In der Antwort vom 12. Oktober 2009 auf die Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz vom 2. Oktober 2009 kritisierte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, dass das Vorgehen des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz der Strahlenschutzverordnung widerspreche. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit schließt sich weiterhin ausdrücklich den Empfehlungen der RSK-Stellungnahme an und fordert das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz auf, den Vollzug des Gesetzes wie nachfolgend beschrieben vorzunehmen:
- der Kühlmittelverluststörfall unter Berücksichtigung der Freisetzung von Isoliermaterial sei vollständig nachzuweisen. und
Zu 2: Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz hat den Betreiber des Kernkraftwerkes Emsland aufgefordert, bis zum 30. November 2009 Stellung zu dem Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 12. Oktober 2009 zu nehmen.
Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz wird nach Prüfung der Stellungnahme des Betreibers über das Erfordernis der behördli
chen Festlegung etwaiger erforderlicher bzw. sinnvoller ergänzender technischer oder administrativer Maßnahmen entscheiden. Es besteht keine Eilbedürftigkeit, da die Beherrschung des Kühlmittelverluststörfalls nicht infrage gestellt ist, sondern es nur um Fragen der Optimierung der Nachweisführung geht.
Zu 3: Eine Verstopfung der Sumpfsiebe durch Isoliermaterial ist im Kernkraftwerk Emsland aufgrund der anlagenspezifischen Gegebenheiten ein äußerst unwahrscheinliches Szenario. Der Grund hierfür sind die vorhandenen großen Siebflächen und die daraus resultierende geringe Strömungsgeschwindigkeiten an den Sieben, die die Ablagerung des Isoliermaterials im Sumpf vor den Sieben begünstigen.
Sollte es im Verlauf eines Kühlmittelverluststörfalls dennoch zu einer kontinuierlichen Belegung an den Sumpfsieben mit einem anwachsenden Druckanstieg kommen, ist die Erkennung einer sich anbahnenden dichten Belegung mit einer nicht gänzlich auszuschließenden Verstopfung mithilfe der vorhandenen Instrumentierung zur Bestimmung des Differenzdruckes an den Sumpfsieben frühzeitig möglich. Es sind daher ausreichende Reaktionszeiten zur Einleitung von Gegenmaßnahmen auf der Grundlage einer gründlichen Beurteilung des Anlagenzustandes gewährleistet. Zu diesen Gegenmaßnahmen zählen u. a. die Abschaltung einzelner Nachkühlpumpen, um ein Abfallen der Siebbeläge herbeizuführen und das Rückspülen der Sumpfsiebe aus dem Primärkreis bzw. aus dem Brennelementlagerbecken.
Es ist daher festzustellen, dass der Nachweis zur Beherrschung des Kühlmittelverluststörfalls unter Berücksichtigung der Freisetzung von Isoliermaterial im Kernkraftwerk Emsland geführt ist. Es besteht somit keine Gefährdung der Sicherheit des Kernkraftwerkes Emsland durch eine Verstopfung der Sumpfsiebe.
Nach der Bundesstatistik 2008 steigt die Zahl neuer Klagen in der ersten Instanz weiter. Insgesamt sind mehr als 327 000 Hauptsacheverfahren anhängig geworden. Gleichzeitig weist die Statistik um ca. 10 % geringere Erledigun
gen, nämlich knapp 296 000 Verfahren, auf. Die Bestände haben sich also weiter erhöht und reichen nun fast an 400 000 Verfahren heran.
Auch im ersten Halbjahr 2009 hat in Niedersachsen die Zahl der Eingänge immer noch leicht die Zahl der Erledigungen überstiegen, was zu einem weiteren Bestandszuwachs geführt hat.
Die Zahl der Verfahren an den acht niedersächsischen Sozialgerichten stieg nach Presseberichten von 21 000 im Jahre 2004 auf heute knapp 40 000. Danach wurden allein im letzten Jahr 17 290 sogenannte Hartz-IV-Klagen verhandelt. Dies stellt einen Zuwachs von 24,6 % gegenüber 2007 dar.
Nach Aussagen einer Sprecherin eines niedersächsischen Sozialgerichts hat mittlerweile fast jede zweite Klage einen arbeitslosengeldlichen Hintergrund.
1. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage aus der gerichtlichen Praxis, die als Ursache für die Klageflut an den Sozialgerichten und die als ungewöhnlich hoch angesehene Erfolgsquote vielfache Änderungen eines unübersichtlichen und lückenhaften materiellen Gesetzes benennt?
2. Welche Maßnahmen fordert die Landesregierung im Rahmen des Entschließungsantrages, der gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt am 16. Oktober 2009 im Bundesrat eingebracht worden ist?
3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits getroffen, um die Belastung der Sozialrichter zu reduzieren?
Zu 1: Die Landesregierung sieht als eine wesentliche Ursache für die Klageflut an den Sozialgerichten die außerordentlich hohe Anzahl an Leistungsbescheiden und Änderungsbescheiden. Zu der hohen Anzahl gerichtlicher Rechtsbehelfe führen zum einen unvollständige Aufklärungen des Sachverhalts und zum anderen Probleme der Rechtsanwendung.
