Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 19 der Abg. Ursula Weisser-Roelle (LINKE)

Bauverzögerung am JadeWeserPort?

Am 4. November 2009 wurde durch den NDR bekannt, dass das Umschlagsunternehmen Eurogate eine Ausschreibung für die Befestigung des geplanten Containerterminals beim JadeWeserPort in Wilhelmshaven zurückgezogen habe. Grund für diese Maßnahme sei laut Eurogate, dass für die erwähnte Ausschreibung keine wettbewerbsfähigen Angebote eingetroffen seien. Laut Weser-Kurier vom 5. November 2009 liege der begründete Verdacht vor, dass Eurogate versucht, die Inbetriebnahme zeitlich zu verzögern. Eurogate soll sich hierbei auf eine vertraglich festgeschriebene Klausel berufen können, wonach eine solche Verzögerung möglich sei. Da jede Verzögerung Mehrkosten für das Land Niedersachsen und damit für den Steuerzahler nach sich zieht, sollte es im Interesse der Landesregierung sein, diese zu verhindern.

Nach Einschätzung des niedersächsischen Wirtschaftsministers Jörg Bode bleibt der JadeWeserPort das bedeutsamste Infrastrukturprojekt. Seine Wirtschaftlichkeit sei angesichts der zuversichtlichen Prognosen nicht infrage zu stellen. Es wird aber gleichzeitig vom Geschäftsführer der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft betont, dass eine Neuausschreibung schnellstmöglich stattfinden muss, da andernfalls Verzögerungen nicht zu vermeiden seien.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie konnte es dazu kommen, dass der Partner der Landesregierung, Eurogate, der ein Projekt in Milliardenhöhe realisieren soll, mit der Landesregierung über die Presse kommuniziert?

2. Wie hoch sind die monatlichen Zusatzkosten, die bei einer verspäteten Fertigstellung entstehen würden?

3. Gibt es konkrete Pläne, nach denen einzusehen ist, wann Eurogate die erforderlichen Baumaßnahmen am JadeWeserPort ausschreibt?

Die Rechte und Pflichten von Eurogate als Betreiber des JadeWeserPorts sind im sogenannten Betreibervertrag geregelt. Vertragspartner sind Eurogate und die JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG (JWP-R), die eine gemeinsame Gesellschaft der Länder Niedersachsen und Bremen ist. Niedersachsen ist beteiligt über die JadeWeserPort Logistics Zone GmbH & Co. KG und Bremen über Bremenports. Im Moment gibt es keine konkreten Verzögerungen beim Bau. Nach den Gesprächen zwischen Eurogate und dem Vertragspartner JWP-R sowie Informationsgesprächen zwischen Eurogate und den Gesellschaftern Bremen und Niedersachsen gibt es keinen Zweifel daran, dass sich Eurogate weiterhin an die bestehenden Verträge halten wird.

Die Gesamtinvestition in den Hafen beträgt knapp 1 Milliarde Euro. Der Teil, der auf die sogenannte Suprastruktur und damit auf Eurogate entfällt, beläuft sich nicht auf Milliarden, sondern vielmehr auf rund 350 Millionen Euro.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Eurogate ist nicht Vertragspartner der Landesregierung. Vertragspartner des Betreibervertrags sind Eurogate als künftiger Betreiber und die JWP-R als Errichter des Hafens für die beiden Gesellschafter Niedersachsen und Bremen. Nur die JWP-R führt also an dieser Stelle die Verhandlungen und ist das gemeinsame „Sprachrohr“ für Niedersachsen und Bremen.

Es steht im Übrigen keinesfalls fest, dass Eurogate die Presse über eine Verzögerung der Baumaßnahme informiert hat. Eurogate bestreitet dies mit Nachdruck. Vielmehr hat Eurogate am 4. November in einem Schreiben an Ministerpräsident Wulff und mich ausdrücklich erklärt - ich zitiere wörtlich - ,„die Ausschreibung zurückgezogen und umgehend neu ausgeschrieben…“ zu haben. In diesem Schreiben hat Eurogate weiter versichert, gar „kein Interesse daran“ zu haben, die Ausschreibung auf Eis zu legen. Ich schließe aus diesen Aussagen, dass es wegen der Ausschreibungsverfahren keine Verzögerungen im Projekt geben wird.

