Wenn wir weniger Vorsteuer erstatten, heißt das, dass weniger produziert wird, dass also gesamtwirtschaftlich weniger Umsatzsteuer anfällt. Dies
bedeutet, die positive Entwicklung bei der Umsatzsteuer, die ja anschließend nach Kopfzahlen in der Bundesrepublik verteilt wird, ist nicht unbedingt ein positives, sondern eher ein negatives Zeichen. Ich bin einmal gefragt worden, ob es nicht besser wäre, wenn wir gar nichts mehr exportieren würden. Dies wäre allerdings die falsche Reaktion.
Die Körperschaftsteuerergebnisse haben dagegen mehrfach das Vorzeichen gewechselt. Aus positiven absoluten Beträgen im Vorjahr wurden negative, also Erstattungsbeträge in diesem Jahr und umgekehrt. Bewertungen fallen da nicht ganz leicht.
Die Abweichung zwischen gesamtwirtschaftlicher Prognose und tatsächlicher, bisheriger Einnahmeentwicklung hat verschiedene Ursachen, die der Arbeitskreis Steuerschätzung in seiner Prognose berücksichtigt. Zudem sind die Bundesländer unterschiedlich von den einnahmeseitigen Auswirkungen der Rezession betroffen, was in der regional unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur und Exportabhängigkeit begründet liegt. Auch diese regional unterschiedlichen Entwicklungen sind, da sie uns über den Mechanismus des bundesstaatlichen Finanzausgleichs früher oder später erreichen, noch zu analysieren. Die zeitliche Abgrenzung möglicher negativer Auswirkungen auf der Einnahmeseite zwischen den Jahren 2009 und 2010 durch Verschiebungen im Rahmen des Finanzausgleichs wird ebenfalls eine Rolle spielen müssen.
Ich habe eben gesagt, dass wir für beide Jahre mit 5 Milliarden Euro rechnen. Selbst wenn sich die Situation verschiebt und wir in 2009 etwas geringere Einnahmeausfälle hätten, holt es uns im Jahr 2010 wieder ein; und umgekehrt. Wir müssen also beide Steuerjahre zusammen betrachten.
In Erwartung sinkender Steuereinnahmen habe ich am 15. April 2009 eine haushaltswirtschaftliche Sperre verfügt und den Einstellungsstopp verschärft. Mit dieser Maßnahme wird der konsequente Konsolidierungskurs der Landesregierung der vergangenen sechs Jahre flankiert. In eindeutig definierten Schritten wurde in den letzten sechs Jahren die Nettoneuverschuldung von rund 3 Milliarden Euro auf einen Betrag von nur noch 250 Millionen Euro im Haushalt 2009 zurückgeführt. Diese
Sie zeigt sich gerade angesichts der schwierigen aktuellen finanzpolitischen Rahmenbedingungen als bestmögliche Vorsorge.
Im Moment ist es wie bei „Monopoly“: Man zieht eine Ereigniskarte, auf der steht: „Gehen Sie zurück auf Los! Ziehen Sie nicht 4 000 Euro ein!“
- Wir haben die Konsolidierung vorangetrieben und sind von 3 Milliarden Euro auf jetzt nur noch 250 Millionen Euro Neuverschuldung heruntergegangen. Wir haben 1,5 Milliarden Euro Ausgaben aus den Haushalten gestrichen. Das ist eine erhebliche Leistung! Wir müssen feststellen, dass wir nicht die dynamische Neuverschuldung haben wie in den früheren Jahren. Vergleichen Sie einmal: Wir hatten in unserer Planung eine Neuverschuldung in Höhe von 10,2 Milliarden Euro vorgesehen. Durch die guten Steuereinnahmen der Jahre 2006 und 2007 mussten wir aber nur 8,2 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Wir haben also 2 Milliarden Euro Schulden gespart.
- Man kann sagen: Wir lassen es laufen, und wir machen Schulden. - Dies hatte zur Folge, dass wir im Moment 50 Milliarden Euro Schulden haben, wofür wir jedes Jahr 2,4 Milliarden Euro an Zinsen zahlen. Dies alles regt niemanden auf, weil sich diese Milliarden niemand vorstellen kann. Wenn man diesen Betrag einmal herunterrechnet, dann kommt man auf knapp 7 Millionen Euro jeden Tag, Sonnabend, Sonntag und Heilig Abend eingeschlossen. Die Fachpolitiker könnten sich sicherlich gut vorstellen, was man mit 7 Millionen Euro täglich alles machen kann: einige Kindergärten bauen oder anderes. Das braucht man doch gar nicht zu diskutieren.
