Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

Für die Nutzung von Bahnhöfen und Streckenabschnitten stellen die verschiedenen Tochtergesellschaften der Deutschen Bahn AG den Schienenverkehrsunternehmen Entgelte in Rechnung. Neben den konzerneigenen Unternehmen (DB Fernverkehr AG und DB Regio AG) zählen hierzu auch sogenannte Privatbahnen, wie z. B. die NordWestBahn oder Metronom.

Es mehren sich die Beschwerden gegen die Preispolitik der DB Station & Service AG. Es wird dieser DB-Tochter vorgehalten, dass die Preisgestaltung nicht diskriminierungsfrei ist, da sie faktisch konzernfremde Unternehmen benachteiligt.

Zum 1. Mai 2010 wollte die DB Station & Service AG die Preise verändern. Die entsprechenden Stationspreise sind der Bundesnetzagentur zur Prüfung vorgelegt und verworfen worden. Eine Genehmigung konnte nicht erteilt werden, da die Änderung intransparent ist und Preisunterschiede nicht sachlich begründet werden konnten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hat das Land bereits eine Überprüfung der bisherigen Stationsentgelte vor dem Hintergrund vorgenommen, dass ein größerer Teil dieser Stationspreise indirekt durch die dem Land zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel finanziert wird?

2. Welche Bemühungen hat die Landesregierung unternommen, um zu verhindern, dass trotz der hohen Stationsentgelte, die die DB Station & Service AG einnimmt, in verschiedenen Bahnhöfen keinerlei Investitionen getätigt werden, sodass diese verfallen?

3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Preisgestaltung der Streckenentgelte der DB Netz AG in Bezug auf einen diskriminierungsfreien Zugang vor?

Die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) bestellt im Auftrag des Landes Betriebsleistungen im Schienenpersonennahverkehr bei Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Diese EVU müssen wiederum Leistungen bei anderen Unternehmen einkaufen, um die von der LNVG bestellten Verkehre tatsächlich erbringen zu können. Zu diesen Vorleistungen zählen beispielsweise auch die Nutzung von Stationen und Schienenwegen, die sich im Eigentum der DB Station & Service AG bzw. der DB Netz AG befinden. Mit Abschluss eines Stationsnutzungsvertrages wird beispielsweise den Zugangsberechtigten das Nutzungsrecht an der Infrastruktur von Personenbahnhöfen eingeräumt. Vertragliche Beziehungen zwischen dem Land bzw. der LNVG als Besteller von Betriebsleistungen und den Infrastrukturunternehmen DB Station & Service oder DB Netz bestehen hinsichtlich der Nutzung dieser Anlagen somit nicht.

Die DB Station & Servise AG bzw. DB Netz AG sind als Eisenbahninfrastrukturunternehmen gemäß § 14 AEG verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren.

Das seit dem 1. Januar 2005 angewandte Preissystem der DB Station & Service AG für die Benutzung der Stationen und Bahnhöfe kehrte sich von den vormaligen, stationsspezifischen Entgelten ab

und wandte sich einer neuen, gruppenspezifischen Preisbildung zu.

Da das Stationspreissystem von Anfang an von den EVU, Aufgabenträgern und Ländern heftig kritisiert wurde, hat die Bundesnetzagentur in ihrer Aufgabe als Regulierungsbehörde eine Überprüfung vorgenommen. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2009 hat sie das bisherige Preissystem der DB Station & Service AG zum 1. Mai 2010 für ungültig erklärt, da dieses nicht mit den eisenbahnrechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Als Begründung wird aufgeführt, dass die Entgelthöhen nicht die entstehenden Kosten widerspiegeln und insofern keine verursachergerechte Kostenzuschneidung vorliegt. Des Weiteren wurde beanstandet, dass die Methoden der DB Station & Service AG zur Herleitung der verschiedenen Entgeltkomponenten intransparent sind. Das Unternehmen wurde außerdem verpflichtet, eine neue Stationspreisliste aufzustellen. Diese muss spätestens mit Wirksamwerden der Ungültigkeitserklärung am 1. Mai 2010 in Kraft treten. Zuvor hat die DB Station & Service AG der Bundesnetzagentur bis zum 1. März 2010 ein Konzept vorzulegen, in dem darzustellen ist, in welcher Weise eine Neufassung der Höhe der Entgelte erfolgen wird und welche Entgeltbildungskriterien sie zukünftig heranzuziehen beabsichtigt.

Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Die Überprüfung der Vorschriften, die den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur regeln, ist Aufgabe der Bundesnetzagentur. Zu diesen Vorschriften zählen ausdrücklich auch die Entgeltgrundsätze und die Entgelthöhen. Dem Land steht somit eine Prüfungskompetenz nicht zu.

