Schule ist mehr als die Summe von Unterrichtsstunden nach Stundentafel. Neben der Erteilung von Unterricht führen Lehrkräfte eine Vielzahl von Tätigkeiten aus. Gemäß § 51 des Niedersächsischen Schulgesetzes sind Lehrkräfte neben der Erteilung von Unterricht verpflichtet, Aufgaben im Rahmen der Eigenverwaltung von Schule und andere schulische Aufgaben wahrzunehmen. Für besondere Belastungen werden den Schulen gemäß § 15 der Arbeitszeitverordnung in Abhängigkeit von der Anzahl der Klassen Stunden zur Verfügung gestellt.
Zur Entlastung der Lehrkräfte bei außerunterrichtlichen Tätigkeiten kann einer Schule auf Antrag durch die Landesschulbehörde eine Schulassistentenstelle zugewiesen werden. Im Gegenzug verringern sich gemäß Arbeitszeitverordnung jedoch die Stunden für besondere Belastungen je Schulassistentenstelle um ein Viertel der Regelstundenzahl einer Lehrkraft. Daher liegt es in der Entscheidung der Schule, ob sie die Anrechnungsstunden für Lehrkräfte in Anspruch nehmen möchte oder ob sie einen Vertrag für eine Schulassistentin bzw. einen Schulassistenten bevorzugt. Auf die Unterrichtsversorgung hat diese Entscheidung keine Auswirkungen.
Die von der Landesregierung zur Verfügung gestellten Stellen werden durch die Landesschulbehörde eigenverantwortlich nach festgelegten Grundsätzen bewirtschaftet. Die jeweils wiederbesetzbaren Stellen sind so auf die Schulen aufzuteilen, dass mittelfristig der dringendere Bedarf in möglichst allen Schulstandorten abgedeckt werden kann. Die Bedarfsberechnung der Schulen richtet sich dabei nach dem Umfang der Lehrer-IstStunden einer Schule bzw. eines Bereiches. Als Vergleichsmaßstab wird der Anteil der Schulassis
tentenstunden an den Lehrer-Ist-Stunden verwendet. Landesweit bedeuten die zur Verfügung stehenden Stellen für die allgemeinbildenden Schulen ohne Grundschulen und Förderschulen einen Anteil von ca. 2,5 %.
- Einstellungen sollen vorrangig in den Bezirken und Landkreisen vorgenommen werden, in denen der Bestand an Schulassistenten geringer als der Landesdurchschnitt ist.
- Der Einsatz an Grundschulen und Förderschulen ist nur noch vorzunehmen, wenn der Bedarf in den anderen Schulformen weitestgehend abgedeckt ist.
- Abhängig von der Größe der Schulen sind die Schulassistentinnen und Schulassistenten an einer oder mehreren Schulen einzusetzen.
Zu 2: Landkreise mit vielen Schulen verfügen bei gleichem Versorgungsanteil über mehr Stunden von Schulassistenten als Landkreise mit wenigen oder kleinen Schulen. Die Gesamtzahl der LehrerIst-Stunden ist in den genannten Landkreisen Harburg und Stade deutlich höher als in den Landkreisen Soltau-Fallingbostel und Osterholz. Daher sind in den Landkreisen Harburg und Stade auch mehr Stellen für Schulassistentinnen und Schulassistenten zugewiesen. Darüber hinaus ist bei der Zählung zu berücksichtigen, dass Schulassistentinnen und Schulassistenten teilweise an mehreren Schulen eingesetzt sind und nicht immer einen Arbeitsvertrag mit voller Stundenzahl haben. Im Landkreis Harburg sind beispielsweise nur 16 verschiedene Personen in der Schulassistenz beschäftigt.
Maßgabe für die Zuweisung von Stellenanteilen ist der Anteil der Schulassistentenstunden an den Lehrer-Ist-Stunden der Gymnasien, Gesamtschulen, Realschulen und Hauptschulen, der im Durchschnitt erreicht wird. Für jede frei werdende Stelle ist über die Wiederverwendung entsprechend der genannten Grundsätze zu entscheiden, eine Anpassung an veränderte Bedarfe ist dabei nur schrittweise möglich.
Zu 3: Der Einsatz von Schulassistentinnen und Schulassistenten ist geregelt im Erlass „Beschäftigung von Schulassistentinnen und Schulassistenten an öffentlichen Schulen“ vom 28. Januar 1994.
Der Einsatz von Schulassistentinnen und Schulassistenten erfolgt in den Bereichen Technik, Organisation und Verwaltung. Der überwiegende Einsatz von Schulassistentinnen und Schulassistenten sollte im technischen Bereich liegen. Zur Abgrenzung von den Aufgaben des Schulträgers sind die Tätigkeiten im Erlass grundlegend aufgeführt. Im technischen Bereich sind dies z. B. die Assistenz beim Einsatz von Schulcomputern, Mitwirkung, aber nicht Entscheidung, bei der Auswahl technischer Geräte und Systeme sowie die Bereitstellung von Computerhardware und -software für den Unterrichtseinsatz. Diese Aufgabenbeschreibung sichert z. B. die notwendige Abgrenzung zu der Aufgabe Systembetreuung des Schulträgers, der innerhalb dieser Aufgabe für die Bereitstellung und den Betrieb der für den Einsatz in der Schule notwendigen technischen Einrichtungen zuständig ist.
Ein Einstellungsstopp für Schulassistentinnen und Schulassistenten besteht nicht mehr. Dieser bestand durch den Erlass zur Haushaltsführung im personalwirtschaftlichen Bereich in den Jahren 2003 bis 2009. Ausnahmen vom Einstellungsstopp waren jedoch durchgehend möglich. Diese Ausnahmen wurden vom Finanzministerium unter Beteiligung des Innenministeriums erteilt.
Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung und die Neue Presse am 23. Dezember 2009 berichteten, wurde ein Disziplinarverfahren gegen eine seit sieben Jahren im Schuldienst tätige Lehrerin eingeleitet, die an drei Schulen in der Region Hannover islamischen Religionsunterricht erteilt und sich in diesem Bereich konzeptionell und organisatorisch engagiert hat. Einziger Grund des Disziplinarverfahrens war offenbar die Kritik der Lehrerin am Modellversuch zum islamischen Religionsunterricht. Wie aus den genannten Presseberichten hervorgeht, soll die Lehrerin kritisiert haben, dass mehrheitlich nicht ausreichend qualifizierte Lehrkräfte eingesetzt worden seien, da viele Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht aus dem herkunftssprachlichen Unterricht abgezogen wurden und daher nicht immer über ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache verfügten.
Das Vorgehen der Lehrerin, dieses gegenüber der Presse zu äußern, mag ungeschickt sein. Dass ihre Kritik inhaltlich jedoch berechtigt ist, geht aus der Antwort der Landesregierung vom 6. August 2009 auf unsere gemeinsam mit dem Abgeordneten Helge Limburg gestellte Anfrage „Auswertung und Zukunft des islamischen Religionsunterrichts in Niedersachsen“ hervor. Aus Mangel an qualifizierten Lehrkräften im Bereich des islamischen Religionsunterrichts wurden tatsächlich in erheblichem Maße Lehrerinnen und Lehrer aus dem herkunftssprachlichen Bereich eingesetzt.
Ebenso wie das gegen den GEW-Landesvorsitzenden eingeleitete Disziplinarverfahren war auch das gegen die engagierte Lehrerin angestrengte Disziplinarverfahren nach Auffassung von Beobachtern offenkundig unberechtigt, da das Arbeitgericht Hannover die disziplinarischen Maßnahmen im Wesentlichen zurückgenommen hat.
1. Mit welchen Maßnahmen ist vor Einleitung eines Disziplinarverfahrens seitens der Landesregierung versucht worden, der Kritik der Lehrerin zu begegnen?
2. Offenkundig hat die Lehrerin vor ihrer öffentlichen Kritik am Modellversuch islamischer Religionsunterricht bereits interne Kritik geäußert. Wie ist die Landesregierung mit dieser internen Kritik umgegangen?
3. Wie viele weitere Disziplinarverfahren hat die Landesregierung seit Beginn der laufenden Wahlperiode gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schuldienst eingeleitet, weil diese Kritik an schulpolitischen und/oder -organisatorischen Maßnahmen geäußert hatten?
Die Anfrage bezieht sich auf Zeitungsberichte zweier hannoverscher Tageszeitungen über ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen eine angestellte Lehrkraft, die im Schulversuch „Islamischer Religionsunterricht“ eingesetzt war. Gegen diese Lehrkraft wurde weder ein Disziplinarverfahren eingeleitet, noch hat das Arbeitsgericht Hannover irgendwelche disziplinarischen Maßnahmen aufgehoben, wie von den Fragestellerinnen behauptet wird. Im Übrigen gibt es im Tarifrecht nicht das Rechtsinstitut des Disziplinarverfahrens.
Das Kultusministerium hat vielmehr mit Erlass vom 24. Februar 2009 die Lehrkraft von der Verpflichtung zur Erteilung islamischen Religionsunterrichts entbunden und den Erlass, mit dem die Beauftragung der Lehrkraft mit der Unterrichtserteilung seinerzeit erfolgte, aufgehoben. In der Folgezeit wurde die Lehrkraft wieder entsprechend ihrer ursprünglichen Aufgabe als herkunftssprachliche Lehrkraft eingesetzt. Dagegen hat die Lehrkraft Klage erhoben.
In der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts Hannover am 7. Juli 2009 hat das Gericht das beklagte Land darauf hingewiesen, dass es für eine vollständige Entbindung aus dem Schulversuch einer Änderungskündigung bedarf, weil islamischer Religionsunterricht in dem unbefristeten Arbeitsvertrag als Unterrichtsfach explizit genannt werde.
Das insoweit durchzuführende Änderungskündigungsverfahren ist eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Ursächlich für das Änderungskündigungsverfahren ist jedoch nicht die von der Lehrkraft geäußerte Kritik am Modellversuch „Islamischer Religionsunterricht“, sondern die Tatsache, dass es islamischen Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach derzeit nicht gibt und er daher auch nicht Gegenstand eines unbefristeten Arbeitsvertrages sein kann. Dieser Fehler ist zu korrigieren.
Zurzeit gibt es keine an deutschen Universitäten ausgebildete Lehrkraft, die die Fakultas für islamischen Religionsunterricht hätte. Trotzdem wird der Islamunterricht von qualifizierten und sehr engagierten Lehrkräften erteilt. Die Lehrkräfte, und das trifft nicht nur auf Niedersachsen zu, die im Rahmen von Schulversuchen Islamunterricht erteilen, verfügen über pädagogische oder theologische Ausbildungen, die sie in ihren Herkunftsländern erfolgreich abgeschlossen haben.
Zu 3: Unbeschadet dessen, dass es sich in diesem Fall weder um ein Disziplinarverfahren noch um disziplinierende Maßnahmen handelt, ist es seit Beginn der laufenden Wahlperiode nur in einem Fall zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen Schulleiter wegen dessen öffentlicher Kritik an schulpolitischen Maßnahmen und damit eines Verstoßes gegen seine beamtenrechtliche Neutralitätspflicht gekommen.
des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 18 der Abg. Sigrid Rakow und Renate Geuter (SPD)
Kein automatischer Übergang von Tarifbeschäftigten der AfA auf die Landwirtschaftskammer? Welche Folgen hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts für Personalmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform?
Am 13. Juli 2004 beschloss die Niedersächsische Landesregierung, im Rahmen der Verwaltungsreform u. a. die Ämter für Agrarstruktur als selbstständige Behörden aufzulösen. Ein Teil der Aufgaben der AfAs sollte auf die Landwirtschaftskammern übertragen werden.
Um die vorhandenen Kompetenzen erhalten zu können, sollten die Bediensteten in der Regel weiterhin mit den gleichen Aufgaben betraut werden und mit ihren Stellen zu den Landwirtschaftskammern wechseln.
Die Niedersächsische Landesregierung hat diesen Dienstherrenwechsel der Tarifbeschäftigten auf der Grundlage des § 110 NBG in der seinerzeit geltenden Fassung im Hinblick darauf vorgenommen, dass es eine eigene entgegenstehende Regelung im Tarifvertrag nicht gab.
Gegen diesen Dienstherrenwechsel hat eine damalige Mitarbeiterin des AfA Hannover Klage erhoben mit der Begründung, dass für die Übertragung des Tarifpersonals mit seinen Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern die Bestimmungen des § 613 a BGB anzuwenden seien. Sie beantragte festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 1. Januar 2006 auf die Landwirtschaftskammer Niedersachsen übergegangen sei, sondern weiterhin mit dem Land Niedersachsen bestehe.
