Diese Frage hätte auch lauten können: Wie sehen Umsetzung und Stand der von der Landesregierung eingeführten Seniorenservicebüros aus? - Wir gehen jedenfalls davon aus, dass der Startschuss zu diesen Einrichtungen 2008 von CDU und FDP
nicht überhört worden ist, womit sich die Frage, ob es zentrale Anlaufstellen gibt, erübrigt haben dürfte.
Nach ähnlichem Muster wird unter Frage IV. 1. nach Planungen der Landesregierung bezüglich eines positiveren Altersbildes in der Gesellschaft gefragt. Dieser selbst gesetzte Aufschlag wird im Kern dazu genutzt, die Leitlinien „Altern als Chance“ in einem 20-Punkte-Katalog aufzulisten, die die Landesregierung bereits 2007 herausgegeben hat.
Im zweiten Punkt komme ich zu den dünnen Antworten und ihren Konsequenzen, die wir daraus sehen. Die unter der Antwort zu I. 2. aufgeführte Tabelle verdeutlicht, dass die fünf niedersächsischen Regionen - vier Landkreise und eine kreisfreie Stadt - mit der höchsten Anzahl von Seniorinnen und Senioren zugleich zu jenen Regionen im Lande gehören, die bei der Bemessung des Armutsrisikos in Niedersachsen Spitzenplätze belegen, nämlich die Landkreise Osterode, Goslar, Lüchow-Dannenberg sowie Holzminden und die Stadt Wilhelmshaven. An dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, inwieweit die Landesregierung eine besondere Förderung plant, z. B. hinsichtlich der Mobilität und Freizeitangebote, wenn es beispielsweise im Landkreis Goslar und in der Stadt Wilhelmshaven aktuell laut dieser Antwort nicht einmal Seniorenservicebüros gibt.
Die signifikante Zunahme des weiblichen Bevölkerungsanteils in den Altersgruppen über 70 Jahren - Antwort zu I. 1 b - in Kombination mit ihrem jeweils signifikant steigenden Anteil am Bezug der Grundsicherung im Alter nach SGB XII in der gleichen Altersgruppe sollte ebenfalls zum Anlass genommen werden, eine auf Frauen zielende Unterstützung auf Landesebene zu initiieren. Die Möglichkeiten reichen hier von einer spezifischen Sozialberatung über die Evaluierung spezifischer Problemkonstellationen bis hin zu konkreten besonderen Betreuungsangeboten.
Nun zum letzten Punkt, nämlich zu dem, was aus unserer Sicht ungefragt oder unbeantwortet geblieben ist. Die Suche nach diesem Ungesagten und Ungefragten ist eine Methode des Erkenntnisgewinns, die auch im Fall der Großen Anfrage der Regierungsfraktionen äußerst hilfreich ist. Beispiel Frage II. 4: Es geht um die Anzahl der Älteren, die trotz des Erreichens der Altersgrenze von derzeit 65 Jahren erwerbstätig sind. Hier wird in einer übersichtlichen Tabelle eine Auflistung vorgenommen. Aber weder in der Frage noch in der Antwort ist ein Interesse daran erkennbar, worin die Grün
de für diese späte Erwerbstätigkeit liegen. Die Frage, wie viele ältere Menschen aus sozialer Not arbeiten müssen, bleibt völlig offen. In der darauf folgenden Frage und Antwort werden lediglich Anreize erwogen, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben zu verhindern.
Die Antworten zum gesamten Abschnitt V, die wirtschaftliche Situation älterer Menschen betreffend, fällt substanziell knapp aus. Vor dem Hintergrund statistischer Darstellungen zum SGB XII werden ältere Menschen einerseits als Konsumenten in den Fokus genommen. Andererseits wird mit dem Hinweis auf den Niedersächsischen Armuts- und Reichtumsbericht eine verbreitete Altersarmut in Niedersachsen verneint und einleitend insgesamt auf eine unvollständige Datenlage verwiesen. CDU und FDP haben die Große Anfrage dazu genutzt, die raren und wenigen Elemente ihrer Seniorenpolitik in eine Art Reklamebroschüre zu fassen. Meine Fraktion wird ihnen dazu nicht gratulieren.
Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Helmhold das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann der Beantwortung der Großen Anfrage nicht vorwerfen, dass sie die neuralgischen Punkte des Themas „Politik für und mit älteren Menschen“ nicht aufgelistet hätte. Das geschieht allerdings eher beiläufig, wohl um nicht zu viele Anlässe für Einreden zu bieten. Ich möchte dies an einigen Punkten deutlich machen.
Die Armutsgefährdungsquote wird mit 12,3 % angegeben. Das ist im Vergleich zu den anderen Altersgruppen eine unterdurchschnittliche Quote. Es bleibt aber ungesagt, dass wir bereits jetzt wissen, dass die Altersarmut gewaltig steigen wird. Die Niedriglöhner, die prekär Beschäftigten von heute sind die Altersarmen von morgen. Leider findet sich in der Antwort kein Wort dazu, dass Ihre Politik dies billigend in Kauf nimmt.
Frauen sind mehr als doppelt so häufig von Armut betroffen wie Männer. Dies ist auch Ausfluss der Tatsache, dass Frauen bei gleicher Arbeit immer
noch weniger verdienen als Männer. Das war früher so und daran hat sich leider noch nichts geändert.
Andererseits verfügen die Menschen im Alter von über 60 Jahren heute über fast ein Drittel der Kaufkraft. Dies ist ein Indiz dafür, dass es die Gruppe der älteren Menschen überhaupt nicht gibt und man das Thema wohl kaum eindimensional wird behandeln können.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Beratung. Es zeigt sich an der Antwort, dass wegen teilweise ideologischer Voreinstellungen in Niedersachsen jetzt Parallelstrukturen aufgebaut werden, die an das Absurde grenzen. Es gibt ein Nebeneinander von Servicebüros, Pflegestützpunkten und Mehrgenerationenhäusern, das noch um die Pflegeberaterinnen und -berater der Kassen ergänzt wird. Dabei handelt es sich aus meiner Sicht um ein willentlich angerichtetes Chaos der Zuständigkeiten und Trägerschaften, das die Betroffenen nur verwirren kann und wird. Selbst wenn sie eine kompetente Beratung erhalten haben, gibt es nur wenig Wahlfreiheit, weil z. B. über Versorgungs- und Stützungsmöglichkeiten im Wohnquartier zu wenig Kenntnisse in den Kliniken vorhanden sind, Angehörige nicht da sind, die sich darum kümmern könnten, und die Lösung, ins Heim zu gehen, einfacher ist oder Dienste und nachbarschaftliche Hilfen einfach nicht ausreichend im Sinne eines dichten Netzes vorhanden sind.
Es gibt aber auch das Problem der Vereinsamung in der eigenen Wohnung. Zur Lösung dieses Problems bedürfte es intensiver Besuchsdienste oder des vermehrten Ausbaus gemeinschaftlichen Wohnens. Der Verein ambet e. V. hat in Braunschweig weit verstreut wohnende und aufwendig zu betreuende ältere Menschen, teilweise an Demenz erkrankt, davon überzeugen können, in eine betreute Wohngemeinschaft zu ziehen. Dazu bedarf es aber intensiver Überzeugungsarbeit und Ansprache. Leider ist die Zahl solcher gemeinschaftlichen Wohnformen in Niedersachsen nach wie vor viel zu gering.
In der Antwort wird auch wenig von notwendiger Rehabilitationsarbeit gesprochen, außer dass sie schwerpunktmäßig ambulant erfolgen soll. Im SGB V ist seit Jahren verankert, dass Reha vor Pflege gehen soll. In der Praxis wird das leider nur wenig umgesetzt. Es ist doch ein Warnzeichen, dass laut Antwort der Landesregierung die weni
gen vorhandenen speziellen geriatrischen Abteilungen an Krankenhäusern eher unterausgelastet sind. Die meisten normalen Stationen in den Krankenhäusern - das wird in der Antwort auf die Anfrage gar nicht beleuchtet; es ist allerdings auch nicht danach gefragt worden - sind z. B. auf altersverwirrte und demente alte Patientinnen und Patienten überhaupt nicht eingestellt, weder quantitativ-personell noch in qualitativer Hinsicht. Einen Lehrstuhl für Geriatrie gibt es an den medizinischen Fakultäten und Hochschulen des Landes nicht. Er wäre wirklich dringend erforderlich.
