haus eines linksextremistischen Szeneangehörigen auf, als sie mit einer vorbeigehenden Personengruppe zunächst verbal in Streit gerieten. Nachdem aus dieser Personengruppe heraus u. a. rechtsextremistische Szeneangehörige von der in der Nähe stattfindenden Feier hinzugerufen wurden, kam es in der Folge zu einer körperlichen Auseinandersetzung, an der sich ca. 30 Personen beteiligten und in deren Verlauf durch die Beteiligten Schlagwerkzeuge und Reizgas eingesetzt wurden. Vier Personen der linksextremistischen Szene mussten ärztlich behandelt werden.
Die eingesetzten Beamten stellten von insgesamt 26 Personen (9 x rechtsextremistisches Spekt- rum/17 x linksextremistisches Spektrum) die Personalien fest und leiteten gegen diese Personen Ermittlungsverfahren u. a. wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ein.
Neben mehreren Dosen Pfefferspray wurden Schlagwerkzeuge (Rundhölzer, eine Metallstange, zwei Teleskopschlagstöcke, Holzstangen), drei Sturmhauben, Steine und Böller beschlagnahmt.
Zu 1: Aus kriminaltaktischen Erwägungen wurde nach Abstimmung zwischen dem Leiter der Polizeiinspektion Harburg und dem Polizeivizepräsidenten der Polizeidirektion Lüneburg die Auseinandersetzung in Wistedt nicht über den Presseverteiler veröffentlicht. Der Sachverhalt, insbesondere die Motivation für die Körperverletzungen, stellte sich den eingesetzten Beamten als hinreichend unklar dar, da die beteiligten Personen zunächst nicht bereit waren, gegenüber der Polizei Angaben zum Geschehensablauf zu machen.
Zu 2: Nach Mitteilung der Polizeidirektion Lüneburg ist die Hilfe der Polizei durch die Beteiligten in der Tatnacht überwiegend abgelehnt worden. Da auch andere Beteiligte dieses Verhalten zeigten, wurde die Sachverhaltsaufnahme vor Ort erheblich erschwert. Unabhängig von dem hier vorliegenden Ereignis wurden mit der Mutter eines jugendlichen Opfers mehrfach - auch bereits vor den Geschehnissen in Wistedt - Aufklärungsgespräche geführt.
Darüber hinaus werden die Bereiche, in denen die an der Auseinandersetzung beteiligten Personen wohnen, regelmäßig bestreift.
Die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten richtet sich nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG).
Eine Entschädigung wird nicht bewilligt, wenn Geschädigte die Schädigung verursacht haben oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in ihrem eigenen Verhalten liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu leisten.
Versorgung bei Gesundheitsschäden wird nur auf Antrag gewährt. Sie beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragsstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird. Es genügt ein formloser Antrag bei einer Außenstelle des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie. Der Antrag wird aber auch von allen anderen Sozialleistungsträgern sowie von allen Gemeinden entgegengenommen.
Geschädigte sollten sogleich Strafanzeige erstatten, eventuell auch Strafantrag stellen und alles tun, damit der Sachverhalt aufgeklärt und der Täter verfolgt werden kann. Der Ausgang eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens braucht für die Gewährung der Versorgung nicht abgewartet zu werden.
Die Leistungen nach dem OEG werden in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Bundesversorgungsgesetzes gewährt und umfassen im Wesentlichen Heil- und Krankenbehandlung, Beschädigten- und Hinterbliebenenrenten. Schmerzensgeld wird nicht gezahlt. Sachschäden und Vermögensschäden werden nicht ersetzt.
Um die Opfer von Gewalttaten frühzeitig auf ihre Ansprüche nach dem OEG hinzuweisen, hat das Sozialministerium in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium im Jahre 2006 ein Faltblatt herausgegeben, das seitens der Polizeidienststellen in Niedersachsen den Opfern bei körperlichen Schäden ausgehändigt wird. Die Dienststellen des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie prüfen bei Kenntnis des Schadens umgehend, welche Hilfen und Leistungen vom Opfer benötigt und geleistet werden können. Ergänzende individuelle Hilfen vor Ort leisten im Schadensfall auch die regionalen Opferhilfebüros der Stiftung Opferhilfe Niedersachsen, die den Landgerichtsbezirken zugeordnet sind.
Das Merkblatt für den Opferschutz wird allen an der Auseinandersetzung Beteiligten postalisch mit den Vorladungen übersandt.
Zu 3: Der Landkreis Harburg gehört nach Erkenntnissen der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde organisatorisch zum NPD-Unterbezirk Lüneburg. Es existieren dort keine weiteren Untergliederungen. Die NPD entwickelt im Landkreis Harburg kaum Aktivitäten. Zu nennen sind der Landesparteitag am 20. September 2008 in Rosengarten, ein Infotisch am 19. April 2008 in Buchholz i. d. N. sowie eine Kundgebung am 22. Januar 2008 in Meckelfeld.
