz schlägt. Für die Herausforderungen der Zukunft, für die ländliche Entwicklung ganz bestimmt nicht.
Der Staatssekretär, Herr Ripke, sagte zur Einbringung des Haushaltes im Agrarausschuss:
„Wir werden darauf achten müssen, dass wir die Mischung aus Altbewährtem - z. B. Agrarinvestitionsförderpro
gramm - und innovativem Neuen - Klimaschutz im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen - gut hinbekommen.“
Die Zahlen belegen eine andere Realität, nämlich das Gegenteil: Die Agrarumweltmaßnahmen und der Klimaschutz kommen zu kurz, Umstellungs- und Beibehaltungsprämien für den Ökolandbau sind lediglich unteres Mittelmaß im Agrarland Nummer eins. Für den Klimaschutz soll ein Arbeitskreis Impulse geben. Der ländliche Raum bleibt auf der Strecke.
Der Staatssekretär ist leider nicht hier. Aber ich frage mich, woher er eigentlich die Unverfrorenheit nimmt zu behaupten - ich zitiere -:
„Die Stärkung des ländlichen Raums zählt zu den herausragenden Zielen dieser Landesregierung. Ein wichtiges Instrument dazu sind die Maßnahmen der ‚integrierten ländlichen Entwicklung’.“
Gleichzeitig werden mit Stand vom 15. Oktober 2009 noch nicht einmal 10 % des Mittelansatzes ausgegeben.
Besonders zukunftsweisend finde ich eine Bekanntgabe, dass Sie in Kürze „mit einem großen Symposium zur Entwicklung des ländlichen Raumes“ - Stichwort „Demografie“ - beginnen wollen. Vielleicht hat es schon stattgefunden. Ich empfehle wirklich die Lektüre des über 500 Seiten dicken Schlussberichts der Enquete-Kommission zu den Herausforderungen durch den demografischen Wandel, der im Übrigen schon zwei Jahre alt ist. Dann kann man sich das Symposium sparen. Dort kann man auch sehr viel über die Probleme des ländlichen Raums nachlesen.
Zur Agrarinvestitionsförderung in Niedersachsen gibt es eine sehr interessante Bewertung des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts nicht nur allein für die Jahre 2000 bis 2006, sondern auch im Hinblick auf die Rahmenbedingungen ab 2007. Darin heißt es: Die Förderrichtlinie hat keine klar definierten Politikziele. Die AFP-Förderung enthält Mitnahmeeffekte. Aus einer Betriebsleiterbefragung geht hervor, dass rund ein Viertel der Betriebsleiter nach eigener Einschätzung ohne AFP in völlig identischer Weise investiert und ein weiteres Drittel die Investition später oder in mehreren Schritten durchgeführt hätten. Lediglich 7 % der Betriebslei
ter hätten ohne Agrarinvestitionsförderung ganz auf eine Investition verzichtet. - 7 %!
Meine Damen und Herren, kommen wir zur Einnahmeseite, zu einem Bereich, den wir ebenfalls schon im letzten Jahr kritisch angemerkt haben - allerdings ist das bei Ihnen auf taube Ohren gestoßen -: die Gebühren beim Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das Urteil des Landesrechnungshofes lautet - ich zitiere -: Die vom LAVES durchgeführten Untersuchungen von regelmäßigen Proben der Lebensmittelüberwachungsbehörden sind bisher kostenlos. Damit verstößt das Land gegen seine rechtliche Verpflichtung zur Erhebung von Gebühren und verzichtet auf Einnahmen von jährlich mindestens 1,25 Millionen Euro. - Bei dieser Summe wurden lediglich die beanstandeten Proben - das sind ca. 25 % aller Proben - mit Gebühren belegt. Würden wir für alle untersuchten Proben Gebühren einnehmen, könnten Einnahmen in Höhe von 5 Millionen Euro erzielt werden. Das ist eine schöne Summe, die für die Verbesserung der Lebensmittelkontrollen und -sicherheit eingesetzt werden könnte und damit den Verbraucherschutz deutlich verbessern würde.
