Niedersachsen ist neben Hessen das einzige Bundesland, in dem für die HPV-Impfung noch keine regionale Impfvereinbarung abgeschlossen wurde. In Niedersachsen bestehen nur Vereinbarungen mit den Ersatzkassen und einem Teil der Betriebskrankenkassen. Das bedeutet, dass alle anderen Kassen zwar die Kosten erstatten müssen, jedoch nur nach Einreichung der Rechnung im Kostenerstattungsprinzip. Die vollständige HPV-Immunisierung (drei Impfdosen) und die ärztlichen Impfhonorarkosten betragen ca. 500 Euro. Bei diesem Betrag wird es nicht jedem Mädchen bzw. deren Eltern möglich sein, die Vorfinanzierung zu übernehmen.
1. Welche Gründe sind aus Sicht der Landesregierung für den fehlenden Abschluss einer HPV-Impfvereinbarung verantwortlich?
2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um den Abschluss einer HPV-Impfvereinbarung zu beschleunigen und damit die Abrechnung über die Versichertenkarte für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren in Niedersachsen sicherzustellen?
3. Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um zukünftig neu empfohlene Impfungen schneller zugänglich zu machen?
Aufgrund der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) und § 11 Abs. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21. Juni 2007 über Schutzimpfungen nach § 20 d Abs. 1 Sozialbesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben alle gesetzlich versicherten Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Impfung gegen Humane Papilloma-Viren.
Damit die impfenden Ärzte ihre Impfleistung über die Krankenversicherungskarte abrechnen können, bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Krankenkasse oder ihrer Verbände mit der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 132 e Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch.
Die niedersächsischen Krankenkassen stehen seit einiger Zeit in Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsens (KVN) über den Abschluss einer HPV-Impfvereinbarung. Damit sich diese Verhandlungssituation nicht zum Nachteil der Versicherten auswirkt, haben sich die niedersächsischen gesetzlichen Krankenkassen zu einer vorübergehenden Kostenerstattung entschieden. Nach Vorlage der Quittungen für das
ärztliche Impfhonorar und den Impfstoff erfolgt unverzüglich die Erstattung an die jeweiligen Versicherten.
Um Versicherten, die nicht in der Lage sind, in Vorleistung zu treten, die problemlose Teilnahme an der Impfung zu ermöglichen, arbeiten die betreffenden niedersächsischen Krankenkassen mit sogenannten Abtretungserklärungen: die Versicherten unterschreiben entsprechende Erklärungen, und der den Impfstoff liefernde Apotheker stellt der Krankenkasse die Kosten hierfür direkt in Rechnung.
Damit die HPV-Impfung in Niedersachsen als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden kann, sind nach Angabe der AOK Niedersachsen (AOKN) die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen weiterhin um einen Vertragsabschluss mit der KVN bemüht.
Zu 1 bis 3: Gemäß § 132 e SGB V schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände mit Kassenärztlichen Vereinigungen, geeigneten Ärzten, deren Gemeinschaften, ärztlich geleiteten Einrichtungen oder dem Öffentlichen Gesundheitsdienst Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen. Derzeit führen die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsens (KVN) über den Abschluss einer HPVImpfvereinbarung. Eine Beteiligung der Landesregierung ist nach § 132 e SGB V nicht vorgesehen. Bislang konnte in den Verhandlungen noch keine Einigung über das Impfhonorar erzielt werden.
Durch die für die Übergangszeit gewählte Verfahrensweise der Abtretungserklärung ist aus Sicht der Landesregierung bis zum Vertragsabschluss jedoch sichergestellt, dass alle gesetzlich Versicherten bereits jetzt die ihnen gesetzlich zustehende Impfung erhalten können.
des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 44 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE)
sterben daran. Bei den bösartigen Krebsneuerkrankungen nimmt Gebärmutterhalskrebs Rang zehn ein, bei den Krebssterbefällen lag er an zwölfter Stelle. Experten führen an, dass die Todesrate wesentlich verringert werden könnte, wenn mehr Frauen zur Vorsorge gingen. Gebärmutterhalskrebs entwickelt sich sehr langsam in einem Zeitraum von bis zu 15 Jahren, seine frühzeitige Erkennung und eine Behandlung bis zu Ausheilung galten als sehr wahrscheinlich. Bislang geht in Deutschland allerdings nur jede zweite Frau zur Vorsorgeuntersuchung.