Es gibt auch keine Bedarfsplanung für stationäre Bettenkapazitäten. Das hat damals die FDP zur Zeit von Kohl im SGB XI durchgesetzt. Hier sollte der reine Markt alles regeln. Laut Antwort der Landesregierung gibt es einen Überhang an stationären Betten. Man könnte sagen: Gut, das ist eben Marktrisiko. - Ich glaube aber, dass die Träger mit aller Macht versuchen, Menschen in ihre Bettenburgen hineinzulocken und dann auch dort zu behalten. Für die Betroffenen ist das fatal.
Leider wurde auch nicht nach der Situation von pflegebedürftigen Menschen, die auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen sind, gefragt. Sonst hätte in der Antwort stehen müssen, dass z. B. in Hildesheim Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger auf preiswerte Häuser verwiesen werden, in denen sie in Zwei- und Mehrbettzimmern untergebracht werden.
Ich komme zum Schluss. - In der Antwort der Landesregierung gibt es des Weiteren einen seitenlangen Abdruck von Statistiken. Dort wird z. B. etwas über Sportabzeichen gesagt. Alle Erwachsenenbildungseinrichtungen werden dort aufgeführt. Selbst die Apotheken werden in ihrer segensreichen Funktion für Seniorinnen und Senioren erwähnt. Insgesamt: viel Papier und wenig Zukunftsperspektive.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort der Landesregierung und, wie ich finde, auch die Debattenbeiträge der Vertreter der Oppositionsfraktionen machen uns heute deutlich, dass im Flächenland Niedersachsen eine erfolgreiche Generationenpolitik betrieben wird, die es älteren Menschen möglichst lange erlaubt, ein unabhängiges und eigenverantwortliches Leben zu führen.
Das soll auch so bleiben, denn die demografischen Veränderungen werden bald im Alltagsleben ihren Niederschlag finden. Unsere Gesellschaft, der Staat und die Politik müssen hierauf auf vielfältige Weise rechtzeitig vorbereitet sein. Deshalb haben wir auch unsere Anfrage gestellt, auf die wir von der Landesregierung Antworten erhalten haben, die uns Anlass zu Zuversicht, aber auch zu ernsthafter Entscheidungsfindung in vielen Einzelfragen bieten.
Dies fordert zu Recht auch der Landesseniorenrat Niedersachsen ein. Er wurde bekanntlich 1983 in der Regierungszeit Ernst Albrechts als Landesvertretung gegründet. Diesem Gremium gehören mittlerweile 157 aktive Mitgliedsverbände an. Dieses wichtige Gremium stellt für uns einen Gesprächspartner dar, dessen Fachkenntnisse bei der Ausarbeitung der Anfrage mit eingeflossen sind. Das macht deutlich, dass Kritik dahin gehend nicht berechtigt ist, die Große Anfrage sei darauf angelegt gewesen, die richtigen Antworten zu bekommen. Wenn der Landesseniorenrat sich entsprechend mit einbringt, wird deutlich, dass die wesentlichen Kernpunkte angesprochen werden.
Es ist nicht zu bestreiten: Eine moderne Seniorenpolitik wird Kernstück der Gesellschaftspolitik von morgen sein. Ältere Menschen sind in der Gesellschaft des langen Lebens gefragt wie nie zuvor. Wir wissen ihre Mitverantwortung und ihre Aktivitäten zu schätzen. Wir wollen, dass ihre gesellschaftliche Rolle im Ehrenamt, aber auch in der Wirtschaft und in der Politik weiterhin eine hohe Bedeutung hat.
Menschen ausländischer Herkunft ist ebenfalls zu berücksichtigen. Diese Gruppe wird immer stärker. Wir müssen uns dieser Gruppe entsprechend stellen. Es muss sichergestellt sein, dass ihr die Teilhabe an den kulturellen, sozialen und gesundheitlichen Angeboten jederzeit möglich ist.