Der Neonaziszene im Raum Tostedt gehören ca. 30 bis 35 Personen an. Öffentlich tritt dieser Personenkreis unter den Bezeichnungen „Gladiator Germania“, „Gladiator Tostedt“, „Nationaler Widerstand Tostedt“, „Nationaler Widerstand OstHannover“ (nach der in der NS-Zeit gültigen Gau- Bezeichnung des Landkreises Harburg) oder „Autonome Nationalisten Tostedt“ in Erscheinung.
Einige Szeneangehörige nahmen regelmäßig an rechtsextremistischen Veranstaltungen, wie den Demonstrationen am 16. Januar 2010 in Magdeburg, am 14. Februar 2010 in Dresden, einem Fackelmarsch aus Anlass des Gedenkens an Horst Wessel am 23. Februar 2010 in Tostedt, Mahnwachen am 13. Januar und 25. Februar 2010 sowie einer Kundgebung der Jungen Nationaldemokraten am 15. Mai 2010 in Delmenhorst teil.
Zudem kam es in den vergangenen zwei Jahren wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und Angehörigen der linksextremistischen Szene.
Der rechtsextremistischen Szene im Raum Buchholz i. d. N. gehören nach Erkenntnissen der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde ca. 10 bis 15 Personen an. Neben einer zeitweise engen Anlehnung an die Aktivitäten der Tostedter Szene sind seit ca. einem Jahr auch eigene Aktivitäten festzustellen.
Im September 2009 wurden Szeneangehörige in einheitlicher Kleidung mit der Aufschrift „Freie Kameradschaft Buchholz“ unter den Besuchern des dortigen Stadtfestes festgestellt. Zeitgleich wurde am örtlichen Jugendzentrum ein Transparent mit
der Aufschrift „Wir sind wieder da. Nationaler Widerstand Nordheide“ befestigt. Am 3. April 2010 nahm dieser Personenkreis an der NPD-Demonstration in Buchholz teil und stellte zudem einen Redner.
Aus polizeilicher Sicht gilt der Szeneladen „Streetwear“ des bekannten Stefan Silar als eine Anlaufstelle der rechtsextremistischen Szene. Dieser ist auch regelmäßig „Angriffsziel“ der linksextremistischen Szene.
Durch Einzelpersonen der rechtsextremistischen Szene, gleichzeitig Angehörige der „Gladiator Germania“, kam es vermehrt zu Körperverletzungsdelikten bis hin zu einem am 9. Mai 2010 begangenen versuchten Totschlag. Gegen den erst 18-jährigen ermittelten Tatverdächtigen wurde in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Stade ein Haftbefehl erwirkt.
Das Straftatenaufkommen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) - rechts - stieg im Landkreis Harburg im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr von 60 auf 104 Delikte an. Insbesondere war bei den Gewaltdelikten (2008 = 5; 2009 = 18), die sich vorwiegend gegen den politischen Gegner richteten, ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Im Jahr 2010 wurden mit Stand 31. Mai 2010 bisher 54 Delikte PMK - rechts - (davon 16 Gewaltdelikte) erfasst.
Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages klärt der niedersächsische Verfassungsschutz seit Jahren die Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen auf und erfüllt somit auch präventive Aufgaben bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Die einzelnen Maßnahmen, die in einem umfassenden Gesamtkonzept durchgeführt werden, werden durch die in der Verfassungsschutzabteilung eingerichtete Niedersächsische Extremismusinformationsstelle (NEIS) aufeinander abgestimmt und mit den vielfältigen, in Niedersachsen im Bereich der Prävention tätigen Institutionen und Vereinen vernetzt. So haben Mitarbeiter der NEIS in den letzten Jahren kontinuierlich Vortrags- und Informationsveranstaltungen - auch im Landkreis Harburg - zum Thema Rechtsextremismus durchgeführt und Aufklärungsarbeit und Unterstützung bei Problemen mit rechtsextremistischen Aktivitäten vor Ort geleistet.
Die vom niedersächsischen Verfassungsschutz konzipierte und seit 2005 kontinuierlich gebuchte Wanderausstellung „Verfassungsschutz gegen
Extremismus - Unsere Demokratie schützen“ war bereits im Jahr 2007 in Buchholz i. d. N. zu Gast. Vom 23. August bis 2. September 2010 wird die Ausstellung, die über die aktuellen Erscheinungsformen und Werbemethoden des Rechts- und Linksextremismus informiert und von fachkundigen Referenten des niedersächsischen Verfassungsschutzes begleitet wird, in Tostedt zu sehen sein.
Zudem wurde bereits 2008 vom niedersächsischen Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Landesschulbehörde und dem Niedersächsischen Kultusministerium eine zentrale Lehrerfortbildung zum Thema Rechtsextremismus in Tostedt durchgeführt, um insbesondere Pädagogen über die Entwicklungen und Aktivitäten rechtsextremistischer Gruppierungen zu informieren und somit präventives Handeln zu fördern.