Verantwortlich für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs sind vor allem die sexuell übertragbaren Humanen Papillom-Viren (HPV) - vor allem die Typen 16 und 18. Mittlerweile sind in Deutschland Impfstoffe gegen diese beiden HPV-Typen zugelassen: Gardasil bzw. Silgard von Sanofi Pasteur MSD und Cervarix von GlaxoSmithKline. Die Impfung in drei Dosen hat 2007 die Ständige Impfkommission (STIKO) für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Damit tragen die Krankenkassen die Kosten von 465 Euro. Pro Jahrgang kostet die Durchimpfung eine halbe Milliarde Euro - entsprechend 1 % der Arzneimittelausgaben insgesamt. Bislang sind 40 % aller Mädchen im entsprechenden Alter geimpft.
Mittlerweile gerät die Impfung aus verschiedenen Gründen heftig in die Kritik. So gibt es bislang keine Kosten-Nutzen-Analyse auf der Basis gesicherter Erkenntnisse. Es ist nicht bekannt, ob und welchen Nutzen die Impfung überhaupt hat. Ebenfalls ist unbekannt, wie lange der Impfschutz anhält; bislang gehen Experten von fünf Jahren aus. Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer, kritisiert zudem, dass die Nebenwirkungen der Impfung vernachlässigt werden und eine nötige Analyse und Erfassung fehlten. Während Referenten der beiden Firmen in Schulen die möglichen Nebenwirkungen als kleinen Piks verharmlosen, beklagen sich Mädchen über gravierende Schwierigkeiten wie Schwindelanfälle und Nervenentzündungen nach den Impfungen. Zudem sind zwei Mädchen in Deutschland und Österreich plötzlich verstorben, in den USA gar zehn Mädchen. Experten schließen weder einen Zusammenhang zwischen Impfung und Tod aus, noch machen sie die Impfung für den Tod der Mädchen verantwortlich, weil gesicherte Erkenntnisse nicht erbracht werden können.
Nun ist bekannt geworden, dass in den vergangenen Monaten die Pharmafirma Sanofi Pasteur MDS einen massiven und aggressiven Werbefeldzug führt und in diesem Zusammenhang auch an die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Niedersachsen mit der Bitte herangetreten ist, Kontakte zu Schulen, Mädcheninitiativen und Müttern herzustellen. Auch beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit soll Sanofi mit dem Anliegen vorstellig geworden sein,
1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Pharmafirma Sanofi mit Bitten um Kontaktanbahnung an das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten oder andere Multiplikatorinnen herangetreten ist, und, wenn ja, mit welchem Inhalt und zu welchem Ergebnis haben die Gespräche geführt?
2. Sind Referenten der beiden Pharmafirmen Sanofi und GlaxoSmithKline in niedersächsischen Schulen gewesen und haben dort den Mädchen zu den Impfungen geraten und, wenn ja, an welchen Schulen und mit welchem Inhalt?
3. In welcher Form beabsichtigt das Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, zukünftig kritisch über die HPV-Impfung zu informieren?
Hauptrisikofaktor für ein Zervixkarzinom (Gebär- mutterhalskrebs) ist die Infektion mit Humanen Papilloma-Viren (HPV). Bei 90 bis 95 % der Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs können diese Viren nachgewiesen werden. Um ein Zervixkarzinom auszulösen, muss die Infektion über Jahre bestehen (chronische Infektion). Für eine solche chronische Infektion spielen weitere Faktoren wie u. a. Rauchen, Pilleneinnahme und zusätzliche Infektionen eine Rolle.
Impfstoffe gegen Infektionen durch das Humane Papilloma-Virus (HPV) wurden im September 2006 und September 2007 durch das Paul-Ehrlich-Insitut zugelassen. Die HPV-Impfung wird seit Februar 2007 von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren empfohlen. Aufgrund dieser Empfehlung und § 11 Abs. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21. Juni 2007 über Schutzimpfungen nach § 20 d Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben alle gesetzlich versicherten Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Impfung gegen Humane Papilloma-Viren. Die öffentliche Impfempfehlung Niedersachsens übernimmt die Empfehlungen der STIKO.
