Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Genau!)

oder zum Thema der Ausstattung der Landesschulbehörde oder auch zu Beratungs- und Unterstützungssystemen für die Eigenverantwortliche Schule. Dafür ist nichts Vernünftiges im Ansatz. Wir haben zwar zur Kenntnis genommen, dass Sie die Streichung der Stellen zunächst ausgesetzt haben; ein Konzept liegt hier aber immer noch nicht vor.

Fazit: Ihnen fehlt der rote Faden, was eine gute Schule in Niedersachsen ausmachen könnte. Das Bildungssystem à la Wulff und Heister-Neumann liest eher aus und unterstützt zu wenig, stellt die Schulform in den Mittelpunkt und nicht die Kinder, bevorzugt die Starken und lässt die Benachteiligten zurück.

Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich auf eine Überschrift aus der HNA vom 11. Dezember 2009 zum Bildungsfinanzbericht verweisen. Die HNA titelt: „Von ‚Sehr gut’ weit entfernt“.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen gibt für die Bildung weniger Geld aus als alle westdeutschen Bundesländer, obwohl Sie in Sonntagsreden sehr häufig anderes sagen. Hören Sie auf, sich selbstgefällig für das auf die Schultern zu klopfen, was Sie alles Tolles machen - wie das

jetzt vielleicht noch in den Beiträgen passieren wird -, und packen Sie endlich die wahren Probleme im Bildungsbereich in Niedersachsen an!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und Zustimmung von Dr. Man- fred Sohn [LINKE] - Heinz Rolfes [CDU]: Dieses allgemeine Geschimp- fe war alles? - Gegenruf von Wolf- gang Jüttner [SPD]: Das war klasse, nicht wahr?)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Korter. Frau Korter, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Heister-Neumann, der Kultushaushalt 2010 ist ein getreues Abbild Ihrer einfallslosen Bildungspolitik. Er ist völlig visionslos. Ich will das auf drei Formeln bringen: Wahlversprechen nicht eingehalten, Mangelverwaltung statt Bildungsoffensive und Gefährdung der Zukunftsfähigkeit.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Versprochen haben Sie kleinere Klassen und volle Unterrichtsversorgung. Die Ministerin hat uns im Ausschuss vorgetragen, die durchschnittliche Klassengröße an Gymnasien betrage jetzt 28 Schüler. Ja, wenn man nur den Durchschnitt sieht. Wenn man aber schaut, wie viele Schülerinnen und Schüler in den 5. und 6. Klassen der Gymnasien sitzen, dann sind es 30, 32 oder 34. Mit dem Durchschnitt ist uns da nicht geholfen.

(Zustimmung von Frauke Heiligen- stadt [SPD])

Sie haben die Absenkung der Klassengrößen versprochen. Dieses Wahlversprechen werden Sie nicht einhalten. Da braucht man sich nur den Haushaltsplan 2010 und die mittelfristige Finanzplanung anzusehen. Darin steht nämlich gar nichts dazu, dass die Klassen in den nächsten Jahren kleiner werden könnten.

(Zustimmung von Frauke Heiligen- stadt [SPD] und von Christa Reich- waldt [LINKE])

Nicht einmal eine volle Unterrichtsversorgung kriegen Sie hin. Auch die ist im Haushalt 2010 nicht abgebildet. In den Hauptschulen, für die Sie sich angeblich so sehr einsetzen, und auch in den Realschulen und den Förderschulen ist die Unterrichtsversorgung in diesem Jahr sogar noch deutlich gesackt. Sie kümmern sich eben ausschließlich um die Gymnasien und deren Ausstattung. Alle anderen Schulformen werden vernachlässigt.

(Editha Lorberg [CDU]: Das stimmt nicht!)

Für 2010 brauchen wir nach unserer Rechnung mindestens 700 zusätzliche Lehrkräfte. Die haben wir in unseren Grünen-Haushaltsantrag eingestellt und finanziert. Die Landesregierung beschränkt sich dagegen lieber auf reines Wortgeklingel. Immer wenn die Regierung Wulff etwas verspricht und mit viel Presserummel inszeniert, dann aber nichts einhält, heißt das ja neuerdings „Zukunftsvertrag“.

(Editha Lorberg [CDU]: Sie machen doch alles über die Presse!)