Bei der Anfrage standen, wie ich meine, einige wichtige Themen im Mittelpunkt, so beispielsweise die Situation der ärztlichen Versorgung. Bekanntlich hat die Kassenärztliche Vereinigung die Versorgung durch Haus- und Fachärzte sicherzustellen, und zwar auch in der Fläche. Die Arztzahlprognosen für das Jahr 2020 lassen erkennen, dass Probleme in diesem Bereich rechtzeitig angepackt werden müssen. Die Landesregierung hat mit einem runden Tisch zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung bereits eine Initiative ergriffen. Ich denke, das setzt Zeichen. Es setzt auch im Hinblick auf die stationäre Behandlung von Kranken Zeichen. Sie steht beim Niedersächsischen Krankenhausplan im Mittelpunkt. In einem Flächenland ist dies ein ganz besonders wichtiges Thema. Dies gilt speziell für kranke und ältere Menschen, die ein entsprechendes Angebot erwarten, denn es geht zum Teil auch um hochbetagte kranke Menschen, die wir nicht sonst wohin transportieren können. Es geht also darum, für sie wohnortnah entsprechende Einrichtungen vorzuhalten.
Meine Damen und Herren, das Pilotprojekt MoNi macht deutlich, wie wichtig es in einem Flächenland ist, dass der älteren Generation gerade auch in der Fläche eine entsprechende medizinischtechnische Betreuung zugesichert werden kann.
Die Antworten der Landesregierung zum Thema Pflege stehen hier ebenfalls im Mittelpunkt. Dies ist ein Thema, das uns auch in der aktuellen Auseinandersetzung intensiv bindet. Es bedeutet aber auch, dass wir Antworten finden müssen. Mit dem Pflegepaket ist z. B. sehr intensiv an einer Verbesserung der aktuellen Situation gearbeitet worden. Die Landesregierung hat dieses Paket ja auf den Weg gebracht. Damit verbunden sind aber auch strukturelle Verbesserungen, die wir aber auch langfristig entsprechend sicherstellen müssen.
Unser aktueller Antrag zur Weiterentwicklung der Pflegeausbildung ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Es geht darum, durch den demografischen Wandel hervorgerufenen Herausforderungen in der Kranken- und Altenpflege entsprechend zu begegnen. Es geht darum, langfristige Perspek
tive für Auszubildende, die diesen Beruf ergreifen sollen, aber auch für Menschen, die bereits in der Pflege tätig sind, sowie für die Einrichtungsträger als Arbeitgeber darzustellen.
Ferner geht es darum, einen Einstieg in die Pflegeberufe für Hauptschulabsolventen, für Berufswechsler oder auch für Berufsrückkehrer zu erleichtern und zu ermöglichen sowie zu gewährleisten, dass eine kontinuierliche Aus-, Fort- und Weiterbildung auch in diesem Bereich gesichert und verankert wird.
Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass Modellversuche wie z. B. das MIKA-Projekt des Henriettenstiftes in Hannover sowohl in der Antwort der Landesregierung als auch in der Entwicklung eine große Bedeutung haben. Darüber hinaus möchte ich deutlich machen, dass Themen wie z. B. die Wohnraumförderung insbesondere auch für die ältere Generation von großer Bedeutung sind. Schließlich will ich deutlich machen, dass wir auch das neue Heimgesetz, das wir hier demnächst beraten und verabschieden werden, in den Mittelpunkt stellen werden. All die Fragen, die wir hier angesprochen haben, machen deutlich, dass wir auch in der täglichen politischen Auseinandersetzung und Entscheidungsfindung insbesondere in diesem Bereich besonders gefordert sind, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal die sehr erfolgreiche Initiative hinsichtlich des niedrigschwelligen Betreuungsangebotes im Sinne des § 45 des Sozialgesetzbuches XI zu nennen. Dieser niedersächsische Weg ist, wie wir alle wissen, unbestritten sehr erfolgreich. Hier werden pflegende Angehörige entlastet, beraten und unterstützt. Insbesondere gehören Betreuungsgruppen für Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder auch psychischen Erkrankungen hinzu.
Die Angebote der Tagesbetreuung in Kleingruppen oder auch in der Einzelbetreuung sowie die familienentlastenden Dienste sind auch in diesem Bereich, wie ich finde, von ganz großer Bedeutung.