Zu 2: Die monatlichen Zusatzkosten im Fall einer verspäteten Fertigstellung des Hafens sind nicht seriös zu beziffern, solange nicht bekannt ist, wie lange sich die Fertigstellung gegebenenfalls verzögert und wer vertraglich für die Folgekosten heranzuziehen wäre. Auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen wären in diese Berechnungen und die Gesamtbilanz einzubeziehen. Eine verspätete

Fertigstellung ist nicht zu erwarten. Vielmehr ist die JWP-R trotz der Explosion eines Blindgängers in der Nacht zum 10. Oktober bei den Baumaßnahmen voll im Zeitplan.

Zu 3: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Anlage 19

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 20 der Abg. Marianne König (LINKE)

Ende des Bombodroms Nordhorn Range in der Grafschaft Bentheim

Im Juli 2009 entschied der frühere Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung, die KyritzRuppiner Heide im Land Brandenburg nicht mehr als Luft-Boden-Schießplatz auszubauen. Sein Ministerium verzichtete auf eine Revision gegen das letzte Urteil des Oberverwaltungsgerichtes. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass Deutschland im Hinblick auf Auslandeinsätze Bombenabwurfplätze benötige.

Die Bundeswehr betreibt seit dem Jahr 2001 den Luft-Boden-Schießplatz Nordhorn Range in der Grafschaft Bentheim. Dieser ehemalige Artilleriestützpunkt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der britischen Armee zum Üben von Bombenabwürfen übernommen.

Die Kernaussagen des Gerichtsurteils zur Kyritz-Ruppiner Heide treffen auch für die Bürgerinnen und Bürger der Grafschaft Bentheim zu. Der Lärm und das Risiko von Fehlabwürfen oder Flugzeugabstürzen über besiedelten Regionen sind nach Auffassung von Beobachtern nicht zumutbar. Ein besonderes Risiko stelle das nur wenige Flugsekunden entfernte Atomkraftwerk Lingen dar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt die Landesregierung weiterhin die von Ministerpräsident Wulff erhobene Forderung nach Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn Range (Die Welt 13. Juli 2009) und, wenn nein, warum nicht?

2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Forderung nach Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn Range von Ministerpräsident Wulf umzusetzen?

3. Welche Auswirkungen hat der Verzicht auf eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide auf den Flugverkehr am Standort Nordhorn Range?

Ziel der Niedersächsischen Landesregierung bleibt es - bei allem Verständnis für die sicherheitspolitisch berechtigten Belange der Bundeswehr -, die anliegenden Gemeinden der Nordhorn Range und ihre Bevölkerung bei dem Bemühen zu unterstüt

zen, die von dieser Liegenschaft ausgehenden erheblichen Lärmbelästigungen zu beschränken und den Flugbetrieb langfristig gesehen ganz einzustellen.

Im Hinblick auf die erfolgte Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, den Luft-BodenSchießplatz in Wittstock/Brandenburg endgültig aufzugeben, hat der Bundesverteidigungsminister in seinem Schreiben vom Juli dieses Jahres an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten mitgeteilt, dass es eine Erhöhung der Übungstätigkeit über das im aktuellen Nutzungskonzept für die Luft-Boden-Schießplätze Nordhorn und Siegenburg festgelegte Niveau hinaus nicht geben werde.

Die Niedersächsische Landesregierung hat wiederholt den Bund aufgefordert, eine gleichmäßige Verteilung der mit dem Flugbetrieb der Bundeswehr verbundenen Lasten sicherzustellen. So wurde beispielsweise durch den Niedersächsischen Ministerpräsidenten gegenüber dem Bundesverteidigungsminister appelliert, in dem Bemühen um eine gleichmäßige Lastenverteilung nicht nachzulassen. Die ausgewogene Verteilung der mit dem Übungsbetrieb der Luftwaffe verbundenen Lasten ist von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz dieser Beeinträchtigungen innerhalb der betroffenen Bevölkerung.