Mangelverwaltung kennzeichnet ebenso die Situation beim Mittagessen für bedürftige Kinder. Der Ansatz, den die Landesregierung vorsieht, ist viel zu dünn. Wir Grüne meinen, ein warmes Mittagessen in der Schule darf nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir wollen deshalb ein einfaches System ohne bürokratische Hürden, mit dem alle bedürftigen Kinder ein kostenloses Mittagessen in der Schule bekommen. Dafür haben wir in unserem Haushaltsantrag 21 Millionen Euro vorgesehen.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜNE])

Wir stellen in unserem Haushaltsantrag außerdem 4 Millionen Euro für die Schülerbeförderung von Jugendlichen, die in Sozialhilfebezug leben, bereit, damit sie in der Oberstufe ihrer Schulpflicht überhaupt nachkommen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, CDU und FDP sowie diese Landesregierung wollen weiterhin nur Ganztagsschulen light, das Billigmodell. Aber ein bisschen Nachmittagsangebot reicht nicht, um mehr Bildungsqualität zu schaffen. Echte Ganztagsschulen erfordern auch echte Haushaltsanstrengungen

und nicht diese mickrigen 4,7 Millionen Euro, die Sie dafür vorsehen.

(Editha Lorberg [CDU]: Mickrige 4,7 Millionen?)

- Ja, verglichen mit dem, was wir dafür ansetzen.

(David McAllister [CDU]: Papiergeld, virtuelles Geld!)

Wir haben das genau durchgerechnet. Echte Ganztagsschulen brauchen eine sinnvolle und vernünftige Ausstattung. Wir haben in unserem Haushaltsentwurf 33 Millionen Euro für zusätzliches Personal an Ganztagsschulen im Jahr 2010 vorgesehen.

(Editha Lorberg [CDU]: Woher neh- men Sie die?)

Das ist eine unglaubliche Größe, die wir aber gegenfinanzieren.

Für den Bau von Mensen haben wir 20 Millionen Euro vorgesehen. Das kommt bei Ihnen gar nicht vor.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜNE] - David McAllister [CDU]: Wenigstens Frau Polat klatscht!)

Zu den aktuellen Herausforderungen in den Schulen finden wir in Ihrer Schulpolitik überhaupt nichts. Ich sehe keine neuen Entwürfe für die Förderung für Migrantenkinder, nichts für mehr Sprachförderung und viel zu wenig für herkunftssprachlichen Unterricht. Da müssen wir mit unseren Plänen nachbessern.

Konzeptlosigkeit auch im Bereich der Inklusion; das finde ich besonders enttäuschend. Offensichtlich wollen Sie sich im Bereich der inklusiven Schule für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf im nächsten Jahr kein bisschen bewegen. Für uns Grüne ist Inklusion ein Herzensthema. Deshalb wollen wir in 2010 mit einer Qualifizierungsoffensive starten und haben hierfür 8 Millionen Euro vorgesehen.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜNE])

Noch ein Wort zu den Schulpsychologen: Seit Jahren finden Sie kein Konzept. Wir stocken die Zahl landesweit auf 90 auf und stellen auch das nötige Geld dafür ein.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Da kommen wir uns sehr nahe!)

Ich möchte nur noch einen ganz wichtigen Bereich ansprechen, weil mir heute leider ein bisschen die Zeit fehlt. Wir möchten unbedingt eine Erhöhung des Mittelansatzes bei der Arbeit der dezentralen Gedenkstätten. Dafür möchten wir gerne 150 000 Euro mehr einstellen. Ich denke, das werden alle hier im Hause unterstützen.

(Editha Lorberg [CDU]: Mehr, mehr, mehr!)

Wenn man das Ganze zusammenfasst - ich konnte hier nur einige Schlaglichter beleuchten -, ist deutlich geworden: Die Landesregierung ist der Aufgabe, in Niedersachsen die Schullandschaft zukunftsfähig aufzustellen und das gegenzufinanzieren, überhaupt nicht gewachsen.

Meine Damen und Herren, wer gerade in Krisenzeiten Bildung nicht in den Mittelpunkt seiner Investitionen stellt, ist seiner Aufgabe nicht gewachsen. Einem solchen Haushalt können wir nicht zustimmen. Er ist einfach visionslos.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Reichwaldt gemeldet. Bitte sehr, Frau Reichwaldt!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt erwar- ten wir etwas Konstruktives! - Gegen- ruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das wird auch kommen! Wie immer!)

Herr Klare, wir sind immer konstruktiv. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel der Linken ist ein einheitliches, kostenfreies und inklusives Bildungssystem von der Krippe bis zur Universität.

(Beifall bei der LINKEN)

Durch unser gegliedertes Schulsystem werden in Niedersachsen besonders viele Kinder aus armen Familien und mit Migrationshintergrund sowie besonderem Förderbedarf früh aussortiert und damit doppelt benachteiligt.

(David McAllister [CDU]: Jetzt geht das wieder los!)