Ursächlich hierfür erscheinen nach Auffassung der gerichtlichen Praxis die gesetzlichen Regelungen, die zum Teil lückenhaft oder unübersichtlich sind; auch sind wesentliche Tatbestandsmerkmale nicht hinreichend bestimmt. Dieses betrifft insbesondere den praxisrelevanten und streitträchtigen Bereich der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). So müssen die vom Gesetzgeber verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe „angemessen“ und „Aufwendungen für Unterkunft“ angesichts fehlender gesetzlicher Vorgaben und nach Feststellung der gerichtlichen Praxis häufig unzureichender Ermittlungen im
Verwaltungsverfahren erstmalig im gerichtlichen Einzelfall für die einzelnen räumlichen Vergleichsbereiche und für die einzelnen, den Bedarfsgemeinschaften je nach Anzahl der Mitglieder unterschiedlich zugestandenen Wohnungsgrößen bestimmt werden. Dabei müssen sich die Ermittlungen an den detaillierten, in der täglichen Verwaltungs- und Gerichtspraxis nur schwer umsetzbaren Vorgaben des Bundessozialgerichtes - BSG - messen lassen (vgl. exemplarisch für Wilhelmsha- ven: Terminsbericht Nr. 52/09 des BSG zum Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -; vor- hergehend Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen, Urteil vom 11. Dezember 2008 - L 13 AS 81/08 -).
Die teilweise Unübersichtlichkeit gesetzlicher Regelungen, etwa bei den Sanktionstatbeständen des § 31 SGB II, und zahlreiche Gesetzesänderungen tragen ebenfalls dazu bei, dass die Ausführung des SGB II aufseiten der Leistungsträger erschwert sein kann und dass die Regelungen des SGB II von den Hilfesuchenden teilweise nicht verstanden werden bzw. auf wenig Akzeptanz stoßen.
Nach den im Koalitionsvertrag formulierten Planungen der Regierungsfraktionen auf Bundesebene könnte es infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur jetzigen Struktur der Arbeitsgemeinschaften (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04 -) im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit einer Mischverwaltung aller Voraussicht nach ab dem Jahr 2011 zu einer getrennten Aufgabenwahrnehmung durch die Bundesagentur für Arbeit (Vermittlung der Hilfe- empfänger und Bewilligung der Regelleistung) und durch die kommunalen Träger (Bewilligung der Leistungen für Unterkunft und Heizung) kommen. Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung mit den sich daraus ergebenden Veränderungen (zwei Be- willigungsbescheide, gegebenenfalls Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide für einen Bewilli- gungszeitraum, gegebenenfalls mehrere Beteiligte aufseiten der Leistungsträger bzw. Beiladung) würde aufgrund eines erhöhten Abstimmungsbedarfes zu veränderten Verfahrensabläufen führen und hätte damit unter Umständen auch Auswirkungen auf die Verfahrensdauer.
Zu 2: Das Niedersächsische Justizministerium hat eine Praktikerarbeitsgruppe von zwölf Richterinnen und Richtern aus den Ländern Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ebenso mit initiiert, wie es sich an einer von der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eingesetz
ten Arbeitsgruppe beteiligt hat. Beide Arbeitsgruppen haben umfangreiche Vorschläge zur Beseitigung von Schwachstellen des materiellen Rechts insbesondere im SGB-II-Bereich erarbeitet, die nach den Beschlüssen der Justizministerkonferenz noch mit der Arbeits- und Sozialministerkonferenz abzustimmen sind. Zudem hat sich die Landesregierung in einem gemeinsamen Entschließungsantrag mit dem Land Sachen-Anhalt (Bundesrats- Drucksache 750/09) ebenfalls für eine Überprüfung des materiellen Rechts durch den Bundesgesetzgeber eingesetzt. Im Mittelpunkt all dieser Überlegungen stehen die Fragen,
- ob die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entweder über die bereits bestehende, bislang jedoch nicht in Anspruch genommene Verordnungsermächtigung des § 27 SGB II oder durch eine gesetzliche Regelung pauschaliert werden können,
- ob die Einkommensanrechnung innerhalb der Bedarfsgemeinschaften nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II von der derzeit geltenden, sogenannten horizontalen Einkommensanrechnung auf die sogenannte vertikale Einkommensanrechnung umgestellt werden kann,
- ob die Einkommensermittlung bei Selbstständigen im Rahmen des § 11 SGB II in Verbindung mit der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung wieder entsprechend der bis 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage nach den bewährten steuerrechtlichen Vorgaben entsprechend § 15 des Sozialgesetzbuches - Viertes Buch - erfolgen kann und
- ob eine sogenannte Öffnungsklausel für besondere, verfassungsrechtlich begründete, abweichende Bedarfe vergleichbar § 28 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - geschaffen werden kann.