Das Bundesarbeitsgericht hat auf die Klage am 25. Juni 2009 unter dem Aktenzeichen 8 AZR 336/08 im Gegensatz zu den Vorinstanzen entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der klagenden Mitarbeiterin nicht auf die Landwirtschaftskammer übergegangen sei, sondern mit dem Land Niedersachsen fortbestehe.
Das BAG geht davon aus, dass die Anwendung der §§ 110, 261 des damals geltenden NBG nicht zu einem automatischen Übergang der Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmern auf einen neuen Arbeitgeber führe, da auf Arbeitnehmer die beamtenrechtlichen Bestimmungen nur „entsprechend“ anzuwenden seien. Deshalb sei ein Übergang nicht durch eine einseitige Maßnahme, sondern nur durch Änderungsvertrag möglich. Das Bundesarbeitsgericht kam zu dem Schluss, dass daher das Arbeitsverhältnis der klagenden Mitarbeiterin mit dem Land Niedersachsen fortbestehe.
1. Wie viele Arbeitsverhältnisse von Tarifbeschäftigten sind im Rahmen der Verwaltungsreform von den damaligen Ämtern für Agrarstruktur auf der rechtlich nicht korrekten Annahme eines automatischen Übergangs gemäß § 110 NBG auf die Landwirtschaftskammern übergegangen, auf wie viele Beschäftigungsverhältnisse im Bereich anderer Ministerien trifft dieser Sachverhalt ebenfalls zu?
2. Welche rechtlichen und welche finanziellen Folgen ergeben sich für das Land Niedersachsen aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, wonach die Arbeitsverhältnisse der Tarifbeschäftigten nicht „automatisch“ in Anlehnung an § 110 NBG in der damals gültigen Fassung übertragen werden durften?
3. Welche Schritte hat das Land Niedersachsen im Hinblick auf das bezeichnete Urteil des BAG vom 25. Juni 2009 bereits unternommen, und welche Maßnahmen sind noch erforderlich, um die Arbeitsverhältnisse der Tarifbeschäftigten rechtlich einwandfrei zu regeln?
Im Zuge der Umsetzung der Verwaltungsreform im Jahr 2005 sind (Teil-)Aufgaben der damaligen Ämter für Agrarstruktur (ÄfA) und der Bezirksregierungen (Dezernate 506, 508) im Bereich der EU-Förderung auf die Landwirtschaftskammern übertragen worden. Die hiervon betroffenen Beschäftigten sind gemäß §§ 261, 110 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung von den Landwirtschaftskammern Hannover und Oldenburg übernommen worden. Für Angestellte und Arbeiter bestimmte das NBG, dass vorbehaltlich einer Regelung durch Tarifvertrag die Rechtsvorschriften über die Rechtsstellung der Beamten bei Umbildung von Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts entsprechend zur Anwendung kommen. Tarifrechtliche Regelungen bestanden nicht.
Lediglich in einem Fall widersprach eine betroffene Beschäftigte des AfA Hannover dem Arbeitgeberwechsel und ihrer Verwendung mit denselben Aufgaben in der Landwirtschaftskammer Hannover. Unter Hinweis auf die Anwendbarkeit des § 613 a BGB erhob sie Klage mit dem Ziel, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Land fortbestehe. Sowohl Arbeitsgericht als auch Landesarbeitsgericht haben übereinstimmend die Position des Landes geteilt, die Anwendung des § 613 a BGB ausgeschlossen und ein rechtmäßig zustande gekommenes Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes mit der Landwirtschaftskammer bestätigt. Das Bundesarbeitsgericht hat hingegen in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2009 (8 AZR 336/08) die
Auffassung vertreten, dass bei vollständigem oder teilweisem Aufgabenübergang einer öffentlichrechtlichen Körperschaft auf eine andere Körperschaft das Arbeitsverhältnis eines mit diesen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers nicht kraft Gesetzes oder aufgrund einer Übernahmeerklärung auf die andere Körperschaft übergehe. Vielmehr bedürfe es für den Übergang des Arbeitsverhältnisses einer vertraglichen Regelung zwischen dem Arbeitnehmer und der abgebenden sowie der aufnehmenden Körperschaft.