Mit einem in der letzten Woche erfolgten Schreiben des Niedersächsischen Ministerpräsidenten an den neuen Bundesverteidigungsminister hat sich der Ministerpräsident - auch im Namen der Bürger im Landkreis Grafschaft Bentheim und in der ganzen dortigen Region - erneut für die langfristige Schließung des Bombenabwurfplatzes Nordhorn Range eingesetzt. Durch die Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, den Luft-BodenSchießplatz in Wittstock endgültig aufzugeben, werde die Zusage des Verteidigungsministeriums, durch die Einrichtung eines dritten solchen Übungsplatzes (neben Nordhorn und Siegenburg) die Belastungen für die Bürger in der Umgebung der Nordhorn Range zu minimieren, mit Sorge betrachtet. In diesem Zusammenhang hat der Ministerpräsident gegenüber dem Bund gefordert, mittel- oder sogar kurzfristig eine Entlastung (d. h. Reduktion der aktuellen Flugbelastungen) der Bürger herbeizuführen und langfristig zu einer Lösung zu gelangen, die idealerweise beinhaltet, dass die Nordhorn Range auf Dauer nicht mehr benötigt wird.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 bis 3: Siehe Vorbemerkung.

Anlage 20

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 21 des Abg. Victor Perli (LINKE)

Berater aus der „Neuen Rechten“ bei der CDU-Jugend - Ist die Junge Union nach Rechtsaußen „nicht ganz dicht“?

Am 14. November veranstaltete die Junge Union Niedersachsen ihr „7. Rotenburger Sicherheitsforum“. Dort referierte zum Thema „Die zunehmende Bedrohung unserer Gesellschaft durch Extremisten von Links- und Rechtsaußen“ u. a. Marco Kanne von der „Informations- und Dokumentationsstelle gegen Linksextremismus und Gewalt (IDS)“, der für die „ersatzlose Streichung“ von staatlichen Programmen gegen Rechtsextremismus eintritt. Kanne ist u. a. Autor der Zeitschrift und Internetplattform Blaue Narzisse. Laut der Webseite „Endstation Rechts“, die von dem Rechtsextremismusexperten Mathias Brodkorb betrieben wird, der auf dem „2. Extremismus-Symposium“ des niedersächsischen Innenministeriums am 16. September 2009 referierte, handelt es sich dabei um ein „rechtsgerichtetes Internetprojekt“, welches Parallelen zum Konzept der nationalkonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit aufweise und „an einer rechten Milieubildung mitarbeiten“ wolle. Es bestehe eine Kooperation mit dem „Institut für Staatspolitik“, welches laut der Darstellung verschiedener Fachorgane „der intellektuellen ‚Neuen Rechten‘ zuzuordnen ist, einer Strömung innerhalb der extremen Rechten, die sich darauf konzentriert, Rechtsextremismus mit Ideologie zu untermauern“.

Kanne nahm als „Netzseitenverantwortlicher und Mitarbeiter“ der Blauen Narzisse am 6. Mai 2006 mit einer Dankesrede den „Carl-vonHochenegg-Preis“ der Wiener akademischen Burschenschaft Libertas entgegen, der „für herausragende Taten im Sinne des nationalfreiheitlichen Gedankens“ verliehen wird. Die Burschenschaft, die u. a. die (ehemaligen) FPÖ-Politiker Walter Rosenkranz und Hans Achatz sowie den Anhänger Horst Mahlers, Reimer Timmel, zu ihren „Alten Herren“ zählt und bereits Ende der 1870er-Jahre als erste Verbindung Juden die Aufnahme verwehrte, gibt auf ihrer Homepage als weiteren Preisträger den neonazistischen „Bund Freier Jugend“ (BFJ) an, der laut den österreichischen Grünen seit 2003/2004 unter dem Verdacht der NS-Wiederbetätigung stand und 2007 eine entsprechende Anzeige durch die Exekutive erhielt. Achatz kritisierte im Oktober 2007 die strafrechtliche Verfolgung von Holocaustleugnern. Es gehe nicht an, „den Glauben an mehr

als 60 Jahre zurückliegende Verbrechen vorzuschreiben, indem der daran geäußerte Unglaube unter Strafe gestellt wird“ (Die Aula 11/2007, S. 36).

