Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir das Wort „Tourismuspolitik“ hören, dann denken manche an Struktur, Konzept und Förderung. Andere denken an Urlaub. Sie, verehrte Landesregierung, gehören zur zweiten Gruppe.
Der Tourismus ist für Niedersachsen ein Wirtschaftsfaktor von großer Bedeutung. Die Zahl der Übernachtungen stieg 2009 sogar etwas an. Das war selbst für Minister Bode so überraschend,
dass er eine Pressekonferenz zur Verkündung der frohen Botschaft anberaumte. Neue Konzepte und Ideen - Fehlanzeige! Warum soll man auch Probleme benennen, wenn die Zahlen auf den ersten Blick etwas anderes vermuten lassen?
Niedersachsen darf seine Position als Tourismusland nicht nur behaupten, sondern muss seine Qualitäten deutlich verbessern.
Verehrte Landesregierung, legen Sie endlich die Basis für eine transparente, verlässliche und im doppelten Sinne verantwortliche Tourismusförderung! Behandeln Sie den Tourismus nicht weiter stiefmütterlich als Querschnittsressort! Unsere Anhörung mit den Tourismusverbänden ergab: Wir brauchen einen zentralen Ansprechpartner und Koordinator für die Tourismuspolitik. Wir brauchen ein tourismuspolitisches Gesamtkonzept, das die regionalen Masterpläne stärkt und Regionalprojekte besser berücksichtigt. Sie sind hilflos, Sie haben keine Antworten und vernachlässigen diese Betriebe sträflich.
Den Zeigefinger bei der Förderung immer nur auf die EU zu richten, ist unredlich, meine Damen und Herren.
Der zweite Blick auf die Statistiken offenbart nämlich, dass die guten Zahlen nichts, aber auch gar nichts mit Ihrer Politik zu tun haben.
Die wirtschaftlich so wichtigen Betriebstypen der Hotels, Gaststätten und Pensionen entwickelten sich in dieser Zeit sogar unterdurchschnittlich. Deren Marktanteil in Niedersachsen ist von 10,9 % im Jahr 2000 auf 9,7 % im Jahre 2008 gesunken.
(Jörg Hillmer [CDU]: Sie haben alte Zahlen! - Gabriela König [FDP]: Wo- her haben Sie diese Zahlen eigent- lich?)
Fangen Sie endlich an, Ihre Aufgabe ernst zu nehmen, indem Sie ein tourismuspolitisches Gesamtkonzept entwickeln!
Setzen Sie sich für die Einrichtung eines Unterausschusses Tourismus ein, wie es auch die Verbände fordern! Uns geht es um die Verbesserung des Tourismus. Sie, Herr Minister, denken nur an Urlaub.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zersplitterung der Verbandsstrukturen hat im Bereich Tourismus schwerwiegende Folgen. Dies ist umso misslicher, weil Kommunen sich untereinander häufig als Konkurrenten sehen, anstatt mit Ideen ihre Region gemeinsam zu bewerben.
Ich frage Sie: Warum setzen Sie hier nicht zielgenauere Anreize bei der Fördervergabe, um dieses Defizit aus dem Weg zu räumen?
Im Übrigen gilt auch für die Betriebe in der Tourismuswirtschaft, was für alle Betriebe in Niedersachsen gelten muss: Wir brauchen eindeutige Förderkriterien
und einen verbindlichen Schlüssel für die einzelbetriebliche Förderung. Sorgen Sie endlich für Planungssicherheit!
Herr Minister Bode, warum bleiben Sie trotz der Kenntnis darüber, dass der Landtourismus boomt und dieser Boom den ländlichen Raum enorm stärkt, untätig? Wo ist das Konzept der Landesregierung, das diesem Trend Rechnung trägt?
Fest steht: Eine verantwortungsvolle Tourismuspolitik sieht anders aus. Sich hinzustellen und den Lohn einzustecken, obwohl man dafür kaum etwas getan hat, ist unanständig.
Wir brauchen dringend eine grundlegende Weiterentwicklung, mehr Transparenz, klare Verantwortlichkeiten und eine aktive Investitionspolitik mit innovativen Ansätzen. Als Touristin und Tourist darf und soll man ohne Frage Urlaub machen.
Als Landesregierung sollte man die gedankliche Hängematte jedoch schnell aus dem Kopf verbannen. Es gibt viel zu tun. Fangen Sie endlich an!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es herrscht die größte weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise seit 80 Jahren. Davon ist fast jeder Bereich erfasst, mal mehr und mal weniger. Aber das scheint man hier immer wieder zu vergessen.
Manchmal könnte man auch sagen: Es gibt eine Krise, und keiner geht hin. - So oder ähnlich könnte man die Situation im Tourismus beschreiben, was die deutschen Urlauber angeht.
Es ist nicht so, dass der Tourismus keine Probleme hätte. Auch dort gibt es Bereiche, die deutliche Einbußen zu verzeichnen haben - Herr Hillmer hat darauf schon hingewiesen -, z. B. den IncomingTourismus. Die Anzahl der Übernachtungen ausländischer Touristen ist deutschlandweit leider rückläufig. Niedersachsen ist davon mit insgesamt 57 000 Übernachtungen weniger als im Vorjahr betroffen. Diese stattliche Anzahl auszugleichen, kostet enorme Anstrengungen.
Dabei hat sich Niedersachsen gerade auf diesem Gebiet in den letzten zehn Jahren sehr gut entwickelt. Die Anzahl der Übernachtungen ausländischer Gäste ist immerhin um 43 % gestiegen.
Auch der Geschäftsreisefremdenverkehr hat sich als schwierig erwiesen. Dort, wo die Unternehmen stark rückläufige Umsätze zu verzeichnen hatten, wurden selbstverständlich auch die Reisekosten drastisch reduziert. Das hat sich in der Anzahl und in der Länge der Reisen, aber auch an der Zunahme der Buchungen in den niedrigeren Hotelkategorien gezeigt. Dort, wo die 4- oder 5-SterneHotels verloren haben, gewannen teilweise 2- oder 3-Sterne-Hotels. Das beinhaltet auch die Campingsituation, Herr Hagenah.
Meine Damen und Herren, zu den rückläufigen Zahlen, von denen ich eben gesprochen habe, gehört noch ein weiterer Aspekt. Die Anzahl der Zweit- und Drittreisen in Deutschland ist um 5 bis 6 % eingebrochen.
Das alles muss die Tourismuswirtschaft verkraften. Daher ist es besonders erfreulich, ja sogar lobenswert - das möchte ich hier explizit sagen -, dass sich die niedersächsische Tourismusbranche wohltuend vom negativen Trend abgehoben hat. Wir zählen zu den Gewinnern in Deutschland. Wir stehen mit 37,5 Millionen Übernachtungen und einem Zuwachs von 1,9 % sehr gut da. Während Bayern und Baden-Württemberg insgesamt über 2,4 Millionen Übernachtungen verloren haben, konnten wir eine halbe Million Übernachtungen hinzugewinnen.