Hier wurde gerade aus dem aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht zitiert. Dieser Bericht umfasst lediglich fünf Seiten. Das an sich ist schon unglaublich. Es wurde gesagt, dieser Bericht belege, dass sich die soziale Kluft im Jahr 2008 nicht vergrößert habe. In der Öffentlichkeit wird jedoch bewusst verschwiegen, dass man die Berechnungsmethode geändert hat, und zwar dahin gehend, dass das monatliche Netto-Haushaltseinkommen mittels einer Äquivalenzskala auf ein bedarfsgewichtetes Netto-Äquivalenzeinkommen pro Person transformiert wurde. Dadurch haben sich die Zahlen verändert, und das hatte wiederum zur Folge, dass man den Eindruck gewinnen konnte, die Armut sei von dem einen auf den anderen Tag gesunken. - Das, meine Damen und Herren, sind jedoch Taschenspielertricks. Das ist mit uns nicht zu machen.
Das erklärt aber auch, wie Sie zu der Aufstellung Ihres nichtssagenden Sozialhaushalts gekommen sind.
Eine aktive und gesellschaftlich präventiv wirkende Sozialpolitik wird auf Landesebene nicht in nennenswertem Umfang betrieben. Für freiwillige Leistungen wenden Sie lediglich 83,7 Millionen Euro auf. Damit lässt sich nun wahrlich keine vernünftige Sozialpolitik betreiben. Das Gesamtvolumen des Sozialetats beträgt 3,35 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Mittel lediglich dazu dient, Bundesmittel an die Kommunen durchzuleiten. Das alles ist schon sehr armselig.
Ein für uns entscheidendes Thema ist die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Diese Konvention ist in Deutschland im März dieses Jahres in Kraft getreten. Es ist aber nicht damit getan, dass der Bundestag sie ratifiziert und man eine tolle Veranstaltung dazu gemacht hat. Entscheidend ist, dass auch etwas geschieht; denn zwischen den Ansprüchen, die in der Konvention formuliert sind,
und den Problemen, die die Menschen mit Behinderungen im Alltag haben, klafft eine erhebliche Lücke.
Für die Betroffenen besonders dringlich ist der Abbau von Barrieren. Die Linke unterstützt dieses berechtigte Anliegen nach Kräften. In unserem Änderungsantrag stellen wir ab dem Jahr 2010 jährlich 15 Millionen Euro für den barrierefreien Umbau des derzeitigen Wohnraumbestandes bereit.
Außerdem stellen wir darin 7 Millionen Euro für den Abbau von Barrieren im öffentlichen Personennahverkehr bereit, und zwar für Zuschüsse an die Kommunen zum Bau von Straßenbahnrampen, für die Anschaffung weiterer Niederflurbusse oder für die Installation von Blindenpflasterungen etc. Darüber hinaus müssen auch die niedersächsischen Bahnhöfe von Barrieren befreit werden.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie müssen endlich begreifen, dass aus der Ratifizierung der UN-Konvention auch Rechtsansprüche erwachsen.
Nehmen Sie die Menschen mit Behinderungen und ihre Anliegen endlich ernst. Belassen Sie es nicht bei den schönen Worten. Es müssen Taten folgen.
Der zweite Schwerpunkt unseres Haushaltsantrags ist die gesundheitliche Versorgung. Seit Jahren wird bemängelt, dass der Investitionsstau bei den niedersächsischen Krankenhäusern immer weiter steigt. Wir haben darüber auch heute Morgen schon einmal diskutiert.
Aus unserer Sicht ist es völlig unerheblich, ob es um 100 oder um 200 Millionen Euro geht. Wichtig ist, dass die Fachleute sagen, dass damit der Bestand ganzer Krankenhäuser gefährdet ist, mit der Folge, dass auch die flächendeckende Versorgung gefährdet ist. Vor dieser Gefahr dürfen wir unsere Augen nicht verschließen.
Allerdings glauben wir, dass diese 1 Milliarde Euro, die jetzt fehlen, die unterste Grenze des Notwendigen sind. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis!
- Dazu komme ich noch. Ich empfehle Ihnen die Lektüre unserer Broschüre. In ihr können Sie unsere Vorschläge nachlesen. Lesen bildet!
Wir regen an, dass die Landesregierung im Jahr 2010 einen Sonderfonds mit einem Volumen von zusätzlich 100 Millionen Euro auflegt. Entnahmen aus diesem Fonds sollten die Kommunen lediglich zu 10 % kofinanzieren müssen. Damit wäre dem Problem Rechnung getragen, dass viele Städte, Gemeinden und Landkreise hoch verschuldet sind.
Mindestens ebenso problematisch wie der Investitionsstau bei den Krankenhäusern ist der spürbare Hausärztenotstand und der Notstand bei der fachärztlichen Versorgung der Fläche. Hier muss umgehend gehandelt werden. Mit unserem Haushaltsantrag wollen wir 10 Millionen Euro für ein Modellprojekt zur Verfügung stellen, das zinsgünstige Kredite und Anschubhilfen vorsieht, um insbesondere jungen Ärzten einen Anreiz zu geben, sich in ländlichen Regionen anzusiedeln. Einen entsprechenden Antrag hatten wir bereits im letzten Jahr eingebracht.