Hier wird eindeutig Klientelpolitik betrieben, meine Damen und Herren. Sie wollen die Wirtschaft nicht mit Gebühren belasten - zulasten des Landeshaushaltes. Wenn ich als Privatperson ein Produkt untersuchen lassen würde - was ich einmal getan habe -, müsste ich dafür Gebühren zahlen, ich werde nicht befreit.
Die zweite Beanstandung des Landesrechnungshofs betrifft das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik, und zwar nicht die Investitionskosten, die wir für richtig halten, sondern die Festbetragsfinanzierung in Höhe von 400 000 Euro für das Jahr 2010. Vereinbart wurde, dass die Unterdeckung in Form einer institutionellen Förderung erfolgen soll. Bei der Prüfung durch den Landesrechnungshof hat sich aber herausgestellt, dass das DIL in den Jahren 2006 bis 2008 erhebliche Überschüsse mit steigender Tendenz ausgewiesen hat. Die Notwendigkeit einer institutionellen Förderung ist also nicht gegeben; denn diese Überschüsse gingen in eine Rücklage.
Der dritte Punkt betrifft die Zuschüsse, die im Haushalt zur Entlastung privater Waldbesitzer von den Beiträgen für Aufgaben nach dem Wasserver
bandsgesetz veranschlagt sind. Bereits im letzten Jahr wurde uns angekündigt, dass das Umweltministerium für eine entsprechende Änderung des Wassergesetzes sorgen werde - allerdings ohne Erfolg. Unser Eindruck ist, dass sich Herr Sander einer Änderung des Wassergesetzes ganz bewusst verweigert. Er soll im Umweltausschuss gesagt haben - so wurde mir berichtet -, dazu habe er keine Lust.
Die Frage ist doch, wie lange es sich eine Landesregierung gefallen lässt, dass sich ein Minister weigert, seine Arbeit zu tun.
Wir haben ja im Zusammenhang mit der Transparenzrichtlinie zu den Agrarsubventionen erfahren, dass Herr Sander selbst privater Waldbesitzer ist. Ich weiß ja nicht, ob hier eine Art von privater Befangenheit vorliegt.
Meine Damen und Herren, da ich mich nur auf wenige Punkte konzentrieren kann, möchte ich als Letztes das Schulobstprogramm ansprechen.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die jetzt bereitgestellten 40 000 Euro
- von mir aus auch Mehrheitsfraktionen, wenn Sie dann zufriedener sind; trotzdem bleibt es bei den 40 000 Euro, die Sie in Ihre Liste eingestellt haben -, Herr Fraktionsvorsitzender der CDU, sind an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.
Die Beratungen im Ausschuss haben deutlich gemacht, dass man die Inhalte des EU-Programms bewusst falsch dargestellt und die Hürden möglichst hoch gelegt hat, um daraus eine Begründung für die Ablehnung konstruieren zu können. Sie fordern doch immer wieder eine Umsetzung der EU-Programme 1 : 1. Das Schulobstprogramm 1 : 1 umfasst die Kinder von sechs bis zehn Jahre, also die Grundschulkinder. Die Berechnungen von Herrn Clemens Große Macke mit 40 Millionen Euro beziehen sich aber auf alle Kinder vom Kindergarten bis zur Klasse 10.
Was soll also solch eine Trickserei, Herr Große Macke? Das ist keine Umsetzung 1 : 1!
Bei Ihrer Berechnung gilt: Ein Apfel pro Tag. Herr Dammann-Tamke hat sogar von einem „Schulapfelprogramm“ gesprochen. Das ist etwas ganz Neues; das gibt es nämlich gar nicht.
Die EU sagt: Mindestens einmal pro Woche soll jedes Grundschulkind Obst oder Gemüse erhalten. Es geht gerade um die Vielfältigkeit des Angebots. Fragen Sie einmal Kinder, wie eine Stachelbeere aussieht oder schmeckt! Sie werden erstaunt sein, wie wenige Kinder diese Frucht noch kennen - leider, sage ich.
Der Bürokratieaufwand ist so hoch, so die Kritik. Wie ist es eigentlich mit dem Schulmilchprogramm? Sie greifen doch sonst so gerne auf vorhandene Erfahrungen oder sogenannte Synergieeffekte zurück!