Die Impfung schützt Frauen ohne eine nachgewiesene HPV-Infektion zum Zeitpunkt der Impfung zu über 95 % vor einer chronischen Infektion mit HPV der Typen 16 und 18. Diese beiden Typen verursachen zu mehr als 70 % die Krebserkrankung des Gebärmutterhalses.
Vor Verabreichung der Impfung muss die zu impfende Person durch die Ärztin und den Arzt über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Die bislang beobachteten Nebenwirkungen sind bereits in den Studien zur Zulassung beschrieben worden. Bei den im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung beobachteten zwei Todesfällen gibt es nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang mit der vorausgegangenen Impfung.
Die aktuelle Diskussion entstand in erster Linie aufgrund der Impfkosten und der Frage nach den zu erzielenden Umsätzen der Pharmafirmen, lässt aber die Effekte der Impfung in den Hintergrund treten. Positive Effekte lassen sich erst in Jahren nachweisen, da das Zervixkarzinom sich erst im Laufe einer lang andauernden HPV-Infektion entwickelt. Nach Stand des in Studien nachgewiesenen Wissens lassen sich mit der Impfung unnötige therapeutische Eingriffe und Todesfälle vermeiden. Die europäische Zulassungsbehörde EMEA (Euro- pean Medicines Abency) weist in ihrer Presseerklärung vom 24. Januar 2008 darauf hin, dass der Nutzen der HPV-Impfung nach wie vor eventuelle Risiken überwiegt und dass eine Änderung der Produktbeschreibung nicht erforderlich sei. Die Zulassung durch das Paul-Ehrlich-Institut, die Empfehlung durch die Ständige Impfkommission und die Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss hat sich nicht geändert.
Zu 1: Mit Vertretern von Impfstoffherstellern besteht ein regelmäßiger fachlicher Austausch insbesondere über aktuelle Entwicklungen im Bereich Forschung und Zulassung von Impfstoffen. Gemeinsame Aktionen mit Impfstoffherstellern werden aus Gründen der Neutralität nicht durchgeführt.
Die Firma Sanofi ist zweimal an das Niedersächsische Sozialministerium herangetreten. Zum einen wurde vorgeschlagen, im Rahmen von gemeinsamen Veranstaltungen zum Thema Frauengesundheit die HPV-Impfung vorzustellen. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Ein weiteres Mal wurde fernmündlich um ein persönliches Gespräch gebeten. Diesem Wunsch wurde nicht entsprochen.
Sanofi ist auch an einzelne kommunale Gleichstellungsbeauftragte herangetreten. Inhalt und Ergebnisse der Gespräche sind der Landesregierung nicht bekannt. Inwieweit die Firma Sanofi zu weite
Zu 2: Die niedersächsischen Schulen handeln weitgehend eigenverantwortlich. Landesregierung und Schulbehörden verzichten auf nicht zwingend erforderliche Bestimmungen, Vorgaben und Kontrollen. Die konkrete Ausgestaltung von Themen wie beispielsweise Gesundheitsförderung fällt in die Eigenverantwortung der Schulen, soweit sie nicht Teil der Stundentafel oder der Fachcurricula ist. Zum Erreichen ihrer Ziele haben die Schulen die Möglichkeit, sich im Bedarfsfall geeignete Fachreferentinnen und Fachreferenten, Kontaktpersonen sowie kompetente Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner eigenverantwortlich zu suchen. Ob und in welcher Form Referentinnen oder Referenten der genannten Pharmafirmen Kontakt zu einzelnen Schulen aufgenommen haben, ist der Landesregierung nicht bekannt.
Zu 3: Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit informiert gemeinsam mit dem Niedersächsischem Landesgesundheitsamt zu Impfungen entsprechend den STIKO-Empfehlungen. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt führt Fortbildungen zu Impfungen durch und steht mit Referenten auch zur Thematik HPV-Impfung zur Verfügung. Auf der Internetseite des Landesgesundheitsamtes können Informationen zur HPV-Impfung abgerufen werden (www.nlga.niedersachsen.de > Infektionen & Hy- giene > Krankheitserreger/Krankheiten > Humane Papillomaviren).