Die vom niedersächsischen Verfassungsschutz herausgegebene Broschüre „Rechtsextremistische Skinheads - Neonazistische Kameradschaften - Rechtsextremistische Musik“ wird in komplett überarbeiteter Version bereits in zweiter Auflage angeboten. Die Broschüre dient bislang vielen Lehrern als Unterrichtsmaterial und wird ausstellungs- und vortragsbegleitend verteilt. Eine Aktualisierung, die insbesondere auch den Bereich der „Autonomen Nationalisten“ hervorhebt, ist derzeit in Planung.
Zudem wird an der Erstellung jugendgerechter Publikationen gearbeitet. In Kooperation mit dem Land Nordrhein-Westfalen soll der dort bereits erfolgreich für die Arbeit mit Jugendlichen angebotene „Andi-Comic“ übernommen und auf niedersächsische Besonderheiten angepasst werden.
Als weiteres Unterrichtsmaterial soll eine Grundrechtefibel erarbeitet werden, die sich insbesondere an jüngere Schülerinnen und Schüler richtet. Sie kann als Unterstützung und Anleitung zur Wertevermittlung und -erziehung bei Kindern im Grundschulalter dienen.
Mit einer verstärkten Bekämpfung des Rechtsextremismus durch eine gemeinsame Kampagne von Politik, Organisationen, Verbänden und Vereinen unter dem Motto „Niedersachsen ist stark - gemeinsam gegen Rechtsextremismus“ soll über die NEIS einem Einfluss durch Rechtsextremisten entgegenwirkt und gesellschaftliches Engagement und Aufklärungsarbeit gefördert werden.
Mit den geschilderten Aktivitäten richtet sich der der niedersächsische Verfassungsschutz im Rahmen seines präventiven Gesamtkonzeptes gezielt
an junge Menschen und leistet damit einen wichtigen Beitrag bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Bereits im März dieses Jahres wurde bei der Polizeiinspektion Harburg eine Arbeitsgruppe (AG) „Rechtes Spektrum“ eingerichtet. Ziel der AG sind das Erkennen, Schwächen und Aufbrechen der rechtsextremistischen Strukturen in und um Tostedt sowie die Verhinderung von Aktionen. Es sollen weitere Straftaten verhindert und die Kommunikation/Information unter allen beteiligten Institutionen vernetzt werden. Mit niedrigschwelligem Einschreiten wird entschieden gegen die rechtsextremistische Szene vorgegangen.
Anlässlich der aktuellen Ereignisse wurde bei der Polizeiinspektion Harburg eine Ermittlungsgruppe zur Aufklärung der am Pfingstwochenende 2010 begangenen Straftaten eingerichtet. Hier erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Stade. Die bereits bestehende Arbeitsgruppe ist unmittelbar in die Ermittlungsgruppe eingebunden.
Das zuständige Fachkommissariat der Polizeiinspektion betreibt zur Bekämpfung des Rechtsextremismus an den Schulen und bei Vereinen Aufklärungsarbeit. Zwischen der Polizei, Samtgemeindeverwaltung, den Jugendeinrichtungen und Vereinen besteht eine gute Zusammenarbeit.
Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden gehen konsequent gegen rechtsextremistische Bestrebungen jeglicher Art vor. Straftaten mit sowohl rechtsextremistischem als auch linksextremistischem Hintergrund werden von der Polizei offensiv und nachhaltig verfolgt. Der rechtliche Rahmen wird bei sehr niedriger Einschreitschwelle vollständig ausgeschöpft.
der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage 46 der Abg. Helge Limburg und Filiz Polat (GRÜ- NE)
Am 19. Mai dieses Jahres hat der Niedersächsische Ministerpräsident in Bad Gandersheim eine Rede beim Arbeitskreis Christlicher Publizisten e. V. International (ACP) gehalten. Bei dieser Veranstaltung wurde auch der ehemalige
Der ACP wird von vielen Expertinnen und Experten sehr kritisch gesehen. Er vertrete rechte Sichtweisen und lasse eine klare Distanzierung von rechtsextremem Gedankengut vermissen. In Medienberichten hieß es: „Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin rät zur Distanz zu dieser Gruppe, die rechte Sichtweisen vertrete.“ Die Theologin Claudia Knepper erklärte über den ACP, der Name sei irreführend, seriöse evangelische und katholische Publizisten seien dort nicht vertreten. In einer Dokumentation über den Arbeitskreis Christlicher Publizisten unter der Überschrift „Lobby für Sekten und Forum für rechtsextreme Politiker?“ werden zahlreiche Beispiele präsentiert, die Kontakte mit Sekten wie Scientology, personelle Verquickungen mit rechtsextremen Organisationen wie der NPD und homophobe Äußerungen belegen.