Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 6 der Abg. Almuth von Below-Neufeldt und Jan-Christoph Oetjen (FDP)

„Klebeschinken“ - Kennzeichnung von rohen Pökelfleischerzeugnissen

In den Medien ist in den letzten Wochen verstärkt über zusammengesetzte Rohschinkenerzeugnisse berichtet worden. Schinkenteile werden unter Verwendung von Enzymen zu einem größeren Stück zusammengesetzt, das dem eines gewachsenen Stückes stark ähnelt. Dieses wird verarbeitet wie Schinken, gelangt also, in Scheiben geschnitten, verpackt in die SB-Regale. Dort im Lebensmitteleinzelhandel werden solche „Klebeschinken“ als Nuss- oder Lachsschinken beworben und verkauft. Für den mündigen und aufgeklärten Verbraucher ist nicht ersichtlich, dass es sich um aus Fleischteilen zusammengefügte Rohschinkenprodukte handelt. Der Verbraucher erhält über das Produkt weder umfassende noch richtige Informationen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Handelt es sich bei enzymatisch verklebten Schinken, die als Nussschinken oder Lachsschinken gehandelt werden, um eine Irreführung des Verbrauchers im Sinne des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs hinsichtlich der Produkteigenschaften?

2. Welche Möglichkeiten hat die Landesregierung, auf der Grundlage des § 11 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittel

gesetzbuches die Verbraucher vor Täuschungen über z. B. Produkteigenschaften zu schützen?

3. Sieht die Landesregierung den Bedarf, die bundeseinheitlichen Rechtsgrundlagen für eine transparente, ordentliche und umfassende Deklaration der Inhaltsstoffe von Lebensmitteln im Sinne einer fairen und aufklärenden Verbraucherinformation zu konkretisieren?

Industrielle Hersteller roher Pökelfleischerzeugnisse wenden seit einiger Zeit Verfahren an, die das Zusammenfügen von kleinen Fleischteilen ohne Erhitzung ermöglichen. Vielfach werden hierbei Enzyme wie die Transglutaminase genutzt. Ihre Verwendung ist nicht auf Rohpökelware beschränkt. Sie können bei einem breiten Spektrum von Fleischerzeugnissen, Fertigprodukten und anderen Erzeugnissen eingesetzt werden.

Bei der Untersuchung zusammengesetzter Rohschinkenerzeugnisse wurde häufig festgestellt, dass weder die Verkehrsbezeichnung der Beschaffenheit der Produkte Rechnung trug noch die Verwendung von Enzymen angegeben war. Dennoch ist grundsätzlich festzuhalten, dass keine Gefahr für die Gesundheit des Verbrauchers gegeben, sondern von einer Irreführung auszugehen ist, welche gleichwohl nicht geduldet werden kann, da das Recht des Verbrauchers auf umfassende Informationen über das Erzeugnis umgangen wird.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In den als untergesetzliches Instrumentarium bei der Beurteilung von Fleischerzeugnissen hinzuzuziehenden Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches sind die Verkehrsbezeichnungen für rohe Pökelfleischerzeugnisse so gefasst, dass von einer Verwendung anatomisch klar definierter Muskeln (gewachsenes Fleisch) auszugehen ist. Pökelfleischerzeugnisse mit Verkehrsbezeichnungen wie Nussschinken oder Lachsschinken, die mittels Enzymen aus rohen Fleischstücken zusammengefügt sind, sind daher falsch deklariert. Da insbesondere auch der Verbraucher mit den Verkehrsbezeichnungen eine andere Eigenschaft des Produkts verbindet, ist die Kennzeichnung als Irreführung des Verbrauchers zu beurteilen.

Zu 2: Es ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verboten, Lebensmittel unter zur Täuschung über u. a. die Beschaffenheit und Zusammensetzung geeigneten Verkehrsbezeichnungen in den Verkehr zu bringen. Lachs- oder Nussschinken imitierende Produkte sind nach der Lebensmittel-Kennzeich

nungsverordnung (LMKV) mit einer Beschreibung des Lebensmittels zu versehen, die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Produkten zu unterscheiden.