Nur durch diese Vorsorge ist es uns gelungen, die zu leistende Finanzierung aus dem Konjunkturpaket II mit dem ersten Nachtragshaushalt 2009 aus freien Mitteln der Allgemeinen Rücklage zu decken und für dieses Konjunkturprogramm auf eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu verzichten.
Die Landesregierung ist fest entschlossen, ihre erfolgreiche proaktive Haushaltspolitik fortzusetzen.
Zu 3: Ziel der Finanzmarktstabilisierungspolitik der Bundesregierung ist es, die Konjunktur zu beleben und nachhaltig wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen. Nur ein prosperierender Staat hat einen steuerrechtlichen Gestaltungsrahmen; das ist logisch. Steuereinnahmen werden im Rahmen der verfassungsrechtlich vorgegebenen bundesstaatlichen Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt.
Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister, wie verträgt sich die - vorsichtig ausgedrückt - abwartende Haltung des Finanzministers, die Sie im gesamten letzten Jahr an den Tag gelegt haben, mit § 50 Abs. 7 des Haushaltsgrundsätzegesetzes, wonach die Regierung rechtzeitig geeignete Maßnahmen treffen soll, um eine geordnete Haushaltsführung und Haushaltsentwicklung sicherzustellen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vermeiden, dass der Finanzminister in die unangenehme Rolle
Erstens. In diesem Jahr wird das erste Mal seit über 60 Jahren der Welthandel schrumpfen und das Bruttosozialprodukt der Welt sinken. Das hat es seit 60 Jahren nicht gegeben. Dies wird die ärmsten Länder der Erde am härtesten treffen. Dies wird ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland als Exportweltmeister aber auch in anderer Weise extrem hart treffen. Deswegen meine Aussage vorweg: Den Regierungen aller Bundesländer und aller Staaten der Welt fliegen im Moment die Haushalte um die Ohren. Anders kann man das, was morgen bezüglich der Steuereinschätzung in den Zeitungen stehen wird, nicht bezeichnen.
Zweitens. Zwischen allen Fraktionen ist eine Grundsatzfrage zu stellen, nämlich ob man die Fehler von 1929/1930 wiederholen will - mit einer Geldverknappung, mit Lohnkürzungen, mit Einsparungen in der Krise, also prozyklischem Handeln - oder ob man sie vermeiden will. Wir entscheiden beispielsweise in dieser Woche, die Gehälter unserer Beamten rückwirkend zum 1. März um 3 % anzuheben. Wir entscheiden auch bereits jetzt, sie im nächsten Jahr um 1,2 % zu steigern. Wir als Regierung wollen an diesen Entscheidungen, die wir bewusst so vorbereitet und mitgetragen haben - Sie kennen unsere Vorschläge - festhalten, weil wir glauben, dass wir die Fehler der Weltfinanzkrise von 1929/1930 nicht wiederholen dürfen. Wir hoffen dabei auf Konsens in diesem Hause. Es gibt ja auch Vorschläge, die eher dahin gehen, die Beträge noch zu erhöhen. Ich denke dabei an bestimmte Briefe an Beamte.
Eine dritte Bemerkung. Durch das, was der Finanzminister gerade ausgeführt hat, ist umfassend Vorsorge getroffen worden. Wir wollen z. B. erreichen, dass wir trotz dieser exorbitanten Krise, die so noch nie da gewesen ist, nicht wieder ursprüngliche Verschuldungsniveaus erreichen, die wir angetroffen haben, als wir angefangen haben. Wir wollen also nicht wieder auf das Niveau der 3 Milliarden Euro aus dem Jahre 2002 zurück, sondern darunterbleiben. Wir hatten die Neuverschuldung auf 250 Millionen Euro in diesem Jahr zurückgeführt. Wir haben im Haushalt bereits Vorsorge für die Tarifsteigerungen getroffen - fast mit dem Betrag, der jetzt fällig wird -, ebenso für die Entfer
nungspauschale, die jetzt aufgrund der Entscheidung des Gerichts fällig wird, wobei man natürlich fragen könnte: Warum sollen es 25 oder 30 Cent pro Kilometer sein? Man hätte auch sagen können: 15 Cent ab dem ersten Kilometer. Die Bundesregierung hat sich aber auch dort für das teuerste Modell entschieden. Wir haben auch für andere Fragen, die jetzt steuerlich greifen, Vorsorge getroffen, sodass wir in diesem Jahr sozusagen etwas besser hantieren können als andere Bundesländer.
Wir haben etwas, was uns besonders wichtig sein sollte, nämlich eine bessere wirtschaftliche Situation als andere. Niedersachsen hatte im letzten Jahr mit 1,7 % das höchste Wachstum aller Flächenländer. Wir hatten mit 2,4 % den geringsten Anstieg der Zahl der Arbeitslosen zwischen April letzten Jahres und April dieses Jahres. Ich erinnere daran, dass die Zahl der Arbeitslosen in BadenWürttemberg im selben Zeitraum des letzten Jahres um 23,9 % gestiegen ist, dass aber solche wahnsinnigen Einbrüche in Exportländern wie Baden-Württemberg natürlich im Bund-LänderFinanzausgleich auf uns niederhageln, weil wir in Niedersachsen quasi keine eigenen Steuern haben, sondern voll von den Steuern in Hessen, am Bankplatz Frankfurt, in Bayern oder BadenWürttemberg abhängig sind. Wir verzeichnen auch eine bessere Lage unserer Landesunternehmen, angefangen bei der NORD/LB über VW bis hin zur Salzgitter AG. Trotzdem werden wir im BundLänder-Finanzausgleich von den Ergebnissen der Steuerschätzung voll getroffen. Der länderbezogene Faktor - über ihn wird in Stuttgart von den Steuerschätzern entschieden - ist minimal. Wir liegen hier voll in der Umrechnung, die dort seit Jahrzehnten üblich ist.
Als Ziel möchte ich ausgeben, dass wir in der Haushaltspolitik weiterhin verlässlicher und konsolidierender als andere Bundesländer in Erscheinung treten wollen. Wir werden bei der Aufstellung der Haushalte in den nächsten Jahren jeweils einen entsprechenden Nachweis zu führen haben.
Eine letzte Bemerkung zu einem Thema, bei dem die Fraktion der Grünen und die FDP-Fraktion in vielerlei Punkten sicher anderer Meinung sind. Die Debatte darüber kann hier und andernorts geführt werden. Ich möchte als Ministerpräsident aber doch meine Meinung dazu sagen. Ich halte die Entscheidungen der Großen Koalition in Berlin im Kern für richtig. Ich halte sie deshalb im Kern für richtig, weil Zeit gewonnen wird, um Firmen mit Bürgschaften und Kurzarbeitergeld über die nächs
ten Monate hinwegzuhelfen. Das kostet allerdings sehr viel Geld. Ebenso soll der Exportwirtschaft, z. B. auf dem Wege über die Abwrackprämie, geholfen werden. Das kostet viel Geld. Es ist trotzdem richtig, denn wir haben bei VW dadurch den Übergang von Kurzarbeit zu Beschäftigung erreicht. Ich halte es auch für richtig, dass Steuern und Abgaben gesenkt werden. Das ist eben angesprochen worden; es wurde zutreffend zitiert. Im Moment nimmt die amtierende Bundesregierung eine Steuersenkung vor. Der Eingangssteuersatz wird auf 14 % gesenkt. Wir haben jetzt schon entschieden, dass die Steuern nächstes Jahr durch die bessere Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen gesenkt werden. Das macht 10 Milliarden Euro aus. Uns kostet das 500 Millionen Euro. Die Entfernungspauschale kostet Niedersachsen 600 Millionen Euro. Die Konjunkturprogramme kosten Niedersachsen bis 2013 über 2 Milliarden Euro. Trotzdem halte ich es für richtig, dass wir jetzt in energetische Gebäudesanierung investieren, dass wir in Bildung, Forschung, Entwicklung und Infrastruktur investieren.
Die SPD schlägt jetzt einen Steuerbonus von 300 Euro und die Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 10 % vor. Darüber wird derzeit debattiert. Diese Debatte können wir überall führen, auch hier. Faktisch ist in einer solchen Fragestunde wie dieser meine Aussage wichtig, dass wir Vorsorge getroffen haben, dass wir jetzt in einen Wettbewerb eintreten sollten, ob wir mehr oder weniger Schulden machen wollen, und dass wir uns der Frage zuwenden müssen, wofür wir vor diesem Hintergrund das Geld ausgeben wollen bzw. ob wir es einsparen wollen. In dieser Hinsicht sind wir zu jeder Auskunft bereit.