Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

Am 16. Januar 2010 fand in der AWD-Arena Hannover vor 28 700 Zuschauern das Fußballbundesligaspiel zwischen Hannover 96 und Hertha BSC Berlin statt. Ab der 70. Spielminute bis kurz vor Spielende wurde in der Nordtribüne durch bislang Unbekannte ein Banner mit der Aufschrift „Tod und Hass dem BTSV“ gezeigt.

Die Nordtribüne der AWD-Arena bildet den Kernbereich der hannoverschen Fanszene. Mit der Bezeichnung BTSV ist offensichtlich der Braunschweiger Turn- und Sportvereine Eintracht von 1895 e. V. bzw. Eintracht Braunschweig angesprochen worden.

Die Entscheidung, ob Banner in das Stadion eingebracht werden dürfen, liegt allein im Verantwortungsbereich des Hausrechtsinhabers. Die Ausübung des Hausrechts in der AWD-Arena ist der Firma Protec übertragen worden. Der durch diese Firma gestellte Ordnungsdienst ist verpflichtet, im Rahmen der Einlasskontrollen die mitgebrachten Banner auch inhaltlich zu prüfen. Bei Verstößen jeglicher Art sind Maßnahmen nach der Stadionordnung möglich, wie z. B. das Verweisen von Personen aus dem Stadion bzw. das Nichtzulassen des Betretens mit dem Banner, gegebenen

falls auch das Aussprechen eines Stadionverbotes. Darüber hinaus sind je nach zu beanstandendem Inhalt auch ordnungs- oder strafrechtliche Maßnahmen durch die Polizei möglich.

Das in Rede stehende Banner ist weder den Verantwortlichen bei Hannover 96 noch dem Ordnungsdienst vor dem Spiel vorgelegt worden.

Bei jedem Heimspiel besteht ein festgelegtes Kommunikationssystem zwischen dem Veranstalter Hannover 96, dem Sicherheits- und Ordnungsdienst, dem Sanitätsdienst, der Feuerwehr und der Polizei. Über dieses werden derartige sicherheitsrelevante Ereignisse und Informationen unverzüglich ausgetauscht.

Die Polizei wurde durch die Verantwortlichen von Hannover 96 erst zum Ende der Begegnung über das Banner informiert. Aus der Funktionslage der Polizei im Bereich des West-Oberranges ist das Banner nicht wahrgenommen worden. Eine intensive polizeiliche Auswertung von Bannern erfolgt regelmäßig vor dem Spiel und zum Zeitpunkt des Spielbeginns. Während der Spielphasen ist die Aufmerksamkeit jedoch deutlich stärker auf sich gegebenenfalls anbahnende Auseinandersetzungen bzw. Vorbereitungen zur Verwendung von Pyrotechnik ausgerichtet.

Bei rechtzeitiger Feststellung wäre über den Fanbeauftragten ein Ansprechen der Verursacher mit der Zielrichtung erfolgt, das Banner zu entfernen. Bei Nichtbefolgen wäre der Ordnungsdienst eingeschritten.

Der Vorfall wurde am 28. Januar 2010 von allen Beteiligten im Rahmen der Sicherheitsbesprechung zu dem folgenden Bundesligaspiel intensiv erörtert. Um eine Wiederholung eines derartigen Vorfalles zu verhindern, ist das Personal des Ordnungsdienstes eingehend sensibilisiert worden, bei den Einlasskontrollen alle Banner intensiv zu überprüfen und während des Spieles verstärkt auf derartige Aktionen zu achten.

Darüber hinaus hat der Fanbeauftragte des Vereins Hannover 96 in Gesprächen mit den relevanten Fangruppierungen die Auswirkungen dieses Vorfalles sowie das zukünftige konsequente Unterbinden solcher Aktionen verdeutlicht.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat auf Grundlage einer schriftlichen Anzeige am 20. Januar 2010 ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gegen Unbekannt eingeleitet und die Akten am 4. Februar 2010 zur Durchführung weiterer Ermittlungen an die Polizeiinspektion Hannover-West übersandt.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Siehe Vorbemerkungen.

Zu 3: Bei den Problemfanszenen in Braunschweig und Hannover handelt es sich um die zahlenmäßig größten in Niedersachsen. Deren Verhältnis bewerten die Polizeidirektionen Braunschweig und Hannover übereinstimmend als feindschaftlich. Dieses Verhältnis hat über Jahrzehnte traditionellen Bestand, gegenseitige Provokationen bestimmen den Umgang miteinander.

