Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Zweitens geht es uns auch um eine umfassende Veröffentlichung. Wer nämlich im Bericht für das Jahr 2008 in den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums schaut, der findet bei den Sponsoren zur 175-Jahr-Feier des Wangenheim-Palais’ zahlreiche Spender, die nicht genannt werden möchten und die auch nicht genannt werden. An dieser Stelle endet für die Landesregierung ihre Transparenzverpflichtung.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war aber auch eine Sause!)

Ich finde, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben, zu erfahren, wer der Landesregierung ihr Bier bezahlt und wer die Kosten für das Buffet übernimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Nur durch umfassende Transparenz können Sie, meine Damen und Herren, dem Korruptionsverdacht im Ansatz begegnen. Veröffentlichen Sie deshalb zeitnah und vollständig, wer Ihnen was bezahlt, und verzichten Sie gegebenenfalls auf Sponsoren, die nicht genannt werden wollen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In der Zeitung war zu lesen, dass einige öffentliche Unternehmen Anzeigen in der Mitgliederzeitung der CDU Niedersachsen geschaltet haben, u. a. die Salzgitter AG, die Deutsche Messe AG oder auch - kein öffentliches Unternehmen, aber eine öffentliche Körperschaft - der Landkreis Osnabrück. Herr Thiele, das dürfte Sie interessieren, weil Sie in dem Zeitungsartikel zitiert worden sind. Ich bin sicher, Sie wissen ganz genau, dass direkte Spenden dieser Unternehmen an die CDU gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 5 Parteiengesetz verboten wären, weil der Anteil der öffentlichen Hand an diesen Unternehmen 25 % übersteigt. Aber Ihre Anmerkung, Herr Thiele, die dazu in der Zeitung zu lesen war, zieht meines Erachtens nicht. Sie sagten sinngemäß, das Geld komme dem Verlag und nicht der Partei zugute, deshalb sei alles völlig einwandfrei.

(Ulf Thiele [CDU]: Ja, so ist das! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das ist ei- ne gekaufte Partei!)

Selbst wenn Sie mit diesem Verlag nichts weiter zu tun hätten, als dass Sie selbst zusammen mit Herrn Thümler im Verlagsbeirat sitzen, Herr Thiele, werden auch Sie nicht bestreiten können, dass diese Anzeigen faktisch die Herausgabe Ihres Mitgliedermagazins erleichtert haben, weil die Einnahmen aus den Anzeigen es dem Verlag natürlich erst ermöglichten, Ihr Magazin preisgünstig herauszugeben. Auch hier sehen wir also, wie dringend rechtliche Klarstellungen im Bereich des Sponsoringrechts sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In den Rechenschaftsberichten der Parteien tauchen gegenwärtig sehr detailliert alle Großspenden auf, die 10 000 Euro pro Jahr übersteigen. Diese werden im Internet inklusive Name und Adresse des Spenders oder der Spenderin veröffentlicht. Sponsoren hingegen werden unter der Rubrik „Sonstige Einnahmen“ aufgelistet und dort eben nicht im Einzelnen öffentlich gemacht. Diese Umgehungstatbestände müssen ausgetrocknet werden. Meine Damen und Herren, wir fordern auch hier maximale Transparenz. Das Sponsoring darf nicht faktisch zur verdeckten Parteienfinanzierung führen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Schließlich geht es uns in unserem Antrag um einzelne Großspenden. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist Wesensmerkmal einer mo

dernen Demokratie, dass jede Stimme im politischen Wettbewerb gleich viel zählt. Die Auseinandersetzungen der Parteien sollen mit Argumenten geführt werden. Aber wir alle wissen, dass in diesem Wettbewerb natürlich auch zahlreiche Maßnahmen eine Rolle spielen, die Geld kosten. Damit die Finanzausstattung der Parteien einem fairen Grundmuster folgt, gibt es die staatliche Parteienfinanzierung. Gleichzeitig sollen Parteien aber ausdrücklich nicht rein staatlich finanziert werden; Staatsparteien sind unserer Demokratie zum Glück wesensfremd. In diesem Spagat bewegt sich das Parteispendenrecht.