Die Blaue Narzisse veranstaltete am 11. November 2009 eine sogenannte „konservative-subversive Aktion“, bei der vor dem Reichstag u. a. ein Transparent entrollt wurde, welches den Versöhnungsbesuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Frankreich im Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs kritisierte. Zugleich wurde die „Geschichtsvergessenheit“ der Kanzlerin mit scharfen Worten attackiert. In einem auf YouTube eingestellten Video spricht sich Kanne ferner gegen das im Grundgesetz mit der Ewigkeitsklausel (Arti- kel 79 Abs. 3) verankerte Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 1) aus, weil der Sozialstaat „gerade Sozialschwächere in seinem System gefangen“ halte, sie „in den Fängen des Sozialstaats“ unselbstständig mache und Familien zerstöre. In einem Kommentar auf der Webseite des Grünen-Politikers Sebastian Brux verglich Kanne die Bekämpfung des Rechtsextremismus mit der Judenverfolgung in der NS-Zeit (http://sebastianbrux.de/?p=219).

Ich frage die Landesregierung:

1. Zählt die Landesregierung die Blaue Narzisse, das „Institut für Staatspolitik“ und die „Informations- und Dokumentationsstelle gegen Linksextremismus und Gewalt“ (IDS) zum demokratischen Spektrum? Wenn ja, warum?

2. Bewertet die Landesregierung die Einladung Marco Kannes durch die Junge Union - z. B. mit Blick auf die jüngste Kampagne der Blauen Narzisse gegen den am 11. November erfolgten Versöhnungsbesuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Frankreich, in Kenntnis seiner Gleichsetzung der strafrechtlichen Verfolgung von Neonazis mit der Judenverfolgung im Dritten Reich und angesichts seiner Infragestellung von Verfassungsprinzipien - als sachdienlich für die Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen? Wenn ja, warum?

3. Unterstützt die Landesregierung die Durchführung des „7. Rotenburger Sicherheitsforums“ der Jungen Union mit finanziellen Zuwendungen, die z. B. auf dem Verteilvorschlag der Vereinigung Politischer Jugend (VPJ) beruhen, und wird daraus auch das Honorar für den Referenten Marco Kanne finanziert?

Der niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet im Rahmen der ihm nach dem Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz zugewiesenen Aufgaben Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Eingriffsschwelle für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist gesetzlich klar festgelegt und damit verbindlich für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Demnach müssen „tatsächliche Anhaltspunkte“ (§ 5 Abs. 1 NVerfSchG) für eine extremistische

Bestrebung vorliegen. Dabei ist für eine entsprechende Zuordnung einer Organisation das Gesamtbild der Organisation maßgebend, d. h. das Zusammenspiel personeller, institutioneller und programmatischer Faktoren, die für ihre Ausrichtung und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit prägend sind. Es reicht infolgedessen nicht aus, die Beobachtung einer Organisation nur auf bedenkliche Verlautbarungen eines einzelnen (führenden) Funktionsträgers zu stützen. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind nach § 4 Abs. 1 Satz 3 NVerfSchG nur dann Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut des NVerfSchG erheblich zu beschädigen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Keine der in der Frage genannten Organisationen hat ihren Sitz oder ihren Tätigkeitsschwerpunkt in Niedersachsen. Der Landesregierung ist es in solchen Fällen nicht möglich, den politischen Charakter der Organisationen abschließend zu beurteilen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Organisationen handelt, bei denen der Verdacht besteht, dass sie oder einzelne Repräsentanten sich im Grenzbereich zum Extremismus bewegen könnten. Ansonsten siehe Vorbemerkungen.

Zu 2: Eine Bewertung wird nicht abgegeben, weil der Charakter einer solchen Veranstaltung aufgrund der Teilnahme einer einzelnen Person unabhängig von den tatsächlichen Inhalten nicht eingeschätzt werden kann.