Als problematisch hat sich erwiesen, dass sich Teile der Problemfanszenen zunehmend der kommunikativen Einflussnahme durch die Vereine und die Fanprojekte sowie die Polizei entzogen haben. Durch gezielte Maßnahmen, u. a. auch die vom 8. bis 10. Januar 2010 in Hannover durchgeführte Zukunftswerkstatt „Fußballfans und Polizei - Abbau der Feindbilder“, ist mittlerweile wieder eine Bereitschaft für eine gegenseitige Kommunikation geweckt worden, die unter Umständen zu einer Reduzierung von Konflikten beitragen kann. Diese Maßnahmen werden fortgesetzt, auch um das Verhältnis der Problemfanszenen untereinander positiv beeinflussen zu können.

Anlage 32

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 33 der Abg. Johann-Heinrich Ahlers und Hans-Christian Biallas (CDU)

Polizei kämpft gegen Schutzgelderpresser

Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 19. Januar 2010 berichtete, verfolgt die Polizei in Hannover Mitglieder der russischen Schutzgeldmafia. Die Polizei erklärt, dass die russischen Schutzgelderpresser plötzlich in Kneipen oder Betrieben ihrer Landsleute auftauchen und hohe Summen von den Geschäftsleuten verlangen. Im Gegenzug kündigten sie an, den Betrieb künftig vor möglichen Übergriffen schützen zu wollen. Bei Verweigerung der Zahlung sollen die Kriminellen massiv Druck ausüben und ihre Landsleute bedrohen.

Es handelt sich, so teilt die Polizei weiter mit, um Fälle Organisierter Kriminalität, über deren genaue Ausmaße in Hannover noch keine genauen Erkenntnisse vorlägen. Mit verschiedenen Aktionen, wie z. B. dem Aufruf in einer russischsprachigen Zeitung oder einem Faltblatt zum Thema Schutzgelderpressung, versuchte die Polizei in der Vergangenheit, Zeugen und Opfer ausfindig zu machen, um auf diese Weise die Täter zu fassen. Die Problematik im

Rahmen der Schutzgelderpressung bestehe gerade darin, dass die Opfer meist die einzigen Zeugen sind und aus Furcht vor den Erpressern keinen Kontakt mit der Polizei aufnehmen.

In den letzten Jahren hat sich die Schutzgelderpressung in Deutschland deutlich ausgeweitet, wobei auch die ländlichen Gebiete nicht verschont sind. Die Schutzgelderpressung stellt keinen einzelnen Straftatbestand des Strafgesetzbuches dar. Vielmehr werden mit dieser Handlung u. a. die Tatbestände des Hausfriedensbruches, der Sachbeschädigung, der Nötigung oder der Körperverletzung erfüllt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Schutzgelderpressungen in Niedersachsen vor?

2. Welche Maßnahmen und Initiativen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um die Situation zu verbessern?

3. Wie können sich potenzielle Opfer gegen Schutzgelderpressungen besser schützen?

Nach der im Mai 1990 von der AG Justiz/Polizei verabschiedeten Arbeitsdefinition liegt Organisierte Kriminalität vor, wenn es sich um eine von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten handelt, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, und mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig

a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,

b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder

c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft

zusammenwirken.

Der Begriff der Schutzgelderpressung beschreibt einen speziellen Fall der Erpressung gemäß § 253 StGB. Es handelt sich eher um eine kriminalistische Umschreibung einer besonderen Variante der Tatausführung. Nicht immer sind lediglich Zahlungen von Geldbeträgen das Ziel der kriminellen Täterhandlungen. Denkbar ist auch der Zwang, das Opfer zur Inanspruchnahme bestimmter Dienstleistungen oder zum Einkauf von (überteuer- ten) Waren bei bestimmten Händlern zu nötigen. Bei der Schutzgelderpressung beherrscht die Angst der Opfer das Geschehen. Hinzu kommt mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden, die bei ausländischen Opfern darauf beruhen können, dass heimische Erfahrungen über staatliche Struk

turen auf Deutschland übertragen werden. Schutzgelderpressung kann auch die Form von Organisierter Kriminalität annehmen. Da die Tathandlungen zumeist verdeckt ablaufen, findet dieser Deliktsbereich in der Öffentlichkeit wenig Beachtung.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche Anfrage auf Grundlage der Berichterstattung des Landeskriminalamtes Niedersachsen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird die Erpressung zur Erlangung von Schutzgeld seit dem 1. Januar 2008 gesondert erfasst. Im Jahr 2008 wurden in Niedersachsen neun derartige Straftaten registriert. Acht Delikte konnten aufgeklärt und insgesamt vierzehn Täter ermittelt werden. In fünf Fällen handelte es sich um Einzeltäter. Von den neun Taten entfielen zwei auf den Bereich der Polizeidirektion Hannover.