Wenn es aber interessengeleitete Großspenden gibt; wie z. B. die Mövenpickspende an die FDP, die offensichtlich mit der Erwartung verbunden war, dass die lukrative Steuersenkung für Hotels endlich durchgesetzt wird, dann verzerren diese Spenden den politischen Wettbewerb massiv, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD sowie bei der LINKEN)

Liebe FDP, lieber Kollege Dürr, mit dieser Art von Politik haben Sie endgültig und in aller Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass Sie genau das sind, was Ihre Gegner von Ihnen schon länger vermuten, nämlich eine Klientelpartei für den besser verdienenden Teil dieser Gesellschaft. Für die machen Sie Politik und für niemanden sonst.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe)

Deshalb fordern wir Grüne eine Begrenzung von Spenden auf maximal 100 000 Euro pro Person und Jahr. Ich will Ihnen offen sagen, meine Damen und Herren, dass ich durchaus Sympathien für die Überlegung habe, Firmenspenden völlig zu verbieten. Firmen sind keine Staatsbürger. Sie haben zu Recht kein Wahlrecht und keine Stimme. Da erscheint es unlogisch, dass sie über finanzielle Zuwendungen dann eben doch Einfluss auf den politischen Wettbewerb nehmen. Aber wir bewegen uns hier - ich hatte es bereits erläutert - in einem Spannungsfeld. Deshalb zunächst einmal also die Forderung nach einer Begrenzung. Wir werden die Beratungen abwarten. Vielleicht sind hier radikalere Maßnahmen notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schließlich fordern wir in unserem Antrag konkrete Initiativen der Landesregierung zur Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbeste

chung. Dieser Straftatbestand soll die politische Arbeit vor unzulässiger Landschaftspflege schützen. Dieser Tatbestand betrifft uns alle hier als Landtagsabgeordnete, obwohl wir selbst das Strafgesetzbuch natürlich nicht ändern können. Die Verschärfung dieses Straftatbestandes ist Voraussetzung dafür, dass Deutschland endlich seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt und das UN-Abkommen gegen Korruption ratifiziert.

Herr Justizminister Busemann, Sie haben sich ja bereits im Jahr 2008 dahin gehend geäußert, dass Sie eine Verschärfung dieses Straftatbestandes anstreben. Jetzt haben wir 2010 - und nichts ist passiert. Herr Justizminister, bei der Verschärfung des Jugendstrafrechts waren Sie wesentlich erfolgreicher; diese hat es bis in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene geschafft. Und hier? - Nichts weiter. Warum denn plötzlich so zögerlich? - Das kann es doch nicht sein. Ergreifen Sie endlich konkrete Maßnahmen, um Ihren großen Forderungen Taten folgen zu lassen. Die sind nämlich notwendig.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ganz allgemein gesprochen: Es geht uns nicht um eine pauschale Verunglimpfung des politischen Betriebs oder des politischen Gegners. Aber es geht uns darum, dass Vorgänge wie in NordrheinWestfalen oder Sachsen, die schweren Schaden für die politische Kultur angerichtet haben, nicht ohne Folgen bleiben dürfen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Limburg. - Für die SPDFraktion hat Herr Politze das Wort.

(Helge Limburg [GRÜNE] unterhält sich mit Ulf Thiele [CDU])

- Herr Limburg, ich würde es fair finden, wenn Sie jetzt auch dem Kollegen der SPD zuhören und nicht mit dem Kollegen von der CDU sprechen würden. - Danke schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wort „Regierungskorruption“ ist auf dem besten Wege, in die Liste des Wortes des Jahres aufgenommen zu werden. Von der Mövenpickspende über das Flugupgrade bei Air Berlin bis hin zur Mitnahme von ehemaligen Parteispendern

und Geschäftsfreunden auf Auslandsreisen reicht in der letzten Zeit der bunte Strauß von Vorwürfen und Verdächtigungen.

(Zuruf von der CDU)

- Nein, mit Sicherheit nicht. - Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, das müssen Sie sich nun leider noch einmal anhören, obwohl der Kollege Limburg gerade darauf hingewiesen hat.

(Beifall bei der SPD)

Leider ist es seit Wochen ein Thema in unserer Gesellschaft und auch in der Presse. Noch vor sechs Monaten hätte man den heute vorliegenden Entschließungsantrag vielleicht sachlicher und viel theoretischer debattieren können. Man hätte sich über das Strafrechtsabkommen des Europarates über Korruption aus dem Jahr 1999 austauschen können. Man hätte das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption aus dem Jahr 2003 zitieren und auf die Umsetzungsschwierigkeiten in Deutschland hinweisen können. Das ist eine Debatte, die dem Rechtsausschuss zur Ehre gereichen könnte.

In den letzten sechs Monaten sind wir aber alle bösgläubig gemacht worden. Der von mir sehr geschätzte FDP-Politiker Burkhard Hirsch hat das, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, in der Süddeutschen Zeitung - ich zitiere - die „Gefahr des bösen Scheins“ genannt. Nicht nur er, sondern auch Kommentatoren, Blogger und Leserbriefschreiber hatten nicht den Eindruck, dass die bisherigen Transparenzregeln ausreichen. Auch ich habe leider nicht mehr den Eindruck, dass diese Regeln ausreichen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN sowie bei der LIN- KEN)

Natürlich bin ich dankbar dafür, dass gerade einer Ihrer Parteifreunde, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, noch einmal auf das Parteiengesetz hingewiesen hat und einfordert, was dort eigentlich schon geschrieben steht, nämlich dass Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden, verboten sind. Die Debatte der letzten Monate hat gezeigt, dass die bisherigen Regelungen nicht ausreichen, den bösen Anschein zu vermeiden. Dieser böse Anschein betrifft alle hier in diesem Haus. Daher kann ich hier für meine Fraktion feststellen, dass wir dem Antrag im Grundsatz zustimmen werden.

(Beifall bei der SPD)

Nur, unsere Prioritäten würden wir wahrscheinlich anders formulieren, als die Grünen es in ihrem Antrag getan haben. Darauf möchte ich jetzt eingehen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. Drei Punkte möchte ich dazu anführen:

Erstens - das Sponsoring. Wir trauen der Landesregierung im Großen und Ganzen nicht allzu viel zu. Vielleicht gelingt es ihr in diesem Fall mit Unterstützung der Verwaltung aber, unverzüglich alle notwendigen Angaben zum Sponsoring zu veröffentlichen. Der Bundestagsverwaltung jedenfalls gelingt dies bei der Parteienfinanzierung. Mehr Offenheit und vor allem schnelle Öffentlichkeit - und bitte im Netz - lassen die Gefahr des bösen Scheins gar nicht aufkommen. Damit würde man dem Rechnung tragen, was Herr Hirsch zutreffend geschildert hat.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens - Änderung des Parteiengesetzes. Im Bund hat die SPD-Fraktion den Vorschlag eingebracht, dass Unternehmensverbände und andere Verbände zukünftig nicht mehr spendenberechtigt sein sollen. Das wäre ein Gebot der Transparenz, weil man die Mitglieder hinter dem Verband nicht in jedem Fall erkennen kann, meine Damen und Herren. Außerdem wäre das ein Beitrag zur steuerlichen Gleichbehandlung; denn Unternehmen können ihre Spenden nicht mehr steuerlich geltend machen. Über die Mitgliedschaft bzw. die Mitgliedsbeiträge zu einem Verband kann man das dann doch wieder als Betriebsausgabe absetzen. Und das ist nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei der SPD)

Diese steuerliche Begünstigung von Unternehmensspenden ist systemwidrig. Ich hoffe, dass man diesen Aspekt auch noch in die Debatte einbringen kann. Im Übrigen sind wir für die Einführung einer jährlichen Spendenobergrenze von 100 000 Euro. Wir unterstützen auch die Forderung, dass dem Bundestagspräsidenten Spenden ab einer Höhe von 25 000 Euro - bisher sind es ja 50 000 Euro - unverzüglich gemeldet werden müssen.

Drittens - Offenlegung der finanziellen Verhältnisse. Über die im Antrag eingesetzten Zahlenhöchstgrenzen und deren Für und Wider kann man im Fachausschuss im Einzelnen sicherlich debattieren. Das sollten wir im zuständigen Fachausschuss dann auch in Gänze tun. Aber: Mehr und schnellere Informationen verhindern doch genau

das, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, nämlich dass legale Handlungen den Anschein des Illegalen erwecken, meine Damen und Herren. Dann hätte es etwas früher mehr Kritik und öffentliche Fragen gegeben und hinterher keine Verdächtigungen gegen - und das denken Sie jetzt bitte in Anführungszeichen - die Politik im Allgemeinen.

(Beifall bei der SPD)

Von einer solchen Regelung hätten alle hier in diesem Haus profitiert. Von daher kann ich nur hoffen, dass sich am Ende alle dieser Forderung anschließen werden.

An der Universität Göttingen ist vor Kurzem ein Institut für Demokratieforschung gegründet worden. Der Herr Ministerpräsident hat das in seiner Regierungserklärung angekündigt und dies jetzt umgesetzt. Dieses Institut soll der Demokratie- und Politikverdrossenheit entgegenwirken. Soweit gut und richtig. Dieser Antrag tut nun genau das Gleiche, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen werden wir ihn grundsätzlich unterstützen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.