Zu 3: Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit ist bestrebt, die Verfahrensabläufe mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln immer weiter zu optimieren. So hat das MS aus der Erkenntnis heraus, dass die weit überwiegende Anzahl der Klageverfahren ohne streitige Entscheidung beendet wird (im Ok- tober 2009 waren dies 774 der 954 erledigten Ver- fahren), den Schluss gezogen, dass durch eine Verbesserung des Verwaltungsverfahrens, aber auch des Widerspruchsverfahrens ein erheblicher
Teil der gerichtlichen Streitverfahren vermieden werden könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Defizite, die im direkten Kontakt mit den Leistungsberechtigten behoben werden können. Gemeinsam mit Bremen und der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit entwickelt MS derzeit ein Konzept, um bei den Arbeitsgemeinschaften Bremen und Lüneburg sowie der Optionskommune Göttingen unter wissenschaftlicher Begleitung modellhaft Verfahrensweisen zu erproben. Ein Ansatzpunkt wird dabei das Gespräch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Leistungsberechtigten sein, da diese häufig nicht in der Lage sind, die Anforderungen eines schriftlichen Verfahrens in der gebotenen Weise zu erfüllen.
Das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende unterfällt gemäß Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes (öffentliche Fürsorge) der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bundesgesetzgeber hat hiervon mit dem SGB II abschließend Gebrauch gemacht. Das Niedersächsische Justizministerium kann daher neben den zu 2. aufgeführten Aktivitäten auf Bundesebene auf Landesebene unmittelbar nur mit einer Aufstockung der personellen und sächlichen Mittel auf die Belastungssituation in der Sozialgerichtsbarkeit reagieren.
Dies ist in großem Umfang erfolgt. Die Sozialgerichtsbarkeit ist seit dem Jahr 2005 sowohl durch Schaffung neuer Stellen über den Landeshaushalt als auch durch Verlagerungen aus anderen Gerichtsbarkeiten mit 54 dauerhaften Richterstellen (davon 14 Stellen für das Landessozialgericht und 40 Stellen für die Sozialgerichte) sowie 55 dauerhaften Stellen/Beschäftigungsmöglichkeiten in den Folgediensten verstärkt worden.
Neben diesen dauerhaften Maßnahmen ist eine bis Ende 2009 bzw. Ende 2010 befristete Personalverstärkung im Richterdienst durch Verlagerung von 17 Stellen aus anderen Gerichtsbarkeiten erfolgt. Als Ersatz für die bei fünf Stellen zum Jahresende 2009 auslaufende Befristung sollen weitere drei, mit einem kw-Vermerk versehene Stellen, die derzeit noch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ressortieren, mit dem Haushalt 2010 in die Sozialgerichtsbarkeit umgesetzt werden.
Überdies erhält die Sozialgerichtsbarkeit seit Beginn des Jahres 2008 weitere Verstärkungen im Wege der Abordnung von Richterinnen und Richtern aus anderen Gerichtsbarkeiten. Im Jahr 2008 erfolgte zunächst eine auf ein Jahr befriste Personalverstärkung durch die Abordnung von fünf Rich
terinnen und Richtern aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit. In diesem Jahr kommt den Sozialgerichten die ebenfalls auf ein Jahr befristete Abordnung von insgesamt elf Richterinnen und Richtern aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungs- und der Arbeitsgerichtsbarkeit zugute. Die Maßnahme wird auch in den kommenden beiden Jahren fortgesetzt. Es ist vorgesehen, dass in den Jahren 2010 und 2011 jeweils insgesamt 13 Richterinnen und Richter aus dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, von den Verwaltungsgerichten und von den Staatsanwaltschaften an die Sozialgerichte abgeordnet werden.
Das Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen zur Verwaltungsreform (2007) führt aus: „Bedingt durch die Verwaltungsreform wurde der Personalbestand der niedersächsischen Umweltverwaltung im Vergleich zur gesamten niedersächsischen Verwaltung überproportional abgebaut. Hiervon ist im Geschäftsbereich des niedersächsischen Umweltministeriums wiederum der Naturschutzbereich besonders betroffen. Faktisch kapazitätsmindernd wirkte sich überdies aus, dass strukturell durch die Auflösung des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie und die Überführung in den NLWKN mit insgesamt elf Betriebstätten die gebündelten Kompetenzen im Naturschutzbereich flächendeckend über das Land zerstreut wurden.... Auch die ehrenamtlich aktiven Umweltverbände in Niedersachsen können weder maßgeblich zur fachlichen Begleitung der Verwaltungsreform beitragen noch von der Verwaltung nicht mehr zu bewältigende Aufgaben übernehmen. Durch die parallel zur Verwaltungsreform erfolgte Abschaffung der institutionellen Verbändeförderung in Niedersachsen wurden die Kapazitäten des ehrenamtlichen Sektors ebenfalls stark geschwächt.“
1. Wie schätzt die Landesregierung die o. a. Aussagen des Sondergutachtens ein, und wie wirkt sich das auf die fachliche Arbeit in der Landesumweltverwaltung konkret aus?
2. Wie hat sich die Zuarbeit/Mitarbeit der ehrenamtlich aktiven Naturschützer zur kontinuierlichen Datenerhebung in den Artenerfassungen des Landes seit 2003 entwickelt (Angaben zur Entwicklung in Anzahl der aktiven ehrenamtli