Für das Jahr 2009 waren zwanzig Straftaten (da- von drei im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirek- tion Hannover) zu registrieren, wovon dreizehn Delikte aufgeklärt werden konnten. Von den insgesamt siebzehn ermittelten Tätern agierten zehn Personen alleine.

Insbesondere der Anteil der alleinhandelnden Täter spricht vordergründig eher für eine schlichte, nicht dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnende Variante der Tatbegehung.

Unter den Tatverdächtigen aus den Jahren 2008 und 2009 befanden sich deutsche, vietnamesische, türkische, aserbaidschanische, syrische, libanesische und iranische Staatsangehörige. Die Geschädigten besaßen die spanische, türkische, griechische, italienische und deutsche Staatsangehörigkeit.

Zu 2: Das mutmaßlich hohe Dunkelfeld zu erhellen, die Täter strafrechtlicher Verfolgung zuzuführen und potenziellen Opfern ein Höchstmaß an Gerechtigkeit zukommen zu lassen, ist unabdingbarer Bestandteil nachhaltiger Bekämpfung insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität. Vorrangiges Ziel sind die Sensibilisierung potenzieller Opfer und die Erhöhung der Bereitschaft zur Kontaktaufnahme zur Polizei. Dabei kommt es auch darauf an, das Vertrauen von ausländischen Geschäftsinhabern zu gewinnen. Kulturelle Hürden und Sprachdefizite erschweren dieses Ziel. So wird z. B. durch die Polizeidirektion Hannover als Strategie zur Aufhellung des deliktischen Dunkelfeldes der Schutzgelderpressung direkte Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Neben der Verteilung von bilingu

alen Flyern in den betreffenden Zielgruppen, wie beispielsweise in russischen Vereinen und Religionsgemeinschaften, wurden Pressemitteilungen an örtliche und überörtliche russischsprachige Printmedien zur Veröffentlichung versandt. Ziel war es hierbei, die Opfer oder Zeugen von Schutzgelderpressungen zur Mitarbeit mit der Polizei zu bewegen. Bislang haben sich hieraus keine weiteren Erkenntnisse ergeben. Außer den repressiven strafprozessualen Maßnahmen, einer fortwährenden Analyse des Deliktsbereichs sowie Sensibilisierung der polizeilichen Sachbearbeiter werden fortlaufend geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Anzeigebereitschaft geprüft.

Zu 3: Das Opfer eines Erpressungsversuchs sollte sich frühestmöglich den Strafverfolgungsbehörden offenbaren und Schutz sowie die Strafverfolgung ermöglichen und unterstützen. „Wer schweigt, verliert!“ ist ein in diesem Zusammenhang wesentlicher Grundsatz. In der Regel begibt sich das Opfer in einen Kreislauf, der - nach anfänglich oftmals moderaten Forderungen - in ein stetig intensiver werdendes Abhängigkeitsverhältnis mündet. Es ist eine irrige Annahme vieler Opfer, dass sich die Täter mit einer Einmalzahlung zufriedengeben. Gleichwohl ist festzuhalten, dass die Täter ihre illegalen Forderungen mit möglichst geringem Risiko durchsetzen wollen. Sie lassen erfahrungsgemäß von ihrem Vorhaben ab, wenn die Opfer sich wehren oder die Polizei einschalten.

Anlage 33

Antwort

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 34 der Abg. Heiner Schönecke, Karl-Heinrich Langspecht und Clemens Große Macke (CDU)

Agrar-AGs in Niedersachsen?

In der Wirtschaftswoche vom 30. November 2009 wird als Anlageform eine Aktie der Firma KTG Agrar empfohlen.

Diese Firma mit ihrem Sitz in Hamburg bewirtschaftet zurzeit in Ostdeutschland und in Litauen 29 000 ha Land. Darauf baut KTG Agrar vorwiegend Getreide, Mais und Raps an. Die Biogasproduktion ist ein weiteres Segment der Gesellschaft. Eine Firma nach dem Modell KTG Agrar mit einer Bewirtschaftung auf deutschem Boden dürfte eine sehr seltene Ausnahme sein.

Nichtsdestotrotz sind derartige Entwicklungen verstärkt zu beobachten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Beeinträchtigen diese Agrar-AGs den landwirtschaftlichen Bodenmarkt?