Im Jahr 2009 wurden im Rahmen des Projektes „Chemische Untersuchung von Lachsschinken in Fertigpackungen“ 80 Proben Lachsschinken, Lachsfleisch und Nussschinken vom LAVES chemisch, mikrobiologisch und sensorisch untersucht. Ergab der sensorische Befund einen Verdacht auf zusammengefügte Fleischstücke, wurden die Proben auch histologisch überprüft. In fünf Fällen waren Proben wegen irreführender Verkehrsbezeichnungen zu beanstanden. Die Hersteller sind nicht in Niedersachsen ansässig.

Anfang Juni 2010 ist ein weiteres Projekt „Rohschinken - speziell Nuss- und Lachsschinken von niedersächsischen Herstellern - gewerbliche Beschaffenheit und Kennzeichnung“ angelaufen.

Die verstärkten Überprüfungen sollen Hersteller dazu bewegen, der Verpflichtung zu einer korrekten Deklaration ihrer Produkte nachzukommen.

Wird entgegen den Kennzeichnungsbestimmungen der LMKV ein Erzeugnis ohne die ordnungsgemäße Bezeichnung in den Verkehr gebracht, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.

Zu 3: Die Regelungen für eine umfassende Deklaration der Inhaltsstoffe von Lebensmitteln sind bereits jetzt konkret gefasst und ermöglichen den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung.

Zum Beispiel wird im Hinblick auf das Enzym Transglutaminase, das dem Zusammenfügen der kleinen Stücke roher Fleischteile bei der Herstellung von Schinkenimitaten dient, in Niedersachsen die Auffassung vertreten, dass die Verwendung dieses Enzyms als Zutat im Zutatenverzeichnis deklariert werden muss.

Im Übrigen ist festzustellen, dass die nationalen Bestimmungen des Lebensmittelkennzeichnungsrechts auf EU-Recht basieren. Daher wären Regelungen für eine strengere und transparentere Kennzeichnung der Inhaltsstoffe von Lebensmitteln ohnehin dort vorzusehen.

Anlage 5

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 7 der Abg. Miriam Staudte (GRÜNE)

Sexueller Missbrauch durch Jugendbetreuer

Durch eine Reihe in jüngster Zeit bekannt gewordener Fälle steht derzeit der sexuelle Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen und in Internaten im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Zu sexuellem Missbrauch kommt es jedoch auch im Bereich der Jugendarbeit. Das macht aktuell der Strafprozess gegen einen Jugendbetreuer der Feuerwehr in Rinteln und Bad Nenndorf deutlich, dem vorgeworfen wird, über einen Zeitraum von fünf Jahren eine Reihe von 9- bis 16-jährigen Jungen missbraucht zu haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Fälle von sexuellem Missbrauch durch professionelle und ehrenamtliche Jugendbetreuer sind der Landesregierung aus den letzten Jahren bekannt?

2. In welcher Weise unterstützt die Landesregierung Vereine in Niedersachsen bei der Auswahl ihrer ehrenamtlichen Betreuer und dabei, genügend Sensibilität zu entwickeln, um auf Fälle von sexuellem Missbrauch in der Jugendarbeit frühzeitig aufmerksam zu werden?

3. Welche unabhängigen Anlaufstellen gibt es in Niedersachsen für Kinder und Jugendliche, die Opfer von sexuellem Missbrauch durch Jugendbetreuer werden?

Sexualisierte Gewalt trifft Kinder und Jugendliche vor allem in ihrem sozialen Umfeld, also in ihren Familien, in der Nachbarschaft und im Bekanntenkreis. Die zahlreichen Meldungen über Übergriffe auf junge Menschen haben den Blick der Öffentlichkeit nun auf sexualisierte Gewalt in Institutionen gerichtet.

Im Bereich der ehrenamtlichen Jugendverbände wird das Thema sexualisierte Gewalt in der Jugendverbandsarbeit seit Jahren intensiv aufgegriffen. Die Frage der Prävention sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen wird spätestens seit dem Inkrafttreten des Schutzauftrages der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII im Jahre 2005 mit hoher Priorität und Ausdauer behandelt und ist Gegenstand der Ausbildung zum Erwerb der Jugendleiterkarte (Juleica).

Mit dem Thema sexuelle Belästigung wird auch bei den Feuerwehren verantwortungsbewusst umgegangen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Fälle von sexuellem Missbrauch durch ehrenamtliche Jugendleiterinnen und Jugendleiter oder professionelle Jugendbetreuerinnen und Jugendbetreuer werden statistisch nicht erfasst.