Das Land Niedersachsen und die mit der Aufgabenträgerschaft betraute LNVG teilen jedoch bereits früher erhobene Bedenken gegen das geltende Stationspreissystem. Die LNVG steht deswegen auch in enger Abstimmung mit beauftragten Verkehrsunternehmen, um eine Prüfung der Stationsentgelte auf zivilrechtlichem Weg zu erwirken.

Zu 2: Die Pflege, Unterhaltung und Modernisierung der Stationen ist originäre Aufgabe der jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmen, wie der DB Station & Service. Die Mitwirkungsrechte des Landes sind stark eingegrenzt. Da das Land Niedersachsen aber ein großes Interesse an modernen und barrierefreien Bahnstationen entlang der Strecken in Niedersachsen hat, wurden und werden gemeinsam mit dem Bund und der DB Programme

zur Bahnhofsmodernisierung aufgelegt, wie z. B. Niedersachsen ist am Zug I und II. Insoweit wird weiterhin in den Erhalt und die Verbesserung der Stationen investiert.

Zu 3: Der Landesregierung ist bekannt, dass die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde auch dass Trassenpreissystem der DB Netz AG prüft.

Anlage 43

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 44 des Abg. Detlef Tanke (SPD)

Vergabepraxis bei Linienkonzessionen

Im Hinblick auf meine Kleine Anfrage aus dem Oktober 2009 (Frage Nr. 45 im Rahmen der 50. Plenarsitzung am 30. Oktober 2009) möchte ich hierzu weitergehende Fragen stellen.

Vom Ministerium wurde in der Antwort Bezug auf ein konkretes laufendes Verwaltungsstreitverfahren genommen. Hierzu wurde darauf verwiesen, dass die Entscheidungsgrundlage für die Abänderung der ursprünglichen Genehmigungen ausschließlich die Genehmigungsanträge „in der Form des Bewertungsstichtages“ gewesen seien.

In diesem Verwaltungsstreitverfahren liegt zwischenzeitlich ein Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2010 - AZ. 7 ME 98/09, 6 B 174/09 - vor. Das Gericht kommt in der Begründung seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass nach dem Bewertungsstichtag, dem 27. März 2008, der Landesnahverkehrsgesellschaft im Rahmen des Widerspruchsverfahrens am 20. März 2009 ein modifiziertes Angebot vorgelegt worden ist. Dieses nachträglich eingereichte modifizierte Angebot wurde unzulässigerweise zur Grundlage für die Entscheidungen der Landesnahverkehrsgesellschaft im Rahmen des Widerspruchsverfahrens.

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchen Maßnahmen wird künftig sichergestellt, dass es nicht zu derartigen erneuten Verstößen gegen die Wahrung der Chancengleichheit im Vergabeverfahren seitens der Landesnahverkehrsgesellschaft kommt, und wie stellt sich die Landesregierung die weitere Vorgehensweise der Landesnahverkehrsgesellschaft in dem konkreten Fall vor?

2. Wird es für sinnvoll erachtet, seitens der Landesregierung der Landesnahverkehrsgesellschaft eindeutige Verfahrensvorgaben zu machen, um Verstöße gegen die Gleichbehandlung im Vergabeverfahren künftig auszuschließen?

3. Wie konnte es bei der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage vom 30. Oktober 2009 zu der o. g. Aussage der Landesregierung kommen, die im Widerspruch zu der rechtlichen Bewertung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts steht?

Die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) ist Genehmigungsbehörde nach dem Personenbeförderungsgesetz. Sie prüft den Antrag eines Verkehrsunternehmens auf Genehmigung eines Linienverkehrs auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes. Die Liniengenehmigung ist keine Entscheidung in einem Vergabeverfahren.

Für den Fall des sogenannten Genehmigungswettbewerbs hat die LNVG in Zusammenarbeit mit Aufgabenträgern und Unternehmen ein Verfahren entwickelt, das die Gleichbehandlung der Antragsteller in diesem Fall gewährleistet. Dieses Verfahren ist gerichtlich als rechtmäßig anerkannt.

Der Beschluss des OVG vom 19. Januar 2010 hat die einstweilige Erlaubnis für ein Unternehmen zum Gegenstand, die umstrittenen Linien vorübergehend zu bedienen. Diese Erlaubnis stellt keine Liniengenehmigung dar. Das OVG bestätigt die Entscheidung der LNVG, wie bereits das VG Braunschweig in erster Instanz. Einen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit haben die Gerichte erkennbar verneint.

Die Ausführungen des Gerichts zum Widerspruchsverfahren stellen ein „obiter dictum“ dar, also eine bei der Gelegenheit des Verfahrens geäußerte Rechtsansicht. Diese bezieht sich auf eine andere Fallgestaltung und trägt nicht die vorliegende Entscheidung.

Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Die Chancengleichheit im Genehmigungswettbewerb ist durch das Verfahren der LNVG sichergestellt. Ein Vergabeverfahren führt die LNVG nicht durch.

Im konkreten Fall hat die LNVG durch ihre Widerspruchsbescheide abschließend entschieden. Gegen die Bescheide wurde Klage erhoben, welche bei dem VG Braunschweig anhängig ist. Für eine abschließende Bewertung bleibt die gerichtliche Entscheidung abzuwarten.

Zu 2: Das Liniengenehmigungsverfahren der LNVG stellt eine Gleichbehandlung sicher. Einer Vorgabe durch das Ministerium bedarf es daher nicht. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Zu 3: Die Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 30. Oktober 2009 erfolgte auf der Grundlage der ergangenen Widerspruchsbescheide. Diese sind ausweislich ihres Wortlauts auf der Tatsachengrundlage der vor Ende der Ausschlussfrist eingereichten Anträge ergangen. (Zitat: „Maßgeblicher und in Vergleich zu setzender Antragsinhalt sind die Anträge der konkurrierenden Beteiligten in ihrer Fassung vom 26. März 2008 bzw. 27. März 2008.“)

Das OVG stellt in der angesprochenen Entscheidung lediglich fest, dass es im Widerspruchsverfahren eine Modifikation des ursprünglichen Antrags seitens der Beigeladenen gegeben habe und dass die LNVG zeitlich nach dieser Modifikation entschieden habe. Mangels Relevanz für die Entscheidung wird die tatsächliche Frage, auf welcher Grundlage die LNVG entschieden hat, durch das Gericht jedoch nicht entschieden. Ein Widerspruch zur Beantwortung der o. g. Anfrage ist daher nicht festzustellen.

Anlage 44

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 45 der Abg. Gabriela König (FDP)

Sichtbarkeit von Eisenbahnwaggons

Am 26. November 2009 verunglückte bei Veldhausen die Fahrerin eines Pkw schwer. Sie war gegen 17.45 Uhr mit ihrem Wagen auf der L 44 unterwegs, als sie an einem unbeschrankten Bahnübergang einen Güterzug rammte. Ursächlich für den Unfall war offenbar, dass die Autofahrerin den Güterzug in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Der mehr als 650 m lange Zug, der aus Richtung Emlichheim kam, hatte den Bahnübergang zum Zeitpunkt des Unfalls schon beinahe passiert, als die Fahrerin einen der letzten Waggons rammte. Aus anderen Verkehrsbereichen, beispielsweise der Landwirtschaft, sind weitreichende Vorschriften bekannt, die zu einer Kenntlichmachung der Fahrzeuge mit Reflektoren führen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele nicht technisch gesicherte Bahnübergänge gibt es in Niedersachsen, und wie viele Unfälle geschehen jährlich an bzw. auf diesen Bahnübergängen?

2. Ist messbar, wie viele dieser Unfälle dadurch verursacht werden, dass die Züge nicht sichtbar genug sind, und, wenn ja, wie groß ist die Anzahl der hierdurch verursachten Unfälle?

3. Könnten aus Sicht der Landesregierung einfache Mittel, wie beispielsweise die Ausstattung von Zugwaggons mit Reflektoren, zur Erhöhung der Sichtbarkeit bei Dunkelheit führen, und,

wenn ja, ist der Landesregierung bekannt, ob es auf Bundesebene bereits Überlegungen in diese Richtung gibt?

Mit den Vorgaben der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz für die Ausrüstung von Schienenfahrzeugen Gebrauch gemacht. Weitere Anforderungen sind darüber hinaus in den sogenannten Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) europarechtlich normiert. Die TSI Güterwagen schreibt keine seitliche Kenntlichmachung von Güterwagen vor. Die Länder sind somit daran gehindert, selbst entsprechende Regelungen zu treffen. Solche Anforderungen müssen vielmehr mindestens bundesgesetzlich oder im Hinblick auf die TSI sogar europarechtlich festgeschrieben werden.

Änderungen des gesetzlichen Rahmens für die Zulassung von Güterwagen erfassen nur neue Fahrzeuge. Allerdings werden allein in Deutschland zurzeit. ca. 150 000 Güterwagen verschiedener Halter betrieben. Hinzu kommen weitere 450 000 Wagen in den übrigen Mitgliedsstaaten der EU. Diese Fahrzeuge werden freizügig in ganz Europa eingesetzt. Eisenbahnfahrzeuge haben eine relativ lange Nutzungsdauer (ca. 30 bis 40 Jahre). Aus diesem Grunde wird europaweit in jedem Jahr nur eine relativ geringe Anzahl von Güterwagen neu zugelassen. Allein die verbindliche Ausrüstung der neuen - deutschen - Wagen würde die Situation somit nicht spürbar verbessern.