Im Unterschied zur Landesregierung nehmen wir die deutlichen Hinweise der Fachleute ernst. Es ist bereits fünf vor zwölf. Wir wollen mit unserem Modellprojekt die Notbremse ziehen.
Der dritte Schwerpunkt unseres Haushaltsantrags ist das soziale Wohnungsbauprogramm Niedersachsen. In einzelnen Regionen Niedersachsens ist ein Mangel an bezahlbarem bzw. an sozialem Wohnraum zu verzeichnen. Das gilt insbesondere für die Ballungsgebiete. Es geht um Wohnraum, der die tatsächlichen Lebensumstände der Menschen berücksichtigt. Auf dem freien Wohnungsmarkt fehlen sowohl bezahlbare Wohnungen für Singles als auch Wohnungen für Menschen mit mehreren Kindern. Weitere Ansprüche an einen modernen sozialen Wohnungsbau ergeben sich aus der Zunahme der Zahl älterer und pflegebedürftiger Menschen. Wohnungen für diesen Teil der Bevölkerung müssen barrierefrei sein und sollten Mehrgenerationenwohnprojekte baulich zulassen.
Wir wollen ein soziales Wohnungsbauprogramm Niedersachsen mit einem Volumen von jährlich 25 Millionen Euro auflegen, das als erster Einstieg dieser Entwicklung Rechnung trägt.
Die Realität hat bewiesen, dass man die Versorgung mit Mietwohnungen nicht dem freien Markt überlassen darf.
Der vierte Schwerpunkt unseres Haushaltsantrags ist die soziale Mobilität. Sie ist Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Einzelne niedersächsische Kommunen haben bereits ein Sozialticket eingeführt. Andere sind aufgrund ihrer schlechten finanziellen Lage davon allerdings noch weit entfernt.
Wir wollen das Sozialticket in Niedersachsen flächendeckend einführen. Dabei lehnen wir uns an das Modell des Landes Brandenburg an. Damit ließen sich die Kosten, die sozial benachteiligten Bürgerinnen und Bürgern mit Hartz IV und vergleichbar niedrigem Einkommen für ein Monatsticket im öffentlichen Personennahverkehr entstünden, erheblich reduzieren.
Wir wollen die Mobilität der Menschen fördern. - Wegen Ihrer Zwischenrufe weise ich Sie noch einmal auf die von mir bereits erwähnte Broschüre hin. Da steht das alles drin. Lesen Sie es einfach einmal nach.
Wir haben es sehr einfach formuliert, damit die Menschen im Lande verstehen, wie wir das realisieren wollen.
Für 2010 wollen wir hier 36 Millionen Euro bereitstellen. Damit wollen wir die kommunalen Initiativen zur Einführung solcher Sozialtickets unterstützen und diejenigen Kommunen, die ein solches Ticket bereits eingeführt haben, mit Zuschüssen fördern.
Einen ähnlichen Vorschlag unterbreiten wir für die Rentnerinnen und Rentner, deren Altersgeld so niedrig ist, dass es nicht ausreicht, um von A nach B zu kommen. Wir haben schon oft genug darüber diskutiert, dass in den ländlichen Regionen die Infrastruktur massiv abgebaut wird. Lassen Sie es zumindest zu, dass die Rentnerinnen und Rentner mobil sein können.
Der fünfte Schwerpunkt unseres Haushaltsantrags ist die niedersächsische Sozialarbeit. Meine Vorredner aus der Opposition haben bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anhebung der Landeszuschüsse für die niedersächsische Sozialarbeit sehr dürftig ausfällt.
Es ist ein Trauerspiel, in welcher Situation sich die Sozialarbeit in Niedersachsen befindet. Wenn Zuschusssummen jahrelang stagnieren, kommt dies aufgrund der jährlichen Kosten- und Tarifsteigerungen faktisch einer Kürzung gleich. Sie behaupten in den Ausschüssen und in der Öffentlichkeit zwar immer das Gegenteil. Aber wenn Sie einmal die betroffenen Einrichtungen fragen, dann hören Sie etwas ganz anderes.
In Niedersachsen soll Sozialarbeit zu Dumpingpreisen funktionieren, und das in steigendem Maße. Das ist unmenschlich und zudem als Sparmaßnahme auf der Haushaltsebene auch nur kurzfristig erfolgreich. Die langfristigen Konsequenzen einer solchen Politik werden Sie später tragen müssen. Was Sie hier tun, ist skandalös.
Einen riesigen Bock - ich hoffe, dieser Ausdruck ist parlamentarisch genug - hätte die Landesregierung beinahe bei den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen geschossen. Sie hatte nämlich vorgesehen, die Mittel dafür zu kürzen. Alles reell, versteht sich, nämlich in Folge einer Richtlinienänderung von 2007 und dem verabredeten Auslaufen des Bestandsschutzes.