Zu 2: Jugendleiterinnen und Jugendleiter wachsen in der Regel bei Interesse und Eignung über die eigene Mitgliedschaft in einem Jugendverband in die Leitungsverantwortung einer Jugendgruppe hinein. Insofern sind die meisten Jugendleiterinnen und Jugendleiter dem Träger bekannt und werden in der Übernahme von ehrenamtlichen Aufgaben begleitet. Die Jugendleiterinnen und Jugendleiter werden in der Regel durch die jeweilige Jugendgruppe ausgewählt.

Die Landesregierung stellt den Trägern der Jugendarbeit personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die es den Landesverbänden ermöglichen, ihre Mitglieder zu qualifizieren, zu sensibilisieren und zu beraten.

Eine besondere Bedeutung kommt der vom Land finanzierten Qualifizierung von Jugendleiterinnen und Jugendleitern zu. Bei der Ausbildung zum Erwerb der Juleica ist die Sensibilisierung für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch und anderen Formen der Kindeswohlgefährdung vorgeschriebener Bestandteil.

Jugendfeuerwehrwarte und deren Stellvertreter sollen im Besitz der Juleica sein. Darüber hinaus werden sie an den niedersächsischen Landesfeuerwehrschulen in einem Lehrgang „Führungskräfte der Jugendfeuerwehr“ ausgebildet. Des Weiteren werden durch die Niedersächsische Jugendfeuerwehr e. V. an den Landesfeuerwehrschulen und anderen Bildungsstätten Fortbildungsseminare durchgeführt. In den Lehrgängen und Seminaren werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihre Leitungsaufgaben aus- und fortgebildet. Wesentliche Inhalte sind die Rechte und Pflichten unter Einbeziehung des Jugendschutzgesetzes und des Strafgesetzbuches. Hierbei wird das Thema sexuelle Nötigung anhand von Fallbeispielen in gruppenpädagogischer Zusammenarbeit behandelt und diskutiert.

Zu 3: Das Land fördert seit Langem eine landesweite Infrastruktur von Anlauf- und Beratungsstellen für Opfer von Missbrauch:

- 19 Beratungsstellen im Bereich Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

- 34 Gewaltberatungsstellen für Frauen und Mädchen

- 2 Kinderschutzzentren in Oldenburg und Hannover

- 3 Mädchenhäuser

Hierher können sich Kinder und Jugendliche bei sexuellem Missbrauch (auch durch Jugendbe- treuerinnen und Jugendbetreuer) und bei anderen Formen der Kindeswohlgefährdung wenden. Diese Beratungsstellen stehen auch allen offen, die den Verdacht eines Missbrauchsfalls hegen. Im Übrigen kann in allen Jugendämtern Rat und Unterstützung eingeholt werden. Neben diesen Einrichtungen und Projekten gibt es regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum Thema „Prävention von sexuellem Missbrauch an Kindern“ durch das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie und die Kinderschutzzentren.

Anlage 6

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 8 der Abg. Kreszentia Flauger (LINKE)

Was braucht es noch für Argumente, um ein neues NPD-Verbotsverfahren einzuleiten?

In einem Beitrag auf der Internetseite der neofaschistischen NPD schreibt der NPD-Funktionär und Direktkandidat der Partei im Wahlkreis 60 (Märkisch-Oderland) zur letzten Bundestagswahl, Dr. Kersten Radzimanowski, am 19. Mai 2010 Folgendes: „Diese Politiker, die für das Wohl und Wehe unseres Volkes Verantwortung übernommen haben, sind schlimmer als jede ‚Heuschrecke‘. Jeder Trickbetrüger ist schlechter dran als sie. Denn er muss mit Strafe rechnen, wenn man ihm sein Handwerk legt. Die verantwortlichen Politiker und Parlamentarier hingegen sind nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtet und - so sie keines haben - kommen sie ungeschoren davon. Für die gewaltigen Schäden, die sie verursachen - wie ihre Mitwirkung bei der Schaffung des Euro, des Schengener Abkommens, der EU-Osterweiterung, des Lissabon-Vertrages usw. - zahlt das deutsche Volk die Rechnung. Während die kleine Schar der Politiker daran verdient, muss die Masse zahlen. Doch Verrat muss seinen Preis haben. Der Verräter zur Kasse gebeten werden. Verrat verdient die Höchststrafe, die in schweren Fällen nur der Tod sein kann.“

Ich frage die Landesregierung: