Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

- die Entwicklung von Zivilcourage und bürgerlichem Engagement zu fördern.

Die Evaluation durch die Polizeiakademie hat gezeigt, dass diese Ziele auch erreicht werden. Dabei kommt es entscheidend auf die hohe Akzeptanz des FOSD in der Bevölkerung an, ohne die er seinen hohen Wirkungsgrad nicht entfalten könnte. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen das Angebot einer niedrigschwelligen Kontaktmöglichkeit an und sind bereit, auf Ansprache der FOSD-Mitglieder einzugehen und Fehlverhalten abzustellen. Selbstverständlich kann der FOSD nicht alle Konflikte selbst lösen - die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass sich auch und gerade im Kontakt auf Augenhöhe vieles bewirken lässt.

Die Landesregierung ist daher der Auffassung, dass der FOSD in Niedersachsen erfolgreich arbeitet und in den Städten und Gemeinden, die einen FOSD eingerichtet haben, zu einer spürbaren Verbesserung des Lebensumfelds der Bürgerinnen und Bürger führt.

Zu 3: Den niedersächsischen Städten und Gemeinden wurde nach Abschluss der zweijährigen Pilotphase am 10. August 2009 erneut die Gelegenheit gegeben, sich in einer Informationsveranstaltung in Hannover über das Projekt FOSD zu informieren. Dabei wurden die Ergebnisse der Evaluation vorgestellt und Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Städten und Gemeinden, die einen FOSD neu einrichten wollen, bietet das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration in gleicher Weise wie den acht Pilotkommunen die Unterstützung der Polizeiakademie Niedersachsen und der örtlichen Polizeidienststellen an. So unterstützen die Polizeiakademie und die örtliche Polizei die Kommunen z. B. bei der Erstellung des örtlichen Konzepts eines FOSD und des Anforderungsprofils für die Freiwilligen. Sie beteiligen sich an der Durchführung des Auswahl

gesprächs und führen gemeinsam mit den Kommunen die Qualifikation der ausgewählter Bewerberinnen und Bewerber durch, bei der insbesondere die erforderlichen Kommunikationstechniken, Deeskalationsmöglichkeiten sowie die notwendigen Maßnahmen der Eigensicherung erarbeitet und Möglichkeiten der Stressreduzierung aufgezeigt werden.

Auf dieses Angebot hin haben inzwischen einige Kommunen mit der Polizeiakademie Kontakt aufgenommen, und in einer Gemeinde hat die Polizeiakademie bereits eine Informationsveranstaltung vor dem Präventionsrat der Gemeinde durchgeführt.

Auch die Kommunen mit einem eingerichteten FOSD werden weiterhin unterstützt. Es besteht ein regelmäßiges Kontaktangebot mit den örtlichen Polizeidienststellen; die Polizeiakademie Niedersachsen begleitet Feedback-Runden und Fortbildung und bietet bei Bedarf auch Qualifizierungen für neue Bewerberinnen und Bewerber an.

Anlage 5

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 6 der Abg. Ronald Schminke und Dr. Gabriele Andretta (SPD)

Warum verlangt die Sozialministerin, Verkaufseinkünfte aus Straßenmagazinen als Einkommen für Leistungsempfänger nach dem SGB II/SGB XII anzurechnen?

Die Zeitschrift TagesSatz ist ein Straßenmagazin für Menschen in sozialer Not mit Redaktionen in Göttingen und Kassel. Dieses Magazin lebt durch die Einkünfte aus dem Straßenverkauf von Monat zu Monat weiter und gibt den Verkäuferinnen und Verkäufern die Chance, ihr Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Getragen wird dieses Projekt von dem Verein TagesSatz e. V., einem mildtätigen Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, mehr Leute von der Straße in die Gesellschaft zurückzuholen.

Das Straßenmagazin wird derzeit von 18 Menschen verkauft, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Seit März 2009 bestand mit dem Landkreis Göttingen eine Sonderregelung, dass Einkünfte aus dem Verkauf nicht auf die Sozialleistungen angerechnet werden, auch nicht, wenn diese über 100 Euro liegen.

Am 29. September 2009 erhielt der Tagessatz e. V. ein Schreiben des Landkreises Göttingen, aus dem hervorgeht, dass das Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit alle Einkünfte aus dem Verkauf des Göttinger Straßenmagazins TagesSatz künftig wieder als

Einkommen ansehen und demnach im Rahmen der Leistungsberechnung nach SGB II und SGB XII anrechnen wird. Das bedeutet: Verkauft eine Verkäuferin oder ein Verkäufer bei 1 Euro Gewinn pro Heft mehr als 100 Zeitungen im Monat, werden alle Einkünfte über diesem Grundfreibetrag zu 80 % abgezogen.

Sollte die Anrechnung der Einkünfte über 100 Euro auf die Sozialleistungen angewendet werden, bringt das sowohl die Verkäuferinnen und Verkäufer des Straßenmagazins als auch den Verein selbst in Bedrängnis: Die Verkäuferinnen und Verkäufer sind an die Verkaufsanzahl von 100 Heften pro Monat aus Angst vor Kontrollen und Leistungskürzungen seitens des Sozialamtes gebunden mit Folgen für den Verein TagesSatz e. V., da die Refinanzierung des Heftes durch die begrenzte Anzahl der Verkäuferinnen und Verkäufer nicht länger möglich wäre.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum hat das Landesministerium den Landkreis Göttingen angewiesen, Einkünfte aus dem Verkauf des Straßenmagazins bei den Verkäuferinnen und Verkäufern als Einkommen anzusehen und im Rahmen der Leistungsberechnung nach dem SGB II/SGB XII anzurechnen, und auf welcher Rechtsgrundlage erteilte der Landkreis Göttingen die genannte Ausnahmegenehmigung?

2. Aufgrund welcher anderen Rechtsauffassung könnte das Ministerium zu dem Ergebnis kommen, dass die Einkünfte bei der Leistungsberechnung nicht anzurechnen wären?

3. Wie will die Landesregierung ermöglichen, dass das Projekt Tagessatz e. V. weiterhin Menschen in sozialer Not mit seiner Tätigkeit helfen kann und weiterhin ein Anreiz für die Verkäuferinnen und Verkäufer bestehen bleibt, die Magazine in entsprechender Auflage zu verkaufen?

In mehreren Städten Niedersachsens werden Straßenzeitungen wie z. B. Asphalt in Hannover, Abseits in Osnabrück oder TagesSatz in Göttingen verkauft. Die Verkaufspreise liegen zwischen 1,10 Euro und 2 Euro. Etwa die Hälfte des Verkaufserlöses erhält die Verkäuferin oder der Verkäufer. Oft handelt es sich bei den Verkäuferinnen und Verkäufern um Personen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II oder Sozialhilfe nach dem SGB XII beziehen.

Die Anrechnung dieser Verkaufseinkünfte auf die staatlichen Transferleistungen hängt davon ab, ob die bzw. der Betroffene Leistungen nach dem SGB II oder nach dem SGB XII erhält.

Bei Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II sind Einkünfte

aus dem Verkauf von Straßenzeitungen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bis zu einem Betrag von monatlich 100 Euro anrechnungsfrei. Übersteigt der monatliche Erlös diesen Betrag, ist nach § 30 SGB II für den übersteigenden Betrag ein prozentual gestaffelter Betrag vom Einkommen abzusetzen. Beläuft sich der Erlös monatlich auf beispielsweise 200 Euro, bliebe ein Betrag von 120 Euro bei der Bemessung der Leistung nach dem SGB II anrechnungsfrei.

Für Leistungsberechtigte, die Sozialhilfe nach dem SGB XII beziehen, gibt es keine dem SGB II vergleichbare Regelung des Grundfreibetrages.

Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und auch bei der Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung ist gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ein Betrag in Höhe von 30 % des Einkommens aus selbstständiger und nicht selbstständiger Tätigkeit des Leistungsberechtigten abzusetzen. Der abzusetzende Betrag darf aber in der Regel höchstens die Hälfte des Eckregelsatzes von gegenwärtig 359 Euro betragen.

Allerdings wird es rechtsaufsichtlich nicht beanstandet, wenn auch bei Leistungsbeziehern nach dem SGB XII Einkünfte aus dem Verkauf von Straßenzeitungen unter Berücksichtigung der besonderen Anreiz- und Motivationswirkung bis zu einem Betrag von monatlich 100 Euro unberücksichtigt bleiben.

Des Weiteren räumt das Gesetz in begründeten Einzelfällen die Möglichkeit ein, einen abweichenden höheren Betrag vom Einkommen abzusetzen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn ein besonderer Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesetzt werden soll. Bei der Entscheidung über die Höhe des Absetzbetrages sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsberechtigten und die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Daneben ist im SGB XII auch zu prüfen, inwieweit es sich bei Einkünften aus dem Verkauf von Straßenmagazinen um Zuwendungen im Sinne von § 84 Abs. 1 SGB XII handelt. Die Verkaufsprovision in diesem Bereich liegt deutlich über derjenigen des gewerblichen Zeitschriftenhandels. Dies ist in der Regel aber nur möglich, weil zu den Produktions- und Vertriebskosten oft Zuschüsse kirchlicher oder anderer karitativer Einrichtungen gezahlt werden. Sie haben den Zweck, Einkünfte für die Verkäuferinnen und Verkäufer in Höhe des halben Verkaufspreises zu erzielen. Es ist daher zu prüfen, ob auch unter Berücksichtigung dieses Ge

sichtspunktes Leistungen der Sozialhilfe daneben gerechtfertigt sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Im März 2009 sind drei Einzelfälle aus dem Geschäftsbereich der Stadt Göttingen in der Presse publiziert worden, in denen die Anrechnung von durch Betteln und aus dem Verkauf von Straßenzeitungen erzielten Einkünften auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und der Sozialhilfe nach dem SGB XII hinterfragt wurde. Das Sozialministerium hat die Anrechnungspraxis der Stadt Göttingen in diesen Einzelfällen zum Anlass genommen, den Landkreis Göttingen als zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe am 21. April 2009 auf die geltende Rechtslage1 hinzuweisen.

Für den Personenkreis der Leistungsberechtigten im Sinne des SGB II hat der Landkreis Göttingen zu diesem Zeitpunkt eine sofortige Anrechnung des den Grundfreibetrag von monatlich 100 Euro übersteigenden Einkommens aus dem Verkauf von Straßenzeitungen zunächst zurückgestellt. Es wurde dort geprüft, ob die Verkaufstätigkeit des Straßenmagazins TagesSatz als eine Integrationsmaßnahme gemäß § 16 SGB II ausgestaltet werden kann. Soweit die Verkaufstätigkeit als Integrationsmaßnahme im Sinne des § 16 SGB II zu bewerten gewesen wäre, wären die hieraus erzielten Einkünfte als Einnahmen im Sinne des SGB II gemäß § 11 Abs. 1 SGB II unberücksichtigt zu lassen gewesen.

Der Landkreis Göttingen hat diese Planungen zur Arbeitsintegration wegen rechtlicher Bedenken jedoch nicht umgesetzt. Das Integrationskonzept des Landkreises Göttingen ist darauf ausgerichtet, schwer integrierbare Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnissen vorrangig in Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu vermitteln.

Nach Abschluss seiner Prüfung hat der Landkreis Göttingen die Redaktion der Straßenzeitung TagesSatz mit Schreiben vom 29. September 2009 entsprechend informiert.

Zu 2: Das Sozialministerium ist ebenso wie der Landkreis Göttingen an die geltende Rechtslage

1 Siehe Vorbemerkung und Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abg. Böhlke, Lammerskitten und Mundlos (CDU) im Mai 2009, Anlage 20 des Stenografischen Berichtes der 38. Sitzung des Niedersächsischen Landtages, S. 4761 ff.)

gebunden. Die Anrechnungsregelung im SGB II entspricht dem Grundsatz, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Hierbei soll derjenige, der arbeitet, mehr Geld zur Verfügung haben als Leistungsbezieher, die keiner Arbeit nachgehen.

Leistungen nach dem SGB XII erhalten hingegen bedürftige Personen, die dem Arbeitsmarkt alters- oder gesundheitsbedingt nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Anforderungen an eine Arbeitsaufnahme und die Anreize hierfür sind insoweit anders ausgestaltet als bei erwerbsfähigen Personen im Sinne des SGB II.

Der Gesetzgeber räumt der Verwaltung über die grundsätzliche Anrechnungsregelung in § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII hinaus ein Ermessen ein, in Abhängigkeit von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Einzelfalls bei der Prüfung der Höhe des Anrechnungsfreibetrages einen besonderen Anreiz für eine Arbeitsaufnahme zu setzen. Dieses Ermessen ist pflichtgemäß auszuüben.

Zu 3: Aus sozialpolitischer Sicht ist das Thema der Einkommensanrechung dieser geringfügigen Einkünfte vielschichtig und erfordert differenzierte Antworten. Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu konterkarieren, die ihren Mitmenschen über den Kauf einer Straßenzeitung eine zusätzliche Unterstützung zukommen lassen wollen. Es kann auch nicht gewollt sein, dass Projekte wie der Verkauf von Straßenzeitungen dadurch entwertet werden, dass sie nicht primär als Motivation zur Selbsthilfe, sondern als Möglichkeit der Kostensenkung der öffentlichen Hand verstanden werden.

Andererseits ist die Freilassung solchen Einkommens auch nicht grenzenlos möglich. Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sollen bedürftigen Menschen, die über kein ausreichendes eigenes Einkommen verfügen, ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Insoweit besteht bei der Festsetzung der Anrechnungsbeträge immer ein Spannungsfeld, einerseits zu einer Arbeitsaufnahme zu motivieren und andererseits auch den Inte

ressen der Allgemeinheit, die diese Mittel bereitstellt, angemessen nachzukommen.

Letztlich kommt es auch hier auf das richtige Augenmaß und das Verständnis für die betroffenen Menschen an. Das Gesetz bietet hinreichende Möglichkeiten, unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall angemessene Lösungen zu finden, die den Einzelnen zu einer Arbeitsaufnahme motivieren und die Aufrechterhaltung sozialer Projekte gewährleisten.

Anlage 6

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 7 des Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Zunehmender Rückgang der heimischen Eierproduktion

Die Eiererzeugung in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Lag die verwendbare Erzeugung in 2004 noch bei 805 000 t, ist sie in 2006 bereits auf 774 000 t und in 2008 auf 605 000 t gesunken. Dies entspricht einem Rückgang allein im Jahr 2008 um rund 17 % im Vergleich zu 2007. Damit ist die Eierproduktion in Deutschland auf einem Tiefpunkt angekommen.

Während die Käfighaltung für Legehennen im restlichen Europa erst bis zum Jahr 2012 verboten ist, geht Deutschland einen Sonderweg und hat bereits jetzt die herkömmliche Käfighaltung abgeschafft. Dies und die Tatsache, dass die Anforderungen an die Kleingruppen- und die Bodenhaltung in Deutschland über die EU-weit geltenden Mindeststandards hinausgehen, könnten einerseits zu einem Wettbewerbsnachteil führen, könnten aber andererseits dafür sprechen, sich bewusst für deutsche Eier zu entscheiden.

Ich frage die Landesregierung: